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Arbeit

I. Begriff/Begriffsentwicklung: Zielgerichtete, soziale, planmäßige und bewußte, körperliche und geistige, typisch menschliche Tätigkeit. Ursprünglich war Arbeit der Prozeß der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur zur unmittelbaren Existenzsicherung; wurde mit zunehmender sozialer Differenzierung und Arbeitsteilung und der Herausbildung einer Tauschwirtschaft und Geldwirtschaft mittelbar. - In der Antike und im Mittelalter waren die Begriffsinhalte von Arbeit negativ und abwertend: Arbeit galt als unwürdige Tätigkeit, deren sprachliche Synonyme Mühsal, Plage, Last und Not waren; sie wurde dadurch auch zur Angelegenheit der unteren sozialen Schichten. Erst durch die christliche Religion erhielt Arbeit eine positive Bestimmung; insbes. in der protestantischen Ethik ist Arbeit identisch mit Pflichterfüllung und gottgefälligem Tun, und in einer asketischen, durch Arbeit geprägten Lebensweise wird bereits im Diesseits die Vorbestimmtheit für die ewige Seligkeit sichtbar. Die hohe Bewertung von Arbeit hat sich in den sich früh industrialisierenden westlichen Gesellschaften durchgesetzt; Max Weber (1864-1920) sah in der protestantischen Ethik die Voraussetzungen für den kapitalistischen Industrialisierungsprozeß. Auch gegenwärtig unterliegt A., auch Arbeitseinkommen und der sich darin dokumentierende Erfolg, einer positiven sozialen Bewertung.
II. Volkswirtschaftstheorie: Produktionsfaktor neben Boden und Kapital. Arbeit ist wie Boden ein originärer bzw. ursprünglicher Produktionsfaktor. - Problematisch ist, daß die Untrennbarkeit von Mensch und Arbeitskraft unberücksichtigt bleibt; deshalb wird Arbeit als eigentlicher Produktionsfaktor, Boden und Realkapital als Produktionsmittel bezeichnet (Preiser). - Vgl. auch Wertlehre. - Da die Person des Arbeitenden und die Abgabe von Arbeitsleistungen nicht trennbar sind, stellt eine zunehmende Arbeitsteilung (Spezialisierung) eine Einschränkung der Selbstbestimmung und Selbstentfaltung bis hin zur völligen Fremdbestimmung des Arbeitnehmers dar; kann u. U. Ursache sozialer Spannungen sein. Dem entgegenzuwirken, ist Zweck der Betriebsverfassungs- und Mitbestimmungsgesetze.
III. Ethik: 1. Allgemein: Galt Arbeit im griech. Altertum als Praxis und damit gegenüber Theorie als minderwertig, so erfährt sie durch das "Bete und arbeite" des Benedikt von Nursia eine erste Aufwertung. Seit der Reformation und der Bedeutung des "Berufs" und insbes. seit G. W. F. Hegel und K. Marx wird Arbeit zur Grundbestimmung des Menschen. Heute definiert sich der Mensch nicht mehr über seine Herkunft, Religion o. ä., sondern über seine A., die überwiegend unselbständige Erwerbsarbeit ist. - 2. Wirtschaftsethisch von Bedeutung ist Arbeit (1) im Zusammenhang mit der Problematik einer Humanisierung der Arbeitswelt, (2) im Zusammenhang mit dem Gedanken der Selbstverwirklichung des Menschen durch und in Arbeit - beides zusammen führt zu neuen, modernen Formen der Arbeitsorganisation -, und (3) angesichts verbreiteter Massenarbeitslosigkeit. Bei der Arbeitslosigkeit kann es nicht nur um angemessene soziale Sicherung der Arbeitslosen gehen, da Arbeit modern zur Identität des Menschen gehört. Obwohl es ein einklagbares individuelles "Recht auf Arbeit" wegen der ökonomischen Anreizwirkungen auch wirtschaftsethisch nicht geben kann (Wirtschaftsethik), bleibt Arbeitslosigkeit eine tiefgreifende Herausforderung.
IV. Soziologie: Arbeit wird im Zusammenhang mit den historisch-gesellschaftlichen Bedingungen problematisiert. Arbeit ist ein Prozeß, in dem Menschen soziale Beziehungen eingehen, die im gesamten Lebenszusammenhang von zentraler Bedeutung sind. - Die Formen der Arbeit bestimmen die Art der sozialen Beziehungen auch über den Arbeitsprozeß hinaus und sind Ausdruck des Entwicklungsstandes von Gesellschaften, ihrer sozialen Strukturen, Organisations- und Kooperationsformen und Herrschaftsordnungen; demzufolge stehen sozialer Wandel und die Veränderung von Arbeitsformen und Arbeitsinhalte in enger Beziehung. Arbeit und Gesellschaft sind seit der Industrialisierung einem dynamischen Wandel ausgesetzt, der vorwiegend durch die Entwicklung der Technik determiniert ist, die die Arbeit unmittelbar betrifft und zu Strukturwandlungen in Wirtschaft und Gesellschaft führt. Technik und Arbeitsteilung kennzeichnen industrielle A., und technische Entwicklungen verändern diese permanent, z. B. gegenwärtig Automatisierung von Produktionsprozessen und zunehmender Einsatz der Mikroelektronik. - Ein wesentlicher Aspekt für die Zukunft der Arbeit ist die zunehmende Freizeit, durch die die zentrale Stellung der Arbeit im menschlichen Lebenszusammenhang und die Bedeutung der Arbeit für die sozialen Beziehungen berührt wird. Auch ist zu vermuten, daß mit dem Bedeutungsverlust von Arbeit auf individueller und sozialer Ebene ein Wandel in der Bewertung von Arbeit einhergeht. - Vgl. auch Entfremdung, Arbeitszufriedenheit.
V. Arbeitswissenschaft/Industriebetriebslehre: Ursprünglich wurde Arbeit nur als Ausdruck der ökonomisch relevanten Kostengütermenge Arbeit betrachtet. Die Definition hatte auszugehen von den ökonomischen Wirkungen der A., die auf Nutzung der Arbeitskraft in der Zeit beruht: Arbeit = Arbeitskraft · Arbeitszeit. - Arbeitskraft und Arbeitszeit sind jedoch keine ökonomischen Begriffe oder Tatbestände, sondern haben in Physik, Physiologie, Soziologie, Psychologie etc. ihre Wurzeln. Aus diesem Grund wird heute Arbeit wesentlich umfassender als ein Potential des Menschen zur Existenzsicherung verstanden, das soziologische, psychologische, physiologische sowie ökonomische, produktive Dimensionen besitzt.

 

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