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Unternehmer
Entrepreneur, Persönlichkeit, die eine Unternehmung plant, mit Erfolg gründet und/oder selbständig und verantwortlich mit Initiative leitet, wobei sie persönliches Risiko oder Kapitalrisiko übernimmt.
I. Theorie der Unternehmung: 1. Begriff: Es wird zwischen dem Pionier-Unternehmer und Nichtpionier-Unternehmer unterschieden. Letzterer wird auch als Wirt (Schumpeter) bezeichnet. Die Figur des Pionier-Unternehmer stellt eine Black Box für Kreativität, Intuition, Findigkeit, animal spirits (Keynes) etc. dar, d. h. für Verhaltensweisen, die zu Neuerungen oder Innovationen im ökonomischen System führen. Die Motive des Unternehmer für das Ergreifen neuer Gelegenheiten sind vielfältig. Das Gewinnmotiv muß dabei nicht vordringlich sein (Macht, Erfolg, Freude). Die Figur des Unternehmer ist ein zentraler Bestandteil von volkswirtschaftlichen Entwicklungstheorien. Sie ist Quelle endogenen Wandels und verhält sich nicht wie der homo oeconomicus oder der Robbinssche Ökonomisierer, der sich passiv an Restriktionen mit seinem gegebenen Ziel-Mittel-Raster anpaßt. Der Pionier-Unternehmer richtet seine Aktivitäten nicht auf die Allokation seiner Mittel in einem gegebenen Ziel-Mittel-Rahmen aus, sondern verändert ihn. Er findet neue Ziele und/oder neue Mittel. Dies wiederum erfordert Lernprozesse und die Wahrnehmung solcher Gelegenheiten. Die Existenz dieser Gelegenheiten und damit das Betätigungsfeld des Unternehmer setzt unvollkommenes Wissen voraus. Nur wenn das Wissen unvollkommen ist, gibt es etwas zu entdecken. Vorteile können nur aus dem Wissen gezogen werden, das nicht von allen Marktteilnehmern besessen bzw. genutzt wird. Mit diesem Wissen hofft der U., Vorsprungs- oder Pioniergewinne zu erzielen. Die Nutzung des U.-wissens erfolgt unter Unsicherheit. Unternehmer experimentieren und stellen wie Forscher Hypothesen über Marktgelegenheiten auf, die sie im Markt testen (Wettbewerb). Im allgemeinen wird das unternehmerische Element nur auf der Angebotsseite des Marktes betrachtet. Auf Seiten der Nachfrager lassen sich als Pendant zum Unternehmer jedoch Pioniernachfrager identifizieren, welche die neuen Produkte testen. - 2. Unternehmertypen: a) Der Schumpetersche Pionier-Unternehmer ist ein Gleichgewichtszerstörer, der Neuerungen, seien es technische oder organisatorische Innovationen, neue Ressourcenkombinationen oder neue Ressourcennutzungen, durchsetzt. Er muß selbst kein Inventor sein. Seine durch die Neuerungen bedingte, allerdings nur temporäre, Monopolstellung mitsamt ihren Vorsprungsgewinnen wird durch das Auftreten von Imitatoren erodiert. In der Theorie Schumpeters bringen die Imitatoren das ökonomische System wieder in ein (neues) Gleichgewicht. - b) Der Kirznersche Unternehmer ist stark am v. Mises'schen homo agens orientiert. Er ist ein Arbitrageur (Arbitrage) im Ungleichgewicht, der bestehende Koordinationslücken mit seiner Findigkeit für sich ausnutzt, d. h., auf diese Lücken oder Gelegenheiten absichtsvoll reagiert. Da das ökonomische System durch exogene Veränderungen der Daten permanent im Ungleichgewicht ist, übt die vom Kirznerschen Unternehmer durchgeführte Arbitrage eine Kraft in Richtung Gleichgewicht aus. Im Gegensatz zu a) zerstört er nicht ein bestehendes Gleichgewicht, sondern ist vielmehr eine gleichgewichtsbildende Kraft. Das Schließen von Koordinationslücken kann allerdings auch neue Lücken aufreißen oder neue Gewinngelegenheiten schaffen. Kirzner verwendet einen sehr weit gefaßten Arbitragebegriff, der z. B. auch die Produktion miteinschließt. Umstritten ist, ob der Kirznersche Unternehmer auch Gelegenheiten im Sinne Schumpeters durch die Durchsetzung neuen technischen Wissens schafft, weil Kirzner selbst die bereits vorhandenen Gelegenheiten in seiner Theorie herausstreicht, die der Unternehmer "lediglich" finden muß. - c) Während sowohl Schumpeter als auch Kirzner die gesamtwirtschaftliche Wirkung des Unternehmer untersuchen, analysiert E. Heuß die Entwicklung einzelner Branchen und Märkte, wobei sich diese in vier Phasen vollzieht: Experimentier-, Expansions-, Ausreifungs- und Rückbildungs- bzw. Stagnationsphase. In diesen Phasen dominieren jeweils verschiedene U.-Typen. Heuß unterscheidet dabei die initiativen Unternehmer in Pionier- und spontan imitierende Unternehmer sowie die konservativen Unternehmer in diejenigen, die unter Druck reagieren und solche, die immobil sind. - d) Nach Knight ist derjenige U., der die Leitung der Unternehmung innehat und dem der Gewinn als Restgröße zufällt. Dieser reine Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem erwarteten und tatsächlichen Wert der Faktorleistungen. Er entsteht zwar durch Unsicherheit, ist jedoch kein Entgelt für die Übernahme von Risiko. Der U.-Gewinn im Sinne Knights kann ex ante nicht optimiert werden. Kirzner kritisiert, daß das intentionale Streben des Unternehmer nach U.-Gewinn - durch die Knightsche Betonung seines Zufallscharakters - nicht deutlich werde.
II. Handelsrecht: Unternehmer (in älteren, noch geltenden Vorschriften als "Prinzipal" bezeichnet, z. B. § 60 HGB) kann eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, die einen Gewerbebetrieb unterhält, sein. - Zum Begriff des Unternehmer gehört nicht notwendig die Kaufmannseigenschaft. Betreibt der Unternehmer ein Handelsgewerbe, so ist er stets Kaufmann. Nur ein solcher Unternehmer kann Handlungsgehilfen haben; Handelsvertreter können auch für nichtkaufmännische Unternehmer tätig sein.
III. Bürgerliches Recht: Unternehmer ist beim Werkvertrag der Vertragspartner, der sich gegenüber dem Besteller zur Herstellung des Werkes gegen Vergütung verpflichtet.
IV. Umsatzsteuerrecht (§ 2 UStG): Unternehmer ist derjenige, der eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt; es kann eine natürliche Person, juristische Person, Gemeinschaft zur gesamten Hand oder ein anderer Personenzusammenschluß sein. Das Unternehmen umfaßt die gesamte berufliche und gewerbliche Tätigkeit; (Unternehmenseinheit). - 1. Gewerblich und beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch ohne Gewinnerzielungsabsicht und auch wenn eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern (vgl. Gesellschaftsleistungen, Mitgliederbeiträge) tätig wird. D. h.: a) es müssen Leistungen im wirtschaftlichen Sinne erbracht werden; b) es muß sich um ein wiederholtes Tätigwerden oder eine einmalige Tätigkeit mit Wiederholungsabsicht handeln; c) die Tätigkeit muß auf Einnahmeerzielung gerichtet sein (Leistungsaustausch). Bei Ausübung öffentlicher Gewalt wird regelmäßig keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausgeübt. - 2. Selbständig ist eine Tätigkeit, wenn sie auf eigene Rechnung und Verantwortung ausgeführt wird; nicht selbständig, wenn a) einzelne oder zusammengeschlossene natürliche Personen den Weisungen eines Unternehmer zu folgen verpflichtet sind oder b) juristische Personen Organe eines Unternehmens sind (Organschaft, Organgesellschaft). Bei Unternehmenszusammenschlüssen, wie Personenvereinigungen, Arbeitsgemeinschaften und Kartellen, ist maßgebend, ob sie nach außen selbständig als Unternehmer auftreten. - Interessengemeinschaften sind keine Unternehmer Bei dem umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriff handelt es sich laut Finanzrechtsprechung um einen "offenen Typusbegriff", so daß die Unternehmereigenschaft in jedem Einzelfall zu prüfen ist. - 3. Bedeutung: Nur ein umsatzsteuerlicher Unternehmer kann umsatzsteuerbare Vorgänge realisieren (Ausnahme: Einfuhrumsatzsteuer), schuldet Umsatzsteuer (Ausnahme: Rechnungen), kann den Vorsteuerabzug geltend machen, ist zur Durchführung des Abzugsverfahrens verpflichtet und wird zur Umsatzsteuer veranlagt.
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