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Verkehrspolitik
I. Begriff: Verkehrspolitik ist eine spezielle Wirtschaftspolitik (sektorale Strukturpolitik), die sich mit dem Transport von Personen, Gütern und Nachrichten und den damit verbundenen Dienstleistungen (Logistik) befaßt. Sie umfaßt materialwirtschaftlich-technische, juristische und ökonomische Fragestellungen. - Abgrenzung: In jüngerer Zeit hat sich der Transport von Nachrichten als eigenständige Disziplin immer stärker verselbständigt. Er bleibt im folgenden ausgeklammert. Die folgenen Ausführungen beschränken sich weiterhin auf die landseitigen Verkehrsträger Eisenbahn (Eisenbahnverkehr), Binnenschiffahrt und Kraftverkehr, weil ihnen vom Aufkommen sowohl im nationalen als auch im internationalen Verkehr die größte Bedeutung zukommt. Seeschiffahrt und Luftverkehr stellen wegen ihrer Internationalität spezielle Anforderungen an die Verkehrspolitik (Bindung an völkerrechtliche Regelungen). Der Rohrleitungsverkehr wirft nur geringe ordnungspolitische Fragen auf. Deshalb werden diese drei Verkehrsträger hier nicht weiter berücksichtigt.
II. Begründung der staatlichen Einflußnahme: 1. Allgemein: Die Bedeutung des Verkehrs für die Durchsetzung staatlicher Machtansprüche, für die Entwicklung der Volkswirtschaften, den internationalen Handel, die militärische Expansion und Absicherung, die gesellschaftliche Entwicklung und den kulturellen Austausch haben ihn schon immer zu einem Gegenstand besonderen Interesses staatlicher Institutionen gemacht. Die großen Reiche der Vergangenheit konnten sich nur herausbilden und halten, soweit sie auch über ein leistungsfähiges Verkehrssystem verfügten. Zeichen des Eigeninteresses des Staates war seine starke Einflußnahme auf alles, was mit der Schaffung und Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit des Verkehrssystems in Zusammenhang stand. Insbes. war dies die verkehrliche Infrastruktur. Doch auch in die Verkehrsabläufe griff er direkt oder indirekt ein. Unterstützung fand dieser hoheitliche Anspruch auf die Gestaltung des Verkehrs durch die "Besonderheitentheorie", wie sie in vielfältigen Formen für eine Reihe von Dienstleistungssektoren (Energieversorgung, Banken, Gesundheits- und Versicherungswesen, viele der Freien Berufe u. a.) zur Rechtfertigung staatlicher Beschränkungen des Wettbewerbs durch regulierende Maßnahmen entwickelt wurden (Ausnahmebereiche). - 2. Alle Besonderheitentheorien basieren auf der Vorstellung, daß wegen spezifischer Eigenheiten des jeweiligen Sektors freier Wettbewerb nicht zu effizienten Ergebnissen führen würde. Im einzelnen werden als Besonderheiten im Verkehr eine Reihe von Umständen angesehen, die zu starken Preisschwankungen für Verkehrsleistungen führen können. Daraus wurde auf eine Tendenz zu ruinöser Konkurrenz auf den Verkehrsmärkten geschlossen, die staatlicherseits durch Beschränkung eines vermeintlichen Zuviel an Wettbewerb zu bekämpfen sei. Dauerhafte ruinöse Konkurrenz ist aber auf freien Märkten undenkbar. Zwar kann man auf Märkten mit Überkapazitäten langanhaltende Perioden des Preisverfalls beobachten, wenn es Marktaustrittshemmnisse gibt. Aber der Preisverfall ist dann beendet, wenn die Überkapazitäten abgebaut sind. Daß man z. B. in der Binnenschiffahrt chronische Überkapazitäten beobachten konnte, hat mehr mit den überhöhten regulierten innerdeutschen Preisen, Investitionsbeihilfen und anderen staatlichen Interventionen als mit den Besonderheiten der Verkehrsmärkte zu tun. - Systematisch gesehen hält der mit der Besonderheitentheorie unternommene Versuch, für den Verkehr einen Ausnahmebereich von den Regeln der Marktkoordination zu reklamieren, den Erkenntnissen der modernen Markttheorie nicht stand. Danach kann der Verkehrssektor nur dann als regulierungsbedürftiger Ausnahmebereich gelten, wenn im gesamten Sektor oder in Teilen Marktversagen vorliegt. Marktversagen ist dann gegeben, wenn auf einem sich selbst überlassenen Markt die Funktionen des Wettbewerbs nicht erfüllt sind. Gründe für fehlende Funktionsfähigkeit von Verkehrsmärkten können vor allem das Vorliegen eines natürlichen Monopols und externer Effekte sein. - a) Natürliche Monopole können zum einen in der Verkehrswirtschaft bei den Wegen und Stationen (Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen, Bahnhöfe, Häfen und Flughäfen) vorliegen. Wege haben immer eine relativ große Mindestkapazität, die in vielen Fällen zur Bedienung der gesamten Nachfrage nach Benutzungsrechten ausreicht. Nur auf wenigen Relationen ist die Nachfrage so groß, daß sich parallele Wege lohnen und von daher eine gewisse Konkurrenz möglich wäre. Allerdings steigt die Möglichkeit zur Konkurrenz nicht nur mit der Größe der Nachfrage und ihrem Verhältnis zu der Mindestkapazität der Infrastruktureinrichtung, sondern auch mit der Entfernung, weil die zusätzlichen Kosten von Umwegen und gebrochenen Transportketten relativ geringer werden. Da Wege gleichzeitig mit hohen irreversiblen Kosten verbunden sind, weil sie nicht für andere Zwecke genutzt werden können, kann auch nicht mit Markteintritten gerechnet werden, wenn der alteingesessene Monopolist seine Marktmacht ausnutzt. Insofern besteht ein Machtproblem, das durch geeignete institutionelle Arrangements gelöst werden muß und gelöst werden kann. - Zum anderen können auch beim Angebot von Transporten natürliche Monopole vorliegen, dann nämlich, wenn die Nachfrage nach Personen- oder Güterbeförderungen, gemessen an der Mindestkapazität der eingesetzten Verkehrsmittel, relativ klein ist. Dies gilt für viele Relationen im Personen- und Güterverkehr auf der Schiene wie im Luftverkehr. Aber im Gegensatz zu den Verkehrswegen sind mit dem Angebot von Beförderungen auf einer Relation gewöhnlich nur geringe irreversible Kosten verbunden, weil die Verkehrsmittel eine hohe räumliche Mobilität aufweisen und deshalb ohne große Kosten zwischen verschiedenen relationsspezifischen Märkten bewegt werden können. Insofern bedarf es hier keiner regulativen Eingriffe, weil die natürlichen Monopole unter der Drohung potentieller Konkurrenz von sich aus zu Wettbewerbsverhalten und guten Marktergebnissen tendieren. - b) Als weiteres Erscheinungsbild von Marktversagen im Verkehr kommen externe Effekte in Betracht. Diese sind aber nicht auf den Verkehrssektor beschränkt, sondern praktisch an jede wirtschaftliche Betätigung geknüpft, ohne daß die marktwirtschaftliche Ordnung in den meisten Fällen in Frage gestellt wird. Denn nicht die Ausschaltung des Marktes durch ein restriktives Regulierungsinstrumentarium, sondern der Einsatz geeigneter Maßnahmen zur Internalisierung dieser externen Effekte und damit die Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Marktes ist der effiziente Politikansatz. An dieser Bewertung ändert auch der Umstand nichts, daß der Verkehr, insbes. der Straßenverkehr, einer der bedeutendsten Verursacher negativer externer Effekte ist.
III. Ziele: 1. Allgemein: Die Ziele, die die verkehrspolitischen Entscheidungsträger (Gebietskörperschaften, Verbände) verfolgen, lassen sich grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilen: ordnungs- und strukturpolitische Ziele. Erstere suchen die Prozesse auf den Verkehrsmärkten zu optimieren, letztere setzen den Verkehr als Instrument gesamtwirtschaftlicher (global wachstumsorientierte V.) oder anderer sektoraler Ziele (regional wachstumsorientierte V., stabilisierungsorientierte V., distributionsorientierte V., umweltschutzorientierte V.) ein. Zwischen ordnungs- und strukturpolitischen Zielen der Verkehrspolitik besteht grundsätzlich insofern ein Zielkonflikt, als die Verfolgung der strukturpolitischen Ziele mit Hilfe des Verkehrs im Verkehrssektor selbst i.d.R. zu suboptimalen Ergebnissen führt. - 2. Das ordnungspolitische Grundziel der deutschen Verkehrspolitik für den Güterverkehr entstammt der "Kleinen Verkehrsreform" aus dem Jahre 1961, ist aber durch die Liberalisierungsanstrengungen der letzten Jahre 1993 in einem Punkt wesentlich geändert worden. § 7 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) formuliert es folgendermaßen: "Mit dem Ziel bester Verkehrsbedienung hat die Bundesregierung darauf hinzuwirken, daß die Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger angeglichen werden und daß durch einen lauteren Wettbewerb der Verkehrsträger eine volkswirtschaftlich sinnvolle Arbeitsteilung ermöglicht wird." Er gilt gleichlautend für die Binnenschiffahrt (§ 33 Binnenschiffahrtsverkehrsgesetz, BSchVG) wie für die Eisenbahnen ( § 1 II Allgemeines Eisenbahngesetz, AEG). Die Änderung bezieht sich zum einen darauf, daß sich die Koordinierungspflicht des Bundesministers für Verkehr nicht mehr auf "marktgerechte Entgelte" erstreckt. Zum anderen hat sich der Adressatenkreis insofern geändert, als neben der Bundesregierung nun auch die Länderregierungen dieses Ziel bei ihren verkehrspolitischen Entscheidungen zu berücksichtigen haben - zumindest nach § 1 II AEG gilt dies für die Eisenbahnen. - 3. Der Bundesminister für Verkehr hat die Ziele der Verkehrspolitik für die 90er Jahre folgendermaßen definiert: Ermöglichung von Wirtschaftswachstum und Mobilität; wirtschafts- und umweltverträgliche Vollendung des EG-Binnenmarkt-Verkehrs; Schaffung leistungsfähiger Ost-West-Verkehrsadern zur dauerhaften Überwindung der Teilung Europas; Reduzierung der mit steigender Mobilität einhergehenden Belastungen für Mensch und Umwelt; lebenswerte Gestaltung des Lebensraums in Städten und Gemeinden trotz verkehrlicher Erschließung. Voraussetzung zur Erreichung dieser Ziele ist ein integriertes Gesamtkonzept mit folgenden fünf Schwerpunkten: Sicherung von Wachstum und Wohlstand mit Verkehrswegeinvestitionen; Integration der Verkehrssysteme Straße, Schiene, Wasser, Luft in Transportketten; umweltfreundliche und sichere Gestaltung von Verkehrssystemen und Infrastruktur so weit wie möglich; Ausbau der Leistungsfähigkeit des gesamten Verkehrssystems mit Hilfe moderner Technik; Anwendung der Regeln des Marktes in allen Bereichen, auch im Falle staatlicher Leistungserbringung und Relevanz des Vorsorge- und Verursacherprinzips.
IVerkehrspolitik Mittel und Träger: Das hohe Eigeninteresse des Staates am Verkehrssektor in Verbindung mit der vor allem von Vertretern des Gewerbes selbst betonten Besonderheitentheorie hat diesen Sektor zu einem der am stärksten regulierten werden lassen. Das System der Regulierung umfaßt direkte und indirekte Maßnahmen, die auf die Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur, die Struktur der Verkehrsunternehmen und den Koordinationsprozeß auf den Verkehrsmärkten Einfluß nehmen. - 1. Direkte Maßnahmen: a) Allgemein: Die staatliche Verkehrsinfrastrukturpolitik befaßt sich mit dem Teil der materiellen Infrastruktur, der dem Verkehr dient. Ihre Bedeutung für eine Volkswirtschaft erlangt sie aus dem Umstand, daß die Leistungen der Verkehrsinfrastruktur überwiegend als Vorleistungen in die Investitions- und Konsumgüterproduktion und -verteilung einfließen. Sie bestimmt damit das Transaktionsniveau einer Volkswirtschaft wesentlich. - b) Gegenstand der Verkehrsinfrastrukturpolitik: Er umfaßt Planung, Realisierung, Betrieb, Bereitstellung und Finanzierung der Infrastruktur. Während in der Vergangenheit alle Bereiche vielfach durch staatliches Handeln gekennzeichnet waren, zwingen Begrenzungen der öffentlichen Haushalte sowie die damit einhergehende Notwendigkeit von Effizienzsteigerungen, aber auch Kapazitätsengpässe der öffentlichen Verwaltung zu alternativen Lösungsansätzen. So können mit der Planung der Verkehrswege inzwischen auch private Planungsbüros beauftragt werden; Bau und Ausbau der Verkehrswege erfolgt weitgehend durch private Unternehmen. Selbst zur Finanzierung der Infrastruktur wird privates Kapital herangezogen, mit Betrieb und Bereitstellung sind private Unternehmen betraut. Diskutiert wird auch die Möglichkeit, vorhandene Infrastruktur an Private zu verkaufen und zurück zu leasen oder diesen die Bereitstellung überhaupt zu überlassen. Damit der Staat sich seiner hoheitlichen Aufgabe, die Mobilität von Personen und Gütern zu sichern, nicht entzieht, kommt es hier auf die Ausgestaltung der Verträge mit den privaten Betreibern an; damit sich die Investition für die Privaten rechnet, gilt es, adäquate Modelle der Einnahmenerzielung zu entwickeln. Unter dem Begriff des road pricing sind verschiedene derartige Modelle entwickelt worden und bereits im Einsatz. Das System der Trassenpreise der Deutschen Bahn AG ist, bei aller derzeitig noch berechtigten Kritik, ein Ansatz, auch für die Benutzung der Schiene marktgerechte Entgelte zu entwickeln. - c) Zuständigkeiten in der Bundesrep. D.: Für die Verkehrsinfrastruktur sind - entsprechend dem föderalistischen Staatsaufbau der Bundesrep. D. - die Gebietskörperschaften in unterschiedlichem Maße verantwortlich. Soweit es sich um die Schieneninfrastruktur der Deutschen Bahn AG handelt, fällt sie in den Zuständigkeitsbereich des Bundes, wobei sich das zuständige Eisenbahn-Bundesamt bei einer Verringerung der Kapazitäten allerdings mit den Ländern ins Benehmen zu setzen hat. Soweit es sich um nichtbundeseigene Regionalbahngesellschaften handelt, fällt die Zuständigkeit für die Schieneninfrastruktur auf die Länder. An der Zuständigkeitsregelung wird sich durch die Eisenbahnreform nach den bislang vorliegenden Plänen grundsätzlich nichts ändern, auch wenn die Netzgesellschaft formal in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird, an der der Bund jedoch mehrheitlich beteiligt bleiben wird. Im Rahmen der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs, d. h. dessen Ausgliederung aus dem Bereich der Deutschen Bahn AG und Verlagerung in den Aufgabenbereich der Länder, ist eine Verschiebung der Zuständigkeit für Netzteile zu den Ländern und Kommunen möglich. - Für Bau, Erhalt und Regelung der Nutzung der Wasserstraßen ist ebenfalls der Bund zuständig, soweit es sich um Bundeswasserstraßen handelt. Hierunter fallen die Seeschiffahrtsstraßen und die Binnenwasserstraßen, soweit sie dem allgemeinen Verkehr dienen; letztere sind abschließend als Anlage zum Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) aufgeführt. "Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von Bundeswasserstraßen sind die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den Ländern zu wahren" (§ 4 WaStrG). Hafenanlagen können sich im Eigentum von Bund, Ländern oder Kommunen befinden, wobei sowohl bei den See- als auch bei den Binnenhäfen der Einfluß der Länder und Kommunen dominiert; sie können an Private verpachtet sein. Da Wasserstraßen für verschiedene Zwecke genutzt werden können - neben der Beförderung von Personen und Gütern dienen sie der regionalen Wirtschaftsförderung, der Wasserwirtschaft, der Energieerzeugung, der Erholung usw. - werden Investitionsvorhaben in Bundeswasserstraßen regelmäßig vom Bund und den betroffenen Ländern anteilmäßig finanziert. - Im Bereich der Straßen ist der Bund für die Bundesfernstraßen zuständig. Hierunter fallen die Bundesautobahnen und die Bundesstraßen. Sie dienen dem internationalen, dem nationalen und dem überregionalen Verkehr. Auch wenn der Bund Eigentümer der Bundesfernstraßen ist, so wirken die Länder doch bei Planung, Bau, Verwaltung und Finanzierung dieser Straßen mit. Entsprechend ihrer räumlich abgestuften Bedeutung fallen die Landstraßen in die Kompetenz der Länder, die Kreisstraßen in die der Kreise und die Gemeindestraßen in die der Kommunen. - d) Europäische Union: Der Vertrag von Maastricht hat die Zuständigkeiten der EU für die Verkehrsinfrastruktur ausgeweitet. Insbes. bei der Definition, Planung und Finanzierung der Transeuropäischen Netze wird sie zukünftig ein stärkeres Mitspracherecht einfordern. Allerdings sind ihre finanziellen Mittel im Vergleich zu denen der Mitgliedstaaten sehr gering. So steht für die Periode 1994-1999 jährlich insgesamt 5,3 Mrd. ECU aus Haushaltsmitteln, 6,7 Mrd. ECU aus Darlehensinstrumenten der Europäischen Investitionsbank (EIB) und des Europäischen Investitionsfond (EIF) zur Verfügung, bei weiteren 8 Mrd. ECU ist die Finanzierung noch nicht gesichert. - 2. Indirekte Maßnahmen: a) Regulierung des Markteintritts und des Marktaustritts: Die Verkehrspolitik hat in der Vergangenheit durch Regulierung des Markteintritts und des Marktaustritts wesentlichen Einfluß auf die Entwicklung der Angebotsstruktur der Verkehrsträger genommen. In dem Bestreben, einerseits die verstaatlichte Eisenbahn vor der Konkurrenz zu schützen und aus ihren Einnahmen die Reparationszahlungen des Ersten Weltkrieges bezahlen zu können, andererseits die negativen Auswirkungen der Beschäftigungskrisen der 20er Jahre auf die Verkehrsunternehmen in Grenzen zu halten, wurde für alle Verkehrsträger der Marktzugang sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr durch ein System von Erlaubnissen und Genehmigungen geregelt. Dieses System hat sich bis zu Beginn der 90er Jahre mehr oder weniger gehalten. Kriterium für die Intensität der Regulierung der einzelnen Verkehrsträger waren deren Konkurrenzbeziehung zur Bahn. - Da für den Personenverkehr dem Güterverkehr vergleichbare Regelungen gelten, wird hier auf eine eigene Darstellung verzichtet. - (1) Schiene: Der Wettbewerb zwischen den Eisenbahnen wurde dadurch ausgeschlossen, daß das Recht zum Neubau einer öffentlichen Eisenbahn erst dann an die Länder bzw. einen von ihnen benannten Unternehmer fiel, wenn die Deutsche Bahn (DB) auf dieses Recht verzichtete. Die nichtbundeseigenen Eisenbahnen ergänzten i.d.R. nur das Leistungsangebot der DB - von regionalen Spezialverkehren abgesehen. Eine Mitbenutzung von Strecken der DB war ohne deren Zustimmung nicht möglich. Der Einfluß ausländischer Eisenbahnen endete an den Landesgrenzen. Für die wirtschaftliche Situation der DB war aber entscheidender, daß sie sich wegen der Bedienungs- und Beförderungspflicht nicht aus verlustbringenden Verkehren zurückziehen konnte. Der Eigentümer Bund hatte mit den Ländern gemeinsam über die Stillegung des Angebots zu entscheiden - und da die Länder am finanziellen Risiko nicht beteiligt waren, bestanden sie zumeist auf der Erhaltung von Strecken. - Durch die Bahnreform und infolge der Bemühungen der EU, den Wettbewerb auch im Schienenverkehr zu intensivieren, hat sich die Situation grundlegend geändert. Bahnreform und Richtlinie 91/440/EWG sehen einen diskriminierungsfreien Zugang aller Eisenbahnunternehmen der EU zu allen Netzen vor, so daß der sog. intramodale Wettbewerb möglich wird. Es wird davon abhängen, ob es gelingt, den Begriff der Diskriminierungsfreiheit praktikabel zu bestimmen, damit die Norm auch ausgeführt werden kann. Damit einher geht aber auch die Entlassung der Bahnen aus dem öffentlichen Dienst und das Recht, über das Angebot von Leistungen nach wirtschaftlichen und nicht nach politischen Gesichtspunkten zu entscheiden. Soweit Gebietskörperschaften an der Aufrechterhaltung von Leistungen der Bahnen interessiert sind, haben sie nach dem Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit auch den Preis dafür zu zahlen. Problematisch ist dies vor allem im Schienenpersonennahverkehr, der traditionell hoch defizitär war und den die Länder und Kommunen jetzt bei der DB AG einkaufen müssen. Damit sie dies tun können, wurde ihnen im Rahmen der Bahnreform und der damit verbundenen Regionalisierung ein erheblicher finanzieller Ausgleich gewährt. - (2) Binnenschiffahrt: Marktzugang und Marktaustritt in der Binnenschiffahrt waren grundsätzlich frei. Als Folge der Weltwirtschaftskrise waren die Partikuliere jedoch in Schifferbetriebsverbänden zusammengefaßt, soweit sie sich nicht als Hauspartikuliere den Reedereien angeschlossen hatten. Die Schifferbetriebsverbände durften am Markt nicht als selbständige Anbieter agieren, sondern erhielten ihre Beschäftigung von den Reedereien, die einen bestimmten Prozentsatz ihrer Ladung an diese abtreten mußten. Ende der 60er Jahre wurden die Schifferbetriebsverbände aufgelöst, und ihre Mitglieder schlossen sich zu reedereimäßig arbeitenden Genossenschaften zusammen. Der Zugang zum Markt im gesamten Rheinstromgebiet ist nicht nur für deutsche, sondern auch - infolge der Mannheimer Akte von 1868 - für die Flotten der anderen Anliegerstaaten und der EU-Mitgliedstaaten frei. Seit dem 1.1.1995 ist der Kabotagevorbehalt (Ausschluß ausländischer Anbieter bei reinen Binnenverkehren) auf dem gesamten Wasserstraßennetz der EU für deren Flotten aufgehoben. Drittstaaten bedürfen für den Zugang zum Markt nach wie vor einer Genehmigung, deren Zahl zum Schutz der eigenen Flotten begrenzt wird. Kabotagegenehmigungen werden für den grenzüberschreitenden Verkehr und, bei fehlendem EU-Schiffsraum, auch für nationale Transporte erteilt. - Die hohe räumliche Mobilität des Schiffsraumes, die enormen Produktivitätsfortschritte (Motorisierung, Schubverbände, Radarfahrt, Steigerung der Umschlagsleistung) und der Rückgang des Massengutaufkommens einerseits, die hohe sektorale Immobilität der Produktionsfaktoren andererseits hat in Verbindung mit z. T. überhöhten regulierten Preisen seit Mitte der 60er Jahre zu strukturellen Überkapazitäten geführt, die nach Ansicht des Gewerbes und der Politik nicht über den Markt allein beseitigt werden können. Von den diskutierten Maßnahmen zur Beseitigung der Überkapazitäten hatten sich in der Vergangenheit nur - zuerst auf nationaler, dann auf supranationaler Ebene - die Abwrackaktionen durchsetzen lassen. Hierbei handelt es sich um ein Prämiensystem, das für die Verschrottung von Schiffsraum Ausgleichszahlungen vorsieht bei gleichzeitigem Reinvestitionsverbot, das aber u. U. durch Pönalen bei dessen Umgehung eingeschränkt wird. In der internationalen Tankschiffahrt war zudem für kurze Zeit eine Stillegeregelung verwirklicht worden, bei der für eine zeitlich begrenzte Herausnahme des Schiffes aus der aktiven Flotte eine Prämie gewährt wurde. Beide Maßnahmen zeigten jedoch immer nur eine zeitlich begrenzte Wirkung. Eine besondere Form der Zugangsregulierung stellt das in den Niederlanden und im Nord-Süd-Verkehr zwischen den Niederlanden, Belgien und Nord-Frankreich praktizierte Tour-de-Rôle-System dar. - (3) Güterkraftverkehr: Die Marktzugangsregulierung im Güterkraftverkehr unterscheidet zwischen gewerblichem und Werk-Verkehr sowie Nah- und Fernverkehr. - Gewerblicher Güterverkehr: Da die Eisenbahnen in der Fläche auf die Leistungen des Nahverkehrs angewiesen sind, soweit Versender und Empfänger nicht über einen Gleisanschluß verfügen, der Güternahverkehr selbst aber nicht als Konkurrent auftreten konnte, weil sein Aktionsradius durch Gesetz auf 75 km um den Ortsmittelpunkt begrenzt wurde, wurde das Betreiben von gewerblichem Güterverkehr auf der Straße an eine Erlaubnis geknüpft, die die zuständigen Behörden bei der Erfüllung subjektiver Zulassungsvoraussetzungen (polizeiliches Führungszeugnis, sachliche und fachliche Befähigung, Kapitalausstattung) jedem Bewerber zeitlich unbegrenzt erteilten. Mit dieser Erlaubnis kann der Unternehmer beliebig viele Fahrzeuge einsetzen. - Der gewerbliche Güterfernverkehr als Hauptkonkurrent der Bahn wurde sehr viel strenger reguliert. Um Leistungen für Dritte erbringen zu können, bedarf es einer Genehmigung, die ebenfalls an die Erfüllung subjektiver Kriterien geknüpft ist. Zusätzlich muß jedoch ein öffentliches Bedürfnis für derartige Leistungen gegeben sein (objektive Zulassungsvoraussetzungen). Das öffentliche Bedürfnis richtet sich nach dem Schutzbedürfnis der Bahn. In der Praxis wird die Zahl der Genehmigungen (Konzession) in der Höhe begrenzt (Kontingent), sie wurden in der Vergangenheit zusätzlich nach speziellen Leistungen differenziert (Bezirksgüterfernverkehr bis 150 km, Möbelfernverkehr, allgemeiner Güterfernverkehr, Seehafenverkehre usw., sog. "Farbenvielfalt", weil die verschiedenen Berechtigungen durch unterschiedliche Farben gekennzeichnet wurden). Die Konzession wird für das einzelne Fahrzeug zeitlich befristet erteilt, wobei eine Verlängerung vorgesehen ist. - Werkverkehr: Der Werkverkehr ist auf den Transport für eigene Zwecke begrenzt. Er unterliegt keiner Genehmigungs-, jedoch einer Meldepflicht, die sich aus dem Kontrollbedürfnis ergibt, das mit der Kontingentierung des gewerblichen Güterfernverkehrs einhergeht. Zeitweise wurde Verladern, die Werkfernverkehr aufnehmen wollten, ein sog. Marktgespräch mit der DB vorgeschrieben, bei dem sie ihre Transportwünsche gegenüber der Bahn offenlegen mußten, die ihrerseits ein Angebot abgeben konnte; war der Verlader mit dem Angebot einverstanden, brauchte er keinen Werkverkehr mehr aufzunehmen - es sind jedoch nur wenige Fälle bekannt, wo dies eingetreten ist. - Beurteilung: Die Folge der rigiden Marktzugangsregulierung - und der noch zu behandelnden Preisregulierung - im Güterkraftverkehr war einerseits ein florierender Handel mit Konzessionen. Da das Kontingent so eng bemessen war, daß das Angebot an Verkehrsleistungen des gewerblichen Güterfernverkehrs immer kleiner war als die Nachfrage, ergaben sich deutliche Knappheitsrenten für die Inhaber von Konzessionen. Andererseits hatte diese Politik trotz der räumlichen Streuung der Konzessionen negative regionale Effekte insofern, als die Güterkraftverkehrsunternehmen aus den wirtschaftlichen Randzonen in die Ballungsgebiete drängten und hier ihre Verkehrsleistungen absetzten, weil hier durch die Nachfrageballung die Gewinnchancen höher waren als in den Randgebieten. Dagegen mußte die Bahn wegen der Bedienungs- und Beförderungspflicht auch die dünnen Verkehrsströme auf dem Lande aufnehmen, obwohl doch ihre besonderen Fähigkeiten erst in massenhaften Verkehren zum Tragen kommen. Die Verlader wichen auf den Werkverkehr aus, der zwar die Leistungsqualität des gewerblichen Güterfernverkehrs erreichte, durch das Verbot der Beförderung für Dritte jedoch schlechter ausgelastet und damit teurer war, durch vermehrte Leerfahrten zudem auch höhere externe Kosten verursachte. Die hohen Gewinne des gewerblichen Güterfernverkehrs schließlich lockten auch Transportanbieter auf den Markt, die keine Genehmigung hatten und z. B. durch den Fuhrmannshandel die gesetzliche Marktzugangsbarriere zu umgehen suchten, indem die zu transferierenden Güter pro forma vom Transportunternehmen erworben und dem Empfänger wieder verkauft wurden. - Fazit: Durch Verfeinerung der gesetzlichen Regulierungen und Intensivierung der Kontrollen wurde versucht, das Regulierungssystem zu schützen. Doch der mit der Marktzugangsbeschränkung verfolgte eigentliche Zweck, Schutz der Eisenbahn und des mittelständischen Gewerbes, wurde nicht erreicht. - Grenzüberschreitender Verkehr: Im grenzüberschreitenden bilateralen Verkehr wurde ebenfalls ein Genehmigungsverfahren eingerichtet. Die Regierungsvertreter der jeweiligen Länder, vom Gewerbe unterstützt, handelten jährlich die Zahl der Genehmigungen aus. Hatten die Unternehmen des Landes A ihr Kontingent erschöpft, konnten Transporte nur noch von Unternehmen des Landes B durchgeführt werden, es sei denn, die Regierung des Landes B erteilte zusätzliche Genehmigungen. Für den Verkehr zwischen Drittstaaten existierten Genehmigungen der EG und der Europäischen Verkehrsministerkonferenz (CEMT), deren Zahl jedoch eng bemessen war. - An diesem System änderte sich erst etwas, als der EuGH in seiner Entscheidung vom 22.5.1985 die Durchsetzung der Dienstleistungsfreiheit auch im Verkehr forderte. Daraufhin beschlossen die Regierungschefs am 28./29.6.1985 und der Rat am 14.11.1985, die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes auch im Verkehr in Gang zu setzen. In der Zwischenzeit ist die Kontingentierung im grenzüberschreitenden Verkehr aufgehoben worden. Die Zahl der nationalen wie der internationalen Genehmigungen wurde stark angehoben - im innerdeutschen Verkehr so hoch, daß von einer Kontingentierung praktisch nicht mehr die Rede sein kann. Mitte 1998 soll die Kontingentierung vollständig beseitigt sein. Der Zugang zum Markt soll dann für Unternehmen aus allen EU-Staaten nur noch durch subjektive Kriterien beschränkt sein. Für Unternehmen aus sog. Drittstaaten gilt dann jedoch weiterhin das System bilateraler Kontingentierung. - b) Preisregulierung: Das dritte Instrument, mit dem die Verkehrspolitik in das Geschehen auf den Verkehrsmärkten eingreift, ist das der Preisregulierung. Da es sich bei Verkehrsleistungen i.d.R. um komplexe Dienstleistungen handelt, bei denen in zunehmendem Maße der reine Transport nur noch eine untergeordnete Rolle spielt (Logistik), erstreckte sich die Preisregulierung zumeist auch auf "Nebenleistungen". Die Preise wurden nicht auf Märkten individuell, sondern kollektiv in Kommissionen entwickelt. Aufgabe des Bundes war es, die Preise zu genehmigen und zwischen den Verkehrsträgern zu koordinieren: "Die Leistungen und Entgelte der verschiedenen Verkehrsträger hat der Bundesminister für Verkehr insoweit aufeinander abzustimmen, als es die Verhinderung eines unbilligen Wettbewerbs erfordert" (§ 8 AEG alt, gleichlautend mit den entsprechenden Regelungen der anderen Verkehrsträger). Durch die anschließende Veröffentlichung im Verkehrsblatt erhielten die Preise Gesetzescharakter, wodurch ihre Umgehung eine Ordnungswidrigkeit darstellte, die geahndet werden konnte. Ziel dieser Preisabstimmung waren wiederum der Schutz der Eisenbahnen, den Verkehrsunternehmen ein auskömmliches Einkommen zu sichern sowie die mittelständische verladende Wirtschaft und die Landwirtschaft vor Preismißbrauch zu schützen. - (1) Schiene: "Ziel der Tarifpolitik für die öffentlichen Eisenbahnen ist, unter Wahrung der wirtschaftlichen Verhältnisse der beteiligten Eisenbahnen gleichmäßige Tarife für alle Eisenbahnen zu schaffen und sie den Bedürfnissen des allgemeinen Wohls, insbes. der wirtschaftlich schwachen und verkehrsungünstig gelegenen Gebiete, anzupassen" (§ 6 AEG alt). Für die öffentlichen Eisenbahnen bestand eine Tarifpflicht, d. h. die Eisenbahnen mußten die Preise, zu denen sie ihre Leistungen erbringen wollten, im DEGT veröffentlichen und alle Kunden gleich behandeln. Um sich den Konkurrenten besser stellen zu können, wurden neben den Regeltarifen, für die die "Tarifgleichheit im Raum" kennzeichnend war, den Wettbewerbsverhältnissen auf einzelnen Verkehrsmärkten angepaßte Ausnahmetarife gebildet, die im Laufe der Jahre immer größere Bedeutung erlangten. Die Tarife wurden in Ständigen Tarifkommissionen, die sich aus Vertretern der Eisenbahnen zusammensetzten, entwickelt. "Begutachtend" nahm an den Sitzungen der "Ausschuß der Verkehrsinteressenten" (verladende Wirtschaft) teil, Binnenschiffahrt und Güterkraftverkehr entsandten je zwei Vertreter als "Beigeordnete ohne Stimmrecht". Im grenzüberschreitenden Verkehr werden die Tarife von den beteiligten Eisenbahngesellschaften entweder als spezielle Preise oder als Summe der jeweiligen Binnentarife gebildet. - Die Bahnreform hat auch hier entscheidende Liberalisierungsschritte eingeleitet. Durch das Inkrafttreten des Tarifaufhebungsgesetzes zum 1.1.1994 hat die Verkehrspolitik auf eine Einflußnahme auf die Preisgestaltung der DB AG im Güterverkehr verzichtet. Gleichzeitig ist es der DB AG möglich, mit einzelnen Kunden individuelle Preise für ihre Leistungen auszuhandeln und die Wettbewerbsverhältnisse auf den Verkehrsmärkten besser zu berücksichtigen. Entscheidungsgrundlage für ihre Preisbildung ist nun die eigene Wirtschaftlichkeit - zumindest ist dies die Absicht der Verkehrspolitik - (2) Binnenschiffahrt: Die für die einzelnen Wasserstraßengebiete zuständigen Frachtenausschüsse der Binnenschiffahrt setzten sich ursprünglich nur aus Vertretern des Gewerbes zusammen, doch hat die Binnenschiffahrt die Verladerseite schon in den 60er Jahren gleichberechtigt in die Frachtenbildung einbezogen. Die Frachtenausschüsse setzten für jede Verkehrsrelation und Gütergruppe spezielle Entgelte fest, die im Frachten- und Tarifanzeiger der Binnenschiffahrt (FTB) veröffentlicht wurden. Lediglich in der Tankschiffahrt gab es entfernungsabhängige Entgelte, die nach Produktgruppen differenziert wurden. Mit Hilfe eines Systems von Rabatten und Nachlässen sowie Kleinwasserzuschlägen wurde versucht, die Festpreise flexibler zu handhaben, bis Anfang der 80er Jahre Margenfrachten immer mehr Bedeutung erlangten. Die Einhaltung der Frachten zu überwachen oblag der Wasserstraßenverwaltung des Bundes. Im grenzüberschreitenden Verkehr des Rheinstromgebiets galt seit je das Prinzip der freien Preisbildung, das mit dem Tarifaufhebungsgesetz seit dem 1.1.1994 auch im Binnenverkehr gilt. Damit hat sich das Gefälle zwischen (regulierten) Binnenpreisen und (freien) Preisen im grenzüberschreitenden Verkehr verringert. Allerdings sind die Preise allgemein so weit gesunken, daß die Verkehrspolitik Maßnahmen zur Unterstützung der Partikuliere ergriffen hat. Mit Drittstaaten wurde auf staatlicher Ebene ein System bilateraler Festfrachten vereinbart, deren Durchsetzung allerdings unbefriedigend ist. - (3) Güterkraftverkehr: Die Preisregulierung im gewerblichen Güterkraftverkehr - für den Werkverkehr galt sie naturgemäß nicht, weil er ja nicht für Dritte Verkehrsleistungen erbringen durfte - unterschied ebenfalls zwischen Nah- und Fernverkehr. Die sich paritätisch aus Vertretern des Gewerbes und der Verlader zusammensetzenden Tarifkommissionen für den Nahverkehr (TKN) entwickelten bundeseinheitliche Tarife, denen Entfernungen oder Einsatzdauer zugrunde lagen. Differenzierungsmöglichkeiten boten die Landessondertarife, die spezifische Gegebenheiten auf regionalen Märkten berücksichtigten und von den Landesbehörden genehmigt wurden. I.d.R. handelte es sich um Margentarife. Die Tarife des DEGT und seine Nebenbestimmungen galten zunächst auch für den Güterfernverkehr, um so - vermeintlich - den Wettbewerb zwischen den beiden Verkehrsträgern Schiene und Straße auszuschalten. Da die Leistungsqualität des Lkw jedoch höher war, stellte sich diese Regelung de facto als eine Benachteiligung der Eisenbahnen dar. Mit der Kleinen Verkehrsreform 1961 erhielt der Güterfernverkehr ein eigenes Preisbildungsrecht. Die Tarifkommissionen Fernverkehr (TKF) wurden nur aus Vertretern des Gewerbes gebildet, der Verladerausschuß konnte zu den Beschlüssen der TKF lediglich Stellung nehmen. Neben den aus dem DEGT gebildeten Regeltarifen erlangten auch bei diesem Verkehrsträger relations- und güterspezifische Ausnahmetarife immer mehr Bedeutung. Die Einhaltung der (Margen-) Tarife hatte die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr (BAG) zu überwachen. Das Tarifaufhebungsgesetz hat auch für den Güterkraftverkehr das System individueller Preisfindung mit Wirkung zum 1.1.1994 und die Aufhebung der Tarifüberwachung gebracht. - Im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr galt zunächst ein System obligatorischer bilateraler Margentarife, die zwischen den einzelnen Staaten ausgehandelt wurden. Sie wurden zunächst durch ein System von (unverbindlichen) Referenztarifen abgelöst, bis auch hier schließlich eine freie Preisbildung eingeführt wurde. Lediglich mit Drittstaaten existieren noch kollektive Preisvereinbarungen.
Verkehrspolitik Ausblick: Die nationale Verkehrspolitik verliert immer mehr Gestaltungsmöglichkeiten zugunsten supranationaler Regelungen durch die EU. Trotzdem bleiben ihr auch künftig wichtige Aufgaben. Nachdem die Liberalisierung - bereits unter dem Druck der EU - weit vorangeschritten ist, kann sich die nationale Verkehrspolitik verstärkt der Privatisierungsaufgabe widmen. Das gilt sowohl für die DB AG als auch für die Infrastrukturen der einzelnen Verkehrsträger. Ein immer schon wichtiges, aber durch die rasante Entwicklung der letzten Jahre immer brennender werdendes Problem stellen die negativen externen Effekte des Verkehrs dar. Bei manchen Schadstoffen ist der Verkehr der bedeutendste Emittent, und sein Anteil an ihnen steigt zumeist weiter. Die Verkehrspolitik hat hier durch ein System von Ge- und Verboten, vor allem aber durch pretiale Instrumente die Verkehrsentwicklung so zu lenken, daß er den Forderungen nach einer auf Dauer verträglichen Entwicklung gerecht wird.
Literatur: Basedow, J., Wettbewerb auf den Verkehrsmärkten. Eine rechtsvergleichende Untersuchung, Heidelberg 1989; Bundesminister für Verkehr (Hrsg.), Verkehr in Zahlen 1994; Bundesminister für Verkehr, Bundesverkehrswegeplan 1992, Bonn 1992; Deregulierungskommission, Marktöffnung und Wettbewerb, Stuttgart 1991; Ewers, H.-J., Dem Verkehrsinfarkt vorbeugen. Zu einer auch ökologisch erträglicheren Alternative der Verkehrspolitik unter veränderten Rahmenbedingungen, Göttingen 1991.
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