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Inflation

Inflation Begriff: Prozeß anhaltender Preisniveausteigerungen, die über eine gewisse Marge hinausgehen. Inflation ist nur als dynamischer Vorgang denkbar, bei dem Inflation aus einem bestimmten Ursachenkomplex im ökonomischen System (vgl. im einzelnen III) entsteht und wieder auf dieses zurückwirkt (vgl. im einzelnen IV). Zur Inflation zählen nur Steigerungen des Preisniveaus. Jene sind von Steigerungen der Einzelpreise zu unterscheiden, die zu den für eine Marktwirtschaft normalen Vorgängen zählen. Die Flexibilität der Einzelpreise hat für den Marktmechanismus die wichtige Funktion, die Produktionsfaktoren so zu lenken bzw. umzulenken, daß das Güterangebot dem Bedarf angepaßt wird. Einzelpreissteigerungen (-senkungen) signalisieren den Anbietern c. p. einen höheren (geringeren) Bedarf, spiegeln also die relativen Knappheitsverhältnisse wider. Bei Preisniveaustabilität sind diese anhand der absoluten Preisänderungen unschwer zu erkennen. Bei Inflation ist dies schwieriger, zumindest aufwendiger. Steigerungen des Preisniveaus entstehen durch ein Übergewicht der Anstiege von Einzelpreisen über gleichzeitig vorkommende Preissenkungen. Das Preisniveau wird dabei als ein in geeigneter Weise gewichteter Durchschnitt aller Güterpreise verstanden. Im Falle eines anhaltenden Preisniveauanstiegs kann beobachtet werden, daß sich bei den Wirtschaftssubjekten Erwartungen auf weitergehende Kaufkrafteinbußen herausbilden, was zu Beeinträchtigung der Geldfunktionen, verbunden mt einem Verlust in das Kreditgeldsystem (keine stoffliche Deckung) führt. Von Inflation wird im allgemeinen nur gesprochen, wenn der Kaufkraftverlust eine gewisse Marge überschreitet, deren Höhe umstritten ist, jedoch meist mit etwa 1 bis 2 v. H. pro Jahr angegeben wird. Inflation bei freier Preisbildung wird als offene Inflation bezeichnet, von zurückgestauter Inflation spricht man, wenn inflationäre Tendenzen durch Maßnahmen staatlicher Preis- und Einkommenspolitik (insbes. Preisstopps) unterdrückt und so ein Ansteigen des Preisniveaus verhindert werden soll. Nach den Ursachen der Inflation unterscheidet man zwischen geldmengen-, angebots- oder nachfrageinduzierter Inflation sowie importierter I., nach dem Tempo der Inflation wird zwischen säkularer, schleichender, galoppierender Inflation und Hyper-Inflation unterschieden, wobei die begrifflichen Grenzen hier kaum in allgemein akzeptabler Weise zu ziehen sind. Treten zur Inflation mangelndes Wachstum und Arbeitslosigkeit hinzu, liegt Stagflation vor.
IInflation Messung: 1. Verfahren: Zur Messung des Preisniveauanstiegs bedient man sich (unter bewußtem Verzicht auf Einzelinformationen) bestimmter Kennziffern, die über die durchschnittlichen Veränderungen der Einzelpreise informieren (Preisindex). - a) Ein Preisindex für das Bruttosozialprodukt mißt die Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die in das Sozialprodukt eingehen. - b) In den Preisindex für die Lebenshaltung hingegen fließen nur Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ein, die als repräsentativ für den "durchschnittlichen privaten Haushalt" angesehen werden. In der Bundesrep. D. wird vom Statistischen Bundesamt der sog. Laspeyres-Index verwendet, der die Preisniveauentwicklung eher überzeichnet. - 2. Probleme der Inflationsmessung ergeben sich aus der Auswahl geeigneter Indices, aus der Auswahl der den Indices zugrundeliegenden Warenkörbe, der Isolierung der Preisbewegungen von überlagernden Effekten (Veränderungen der Güter- und Verbrauchsstruktur, Substitutionsvorgänge, Qualitätssteigerungen), der Auswahl der relevanten Güterpreise (Listen- und Sonderpreise, Brutto- oder Nettopreise, Einbeziehung von Steuern etc.) sowie bei Effekten, bei denen es angeraten ist, sie nicht als inflationäre Tendenzen zu werten, obgleich sie zu einem Ansteigen des Preisindex führen, wie etwa steigende Umweltkosten.
IIInflation Ursachen: Die Ursachen von Inflation sind in der politischen Diskussion wie in der wissenschaftlichen Analyse umstritten. Es besteht jedoch weitgehender Konsens, daß es zur Erklärung einer konkreten Inflation meist nicht ausreicht, sich auf eine Ursache zu konzentrieren oder bei der Ursachenanalyse allein auf die augenscheinlichsten Ursachen abzustellen. Eine profunde Ursachendiagnose ist von entscheidender Bedeutung für die Ausgestaltung einer angemessenen Inflationsbekämpfungspolitik. Zur Erklärung der Ursachen von Inflation ist eine Vielzahl von Theorien entwickelt worden. Dabei lassen sich zwei große Gruppen unterscheiden: die monetären und die nicht-monetären Inflationstheorien. Im folgenden werden die wichtigsten Ansätze dieser Theorien kurz dargestellt. - 1. Monetäre Inflationsursachen: Die monetär orientierten Erklärungsansätze des Inflationsphänomens sehen in einer zu starken Ausdehnung der Geldmenge im Verhältnis zur realen Produktion von Gütern und Leistungen die Voraussetzung und Ursache von Inflation - a) Quantitätstheorie: Nach der Quantitätstheorie wird der Wert des Geldes (Kaufkraft, ausgedrückt in Gütereinheiten) maßgeblich durch die Geldmenge bestimmt. (1) Ältere ("einfache") Quantitätstheorie: Nach diesem Ansatz besteht zwischen Geldmenge und Höhe des Preisniveaus ein proportionaler Zusammenhang, so daß ein Anstieg der Geldmenge c. p. zu einem Anstieg des Preisniveaus führt. Andere Inflationsursachen sind dieser Auffassung nach letztlich nicht wirksam, da bei hinreichend knapper Geldmenge eine Inflation nicht "finanzierbar" ist, andere potentielle Ursachen führen dann lediglich zu einer Änderung der Preisstruktur, nicht jedoch einem Anstieg des Preisniveaus. Nach dem Ansatz der älteren Quantitätstheorie hat eine Geldmengenerhöhung keine Auswirkungen auf die Güterproduktion. In dieser Trennung von monetärem und güterwirtschaftlichem Bereich ("klassische Dichotomie") ist eine wesentliche Schwäche dieses Ansatzes zu sehen. (2) Neuere Quantitätstheorie: Dieser Ansatz wendet sich näher den Bestimmungsgründen insbes. der Geldnachfrage, zu. Die These von der Unbeeinflußbarkeit des realen Sektors durch eine Veränderung der Wachstumsrate des Geldangebots wird fallengelassen. Vielmehr wird zugestanden, daß von Geldmengenerhöhungen zum einen aufgrund falscher Inflationserwartungen seitens der Wirtschaftssubjekte (Geldillusion) und wegen Reallohn- und Realzinssenkungen auch positive Impulse auf Wachstum und Beschäftigung ausgehen können. Der Grund hierfür können tendenzielle Erhöhungen der Gewinne bei den Unternehmungen mit verstärktem Anreiz zu Investitionen sein. Langfristig verschwindet dieser Effekt, und es kommt lediglich zu einer Anhebung der Infaltionsrate. Die Vertreter der Schule der rationalen Erwartungen unterscheiden demgegenüber nicht zwischen kurz- und langfristigen Wirkungen von Variationen der Geldmenge. Sie gehen davon aus, daß die Wirtschaftssubjekte die inflationären Entwicklungen, die sich in der Folge einer über das reale Wirtschaftswachstum hinausgehenden Ausweitung des Geldangebots einstellen, vollständig antizipieren (also frei von Geldillusion sind) und unverzüglich Anpassungsreaktionen bei Preisen, Löhnen und Zinsen auslösen, so daß von einer Geldmengenausweitung auch hier keine realwirtschaftlichen, sondern lediglich inflationäre Impulse ausgehen. Insofern erlangt die ältere Quantitätstheorie bei Existenz rationaler Erwartungen wieder Gültigkeit. Die Bedingungen zur Bildung rationaler Erwartungen dürften jedoch realiter kaum erfüllt sein. - b) Monetärer Erklärungsansatz der keynesianischen Theorie: Nach diesem Ansatz bewirkt eine Geldmengenausweitung zunächst eine Zinssenkung, die zu einer Anregung der Investitionstätigkeit führt, was über den Einkommensmultiplikator dazu führt, daß die Gesamtnachfrage um ein Vielfaches ansteigt. Inflation entsteht dann, wenn in der Ausgangslage Vollbeschäftigung herrschte. Die mit der Ausweitung der Investitionstätigkeit verbundene Ausweitung der Produktionskapazitäten führt jedoch insbes. über Rationalisierungsinvestitionen c. p. zu einer ständigen Außenverschiebung der Kapazitätsgrenzen und damit zu einen dem Preisauftrieb gegenläufigen Effekt, was bei diesem Erklärungsansatz vielfach außer acht gelassen wird. - 2. Nicht-monetäre Inflationsursachen: Diese liegen vor, wenn die Inflation im güterwirtschaftlichen oder politischen Bereich ausgelöst wird. - a) Nachfrageinduzierte Inflation (Nachfrageinflation; demand-pull-inflation): Gemäß diesem Ansatz kommt Inflation dann zustande, wenn die gesamtwirtschaftliche Nachfrage über das mit den bestehenden Produktionskapazitäten zu erstellende gesamtwirtschaftliche Angebot hinausgeht. Aufgrund der Marktkonstellationen (Angebotslücke bzw. Nachfrageüberhang) kommt es dabei zu einem Anstieg der Güterpreise. Die Theorie der nachfrageinduzierten Inflation geht davon aus, daß jede autonome Erhöhung einer Komponente der gesamtwirtschaftlichen Endnachfrage (Staatsnachfrage, Konsum- und Investitionsgüternachfrage, Auslandsnachfrage) zu einem Anstieg des Preisniveaus führen kann. Inflatorische Impulse können jedoch auch aus dem Zusammenspiel mehrerer Nachfragekomponenten resultieren, wobei die konkrete Bedeutung der jeweiligen Komponente nicht immer klar diagnostiziert werden kann. Der nachfrageinduzierten Inflation liegen primär realwirtschaftliche Vorgänge zugrunde, wie etwa eine Verringerung der Sparquote, eine boombedingte Ausweitung der Investitionstätigkeit oder eine durch günstige Auslandskonjunktur verursachte erhöhte Exportnachfrage. Sie ist damit unabhängig von primären Geldmengenvariationen, kann jedoch ihrerseits eine Geldmengenausweitung nach sich ziehen. Ein Sonderfall der nachfrageinduzierten Inflation ist die Nachfrageverschiebungs-Inflation (demand-shift inflation), bei der es im Zuge einer Nachfrageverschiebung zu Lohn- und Preissteigerungen nur in jenen Bereichen kommt, in denen nun die Nachfrage verstärkt entfaltet wird, während in schrumpfenden Wirtschaftsbereichen kompensierende Preissenkungen ausbleiben. Dabei verstärkt der sektorale Kostendruck in den schrumpfenden Bereichen (z. B. aufgrund von Kapazitätsunterauslastung mit steigenden Stückkosten) noch die inflationären Impulse. Bei mangelnder sektoraler und räumlicher Mobilität der Arbeitnehmer von den rückläufigen zu den wachsenden Bereichen geht Nachfrageverschiebungs-Inflation häufig mit struktureller Arbeitslosigkeit einher. Seit Mitte der 50er Jahre kam es in vielen Ländern zu Konstellationen, in denen inflationäre Entwicklungen und ein gesamtwirtschaftliches Überangebot (Leerkapazitäten, hohe Lagerbestände und Arbeitslosigkeit) gleichzeitig auftraten (Stagflation). - b) Dieses komplexe Phänomen ist mit der Theorie der nachfrageinduzierten Inflation kaum zu erklären und lenkte das Augenmerk wieder stärker auf die Theorie der angebotsinduzierten I.: Diesen Ansätzen ist gemeinsam, daß sie die Inflation aus dem Verhalten von Unternehmen und Gewerkschaften erklären, die ihre oligopol- oder monopolbedingte Marktmacht ausnutzen. (1) Kostendruckinflation (cost-push inflation): Dieser Erklärungsansatz sieht eine Ursache der Inflation darin, daß Kosten (Löhne, Steuern, Kreditkosten, Vorleistungsimporte und andere) stärker als die Produktivitätszuwächse der Anbieter steigen. (2) Der Erklärungsansatz der Gewinndruckinflation (profit-push inflation) geht davon aus, daß die Unternehmen aufgrund ihrer Marktmacht in der Lage sind, den (beliebigen) autonom festgelegten Gewinn zum Bestimmungsgrund der Preise werden zu lassen. Können die Unternehmen ihre Gewinne ausdehnen und so ihren Anteil am Volkseinkommen erhöhen, entsteht Inflation Wirken die genannten Faktoren nach- und miteinander, so kann es geschehen, daß auf jede Welle von Preiserhöhungen eine Welle von Lohnerhöhungen folgt und umgekehrt (Preis-Lohn-Preis-Spirale). Demnach sind die Gewerkschaften aufgrund ihrer Marktmacht in der Lage, Lohnsteigerungen durchzusetzen, die seitens der Unternehmen weder durch Gewinnkompressionen noch durch Produktivitätssteigerungen aufgefangen werden können. Der wachsende Kostendruck führt seitens der Unternehmen zu Preissteigerungen, die aufgrund vermachteter Marktstrukturen auch durchgesetzt werden können. Der einsetzende Verteilungskampf zwischen Gewerkschaften und Unternehmen verursacht eine fortschreitende Anspruchsinflation. - c) Importierte I.: Hierbei handelt es sich um die Übertragung ausländischer Inflation auf das Inland. Ein direkter Preiszusammenhang zwischen In- und Ausland ist dann gegeben, wenn z.B. Preissteigerungen importierter Vorprodukte zu Kostensteigerungen bei Importeuren führen, die diese wiederum auf die inländischen Abnehmer überwälzen. Denkbar ist auch ein indirekter Infationszusammenhang, der durch international divergierende Inflationsraten verursacht wird. Steigen die Inlandspreise im Verhältnis zu den Preisen im Ausland in geringerem Maße, so wird dies tendenziell zu Exporterhöhungen führen, was c. p. eine Verringerung des realen inländischen Güterangebots bei gleichzeitig eventuell steigender Inlandsnachfrage (Multiplikatorwirkung der zusätzlichen Exporte) mit sich bringt. Dies führt zu einem Anstieg der Preise im Inland. Infolge der Exporterhöhungen kommt es insbes. bei festen Wechselkursen zu einer Erhöhung der inländischen Geldmenge, von der zusätzliche inflationäre Impulse ausgehen. Ein derartiger Inflationsimport könnte zwar durch eine entsprechende Aufwertung der Inlandswährung vermieden werden, doch kommt es selbst bei flexiblen Wechselkursen häufig nicht zu den gem. der Kaufkraftparitätentheorie zu erwartenden kompensierenden Wechselkursänderungen, weil andere Bestimmungsgrößen häufig dominieren, z. B. Wechselkurserwartungen mit Spekulationen, Zins- und Konjunkturentwicklungen, politische Ereignisse etc. - d) Politisch verursachte I.: Gemäß der Auffassung der politischen Inflationstheorien ist Inflation ein Problem von Macht und politischen Opportunitäten oder Folge einer kontraproduktiven Anti-Inflationspolitik der Zentralbank. Der Staat und die Zentralbank spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Zum einen stellt der Staat Ansprüche an das Sozialprodukt, die grundsätzlich inflationstreibend wirken. Zum anderen kann es für ihn rational sein, den Inflationsprozeß (Preis-Lohn-Preis-Spirale) im Interesse des politischen und sozialen Friedens monetär zu alimentieren oder aufgrund von im staatlichen Sektor anfallenden Inflationsgewinnen sogar zu fördern. Dies gelingt ihm insbes. dann, wenn die Zentralbank nicht autonom ist. Für die Bundesrep. D. wird zudem von Kritikern der autonomen Bundesbank behauptet, daß sie vielfach verspätet mit restriktiven Maßnahmen auf inflationsgeneigte Boomphasen reagiert und damit zu lange in den bereits einsetzenden Abschwung "hineinbremst". Die gewünschte dämpfende Wirkung von Zinserhöhungen auf die Investitionsnachfrage verpufft im Boom, weil sich die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals erhöht, der Fremdfinanzierungsanteil (bei schneller Amortisierung kurzfristiger Erweiterungsinvestitionen) sinkt und Zinserhöhungen problemlos auf die Preise überwälzt werden können. Führt die Deutsche Bundesbank eine restriktive Politik bis in die Abschwungsphase hinein fort, bleibt den Unternehmen, die sich ohnehin einer Unterauslastung der Kapazitäten und damit einhergehenden steigenden Stückkosten gegenübersehen, häufig keine andere Möglichkeit, als den restriktionsbedingt noch erhöhten Schuldendienst zusätzlich an die Verbraucher weiterzugeben. Damit verstärkt die Bundesbank durch faktisch prozyklisch wirkende Maßnahmen die I., die sie eigentlich bekämpfen will.
IV. Wirkungen: Inflation ist ein komplexer Prozeß im politisch-institutionellen Raum. Wirtschaftsendogene inflationäre Entwicklungen lösen eine politisch-ökonomische Ereigniskette aus, die sich vielfach schwerlich ausschließlich ökonomisch analysieren läßt. Inflation hat überwiegend ökonomisch und sozial nachteilige Allokations- und Verteilungseffekte. Behauptete positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte der Inflation sind hingegen theoretisch nicht eindeutig und bislang empirisch kaum nachweisbar. Das Ausmaß der Wirkungen von Inflation hängt insbes. davon ab, inwieweit sie seitens der Wirtschaftssubjekte antizipiert wird bzw. werden kann. Nicht-antizipierbare Inflation erhöht die Unsicherheit, unter der wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen sind. - 1. Allokationswirkungen: Inflation macht es für die Wirtschaftssubjekte schwieriger, zumindest aufwendiger, die Knappheitsrelationen und deren Veränderungen richtig zu erfassen, was mit einzel- und gesamtwirtschaftlichen Zusatzkosten und demzufolge mit Wohlfahrtsverlusten verbunden ist. Beruhen ökonomische Entscheidungen wegen Inflation auf Fehleinschätzungen, so führt dies zu einer ineffizienten Verwendung von Produktionsfaktoren (Fehlallokation). Wesentlich für die Allokationswirkungen der Inflation ist die bei den Wirtschaftssubjekten bestehende Unsicherheit bzgl. der weiteren Entwicklung des Geldwertes, die zu einer Verkürzung der Laufzeit von Verträgen auf eine Vertragsdauer unterhalb des optimalen Planungshorizonts sowie zu einer Verschiebung der Struktur der Nachfrage hin zu (vermeintlich) inflationssicheren Aktiva führt - eine Ressourcenfehlleitung in künstlich sich aufblähende Produktionsbereiche (z. B. Flucht ins "Betongold"), in denen Überkapazitäten gebildet werden. Bildet sich in der Folgezeit die Inflation zurück, werden die inflationsbedingten Fehlallokationen sichtbar - etwa der Preisverfall der in Kaufeuphorie erworbenen Sachgüter, Unternehmenszusammenbrüche und strukturelle Arbeitslosigkeit. Die inflationsbedingte Einschränkung der Signalfunktion der Preise führt dazu, daß es den Wirtschaftssubjekten weniger gut gelingt, ihre kreativen Energien frühzeitig in lohnende Bereiche zu investieren. Dies bedeutet letztlich eine Beeinträchtigung des volkswirtschaftlichen Innovationsverhaltens. Bei starker und anhaltender Inflation verlieren die Wirtschaftssubjekte zunehmend das Vertrauen in die Geldwertstabilität, und es kommt zur Ausbreitung einer Inflationsmentalität mit negativen Folgen für das Geld als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel. Damit entsteht die Gefahr einer zunehmenden Beschleunigung der I., was im Grenzfall einer vollständigen Beseitigung der Geldfunktionen führen kann. Insgesamt kann vermutet werden, daß die negativen Allokationswirkungen der Inflation im wesentlichen hemmende Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung auslösen, wenngleich bisweilen behauptet wird, daß ein gewisses Ausmaß von Inflation etwa als Beschäftigungsstimulanz (Phillips-Kurve) geeignet sei. - 2. Verteilungswirkungen: Diese zeigen sich in einer im Vergleich zu einer inflationsfreien Entwicklung veränderten oder verzerrten Einkommens- und Vermögensverteilung. Zu inflationsbedingten Veränderungen der Verteilungsstruktur kommt es allgemein immer dann, wenn sich verschiedene Einkommensarten und Vermögensstrukturen der Preissteigerungsentwicklung in unterschiedlichem Ausmaß und in unterschiedlicher Geschwindigkeit anpassen (lassen). Diese Unterschiede liegen in der verschiedenen Fähigkeit der Wirtschaftssubjekte, die Inflation richtig zu antizipieren und Anpassungshandlungen autonom und zeitnah vorzunehmen, sowie in einer verzögerten Anpassung der Zinssätze begründet. Hierzu existieren unterschiedliche Argumente und Hypothesen: (1) Gläubiger-Schuldner-Argument: Die Inflation führt dazu, daß sich der Realwert aller auf Geld lautenden Forderungen verringert. Die Gläubiger erleiden damit einen realen Verlust, dem ein realer Gewinn auf der Schuldnerseite gegenübersteht. (2) Lohn-Lag-Hypothese: Bei einem Zurückbleiben der Lohnsteigerungen gegenüber den Preissteigerungen, z.B. aufgrund der Laufzeiten von Tarifverträgen, kommt es zu einer Umverteilung zugunsten der Gewinne und damit der Bezieher von Unternehmereinkommen. (3) Transfereinkommens-Lag-Hypothese: Institutionelle Regelungen führen dazu, daß Transfereinkommen wie Renten, Kindergeld etc. verspätet angepaßt werden, während die marktbestimmten Faktoreinkommen schneller auf den Preisniveauanstieg reagieren. Damit verschlechtert sich die Verteilungssituation der Transfereinkommensbezieher. (4) Steuerbelastungsargument: Inflation führt zu einer Veränderung der effektiven Steuerbelastung. Insbes. bei einer progressiven Besteuerung des Einkommens, bei der die Steuer mit wachsendem Nominaleinkommen (im Falle inflationsorientierter Lohn- und Gehaltserhöhungen) überproportional zunimmt, kommt es zu einer inflationsbedingten Umverteilung zugunsten des Staates. - 3. Wachstums- und Beschäftigungswirkungen: Die Auswirkungen der Inflation auf Wachstum und Beschäftigung sind empirisch nicht eindeutig zu belegen. Weitgehende Übereinstimmung herrscht lediglich dahingehend, daß extreme Inflationsraten eine Beeinträchtigung von Wachstum und Beschäftigung bewirken, wenn sie die Preisrelationen derartig stark verzerren, daß erhebliche Fehlallokationen ausgelöst werden, denen hinsichtlich der positiven Wachstums- und Beschäftigungswirkungen nur relativ geringe zwischenzeitlich ausgelöste Akzelerator- und Multiplikatorwirkungen (Akzelerator, Multiplikator) entgegenstehen. Für den Zusammenhang zwischen schleichender Inflation und Wirtschaftswachstum finden sich unterschiedliche, z. T. widersprüchliche Argumente. Jene Argumente, die hier einen positiven Zusammenhang behaupten, basieren wiederum auf der Annahme unterschiedlicher Anpassungen der jeweiligen Preise und Einkommen an den Inflationsprozeß mit der Folge der inflationsbedingten Verbesserung der Verteilungssituation des Unternehmenssektors. - a) Die sog. Nachfragedruckhypothese geht davon aus, daß eine (inflationstreibende) permanente Übernachfrage die Vollbeschäftigung sichert und die Unternehmen zu Investitionen stimuliert. Ein weiteres, an der Nachfrageseite ansetzendes Argument lautet, daß durch die inflationsbedingte "Flucht in die Sachwerte" die Güternachfrage angeregt werde, was in der Folge auch zu einer Erhöhung der Investitionstätigkeit mit entsprechenden Multiplikatoreffekten führe. - b) Aus der Lohn-Lag-Hypothese wird die Schlußfolgerung abgeleitet, daß eine Steigerung des Anteils der Unternehmereinkommen eine Verbesserung der Gewinnsituation und damit des Investitionsklimas bewirke. - c) Das sog. Realzinsargument behauptet, daß ein Zurückbleiben des (nominellen) Zinsanstiegs hinter den Preisanstieg zu einer Senkung der realen Zinsbelastung kreditfinanzierter Investitionsprojekte führt und somit auch hier (schleichende) Inflation investitionsstimulierend wirkt. - d) Aus der Gläubiger-Schuldner-Hypothese können die gleichen Schlußfolgerungen gezogen werden. - Gegen den auf diese Weise zu behauptenden positiven Zusammenhang von schleichender Inflation und Wachstum bzw. Beschäftigung läßt sich zunächst einwenden, daß die angeführten Argumente auf den Fall der Nachfrageinflation beschränkt bleiben. Die genannten positiven Effekte werden zudem teilweise durch die erwähnte inflationsbedingte Beeinträchtigung der allokativen Effizienz und der damit verbundenen möglichen Senkung der Faktorproduktivität kompensiert. Im übrigen erscheint die Annahme der aus inflationsbedingt entstehenden Verteilungswirkungen resultierenden wachstumsfördernden Impulse allenfalls im Falle eines einmaligen, unerwarteten inflationären Schubes und bei Vorliegen von Geldillusion plausibel; im Falle einer andauernden Inflation ist dagegen damit zu rechnen, daß die Wirtschaftssubjekte in ihren Dispositionen den allgemeinen inflationären Trend berücksichtigen (Inflationsausgleichskomponenten in Tarifverträgen, Einführung von Gleitklauseln bei Kreditvereinbarungen etc.) und somit auch den Unterschied in der Anpassungsgeschwindigkeit von Löhnen und Zinsen gegenüber den Preisen einebnen. Zudem kann aus dem Wettbewerbseffekt der Inflation die Argumentation abgeleitet werden, daß bei einem im Verhältnis zum Ausland stärkeren Anstieg des inländischen Preisniveaus sich eine tendenzielle Verschlechterung der Leistungsbilanz ergibt, was sich c. p. über den Exportmultiplikator verstärkt negativ auf das Sozialprodukt und die Beschäftigung auswirkt.
V. Anti-Inflations-Politik: Zur Bekämpfung der Inflation werden neben der Geldpolitik auch die Finanzpolitik, die Einkommenspolitik sowie die Politik der außenwirtschaftlichen Absicherung eingesetzt. Der Erfolg politischer Inflationsbekämpfung hängt von der Art der Arbeitsteilung zwischen diesen Politikfeldern, der Diagnose der Inflationsursachen und der Reaktion der Wirtschaftssubjekte ab. Zur Inflationsbekämpfung existiert ein weites Spektrum von Maßnahmen, die hinsichtlich ihrer Eignung unterschiedlich bewertet werden können. - 1. Bei der Verhängung staatlicher Preisstopps wird das Preisgefüge teilweise oder vollständig eingefroren, was zum Aufbau eines Inflationsstaus führt, der sich bei Wegfall des Preisstops in einem spürbaren Inflationsschub bemerkbar macht. - 2. Aus quantitätstheoretisch-monetaristischer Sicht wird eine strenge Kontrolle des Geldmengenwachstums empfohlen, das sich am Wachstum des Produktionspotentials ausrichten soll, was dazu führe, daß sich die Preisniveaustabilität mittelfristig ungeachtet der ursprünglich zugrundeliegenden Ursachen selbst wieder einstelle. Auch die Bundesbankpolitik zielt auf die Steuerung der volkswirtschaftlichen Geldversorgung über die Geldmenge ab. - 3. Aus pragmatischer Sicht scheint eine Politik einer rationalen Globalsteuerung, die eine sinnvolle Abstimmung des in der gegenwärtigen Praxis noch häufig gegeneinander wirkenden Einsatzes von Geld-, Fiskal- und Einkommenspolitik vorsieht, den größten Erfolg zu versprechen. Diese Globalsteuerung sollte durch ordnungspolitische Maßnahmen ergänzt werden, die - nicht zuletzt auf internationaler Ebene - konsequent gegen (inflationstreibende) Wettbewerbsbeschränkungen vorgeht und durch eine allgemeine Verbesserung der Gewinnerwartungen die Anreize zu wettbewerblichem Verhalten (Unternehmensneugründungen, Verbesserung des Innovationsverhaltens etc.) erhöht.


Literatur: Cukierman, A., Inflation, stagflation, relative prices and imperfect information, Cambridge 1984; Müller, U./Bock, H./Stahlecker, P., Stagflation - Ansätze in Theorie, Empirie und Therapie, Königstein, Ts. 1980; Pohl, R., Theorie der Inflation, München 1981; Ströbele, W., Inflation. Eine Einführung in Theorie und Praxis, 2. Aufl., München, Wien 1984; Issing, O., Einführung in die Geldtheorie, 10. Aufl., München 1995.

 

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