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Innovations- und Technologiemanagement

ganzheitliches Innovations- und Technologiemanagement u. T.
Innovations- und Technologiemanagement Der Innovationswettbewerb als Herausforderung: Die gravierenden Veränderungen in den Systemen der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft - zumindest teilweise technologieinduziert - verdeutlichen, daß die Beschäftigung mit dem Phänomen Innovation (I.) in den letzten Jahrzehnten in allen Lebensbereichen stark an Bedeutung gewonnen hat. Insbes. die technische Innovations- und Technologiemanagement wird als Grundlage wirtschaftlicher Stabilität und Prosperität auf betriebs- und volkswirtschaftlicher Ebene erachtet. Hauptobjekte der technischen Innovations- und Technologiemanagement bilden Produkte und Produktionssysteme; wesentliche Schritte der erforderlichen Innovationsprozesse werden in Unternehmen durchgeführt. Für diese ist das Produkt als Umsatzträger Grundlage für den Unternehmenserfolg, weshalb letztlich alle Aktivitäten direkt oder indirekt darauf abzielen, marktfähige Produkte zu entwickeln, zu produzieren und am Markt zu Preisen abzusetzen, welche die Erwirtschaftung eines angemessenen Gewinnes ermöglichen; dieser ist Grundlage der langfristigen Existenzsicherung, welche als übergeordnetes Ziel für jedes Unternehmen zu betrachten ist. - Das Produkt ist Ergebnis entsprechender Entstehungs- und Herstellungsprozesse; die "optimale" organisatorische Gestaltung und effiziente, zielorientierte Durchführung dieser Prozesse hat in dem Maße an Bedeutung gewonnen, in welchem Unternehmen erkannt haben, daß durch Veränderung (Produktdifferenzierung, Produktvariation), Verbesserung und Neuentwicklung insbes. von Produkten Wettbewerbsvorteile gegenüber konkurrierenden Unternehmen zu erzielen sind: Im Jahre 1911 konnte der Ökonom J. Schumpeter noch zu Recht darauf hinweisen, daß sich das Unternehmen durch "Hervorbringen neuer Kombinationen" - eine Vorwegnahme des erst später entstandenen Begriffes der Innovations- und Technologiemanagement - "dem Wettbewerb entziehen kann" (Schumpeter, J., 1964); inzwischen hat der Innovationswettbewerb als zusätzliche Art des Wettbewerbes alle Wirtschaftsbereiche (Investitions- und Konsumgüter, Dienstleistungen) erfaßt; die erfolgreiche "Beherrschung" des Innovationswettbewerbs ist für die einzelnen Institutionen (Unternehmen, Verbände, IHKs etc.) und Branchen von existentieller Bedeutung. - Die zunehmende Innovationsdynamik hat dazu geführt, daß neben der Fähigkeit, Neuerungen zu planen und zu realisieren, der Faktor "Zeit" spezifische Bedeutung im Rahmen des Innovationswettbewerbs bekommen hat: Abnehmende Innovationszeiten begleiten nicht nur die erstmalige Umsetzung objektiv neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse im Rahmen der Industrialisierung: Während die Innovationszeit für das Telefon noch 55 Jahre betrug (19. Jh.), wurde die Halbleitertechnologie in nur 5 Jahren in die Transistortechnik umgesetzt (ca. 1955). Kurze Innovationszeiten sind inzwischen auf betriebs- und volkswirtschaftlicher Ebene in vielen Branchen ein entscheidender Wettbewerbsfaktor geworden; es waren zunächst japanische Unternehmen, die den Faktor "Zeit" (Zeitwettbewerb) explizit als strategischen Faktor im Innovationswettbewerb erkannten und aufgriffen: Mit der Innovations- und Technologiemanagement im Produktionsbereich durch Einführung des Just-in-Time-Prinzips wurden eine drastische Senkung der gesamten Produktions(durchlauf)zeiten und, damit verbunden, enorme Kostenreduktionen erreicht; die erfolgreiche "Bewirtschaftung" der Innovationszeiten für Produkte wird aus einer OECD-Studie ersichtlich, wonach "die Zeitspanne zwischen Entwicklungsbeginn und Markteinführung verschiedener technologischer Produkte in Japan weitaus kürzer als in anderen OECD-Staaten ist" (Steinhöfler, K., 1985, S. 148). - Kritisch anzumerken ist jedoch, daß im Gegensatz zur geläufigen Lehrmeinung der Wirtschaftswissenschaft nicht die Bedürfnisse des potentiellen Abnehmers, sondern der Wettbewerb zwischen den Unternehmen die primäre Antriebskraft der Innovations- und Technologiemanagement darstellt und der Zeitwettbewerb zu immer geringerer Innovationshöhe führt, eher zu modischer "Schein-Innovation" in Form sog. Produktgenerationen. - Die Bedeutung eines optimalen Innovationsverhaltens auf der Realebene, in der Wirtschaftspraxis, hat dazu geführt, daß die Wissenschaft diese Thematik aufgegriffen hat.
IInnovations- und Technologiemanagement Entstehungsprozesse als Objekt der Innovationsforschung: 1. Einführung: Das Unternehmen und dessen Austauschbeziehungen mit seiner Umwelt bilden das Forschungsobjekt der Betriebswirtschaftslehre (BWL), die deshalb - im Gegensatz z. B. zur Mathematik - eine Realwissenschaft ist: Als theoretische Wissenschaft versucht diese, Modelle (vereinfachte Abbilder der Wirklichkeit) zu entwickeln, Gesetzmäßigkeiten zu finden, entsprechende Hypothesen zu formulieren und deren beschränkte oder allgemeine Gültigkeit durch empirische Forschung zu testen. Ziel ist die Gewinnung von Erkenntnissen als Grundlage einer explikativen Theorie (Beschreibung, Erklärung). Als angewandte Wissenschaft versucht die BWL, ein für die Praxis geeignetes Instrumentarium in Form von Ansätzen, Denkweisen, Modellen, Methoden und Hilfsmitteln ("Management-Technologie", Technologie) zu entwickeln und den Unternehmen zugänglich zu machen. - Im Rahmen der Lehre (Aus- und Weiterbildung) werden die theoretischen Erkenntnisse mit denjenigen der Praxis im Sinne eines pragmatischen Wissenschaftszieles kombiniert (Hübner, H., 1985, S. 299). - Die Wissenschaft greift generell Themen auf, für welche ein aktueller Problemlösungsdruck auf der Realebene besteht. Aufgrund der oben erläuterten strategischen Bedeutung des Innovationswettbewerbs beschäftigt sich die Innovationsforschung als vergleichsweise junge Disziplin mit dem Innovationsverhalten von Wirtschaftseinheiten und den entsprechenden Entstehungsprozessen, wobei zwischen volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich orientierter Innovationsforschung unterschieden werden kann. - Die inzwischen sehr umfangreiche einschlägige Literatur zeigt eine große Vielfalt von analytisch und/oder empirisch gewonnenen Erkenntnissen; die Ursache dieser Vielfalt dürfte vor allem in dem jeweils zugrundegelegten Innovationsbegriff liegen. Der wirtschaftliche Bezug sowie die Beschäftigung mit technischer Innovations- und Technologiemanagement bilden die gemeinsame Basis der meisten Forschungsarbeiten. - Der wirtschaftliche Bezug ergibt sich daraus, daß über Erfolg/Mißerfolg jeder Innovations- und Technologiemanagement letztlich am Markt entschieden wird in Form von (Nicht-)Akzeptanz durch die jeweilige Zielgruppe; dies betrifft z. B. ein verändertes Bildungssystem (gesellschaftlich-volkswirtschaftliche Ebene) ebenso wie eine neue Sparform (betriebswirtschaftliche Ebene, Dienstleistungssektor). Infolge dieses Sachverhaltes ist die Innovationsforschung als Teildisziplin aus den Wirtschaftswissenschaften entstanden, hat jedoch nicht zuletzt aufgrund der Beschäftigung mit technischen Innovations- und Technologiemanagement inter- und multidisziplinären Charakter. - Technische Innovations- und Technologiemanagement ist durch die Verwendung von Technologien als Ergebnis naturwissenschaftlicher Forschung (Forschung & Entwicklung (F&E)) und deren ingenieurmäßige Realisierung in Form von Technik gekennzeichnet. - Die Konzentration auf technische Innovations- und Technologiemanagement in der Innovationsforschung wie in der Wirtschaftspraxis resultiert aus ihrer entscheidenden ökonomischen Bedeutung; der wirtschaftliche Erfolg hängt jedoch nur beschränkt vom objektiven Neuheitsgrad der verwendeten Technologie und Technik ab: So kombiniert der von SONY kreierte "Walkman", eine objektive Marktneuheit, welche neue Produktfunktionen realisiert, ausschließlich bekannte Technologien. - Sichtbarer und extremer Ausdruck dieses "Mittelcharakters" von Technologie und Technik ist die Definition von "Hochtechnologie" (High Tech) als "diejenige Technologie, für die der Anteil der sog. Entwicklungs- und Schwellenländer am Weltmarkt 0,5% beträgt" (vgl. BMFT-Journal Nr. 1/März 1985). Auf die Problematik dieser Konzentration auf technische Innovations- und Technologiemanagement in Wissenschaft und Wirtschaft wird in Kapitel IIInnovations- und Technologiemanagement noch eingegangen. - 2. Ausgewählte Ergebnisse der Innovationsforschung: Aufgrund der Bedeutung der technischen I., welche vor allem in Unternehmen entstehen, beschränken sich die weiteren Ausführungen auf diesen Bereich der Innovationsforschung. a) Allgemeines Erklärungsmodell für die Entstehung technischer Innovationen als Grundlage einer Abgrenzung zwischen Innovations- und Technologiemanagement: Das in der Abbildung dargestellte allgemeine Beschreibungs- und Erklärungsmodell für die Entstehung technischer Innovations- und Technologiemanagement vermittelt ein grundsätzliches Verständnis für deren Zustandekommen. Wie ersichtlich, kann die Kognition (Entdeckung) sehr oft - jedoch nicht zwingend - am Beginn dieses Entstehungsprozesses stehen. Entdeckungen beziehen sich auf vorhandene Phänomene in der Natur - wie z. B. die Zusammensetzung des Lichtes aus Spektralfarben - und sind das primäre Ziel naturwissenschaftlicher Grundlagenforschung; deren Ergebnisse sind jedoch als "öffentliches Gut" nicht schutzfähig, weshalb diese Art der Forschung von der öffentlichen Hand i. a. zumindest mitgetragen wird. - Im Gegensatz dazu sind Erfindungs- (Inventions-)Prozesse (Erfindung) auf die Gewinnung von anwendungsbezogenem technischem Wissen gerichtet, welches als "privates Gut" (Rosegger, 1980, S. 4) bei entsprechend objektiver Neuheit durch Patente vor unbefugter wirtschaftlicher Verwertung durch Dritte geschützt werden kann. Erfindungsprozesse sind grundsätzlich naturwissenschaftlich-technischer Art und dem Aufgabenbereich von F&E zuzuordnen. F&E kann in Unternehmen sowie in privaten bzw. von der öffentlichen Hand getragenen Forschungsinstituten wahrgenommen werden. Entdeckung und Erfindung sind somit auf die Gewinnung objektiv neuer natur- und ingenieurwissenschaftlicher Erkenntnisse gerichtet, die nur einmal gewonnen werden können. Der Innovationsprozeß ist hingegen auf die Entwicklung und Herstellung marktfähiger Problemlösungen gerichtet, wobei - folgt man der Abgrenzung der OECD (Paris, 1981, S. 15 ff.) - vom Konzept der subjektiven Neuheit auszugehen ist: Neu ist demnach etwas dann, wenn es aus der Sicht des einzelnen Unternehmens neu ist, unabhängig davon, ob es anderweitig bereits existiert; demnach ist Innovation weder an objektiv technische Neuheit noch an objektive Marktneuheit gebunden: Die Imitation eines bereits am Markt befindlichen Produktes durch ein anderes Unternehmen - bei legaler Verwendung der Technologie - stellt für dieses somit subjektiv eine Innovations- und Technologiemanagement dar. Imitation kann erfolgreiche Strategie für einen raschen Markteintritt sowie - bei eigener F&E - das schnellere Erreichen der Position des Erstinnovators sein. Innovations- und Technologiemanagement ist somit aus der Sicht des Unternehmens nicht notwendig an eigene F&E gebunden und damit auch Klein- und Mittelbetrieben ohne eigene Forschung zugänglich. Das oben genannte Beispiel des "Walkman" verdeutlicht jedoch, daß auch Großbetriebe und Konzerne gut beraten sind, die grundsätzlich verschiedenen Zielsetzungen von Inventionsprozessen gegenüber Innovationsprozessen im Rahmen der strategischen Planung zu berücksichtigen. - Der Diffusionsprozeß bildet die abschließende Phase des Erklärungsmodelles. Im Hinblick auf deren Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg von Innovations- und Technologiemanagement gibt es auf wissenschaftlicher Ebene Diskussionen, inwieweit diese Phase nicht der Diffusionsforschung als eigenem Forschungsbereich zuzuordnen sei; auf diese m. E. rein "akademische" Diskussion wird hier jedoch nicht eingegangen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind nach diesem Modell insgesamt folgende Aufgabenbereiche zu unterscheiden: (1) Wissenschaftliche Forschung (produkt-, wirtschaftsferne Forschung), (2) natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschung, (3) Entwicklung, (4) Herstellung, (5) Markteinführung und Diffusion. Da es im allgemeinen weder möglich noch notwendig ist, alle diese Aufgabenbereiche im einzelnen Unternehmen wahrzunehmen, wurden vor allem in den Industriestaaten Mechanismen zur überbetrieblichen Koordinierung dieser Aufgabenbereiche und im Zusammenhang damit entsprechende Institutionen geschaffen. Für die Bundesrep. D. ist die Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen (AIF) in Köln zu nennen, welche als Selbstverwaltungsorganisation der Wirtschaft die Mittelverteilung der Forschungsförderung (v. a. des Bundesministeriums für Forschung und Technologie, des Bundesministeriums für Wirtschaft sowie der Stiftung zur Förderung der Forschung für die gewerbliche Wirtschaft) für die industrielle Forschung koordiniert (AIF, 1990). Grundlage hierfür ist die Innovationspolitik als Teil einer (staatlichen) Technologieförderungspolitik (Innovationsförderung). Aufgrund wissenschaftlicher "Neugier" sowie wirtschaftlicher Anreize (Patentwesen, Unternehmensgründungen u. ä.) werden Entdeckungen und Erfindungen auch in Zukunft die Entwicklung der Menschheit begleiten, wobei in einer langfristigen Perspektive auf die Verwendung und wirtschaftliche Verwertung objektiv neuer naturwissenschaftlich-technischer Erkenntnisse nicht verzichtet werden kann. Da diese aufgrund des internationalen Wettbewerbes auf betriebs- und volkswirtschaftlicher Ebene nur beschränkt auf legalem Wege (Lizenznahme) zugänglich sind, ist das bewußte und geplante Erarbeiten objektiv neuer Erkenntnisse i. w. S. für die einzelnen Staaten unverzichtbar. Im Hinblick auf die hohen Kosten insbes. der wissenschaftlich orientierten Grundlagenforschung kann jedoch im allgemeinen der einzelne Industriestaat nicht in allen Bereichen autonom sein, sondern muß sich im Rahmen einer zunehmend internationalen Arbeitsteilung auf bestimmte Schwerpunkte konzentrieren bzw. Kooperationen eingehen. Diese Situation ist weitgehend analog zu der des einzelnen Unternehmens. - Um unter diesen Bedingungen die Einsatzmöglichkeiten entsprechender Technologien und Techniken sicherzustellen, bedarf es im Bereich der technischen Innovations- und Technologiemanagement eines zusätzlichen Aufgabenbereiches, der als Technologiemanagement sowohl im Unternehmen als auch auf regionaler und gesamtwirtschaftlicher Ebene wahrzunehmen ist. Die Konzentration auf Innovationsprozesse für das Hervorbringen technischer Innovations- und Technologiemanagement hat jedoch dazu geführt, daß Technologiemanagement als Begriff häufig synonym mit Innovationsmanagement verwendet wird, was jedoch zu Mißverständnissen führen kann und inhaltlich falsch ist: (1) Innovations- und Technologiemanagement ist nicht auf technische Innovations- und Technologiemanagement beschränkt. (2) Auf der Grundlage des Innovationsbegriffes gem. OECD ist auch für die technische Innovations- und Technologiemanagement das Konzept der subjektiven Neuheit zugrunde zu legen. (3) Die Prozesse der Kognition und Invention beziehen sich demgegenüber nur auf technische Innovations- und Technologiemanagement objektiver Neuheit. Zusammenfassend läßt sich somit folgende Unterscheidung treffen: Innovationsmanagement ist - ausgehend von dem zugrundeliegenden sehr breiten Innovationsbegriff - ein Tätigkeitsbereich, der grundsätzlich in jeder Institution, also neben dem Unternehmen z. B. in Ministerien, Kommunalverwaltungen, Verbänden, Gewerkschaften, IHKs u. a. wahrzunehmen ist. Gerade die Situation in den ehemals kommunistisch regierten Staaten Osteuropas verdeutlicht die Notwendigkeit der Verbesserung der Innovationsfähigkeit in gesellschaftlichen und politischen und damit in nicht-technischen Bereichen. - Technologiemanagement - grundsätzlich ebenfalls nicht auf Unternehmen beschränkt - ist als Tätigkeitsbereich immer dann zusätzlich zum Innovationsmanagement erforderlich, wenn technische Innovations- und Technologiemanagement Objekte des Innovationsprozesseses sind. Diese Situation ergibt sich aus dem "Mittelcharakter" von Technologie und Technik, welche ein wichtiges Innovationspotential für das Hervorbringen technischer Innovations- und Technologiemanagement darstellen. - Als wichtige Aufgabenbereiche des Technologiemanagements seien insbes. die Planung von F&E, Forschungskooperationen mit anderen Institutionen (bis hin zur Bildung sog. Strategischer Allianzen), Patent- und Lizenzwesen (aktiv und passiv) genannt. Im Zusammenhang mit der zunehmenden - auch internationalen - Arbeitsteilung hat ein weiterer Aufgabenbereich an Bedeutung gewonnen, der Technologietransfer (vgl. Andreae, C. A./Hübner, H. 1987). Um diesen professionell zu betreiben, wurden inzwischen entsprechende Stellen für Technologietransfer und -beratung an Universitäten, IHK's sowie in der öffentlichen Verwaltung geschaffen. - b) Ausgewählte Ergebnisse empirischer Untersuchungen: In der Innovationsforschung werden bisher folgende zwei Impulse für Innovations- und Technologiemanagement unterschieden:(1) Technologie-initiierte Innovations- und Technologiemanagement ("Technology Push"), (2) Nachfrage-initiierte Innovations- und Technologiemanagement ("Demand Pull"). Ausgehend von der Fragestellung, welcher Impuls zu höherer Erfolgswahrscheinlichkeit führt, kommen empirische Erhebungen (Meyers, S./Marquis, D., 1969) zu folgenden Ergebnissen: (1) 60 bis 80% aller erfolgreichen neuen Produkte wurden vom Markt, vom potentiellen Abnehmer oder vom Kunden angeregt (vor allem Verbesserungen, Weiterentwicklungen). (2) Nur 20 bis 40% aller erfolgreichen neuen Produkte stammen aus neuen naturwissenschaftlich-technischen Erkenntnissen. Andere empirische Untersuchungen gehen der Frage nach, worin sich im Innovationswettbewerb erfolgreiche von weniger erfolgreichen Unternehmen unterscheiden, wobei folgende Ergebnisse als Orientierungshilfe für die Praxis äußerst wertvoll erscheinen: (1) Hindernisse für ein angemessenes ("optimales", "rechtzeitiges") Innovationsverhalten (Booz-Allen & Hamilton, 1982): a) geringer Stellenwert neuer Produkte (43%), b) Konzentration auf den kurzfristigen Geschäftserfolg (42%), c) ungeeignete Marktforschung (34%), d) Verschleppung der Entscheidungen (28%), e) fehlende Strategie für Produktinnovationen (23%). - (2) Zusammenhang zwischen Erfolg und Systematik (Cooper, R./Kleinschmidt, E., 1987): Erfolgreich innovierende Unternehmen: a) gehen systematisch vor; b) führen die wichtigsten Schritte des Innovationsprozesses, inklusive den der technischen Produktentwicklung vorangehenden, professionell durch; c) wenden geeignete Methoden an; d) gehen für die Produktentwicklung von klaren Projektdefinitionen aus, welche über das technische Pflichtenheft weit hinausgehen. - "Professionell" meint konkret eine systematische Vorgehensweise und die Anwendung geeigneter Instrumente. Bezogen auf die "der technischen Produktentwicklung vorangehenden Schritte" sei hier speziell die Beschaffung von - insbes. externen - Informationen als Teilaufgabe eines professionellen Innovationsmanagement (Hübner, H., 1987) genannt: Am Beginn jedes erfolgreichen Innovationsprozesses steht die Informationsbeschaffung! Instrumente in Form von Ansätzen, Denkweisen, Modellen, Methoden und Hilfsmitteln stellen einen eigenständigen Know-how-Bereich dar, der als "Management-Technologie" (Technologie für das Management) bezeichnet und als wichtigstes Innovationspotential für nicht-technische Innovations- und Technologiemanagement betrachtet werden kann. Doch auch bezogen auf das Hervorbringen technischer Innovations- und Technologiemanagement müssen der Aufbau und die Weiterentwicklung dieser "Management-Technologie" ebenso vorangetrieben werden, wie dies für Produkt- und Produktionstechnologie getan wird. - Aus den bisher entwickelten Instrumenten sei neben der Wertanalyse ein erst seit kurzem verfügbares PC-gestütztes Instrumentarium genannt: INNOVA ermöglicht dem einzelnen Unternehmen die Erfassung von Bedarf und Dringlichkeit für Maßnahmen der I.; das Instrumentarium dient zur Ermittlung des Bedarfes für technische Innovations- und Technologiemanagement ebenso wie für den nicht-technischen Bereich (Organisation, sonstige Maßnahmen, z. B. bzgl. Unternehmensführung, Vertriebssystem u. ä.), wobei bei der Errechnung von Dringlichkeitswerten und -kennzahlen zwischen "existentieller Dringlichkeit" und der Dringlichkeit für den "Ausbau der Wettbewerbsposition" unterschieden wird. Die periodisch wiederkehrende Anwendung des Instrumentariums, welches am Lehrstuhl Technikwirkungs- und Innovationsforschung (TWI) der Universität-Gesamthochschule Kassel entwickelt wurde (Hübner, Heinz/Hübner, Heimo, 1992), ermöglicht die schrittweise Optimierung des Innovationsverhaltens. Als Beispiele für Instrumente, welche insbes. im Hinblick auf den Zeitwettbewerb geeignet sind, seien hier das Consensus-Management (Hübner, H., 1989) sowie das "Simultaneous Engineering" (Eiff, W. v., 1991) genannt. Diese Ausführungen verdeutlichen, daß die Innovationsforschung bereits sehr wesentliche Erkenntnisse erarbeiten konnte, die für das Unternehmen äußerst nützlich sind. Bisherige Defizite der Innovationsforschung sowie der Innovationspraxis werden im nächsten Kapitel herausgearbeitet.
IIInnovations- und Technologiemanagement Defizite der Innovationsforschung als Defizite der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Konsequenzen in der Wirtschaftspraxis: Trotz der notwendigen Interdisziplinarität der Innovationsprozesse in der Praxis sowie der Innovationsforschung wird diese den Wirtschaftswissenschaften zugeordnet. Deren Defizite sind deshalb auch diejenigen der Innovationsforschung und haben entsprechend negative Auswirkungen auf die Wirtschaftspraxis; speziell werden hier folgende Defizite genannt: (1) Reduktionismus durch Beschränkung auf eine eindimensionale monetäre Bewertung: Eine Innovations- und Technologiemanagement gilt als erfolgreich, wenn sie unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgreich ist; negative Auswirkungen sozialer, gesamtwirtschaftlicher, ökologischer u. a. Art werden bisher als sog. externe Effekte nicht erfaßt. (2) Reduktionismus durch Beschränkung auf den sog. Produktlebenszyklus (Lebenszyklus I), der jedoch nur die Stellung des Produktes am Markt erfaßt. (3) Widerspruch zur Theorie; Hauptimpulse für Innovations- und Technologiemanagement sind nicht die Bedürfnisse der Menschen, sondern der Wettbewerb zwischen den Unternehmen. (4) Unreflektiert positive Einstellung zum technischen Fortschritt, der mit gesellschaftlichem Fortschritt gleichgesetzt wird, ohne die Ambivalenz der technischen Entwicklung ausreichend zu berücksichtigen. (5) Unreflektiert positive Einstellung zu "Neu" i. S. v. Neu = Besser; Studien über den Wert bzw. Unwert von Innovations- und Technologiemanagement fehlen; erst seit kurzer Zeit ist diesbezüglich im Zusammenhang mit ökologischen Problemen ein langsames Umdenken zu erkennen (vgl. u. a. Binswanger, H. C./Frisch, H./Nutzinger, H. G. u. a., 1988; Immler, H., 1989; Pfriem, R. (Hrsg.), 1986). (6) Weitgehende Beschränkung auf technische I., u. a. bedingt durch das Fehlen eines dem Patentwesen vergleichbaren Anreiz- und Schutzsystems für Innovations- und Technologiemanagement im nichttechnischen Bereich (z. B. Sozial-, Kultur-, Dienstleistungsbereich). - Diese Defizite spiegeln sich in den Rahmenbedingungen für das Wirtschaften, die von der öffentlichen Hand/Politik gestaltet werden: So werden die bereits genannten externen Effekte bisher von der Allgemeinheit getragen. Das bereits in den 50er Jahren von W. Kapp (1963) entwickelte Konzept der sozialen Kosten hat bisher keinen Eingang in Theorie und Praxis gefunden. - Es ist nicht verwunderlich, daß aufgrund dieser Defizite die Ergebnisse der Wirtschaftsprozesse nicht nur positiver Art sind, was hier kurz anhand der ökologischen Problematik verdeutlicht werden soll. Das Ausmaß der Schädigung und z. T. irreversiblen Zerstörung der Ökosphäre ist für die Bundesrep. D. in der jährlichen Publikation des Umweltbundesamtes "Daten zur Umwelt" dokumentiert; bezogen auf die gesamte Welt sprechen folgende Fakten für sich: Gegenwärtig werden pro Sekunde etwa 1000 Tonnen Erdreich abgeschwemmt bzw. abgetragen; nimmt der Waldbestand der Erde pro Sekunde um 3000-5000 Quadratmeter ab; auf ein Jahr umgerechnet, ist das beinahe die Fläche der Bundesrep. D.; rotten wir täglich vielleicht zehn, vielleicht fünfzig Tier- oder Pflanzenarten aus; blasen wir pro Sekunde rund 1000 Tonnen Treibhausgase in die Luft (Weizsäcker von, E. U., 1990). - Hauptursache hierfür sind industrielle Produktion und damit zusammenhängender Massenkonsum, wobei die Hauptverantwortung bei den Industriestaaten liegt, was folgende Fakten verdeutlichen: Gemäß weitgehend übereinstimmenden Erhebungen stellen die industrialisierten Staaten nur ca. 25% der Weltbevölkerung, verfügen bzw. kontrollieren und verbrauchen jedoch über 78% der gesamten Industrieproduktion, über 87% der Welt-Rüstungsausgaben und der damit zusammenhängenden Produktionsprozesse, 70% des erzeugten Kunstdüngers, 75% der gesamten Energie. - So ist allein die Anzahl der im Bundesland Nordrhein-Westfalen zugelassenen Pkws größer als diejenige im gesamten afrikanischen Kontinent (gem. Pfriem, in: Hoffmann, H., 1990). Eine nicht unwesentliche Ursache für diese bedrohliche Situation ist in der aufgrund des Wettbewerbs immer noch zunehmenden Innovationsdynamik und der damit zusammenhängenden Ressourcenvergeudung durch "künstliche" Veralterung (Obsoleszenz) zu sehen sowie in der erwähnten reduktionistischen Vorgehensweise im Rahmen der Innovationsforschung und Innovationspraxis. Vor diesem Hintergrund wird im weiteren ein Konzept für ein ganzheitliches Innovations- und Technologiemanagement vorgestellt.
IV. Konzept für ein ganzheitliches Innovations- und Technologiemanagement: 1. Allgemeines: Die durch die Rahmenbedingungen festgelegten "Spielregeln" der sozialen Marktwirtschaft sind dadurch gekennzeichnet, daß (1) positive Auswirkungen unternehmerischer Aktivitäten, also auch von I., zunächst den Urhebern (Erfinder, Forschungsinstitut, Unternehmen) vor allem in monetärer Form zugute kommen, sei es als persönliche Einnahme, Umsatz- und Gewinnsteigerung sowie als Stärkung der Wettbewerbsposition des Unternehmens; (2) positive Auswirkungen jedoch auch dem Konsumenten im Rahmen des Ge- und Verbrauches entsprechender Güter zukommen; häufig handelt es sich nur um subjektiv positiv empfundenen Nutzen, insbes. im Bereich der Konsumgüter; (3) negative Wirkungen und (Spät-)Folgen aus den Prozessen der Entstehung, Herstellung und Nutzung demgegenüber "sozialisiert", d. h. von der Allgemeinheit getragen werden. Als Beispiel seien die im Zusammenhang mit "neuen Technologien" einhergehende Dequalifikation von Arbeitskräften und die damit verbundene Arbeitslosigkeit genannt; die beschränkte monetäre Unterstützung aus öffentlichen Mitteln kann die individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen insbes. der Langzeitarbeitslosigkeit nicht kompensieren. (4) Schließlich treffen die negativen Folgen, die nicht durch Einsatz finanzieller Mittel kompensiert werden können und durch Schädigung und Zerstörung der Ökosphäre irreversibler Art sind, ebenfalls die Allgemeinheit in Form reduzierter Lebensqualität. - Diese Art der Zurechnung von positiven und negativen Auswirkungen wirtschaftlichen Handelns zeigt, daß die marktwirtschaftlichen Mechanismen nicht in allen Teilbereichen wirksam sind; eine der Hauptursachen dieser beschränkten Wirksamkeit liegt darin, daß die Preise nicht die "ökologische Wahrheit" (Weizsäcker von, E. U., 1990, S. 145 ff.) enthalten. - Die Innovationsdynamik und der Innovationswettbewerb verstärken und beschleunigen die Schädigung und z. T. bereits irreversible Zerstörung der Ökosphäre. Voraussetzung für ganzheitliches Innovations- und Technologiemanagement ist das Verständnis für die grundsätzliche Ambivalenz jeder - nicht nur technischen - Neuerung: "Innovations- und Technologiemanagement und Verschleiß bzw. (Ver-) Alterung" sind dann als "zwei Seiten derselben Münze" zu begreifen (Novotny, H., 1985). Die Behebung dieser Defizite erfordert die Veränderung der Rahmenbedingungen für das Wirtschaften i. w. S. durch die öffentliche Hand/Politik; Voraussetzung hierfür ist eine Überprüfung und - soweit erforderlich - Neudefinition von Grundannahmen und Paradigmen vor allem der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, der Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie der Geisteswissenschaften im Sinne eines ökologieorientierten Wirtschaftens (vgl. Hübner, H./Jahnes, St. 1992 a, b); von größter Bedeutung ist dabei die Einführung des Prinzips der Nachhaltigkeit, welche "zwingend die ökonomische Anerkennung eines Produktionsfaktors ,Natur` verlangt" (Immler, H. 1991). Es ist offensichtlich, daß in Verbindung damit entscheidende Veränderungen, sowohl auf der Ebene der Wissenschaft als auch auf der Realebene der Wirtschaft (Produktions-, Konsumverhalten), erforderlich sind; im Sinne der notwendigen Erhaltung der Natur, welche nicht nur Ressourcen liefert, sondern auch den Lebensraum des Menschen bildet, wird sich das Wirtschaften entsprechend dem Nachhaltigkeitsprinzip entscheidend von der bisherigen Wirtschaftsweise unterscheiden. Damit wird auch deutlich, daß für die erfolgreiche Bewältigung der ökologischen Herausforderung Innovationsmanagement und Anwendung der Erkenntnisse der Innovationsforschung von größter Bedeutung sind: Allerdings ist die Veränderung der Richtung der Innovation unerläßlich. Die kurze Erläuterung dieser Zusammenhänge zeigt die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung auf volkswirtschaftlich-gesellschaftlich-politischer Ebene auf, die hier nicht weiter vertieft werden kann. Vielmehr wird versucht, Ansätze für ein ganzheitliches Innovations- und Technologiemanagement auf der Ebene des Unternehmens vorzustellen. - 2. Ansätze für ein ganzheitliches Innovations- und Technologiemanagement auf der Ebene des Unternehmens: Josef Schumpeter, der weithin als Begründer der Innovationsforschung gilt, hat die "Janusköpfigkeit" der Innovations- und Technologiemanagement bereits herausgestellt, indem er den Innovationsprozeß als "Prozeß der schöpferischen Zerstörung" (Schumpeter, J., 1950, S. 134 ff.) bezeichnet. Geht man vom grundsätzlichen Wert schöpferischer Fähigkeiten des Menschen aus sowie auch davon, daß diese auf Dauer nicht unterdrückt bzw. in "gewünschte Bahnen" gelenkt werden könnten (was z. B. am Scheitern der Diktaturen Osteuropas ersichtlich wird), so kann nur versucht werden, das Ausmaß der "schöpferischen Zerstörung" nach Möglichkeit im voraus zu erfassen und - soweit möglich - zu begrenzen und zu minimieren. - Auf wissenschaftlicher Ebene beschäftigt sich die Wirkungsforschung mit diesen Fragestellungen. Ebenso wie sich die Innovationsforschung mit jeder Art von Innovations- und Technologiemanagement beschäftigt, ist auch die Wirkungsforschung nicht auf technische Artefakte beschränkt; so erscheint z. B. die Beschäftigung mit den Auswirkungen von geplanten neuen Gesetzen wünschenswert und zweckmäßig. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung von Technologie und Technik und deren großräumiger Diffusion bildet diese jedoch auch ein Hauptobjekt der Wirkungsforschung. Auf der Realebene wurden Institutionen zur Technikfolgenabschätzung (Technologiefolgenabschätzung) geschaffen, die sich vor allem auf politisch-volkswirtschaftlicher Ebene mit möglichen (negativen) Auswirkungen neuer Technologie und Technik beschäftigen. Wesentlicher Bestandteil jeder Technologie- und Technikfolgenabschätzung ist die Technikbewertung. Im Hinblick darauf, daß der Großteil der Entscheidungen bzgl. neuer Technologie und Technik, Produkte und Produktionsweisen in Unternehmen getroffen und in diesen entsprechende Innovationsprozesse durchgeführt werden, muß Technologie- und Technikfolgenabschätzung ebenfalls im Unternehmen durchgeführt werden, was auch im Hinblick auf die notwendige Geheimhaltung unerläßlich erscheint. Ganzheitliches Innovations- und Technologiemanagement bedeutet dann, Technologie- und Technikfolgenabschätzung mit dem Innovationsprozeß im Unternehmen zu koppeln und somit auch dem Vorsorgeprinzip gerecht zu werden. Im weiteren wird das Konzept der Technikwirkungsanalyse und Produktfolgenabschätzung als Formen der Technikfolgenabschätzung auf Unternehmensebene vorgestellt. - 3. Konzept der Technikwirkungsanalyse: Jede Technologie- und Technikfolgenabschätzung muß davon ausgehen, daß im allgemeinen nicht die "Technik an sich", sonderen deren Einsatz im Zuge von industrieller Produktion und Massenkonsum mit insgesamt schädlichen Folgen verbunden sein kann. Dem am Lehrstuhl Technikwirkungs- und Innovationsforschung entwickelten Konzept der Technikwirkungsanalyse liegen folgende Leitideen zugrunde (vgl. Hübner, H./Jahnes, St., 1992 b): Leitidee 1: Ganzheitliche Erfassung der Objekte: Das "Leben" des zu analysierenden und zu bewertenden Objektes muß ganzheitlich, d. h. von der Phase seiner Entstehung bis hin zur Phase nach Ablauf der Nutzung, erfaßt werden. Hierzu ist das Modell des ganzheitlichen Produktlebenszykluses (Lebenszyklus II) geeignet, das sich von herkömmlichen Lebenszyklusmodellen (Lebenszyklus I) in seiner Anlage als "Produktbiographie" unterscheidet. - Leitidee 2: Ganzheitliche Erfassung von möglichen Bewertungsaspekten, welche aus den Aufgaben der Technikbewertung abgeleitet werden. In diesem Sinne werden die Bewertungsaspekte "Technik", "Wirtschaft" (Einzelwirtschaft und Gesamtwirtschaft), "Mensch" (Individuum und Gesellschaft) und "Ökologie" unterschieden. - Leitidee 3: Berücksichtigung ökonomischer und außerökonomischer Gesichtspunkte: Die Technikwirkungsanalyse berücksichtigt neben ökonomischen auch außerökonomische Gesichtspunkte, womit eine mehrdimensionale Bewertung, auch anhand qualitativer Informationen, möglich wird. - Die Kombination der Leitideen 1 und 2 erlaubt die Darstellung aller möglichen Bewertungsfelder gem. Abbildung "Gesamtkonzeption". Obwohl auf der Basis der Technikbewertung entwickelt, ist das Konzept der Technikwirkungsanalyse grundsätzlich zur Abschätzung der Wirkung jedes Objektes geeignet. Im Hinblick auf die Tragweite der ökologischen Problematik wird abschließend der Bewertungsaspekt "Ökologie" etwas näher erläutert. Für das Unternehmen handelt es sich generell darum, die ökologische Qualität als zusätzliche Dimension bei der Unternehmens-, Produkt- und Technologieplanung zu berücksichtigen, was durch Anwendung bereits existierender Instrumente unterstützt wird. Neben der Produktlinienanalyse (Projektgruppe Ökologische Wirtschaft, 1987) soll ein direkt im Unternehmen anwendbarer Leitfaden zur Erfassung der ökologischen Qualität von Produkten (Hübner, H./Simon-Hübner, D., 1991) genannt werden. Die Kenntnis der ökologischen Qualität existierender und in Entwicklung befindlicher Produkte liefert im allgemeinen entscheidende Impulse zur Verbesserung derselben und kann Innovationsprozesse initiieren. Die Produkt-Lebensdauer ist selbstverständlich ein wichtiges Kriterium der ökologischen Qualität, wobei die Ausprägungen korrelieren: Hohe Lebensdauer ist ein Merkmal hoher ökologischer Qualität und umgekehrt; dieser Sachverhalt verdeutlicht, daß das Konzept der künstlichen, geplanten Veralterung von Produkten (Obsolenz), das bisher von Unternehmen vieler Branchen angewendet wird, mit den Prinzipien eines ökologieorientierten Wirtschaftens unvereinbar ist. Doch auch die Beschäftigung mit diesen Kriterien der ökologischen Qualität kann Impulse für innovative Lösungen liefern; als Beispiel sei das Konzept genannt, "Nutzen" statt Produkte zu verkaufen (vgl. Stahel, W.R./Reday-Mulvey, G., 1981), was in verschiedenen Branchen (z. B. Kopiergeräte) bereits seit langem von einzelnen Unternehmen mit Erfolg praktiziert wird. - Inzwischen bilden ökologische Fragestellungen bereits einen fixen Bestandteil entsprechender Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie Ergänzungsstudien insbes. der Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften, so z. B. an den Universitäten Bayreuth und Linz/Donau (Österreich), der TU Hannover sowie der Universität-Gesamthochschule Kassel. Insgesamt führt die Annahme der ökologischen Herausforderung durch die Unternehmen zu ökologieinitiierter I., womit auch das Vokabular und Forschungsfeld der Innovationsforschung um den Begriff "Ecology-Push" erweitert wird.


Literatur: A I F (Hrsg.), Handbuch 1990, Köln; Andreae, C.-A./Hübner, H., Technologietransfer als Instrument einer Technologie- und Innovationsstrategie, in: Mit dem Mittelstand die Zukunft gestalten, Festschrift zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. G. Zeitel, Bonn 1987, S. 307-320; Binswanger, H. C./Frisch, H./Nutzinger, H. G. u. a., Arbeit ohne Umweltzerstörung - Strategien für eine neue Wirtschaftspolitik, Frankfurt a. M. 1988; Booz-Allen & Hamilton, New Products Management for the 1980's, New York 1982; Cooper, R. G./Kleinschmidt, E. J., Success Factors in Product Innovation, in: Industrial Marketing Management, Vol. 16 (1987), S. 215-223; Eiff, W. v., Prozesse optimieren - Nutzen erschließen, in: IBM Nachrichten 41 (1991), Heft 305, S. 23-27; Hoffmann, H., Ökologie und Management: Gescheiterte Utopie von morgen? in: forum, internationales Universitätsmagazin, St. Gallen/Schweiz, Nov. 1990, Nr. 7D, S. 31; Hübner, H., Die Realisierung kurzer Innovationszeiten durch Consensus Management, in: Hax, H./Kern, W./Schröder, H. H. (Hrsg.): Zeitaspekte in betriebswirtschaftlicher Theorie und Praxis, Stuttgart 1989, S. 145-157; ders., Informationsmanagement als Instrument und Voraussetzung für erfolgreiche Innovation, in: Der Wirtschaftsingenieur 19 (1987) I, S. 31-34; ders., Innovationsmanagement - Art and Science, in: Management Forum, Band 5, Wien 1985, S. 297-312; Hübner, Heinz/Hübner, Heimo, INNOVA - Ein PC-gestütztes Instrumentarium zur Erfassung von Bedarf und Dringlichkeit für Maßnahmen der Innovation im Unternehmen, Kassel 1992 (Kurzbeschreibung, Demo-Diskette und Handbuch via TWI, Lehrstuhl für Technikwirkungs- und Innovationsforschung, Universität-Gesamthochschule Kassel); Hübner, H./Jahnes, St., Zur Notwendigkeit eines ökologie-orientierten Wirtschaftens, in: WISU - Das Wirtschaftsstudium, Nr. 4/92, April 1992, S. 287-299; ders., Perspektiven und Lösungsansätze für ein ökologieorientiertes Wirtschaften, in: WISU - Das Wirtschaftsstudium, in Vorbereitung, 1992; Hübner, H./Simon-Hübner, D., Ökologische Qualität von Produkten - Ein Leitfaden für Unternehmen, Hrsg.: Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie und Bundesangelegenheiten, Wiesbaden 1991; Immler, H., Ist das Nachhaltigkeitsprinzip auf die Wirtschaft übertragbar? Beitrag im Rahmen der Tagung der Evangelischen Akademie Hofgeismar "Die Zukunftsfähigkeit der Industriegesellschaft", Dezember 1991; ders., Vom Wert der Natur - Zur ökologischen Reform von Wirtschaft und Gesellschaft, Opladen 1989; Kapp, W., Social Costs for Business Enterprises, 2. Aufl., Bombay 1963, zitiert aus: Kapp, W.: Für eine ökosoziale Ökonomie: Entwürfe und Ideen - Ausgewählte Aufsätze; hrsg. von Leipert, Ch./Steppacher, R., Frankfurt/M. 1987; Meyers, S./Marquis, D., Successful Industrial Innovations, Washington (NSF) 1969.; Novotny, H., Innovation und Verschleiß; Technologien denken und Technologien leben, in: Technik und Gesellschaft, Dokumentation zum Nationalfeiertagssymposium 1984, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Wien 1985; OECD (Hrsg.), The measurement of scientific and technical activities, "Frascati Manual", Paris 1981; Pfriem, R. (Hrsg.), Ökologische Unternehmenspolitik, Frankfurt a. M., New York 1986; Projektgruppe Ökologische Wirtschaft (Hrsg.), Produktlinienanalyse: Bedürfnisse, Produkte und ihre Folgen, Köln 1987; Ropohl, G., Eine Systemtheorie der Technik; Zur Grundlegung der Allgemeinen Technologie, München-Wien 1979; Rosegger, G., The Economics of Production and Innovation - An Industrial Perspective, Pergamon Press, 1980; Schumpeter, J., Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 2. Aufl., München 1950; ders., Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Eine Untersuchung über Unternehmergewinn, Kapital, Kredit, Zins und den Konjunkturzyklus, 1911, zitiert nach der 6. Aufl., Berlin 1964; Stahel, W. R./Reday-Mulvey, G., Jobs for tomorrow, New York 1981; Steinhöfler, K., Wirtschaft, Gesellschaft, Innovation, Teil 1: Japan, in: Ökonomische Rundschau, Sonder-Nr. 12, Wien 1985; Weizsäcker, E. U. v.: Erdpolitik: Ökologische Realpolitik an der Schwelle zum Jahrhundert der Umwelt, 4., aktual. Aufl., Darmstadt 1994.

 

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