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Freiburger Schule

Ordoliberalismus.
I. Begriff: Als Freiburger Schule S. wird die Forschungs- und Lehrgemeinschaft von Ökonomen und Juristen bezeichnet, die sich an der Universität in Freiburg im Breisgau zusammenfand, um dort insbes. ordnungstheoretische Forschung, aber auch ordnungspolitische Überzeugungsarbeit zu leisten (Ordnungsökonomik). Die gemeinsamen Grundüberzeugungen der Freiburger Schule S. wurden unter dem Begriff Ordoliberalismus bekannt, welcher, wenn auch unter einigen politischen Kompromissen, die Grundlage der wirtschaftspolitischen Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft bildete. - Vgl. auch Wettbewerbstheorie III.
II. Vertreter: Von den Vertretern der Freiburger Schule S. sind heute insbes. der Ökonom Walter Eucken (1891-1950) und der Jurist Franz Böhm (1895-1977) bekannt; zu den Gründern gehörte auch der Jurist Hans Großmann-Doerth (1894-1944); etwas später stießen neben anderen Constantin von Dietze und Adolf Lampe hinzu. Wenn sie auch nicht in Freiburg lehrten, so standen doch die Ökonomen Leonhard Miksch, Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow der Freiburger Schule S. sehr nahe. Eucken, Böhm und Grossmann-Doerth bildeten 1933 in Freiburg eine interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft und ein gemeinsames Seminar, dem sich bald weitere Wissenschaftler anschlossen. Nicht zuletzt einigte sie auch ein politisches, vorwissenschaftliches Anliegen, das Böhm (1957/60) mit dem Versuch umschreibt, "das Problem der sozialen Frage von dem Dogma des Karl Marx und seiner geschichtsdialektischen Philosophie loszulösen". Weiterhin verband viele eine wachsende Gegnerschaft gegen die nationalsozialistische Zwangsherrschaft.
III. Forschungsschwerpunkte: - 1. Methode: Die Nationalökonomie stand noch bis in die Nachkriegszeit unter dem Eindruck des Methodenstreits zwischen Schmoller und Menger. Die "große Antinomie" zwischen individuell-historischer Datensammlung ohne erkennbaren Bezug zu theoretischen Aussagen und allgemein-modellhafter Theoriebildung ohne Bezug zu realen Begebenheiten zu überwinden, war insbes. Euckens Ziel (Eucken, 1940). Eucken griff hierzu auf Husserls Idee einer "pointierend hervorhebenden Abstraktion" charakteristischer Elemente komplexer Phänomene zurück. Aus der Alltagserfahrung einfacher wirtschaftlicher Tatbestände sollte zunächst eine Morphologie idealtypischer Wirtschafts- und Ordnungsformen gewonnen werden. Erst eine solche Betrachtung möglicher Ordnungsformen erlaube sinnvolle Aussagen über konkrete wirtschaftliche Abläufe, die je nach der Art der realisierten Ordnungen verschieden sind. Weiterhin führe sie zu einer Gesamtsicht nicht nur einer Einheit der Wirtschaftsordnung, sondern auch der Zusammenhänge zu weiteren gesellschaftlichen Teilordnungen (Interdependenz der Ordnungen). Ein solches "Denken in Ordnungen" (Eucken) läßt sich auch zur politischen Gestaltung bestehender Ordnungen nutzen. Ausdrücklich weist Eucken darauf hin, daß die modernen Industriestaaten angemessenen Wirtschaftsordnungen nicht spontan entstehen, sondern aufgrund einer "ordnungspolitischen Gesamtentscheidung" geschaffen werden müssen. Auf der normativen Ebene ist eine starke Orientierung am Grundwert der persönlichen Freiheit sowie am Ordo-Gedanken der christlichen Soziallehre erkennbar. Weitaus konkreter als verschiedene Verweise von Eucken (1948) auf eine herzustellende "natürliche, gottgewollte Ordnung" dient insbes. bei Eucken (1952/90) der Idealtyp vollkommene Konkurrenz als Maßstab für wirtschaftspolitisches Handeln. Letzterer läßt sich (wirtschafts-) wissenschaftlich beurteilen und gilt aufgrund seiner Nähe zum statischen Gleichgewichtsmodell vollkommener Konkurrenz inzwischen als weitgehend unangemessen. Weiterhin erscheint bei Eucken und teilweise auch noch bei Böhm der Bereich der Politik eher als Adressat normativer Vorgaben denn als Gegenstand positiver Analyse. Zwar haben Eucken und insbes. Böhm den ordnungsgefährdenden Einfluß institutionell unzureichend beschränkter Politiker und wirtschaftlicher Machtgruppen immer wieder betont und damit ein Thema aufgegriffen, das später zum Gegenstand der Theorie des rent-seeking avancierte. Ein allgemeines Erklärungsmodell der Politik, das Handlungsmotive, Handlungsbeschränkungen und Interaktionsmuster von Politikern, Wählern und Interessengruppen abbildete, fehlte der traditionellen Ordnungsökonomik aber. Gleichwohl entstanden im Rahmen der Freiburger Schule S. noch heute bemerkenswerte Arbeiten, insbes. zur Ordnungstheorie, sowie noch immer beachtenswerte Grundsätze der Ordnungspolitik. - 2. Ordnungstheoretische Schwerpunkte: Das Forschungsprogramm der Freiburger Schule S. hat Franz Böhm (1957/60, S. 162) wie folgt zusammengefaßt: "Die Frage, die uns gemeinsam beschäftigte, war ... die Frage der privaten Macht in einer freien Gesellschaft. Sie führt notwendig weiter zu der Frage, wie eine Ordnung einer freien Wirtschaft beschaffen ist. Von da gelangt man zu der Frage, welche Typen und Möglichkeiten von Wirtschaftsordnung es überhaupt gibt, welche Rolle in ihnen jeweils die Macht spielt, und zwar sowohl die Macht der Regierung als auch die Macht von Privatpersonen und privaten Gruppen, und welche Ordnungsstörungen auftreten, wenn sich innerhalb des Staates und der Gesellschaft eine andere Machtverteilung herausbildet als diejenige, die dem jeweiligen Wirtschaftssystem ordnungskonform ist". - a) Die Frage nach der Ordnung einer freien Wirtschaft hat Böhm als das Problem einer adäquaten Rechtsordnung verstanden. Die Möglichkeit dezentraler Koordination individueller Wirtschaftspläne auf der Grundlage völliger Gleichberechtigung und weitreichender Privatautonomie wird in erster Linie durch die Institutionen des Privateigentums, des Vertrags- und Haftungsrechts geschaffen. In marktwirtschaftlichen Systemen bestimmt sich das wirtschaftliche Geschehen damit in erster Linie nach Maßgabe des Privatrechts und läßt sich als Ausdruck einer "Privatrechtsgesellschaft" (Böhm, 1966) beschreiben. - b) Die Frage nach der Macht von Privatpersonen ist damit aber noch nicht abschließend geklärt. Neben der Gewährleistung der Privatautonomie gilt es, einem Mißbrauch der Privatautonomie zu Lasten anderer vorzubeugen. Dem dient vor allem die Sicherung des Wettbewerbs als Mittel der Kontrolle wirtschaftlicher Macht. Diese Funktion einer Wettbewerbsordnung zu erkennen und zu beschreiben, kann als wesentlicher Beitrag der Freiburger Schule S. betrachtet werden. Wettbewerb wurde stets auch als Verfahren gesellschaftlicher Machtkontrolle und damit als weiterer Legitimationsgrund privatautonomer Handlungsbefugnisse betrachtet. - c) Die Frage nach den verschiedenen Grundtypen von Wirtschaftsordnungen hat insbes. Eucken (1940) durch hervorhebende Abstraktion der jeweiligen Planungsbefugnisse zu beantworten versucht. Demnach unterscheiden sich die Idealtypen zentralgeleitete Wirtschaft ("Planwirtschaft") und freie Verkehrswirtschaft nicht darin, daß geplant wird, sondern darin, wer befugt ist, eigenständige Ziele planmäßig zu verfolgen. Im ersten Fall herrscht ein zentraler Plan staatlicher Lenkung; im zweiten werden die Einzelpläne privatautonomer Individuen dezentral und anonym über Marktpreise koordiniert. Schließlich werden noch die in Marktwirtschaften möglichen Marktformen (vollständiger Wettbewerb, Monopol, Oligopol) danach klassifiziert, inwieweit Wirtschaftssubjekte bei ihrer Planerstellung und -durchsetzung Marktpreise als "Daten" hinnehmen müssen oder aber selbst wiederum auf die Realisierung der Pläne anderer Marktteilnehmer Einfluß nehmen können (Preistheorie). - d) Die Frage nach der Macht der Regierung wurde vor dem Hintergrund einer umfassenden Interdependenz von Wirtschaftsordnung und Staatsverfassung (Interdependenz der Ordnungen) analysiert. Dort, wo Wettbewerb nicht als "Entmachtungsinstrument" (Böhm) wirkt, etwa weil er mit Hilfe des Staates außer Kraft gesetzt oder durch punktuelle Interventionen in seiner Wirkung beschränkt wird, entsteht nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Macht. Die Rechtsstaatlichkeit politischen Handelns gerät damit ebenso in Bedrängnis wie die Marktmäßigkeit wirtschaftlicher Koordination. - e) Die Frage nach der für eine Marktwirtschaft ordnungskonformen Machtverteilung wurde dementsprechend durch die Ausarbeitung und Verknüpfung der Ordnungsprinzipien Rechtsstaatlichkeit und Marktmäßigkeit zu beantworten versucht. Die Macht des Staates zur privilegierenden Intervention sollte begrenzt, die Autonomie des Staates zur Durchsetzung allgemeiner Spielregeln einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung gestärkt werden. Durch die wirksame Gegenmacht der Konkurrenz werde gleichzeitig einer Vermachtung der Wirtschaft und damit der Dominanz wirtschaftlicher Machtgruppen in der politischen Willensbildung entgegengewirkt. - 3. Ordnungspolitische Hauptaussagen: Die "Politik der Wettbewerbsordnung" wurde von Walter Eucken in seinen posthum veröffentlichten "Grundsätzen der Wirtschaftspolitik" (1952/90) systematisch dargestellt. Diese können weitgehend als Manifest normativen Ordnungsdenkens der Freiburger Schule S. insgesamt betrachtet werden. Zunächst hebt Eucken die im Sinne einer Herstellung der Wettbewerbsordnung konstituierenden und sodann die für die Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit notwendigen regulierenden Prinzipien hervor. Zu den konstituierenden Prinzipien zählt Eucken: a) Herstellung eines "funktionsfähigen Preissystems vollständiger Konkurrenz" als das zentrale "Grundprinzip". Wenn auch die Bedeutung freier Preisbildung auf Wettbewerbsmärkten von Eucken und auch von Böhm recht überzeugend dargestellt wurde, so bleibt die Bedeutung der Marktform vollständiger Konkurrenz für die Eigenschaften einer Wettbewerbsordnung und für wettbewerbssichernde Politiken häufig unklar und anfechtbar (s. o.). Später wurde in Freiburg die Wettbewerbstheorie durch von Hayek ("Wettbewerb als Entdeckungsverfahren") und die Wettbewerbspolitik durch Böhm und Hoppmann (Leitbild der "Wettbewerbsfreiheit") entscheidend weiterentwickelt. - b) Primat der Währungspolitik: Zur Wahrung der Lenkungsfunktionen des Preissystems soll die Regulierung der Geldmenge nach festen Regeln erfolgen, die eine dauerhafte Aufrechterhaltung der Geldwertstabilität gewährleisten. Eucken schlägt konkret die feste Bindung der Geldschöpfung an durchschnittliche Knappheiten eines Warenbündels ("Waren-Reserve-Währung") vor. - c) Offene Märkte: Die Wirksamkeit der Koordinations- und Kontrollfunktionen des Wettbewerbs verlangt freien Marktzutritt. Hierzu zählt Eucken insbes. die Aufhebung von Zöllen und Mengenbeschränkungen im internationalen Handel, freie Berufswahl, Gewerbefreiheit und eine Begrenzung des Patentschutzes. - d) Privateigentum: Als Vorausssetzung einer Wettbewerbswirtschaft, aber auch einer freien Staats- und Gesellschaftsordnung wird das Privateigentum an Produktionsmitteln anerkannt. Im Gegensatz zur Politik des laissez-faire stellt Eucken (1952/90) jedoch die Legitimation des Privateigentums unter den Vorbehalt einer funktionsfähigen, d. h. die Macht der Eigentümer kontrollierenden Wettbewerbsordnung. - e) Vertragsfreiheit: Wie Privateigentum gilt Vertragsfreiheit als konstitutiv für eine Wettbewerbsordnung, erhält jedoch nur im Rahmen einer solchen Ordnung seine Legitimation. So dürfe die Bildung von Kartellen nicht als legitime Nutzung der Vertragsfreiheit akzeptiert werden; auch führten Angebots- und Nachfragemonopole notwendig zu "diktierten Verträgen", an deren Stelle eine staatliche Monopolkontrolle zu treten habe. - f) Haftung: Die Kontrollwirkungen des Wettbewerbs setzen voraus, daß natürliche und juristische Personen selbstverantwortlich für die Folgen ihres Handelns einstehen. Dieses Rechtsprinzip verteidigte insbes. Großmann-Doerth in seiner scharfen Kritik an den Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung in der Rechtsform der GmbH sowie an Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Ausdruck eines "selbstgeschaffenen Rechts der Wirtschaft". Die hiermit verknüpften Befürchtungen (s.a. Eucken: "Jede Beschränkung der Haftung löst eine Tendenz zur Zentralverwaltungswirtschaft aus") werden heute jedoch kaum mehr geteilt. - g) Konstanz der Wirtschaftspolitik: In der Wettbewerbsordnung sollen die Wirtschaftssubjekte in die Lage versetzt werden, auf der Grundlage möglichst sicherer Daten langfristige Pläne zu verwirklichen. Zu diesen Daten gehört auch der ordnungspolitische Rahmen; die Forderung nach Rechtssicherheit und politischer Prinzipientreue dient der Stabilisierung von Erwartungen und damit wachstumsfördernden Investitionen. - h) Die regulierenden Prinzipien sind den konstituierenden insoweit nachgeordnet, als sie wirtschaftspolitische Eingriffe in den Marktprozeß begründen sollen, die nach Befolgung der konstituierenden Prinzipien noch als notwendig oder auch nur sinnvoll betrachtet werden. So dürften bei strenger Anwendung des Prinzips offener Märkte nur noch wenige, sog. natürliche Monopole regulierungsbedürftig sein. Die Grundsätze, nach denen eine staatliche Monopolkontrolle im einzelnen zu verfahren habe, werden bei Eucken weit weniger umfassend dargestellt und problematisiert als etwa bei Böhm, dessen Arbeiten einen beachtlichen Einfluß auf die Gestaltung des Wettbewerbsrechts im Nachkriegsdeutschland hatten. Ähnlich akzessorisch bleiben Euckens Äußerungen zur Einkommenspolitik. Grundlegend für Eucken, Böhm und andere blieb die Auffassung, daß der "sozialen Frage" vorrangig dadurch zu begegnen sei, "daß man die Einkommensverteilung den strengen Regeln des Wettbewerbs, des Risikos und der Haftung unterwirft". (Eucken, 1952/90) Gleichwohl hält Eucken eine Korrektur der ungeplanten Verteilung über Märkte durch eine progressive Einkommensteuer für geboten. Weiter folgen noch einige knappe Begründungen einer nicht weiter konkretisierten Korrektur von externen Effekten und anomalen Angebotsreaktionen auf Preisänderungen. Bemerkenswert bleibt, daß Eucken schon damals (1952) einen staatlichen Handlungsauftrag im Bereich der Umweltpolitik begründet. - 4. Staatspolitische Grundsätze: Aus der spezifischen Freiburger Sicht der Interdependenz der Ordnungen stellt sich das Problem der politischen und rechtlichen Realisierungsbedingungen des ordoliberalen Programms. Schon die konstituierenden und erst recht die regulierenden Prinzipien lassen erkennen, daß hier kein "Minimalstaat" gefordert ist, sondern ausdrücklich ein "starker" und "aktionsfähiger" Rechtsstaat (Eucken) im Sinne einer neutralen, von wirtschaftlichen Machtgruppen unabhängigen Ordnungsinstanz. Folgerichtig stellt Eucken folgende "staatspolitische Grundsätze" auf: Zum einen soll einer "neufeudalen Autoritätsminderung des Staates" dadurch entgegengewirkt werden, daß wirtschaftliche Machtgruppen aufzulösen oder ihre Funktionen zu begrenzen sind. Zum anderen sollte die Wirtschaftspolitik auf die Gestaltung der Ordnungsformen der Wirtschaft gerichtet sein, nicht auf die Lenkung des Wirtschaftsprozesses. Damit wird erneut das zweifache Machtproblem aufgegriffen, dem im Falle privater Macht durch die Disziplin der Wettbewerbsordnung und im Falle staatlicher Macht durch die Bindung an rechtsstaatliche Regeln und ordnungspolitische Grundsätze begegnet werden soll. Die unvollständige Umsetzung und schwindende Beachtung des ordoliberalen Programms in der Politik auch der Bundesrep. D. dürfte weniger manchen theoretischen Unklarheiten der konstituierenden und regulierenden Prinzipien zuzuschreiben sein als vielmehr der mangelnden politischen Realisierbarkeit der staatspolitischen Grundsätze. So zeigt die positive Theorie der Politik, daß gerade die ordoliberalen Politikempfehlungen im Rahmen bestehender Formen der Demokratie wenig Aussichten haben, sich gegen eine gezielte Privilegienvergabe und Rentensuche durchzusetzen.
IV. Aktuelle Bedeutung: Mit der Berufung Böhms nach Frankfurt (1946) und dem Tode Euckens (1950) hat die Freiburger Schule S. in der Form einer an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg konzentrierten Forschungs- und Lehrgemeinschaft weitgehend aufgehört zu existieren, auch wenn später mit Friedrich August von Hayek, Erich Hoppmann und Manfred E. Streit einzelne Vertreter liberaler Ordnungs- und Wettbewerbsökonomik nach Freiburg folgten. Die Schüler der Freiburger Schule S. lehrten und forschten schon bald an verschiedenen Universitäten in Deutschland. Der Pflege und Weiterentwicklung des Grundansatzes der Freiburger Schule S. widmen sich noch heute neben einzelnen Akteuren auch gemeinsame Organe wie etwa das Walter-Eucken-Institut in Freiburg und das ORDO-Jahrbuch. In der Wirtschafts- und Rechtswissenschaft insgesamt scheint der Einfluß der Freiburger Schule S. seit den 60er Jahren deutlich nachgelassen zu haben. Nach der zunehmenden Ausdifferenzierung zwischen und Spezialisierung innerhalb der Disziplinen findet der übergeordnete Ordnungsgedanke gerade noch im Rahmen von Vorlesungen und Arbeiten zur allgemeinen Theorie der Wirtschaftspolitik breitere Berücksichtigung. Die Vernachlässigung der Lehren der Freiburger Schule S. ist noch stärker im Bereich realer Wirtschaftspolitik festzustellen. Dies gilt ebenfalls verstärkt seit den 60er Jahren, in denen eine allgemeine, verläßliche Ordnungspolitik zunehmend der Dominanz vulgär-keynesianischer Stabilisierungspolitik (Globalsteuerung) und marktwidriger sozialpolitischer Interventionen gewichen ist. Die Überlieferung der Freiburger Schule S. sieht sich heute weniger offenen Anfeindungen als vielmehr einer schleichenden Verdrängung oder vereinnahmenden Verharmlosung konfrontiert, die sie wissenschaftlich in den Bereich der Dogmengeschichte und politisch in den Bereich unverbindlicher Sonntagsreden zu verweisen droht.


Literatur: Böhm, F., Die Forschungs- und Lehrgemeinschaft zwischen Juristen und Volkswirten an der Universität Freiburg in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Das Recht der Ordnung der Wirtschaft, in: ders., Reden und Schriften, Karlsruhe 1960; Böhm, F., Privatrechtsgesellschaft und Marktwirtschaft, ORDO, 17 (1966), S. 75-151; Eucken, W., Die Grundlagen der Nationalökonomie, Jena 1940; Eucken, W., Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 6. Aufl., Tübingen 1952/90; Streit, M. E., Wirtschaftsordnung, Privatrecht und Wirtschaftspolitik - Perspektiven der "Freiburger Schule", in: ders., Freiburger Beiträge zur Ordnungsökonomik, Tübingen 1995, S. 71-104.


Michael Wohlgemuth

 

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