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Freiheit

1. Begriff: Freiheit bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, aus eigenem Willen Entscheidungen zu treffen. a) Im streng theoretischen, naturwissenschaftlichen Sinn meint F., daß der Mensch über die Fähigkeit verfügt, aus eigenem Willen neue Kausalitätsketten ins Werk zu setzen, also Willensfreiheit. - b) Man unterscheidet in der praktischen Philosophie zwischen der negativen F., der Freiheit von etwas, und der positiven F., der Freiheit zu etwas: Die erstere steht im klassischen Liberalismus im Mittelpunkt, während letztere in den Begriff des Vermögens bzw. der (Handlungs-)Macht übergeht, wozu dem einzelnen dann die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden sollen oder müssen. - c) Unter der politischen Freiheit versteht man ein Bündel politischer Mitbestimmungsrechte, wie sie in der Demokratie üblich sind. - d) Unter bürgerlicher, rechtlicher inkl. wirtschaftlicher Freiheit versteht man den gesetzlich garantierten Handlungsfreiraum der "Person" im Sinne des Zivilrechts. - e) Formale F., materiale F., Ordnungsökonomik III 3. - Weitere Begriffe wie Religionsfreiheit, Redefreiheit, Forschungsfreiheit erklären sich selbst, so schwierig konkrete Begrenzungen auch zu treffen sein mögen. - 2. Bedeutung: Freiheit gehört zu den Grundbegriffen der Ethik, insbes. der modernen Ethik. Nur unter Voraussetzung von Freiheit kann es gutes und böses Handeln, moralische Verdienste, Schuld und Verantwortung geben. - 3. Es sollen zwei Konzeptionen von Freiheit paradigmatisch dargestellt werden: a) Individuelle Freiheit als Voraussetzung gesellschaftlicher Prozesse: Dieses Verständnis von Freiheit läßt sich auf J. Locke - bzw. dessen Epigonen im Liberalismus - zurückführen. Es schreibt dem Menschen als Menschen vorgesellschaftliche Freiheitsrechte zu, die vor dem Eingriff der anderen zu schützen sind. Die Mitmenschen, die Gesellschaft und der Staat, kommen paradigmatisch als Bedrohung der individuellen Freiheit ins Spiel. Das "Eigentum" im weiten Sinn spielt eine zentrale Rolle: Jede Veränderung der property rights wird tendenziell als Verletzung der individuellen Freiheit interpretiert. Im internationalen Kontext werden Grundrechte, d. h. Menschenrechte i. d. R. in dieser Form konzeptualisiert. - b) Individuelle Freiheit als Resultat gesellschaftlicher Prozesse: Das zweite Paradigma macht geltend, daß individuelle Freiheit nur im Gesellschaftszustand Realität gewinnt. Im vorgesellschaftlichen Zustand ist das Leben für T. Hobbes "solitary, poor, nasty, brutish, and short", es ist ein "Krieg aller gegen alle". Individuelle Freiheit wird erst durch die Etablierung von Verfassung, Recht etc., also durch kollektives Handeln, hervorgebracht und entwickelt. Auch wenn Hobbes in eine totalitäre Lösung abgleitet, ist sein Ansatz konzeptionell liberal, ohne daß er starke naturrechtliche Behauptungen in Anspruch nehmen müßte. So kann der Liberale J. M. Buchanan ganz in Hobbesschen Argumentationsbahnen die Entwicklung der individuellen F., ja sogar die Definition des "Individuums", aus kollektivem Handeln hervorgehen lassen. Gleichwohl wird die individuelle Freiheit zum Zentralpunkt der Theorie: Sie ist allerdings nicht Voraussetzung, sondern letztes und wohl auch einziges Ziel des Gesellschaftsprozesses. Die Mitmenschen erscheinen jetzt als Ermöglichung größerer individueller Freiheit Kollektive Entwicklung individueller Freiheit lautet hier das Programm. - 4. Zwei komplementäre Perspektiven von F.: Obwohl diese Konzeptionen von individueller Freiheit in der Vergangenheit und z. T. auch noch heute als konkurrierend oder gar als unvereinbar verstanden wurden und werden, muß man dies nicht so sehen. Fruchtbarer für die Theoriebildung und die durch Theorie informierten politischen (Reform-)Prozesse ist es, wenn man die vermeintlichen Gegensätze methodologisch auf verschiedene Problemstellungen bezieht. a) Das Paradigma der vorgesellschaftlichen Freiheit ist konzeptionell leistungsfähig bzw. ausreichend, wenn die individuelle Freiheit in einer Gesellschaft anerkannt, rechtlich gesichert und garantiert ist und es - nur noch - um Fragen der konkreten Auslegung oder aber der politischen Verteidigung dieser Freiheit geht. - b) Das Paradigma von der kollektiven Entwicklung individueller Freiheit geht von der Frage aus, wie man Freiheit in Prozessen grundlegenden gesellschaftlichen Wandels verfassungsmäßig, rechtlich, neu festlegen soll. In der neuen weltpolitischen Konstellation nach dem Ende des kalten Krieges, die intra- und intergesellschaftlich eine grundlegende Neuordnung des institutionellen Rahmens erfordert und die property rights neu definieren muß, geht es um die Frage, wie man die neue Ordnung so gestalten kann, daß als Resultat ein Mehr an individueller Freiheit für alle daraus hervorgehen kann. Erst beide Perspektiven zusammen werden der individuellen Freiheit gerecht.

 

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