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stille Gesellschaft
I. Charakterisierung: 1. Die (typische) st. G. ist eine Sonderform der Gesellschaft, bei der sich eine Person (auch juristische Person, andere Gesellschaften u. ä.; stiller Gesellschafter), derart an dem Handelsgewerbe eines anderen (Einzelkaufmann oder Handelsgesellschaft) beteiligt, daß ihre Einlage gegen einen Anteil am Gewinn in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäftes übergeht. Die Einlage des stillen Gesellschafters kann in Geld-, Sach-, Dienstleistungen u. ä. bestehen. Ein Gesellschaftsvermögen entsteht nicht. Der stille Gesellschafter wird durch die Beteiligung nicht zum Kaufmann; der Inhaber muß aber Kaufmannn (wenn auch Minderkaufmann) sein und wird aus den mit Dritten abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet. Die st. G. ist als solche keine Handelsgesellschaft, sondern eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. - An einem Unternehmen können sich mehrere stille Gesellschafter beteiligen. Es bestehen dann ebenso viele voneinander unabhängige st. G., wie stille Gesellschafter vorhanden sind. - 2. Abgrenzung der typischen st. G. gegen ähnliche Rechtsformen, z. B. partiarisches Darlehen oder echte gesellschaftliche Beteiligung unter Bildung eines den Gesellschaftern in Gemeinschaft zur gesamten Hand zustehenden Gesellschaftsvermögens, ist mitunter schwierig und nur an Hand des Einzelfalles zu treffen, weil die Gesellschafter im Rahmen der Vertragsfreiheit ihre Verhältnisse beliebig regeln und den stillen Gesellschaftern weitgehenden Einfluß einräumen können. - 3. Rechtsgrundlage: §§ 230-237 HGB; ergänzend gelten die §§ 705 ff. BGB über die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, aber nur soweit sie das Innenverhältnis der Gesellschaft betreffen.
II. Errichtung: 1. Die st. G. wird durch Vertrag begründet, der, soweit nicht die Vorschriften des BGB (z. B. wegen der Einbringung eines Grundstücks) Abweichungen enthalten, keiner Form bedarf. Anders als bei der Kommanditgesellschaft (KG) keine Handelsregistereintragung. - 2. Die Einlage des stillen Gesellschafters wird auf dem Einlagekonto verbucht. Er haftet den Gläubigern des Inhabers nicht für Verbindlichkeiten des Unternehmens; Sondervorschriften bei Konkurs. - 3. Ein gesetzliches Wettbewerbsverbot besteht nicht, jedoch gilt auch für den stillen Gesellschafter eine abgeschwächte Treuepflicht.
III. Firmenbezeichnung: Eine Firma hat die st. G. als solche nicht. Der Inhaber darf und muß, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, eine Firma führen; sie darf den Namen des stillen Gesellschafters nicht enthalten; ist der Inhaber Einzelkaufmann, darf in die Firma kein ein Gesellschaftsverhältnis andeutender Zusatz aufgenommen werden.
IV. Geschäftsführung/Vertretung: Diese stehen ausschließlich dem Inhaber zu. Eine Zustimmung des stillen Gesellschafters auch zu ungewöhnlichen Geschäften und Rechtshandlungen ist nicht erforderlich. Der Inhaber darf aber ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters keine persönlich haftenden Gesellschafter oder Kommanditisten (anders im Falle weiterer stiller Gesellschafter) aufnehmen.
V. Bilanz/Kontrollrecht: 1. Die Aufstellung der Bilanz ist Aufgabe des Geschäftsinhabers. - 2. Kontrollrecht des stillen Gesellschafters: a) Er ist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere (ggf. unter Zuziehung eines Sachverständigen) zu prüfen. b) Bei wichtigem Grund kann das Gericht die Mitteilung eines Jahresabschlusses oder sonstige Aufklärung sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere jederzeit anordnen. Vertragliche Erweiterung dieser Rechte möglich. Einschränkungen können nach Lage des Einzelfalles als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen werden oder dazu führen, das Vorliegen einer st. G. überhaupt zu verneinen, weil das Kontrollrecht eine wesentliche Befugnis des stillen Gesellschafters darstellt.
VI. Gewinn- und Verlustverteilung: 1. Der stille Gesellschafter muß zwingend am Gewinn des Unternehmens beteiligt sein; die Beteiligung am Verlust kann ausgeschlossen werden. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmung über den Anteil am Gewinn und Verlust, so gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen (§ 231 HGB). - 2. Soweit der stille Gesellschafter seine Einlage voll geleistet hat, wird der Gewinn, sofern er nicht bar ausgezahlt wird, nicht dem Einlage-, sondern einem Konto "sonstige Verbindlichkeiten" gutgeschrieben. Verluste werden auf dem Einlagekonto abgeschrieben, das ggf. auch einen aktiven Stand aufweisen kann. Bezogene Gewinne braucht der stille Gesellschafter nicht zur Deckung späterer Verluste zurückzuzahlen. Ist die Einlage durch Verlust gemindert, werden spätere Gewinne zunächst zur Auffüllung des Einlagekontos verwendet. Zuzahlungen über den Betrag der rückständigen Einlage hinaus braucht der stille Gesellschafter nicht zu leisten.
VII. Auflösung: Die Auflösung kann erfolgen durch (1) Vereinbarung, (2) Zeitablauf, (3) soweit nicht vertraglich ausgeschlossen, Tod des Inhabers (nicht Tod des stillen Gesellschafters), (4) Konkurs des Inhabers oder des stillen Gesellschafters, (5) befristete Kündigung durch einen Gesellschafter oder einen Privatgläubiger des stillen Gesellschafters (§§ 132, 134, 135 HGB über die offene Handelsgesellschaft gelten entsprechend) sowie (6) außerordentliche Kündigung bei wichtigem Grund. - Auseinandersetzung durch Berichtigung des für den Zeitpunkt der Auflösung zu ermittelnden Abfindungsguthabens; der stille Gesellschafter nimmt am Gewinn oder ggf. Verlust aus schwebenden Geschäften noch teil. Soweit Verluste die Einlage gemindert haben, besteht kein Rückzahlungsanspruch. Sacheinlagen verbleiben dem Unternehmen; lediglich die nur zum Gebrauch überlassenen Sachen sind, soweit vorhanden, in Natur zurückzugewähren. Die Auseinandersetzungsbilanz ist keine Vermögens-, sondern eine Erfolgsbilanz; Wertsteigerungen des Anlagevermögens werden nur ausnahmsweise berücksichtigt. Regelung im Gesellschaftsvertrag zweckmäßig.
VIII. Konkurs: Im Konkurs des Inhabers kann der stille Gesellschafter wegen seiner Einlage eine Forderung nur als Konkursgläubiger und nur insoweit geltend machen, wie sie den Betrag des auf ihn entfallenden Anteils am Verlust übersteigt. Eine noch nicht erbrachte Einlage muß er zur Konkursmasse einzahlen, soweit es zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist. - Ist die Einlage aufgrund einer im letzten Jahr vor der Konkurseröffnung getroffenen Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern ganz oder teilweise zurückgewährt oder der Anteil aus dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen worden, unterliegen Rückgewähr oder Erlaß der Anfechtung durch den Konkursverwalter, ausgenommen, wenn der Konkurs in Umständen seinen Grund hat, die erst nach der Vereinbarung eingetreten sind.
IX. Steuerliche Behandlung: 1. Einkommensteuer: a) Typische st. G.: Der "Stille" ist nur am Geschäftserfolg und nicht an den Wertveränderungen des Vermögens beteiligt. Die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters sind beim Inhaber Betriebsausgaben, der vom Inhaber ermittelte Gewinn Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der typische stille Gesellschafter versteuert die Gewinnanteile als Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 I Nr. 4 EStG; Einkünfte) bzw. als Betriebseinnahme, wenn er die Beteiligung in einem Betriebsvermögen hält. Aufwendungen des stillen Gesellschafters für zu tragende Verluste bis zur Höhe der Einlage sind steuerlich als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig. Bei negativem Einlagenkonto ist § 15 a EStG sinngemäß anzuwenden (Einzelheiten vgl. negatives Kapitalkonto). Der Betriebsinhaber hat bei Auszahlung des Gewinnanteils Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (§ 43 I Nr. 3 EStG); siehe auch Steuerabzug. b) Atypische st. G.: Der stille Gesellschafter ist an den stillen Reserven beteiligt. Er wird als Mitunternehmer (vgl. im einzelnen dort) betrachtet. - 2. Gewerbesteuer: Zum Gewerbeertrag gehören die Gewinnanteile aller Gesellschafter, zum Gewerbekapital die Einlagen aller Gesellschafter. - 3. Bewertungsgesetz: Der Kapitalanteil des Inhabers gehört zu dessen Betriebsvermögen. Die Einlage des stillen Gesellschafters zählt zum sonstigen Vermögen. Der Anspruch auf den Gewinnanteil ist als Kapitalforderung mit dem Nennwert anzusetzen (§ 12 BewG), falls nicht besondere Umstände einen höheren (besonders gute, dauernde Gewinnaussichten) oder einen niedrigeren (besonders niedriger Zins) Wert begründen. - 4. Umsatzsteuer: Die (typische und atypische) st. G. ist reine Innengesellschaft. Nach außen tritt immer nur ein Unternehmer, der Inhaber in Erscheinung. Der stille Gesellschafter oder die st. G. sind nicht Unternehmer i. stille Gesellschaft des Umsatzsteuerrechts.
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