Wirtschaftslexikon - Enzyklopädie der Wirtschaft
lexikon betriebswirtschaft Wirtschaftslexikon lexikon wirtschaft Wirtschaftslexikon Suche im Wirtschaftslexikon
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
 
 
 

Wirtschaftsgeschichte der Deutschen Demokratischen Republik 1949-1990

I. Grundlagen: 1. Die DDR hatte eine Fläche von 108.333 qkm, 23,0% des Reichsgebiets von 1937. Seit der Auflösung der Länder Mecklenburg, Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen 1952 war sie in 14 Bezirke (neben Ostberlin) mit 7.565 Gemeinden und kreisfreien Städten, 38 Stadt- und 189 Landkreisen gegliedert (31. 12. 1989). Die wichtigsten Bodenschätze sind Braunkohle, Kali- und Steinsalze; ferner gibt es Vorkommen an Kalkstein, Kiesen, Sanden, Uran, Kupfer und in geringem Umfang Zink und Blei. Der Norden war landwirtschaftlich geprägt, der Süden industriell (Konzentration von Kohle- und Energiewirtschaft, Chemie, Elektrotechnik, Maschinen- und Fahrzeugbau). - 2. Die Bevölkerung sank von 18,79 über 17,19 auf 16,43 Mio. Menschen am Jahresende 1949/60/89. Von 1950 bis zum Bau der Mauer 1961 wanderten 3,58 Mio. Menschen aus der DDR und Ostberlin ins Bundesgebiet einschließlich Westberlin und 0,5 Mio. in umgekehrte Richtung. - Es gab stets einen Frauenüberschuß (55,6% und 52,1% der Bevölkerung 1949/89). Die Lebenserwartung der Männer stieg 1952/89 von 63,9 auf 70,1, die der Frauen von 68,0 auf 76,4 Jahre. Die Zahl der Ausländer war gering (1989: 191.190 Personen oder 1,2% der Wohnbevölkerung). - 3. Erwerbsstruktur: Die Beschäftigungsquote stieg von 46,1% 1950 auf 54,1% 1989. Von den Berufstätigen arbeiteten 1950 28% im primären und 45% im sekundären Sektor. 1980 waren es 11 bzw. 48%. Der Anteil der Berufstätigen, die in volkseigenen und genossenschaftlichen Betrieben arbeiteten, stieg von 53% 1949/52 auf 94% seit 1975. Offene Arbeitslosigkeit war unbekannt, sie wurde durch Überbesetzung der Betriebe zu Lasten der Produktivität verdeckt.
II. Besatzungszeit: In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde sogleich nach dem Einmarsch die Eigentumsordnung umgestaltet. Die Banken, Versicherungen und die Großindustrie wurden 1945 entschädigungslos enteignet. 213 Betriebe mit rund 30% der großindustriellen Produktionskapazität faßte die UdSSR zu 25 Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) zusammen und übernahm sie im Rahmen der Reparationen in ihr Eigentum. Die Schwerpunkte der SAG waren die Mineralöl-, Gummi-, Elektro- und Chemische Industrie und der Bergbau. 1952/53 kaufte die DDR die SAG zurück. Die Demontagen in der SBZ/DDR betrafen rund 45% der Kapazität, im Westen waren es nur 8%. In der SBZ wurden allein bis 1946 1.225 Betriebe abgebaut und in die UdSSR gebracht, darunter die Kapazität der Eisenerzeugung und des Maschinenbaus zu 75%, die Elektro- und Optik-Industrie zu zwei Dritteln und die Chemische und Feinmechanische Industrie zur Häfte. Auch das Verkehrswesen wurde schwer beeinträchtigt. Unter der Bezeichnung Bodenreform wurde der landwirtschaftliche Großgrundbesitz 1945 entschädigungslos enteignet und zum großen Teil an Klein- und Neubauern verteilt. Die Grundlage für die weitere Wirtschaftsentwicklung bildete die Währungsreform vom 23. 6. 1948. Im Mai 1948 wurde die "Deutsche Emissions- und Girobank" gegründet, die ab Juli 1948 "deutsche Notenbank" und ab 1968 "Staatsbank der DDR" hieß und die Zentralbank war. Das Geldwesen erlangte binnenwirtschaftlich nie ähnlich große Bedeutung wie im Westen, da die Produktion und Verteilung, Mengen und Preise staatlich festgelegt waren.
III. Entstehung der DDR und Grundzge ihres Wirtschaftssystems: 1. Die DDR wurde am 7. 10. 1949 durch die Konstituierung der Provisorischen Volkskammer gegründet, die eine vom Deutschen Volksrat vorgelegte Verfassung für das Gebiet der SBZ annahm. Seit Kriegsende hatte die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) mit Unterstützung der sowjetischen Besatzungsmacht wichtige Positionen in der Besatzungszone übernommen. Die (Zwangs-) Vereinigung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands mit der KPD in der SBZ zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) im April 1946 beschleunigte die Übernahme der Schlüsselfunktionen in Staat und Wirtschaft erheblich. Die Wirtschaftsordnung und -politik der DDR war eng am sowjetischen Vorbild orientiert. - 2. Das Wirtschaftssystem war trotz zahlreicher Modifikationen kontinuierlich von zwei Elementen geprägt, der zentralen staatlichen Planung und Lenkung und dem gesellschaftlichen Eigentum an Produktionsmitteln. Es war eine staatssozialistische Zentralverwaltungswirtschaft, in der der Staat, getragen von der SED, stellvertretend für seine Bürger die mit dem Eigentum an Produktionsmitteln verbundenen Nutzungs- und Verfügungsrechte wahrnahm. Der Staat und damit die Partei bestimmte die mit der Erzeugung zusammenhängenden Fragen und die Verteilung und Verwendung des Sozialprodukts. Entsprechend der ideologiebestimmten wirtschaftspolitischen Zielvorgabe in Mehrjahresplänen entwarf eine zentrale Planbehörde (Staatliche Plankommission) jährlich einen Volkswirtschaftsplan, der von den Fachministerien in Einzelpläne bis auf Betriebs- und Kreisebene aufgeschlüsselt wurde. Die betroffenen Ebenen konnten zu diesen Vorschlägen Stellung nehmen, ehe der endgültige Volkswirtschaftsplan als verbindliche Arbeitsanweisung für die Wirtschaftseinheiten Gesetzeskraft erhielt. Grundsätzlich wurden alle Wirtschaftsbereiche durch reale und monetäre Kennziffern erfaßt, die die Mengen der jährlich zu erzeugenden Güter und Leistungen festlegten. Sog. Material-, Ausrüstungs- und Konsumgüterbilanzen bestimmten die zulässige Verwendung.
IV. Wirtschaftspolitik und Sozialisierung: 1. Die Hauptaufgabe der Wirtschaftspolitik war die Stabilisierung des Systems durch Funktionssicherung der zentralen Planung und Lenkung sowie durch die Deckung des geplanten Bedarfs. Nach den grundlegenden Sozialisierungen nach Kriegsende standen die Grundstoffindustrien und die wirtschaftliche Verflechtung mit den anderen Staaten des Ostblocks im Zentrum. Nach 1961 wurde das sozialistische System weiter ausgebaut, und es sollte durch Wirtschaftsreformen leistungsfähiger werden. Das Neue Ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft (NÖS, 1963) sollte den Betrieben mehr Eigenverantwortung geben. Anreize (ökonomische Hebel) sollten der materiellen Interessiertheit der Beschäftigten Rechnung tragen: Die Betriebe erhielten Gestaltungsspielraum bei Einkauf, Finanzierung, Preis- und Absatzgestaltung, und es wurden Arbeitermitverwaltungen eingerichtet. Dadurch sollte die Wirtschaft effizienter und flexibler werden. Doch das NÖS scheiterte am strukturellen Gegensatz zwischen den dezentralen Elementen und der weiterbestehenden Planungs- und Leitungshoheit der zentralen Instanzen. Seit 1966 wurde das NÖS schrittweise aufgegeben und 1968 durch das Ökonomische System des Sozialismus (ÖSS) ersetzt. Die direkte staatliche Leitung trat wieder in den Vordergrund. Erich Honecker änderte nach dem Sturz Walter Ulbrichts 1971 den wirtschaftspolitischen Kurs: Statt (extensiver) Produktionsausweitung zielte er auf intensivere Nutzung des vorhandenen Produktionspotentials. Zur Motivation erhöhte er materielle und immaterielle Anreize. Im übrigen setzte er die Sozialisierung der verbliebenen Privatbetriebe fort. Seit Mitte der siebziger Jahre wurden alle Betriebe der Industrie und der Bauwirtschaft zu grundlegenden Wirtschaftseinheiten der materiellen Produktion zusammengefaßt. Diese konzernähnlichen Kombinate umfaßten jeweils mehrere Einzelbetriebe vertikal und wurden häufig durch Serviceunternehmen ergänzt. Von den 314 Kombinaten 1986 hatten 171 überregionale Bedeutung mit im Durchschnitt etwa 21.000 Beschäftigten. Sie wurden durch das zuständige Fachministerium "zentralgeleitet". 143 kleinere Kombinate mit einer durchschnittlichen Belegschaftsstärke von etwa 2.000 Beschäftigten wurden durch die Wirtschaftsräte der Bezirke "bezirksgeleitet". - 2. Die Kollektivierung der Landwirtschaft erfolgte seit 1952 in zwei Phasen. Die noch bestehenden mittleren Betriebe und die Kleinbauern wurden bis 1961 und bis 1972 durch Ablieferungsvorschriften, ruinöse Besteuerung und unzulängliche Zuteilung von Saatgut, Maschinen und Krediten gezwungen, sich zu formell gemeinschaftlich organisierten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zusammenzuschließen. In den Produktionsgenossenschaften blieben die Genossen zwar formalrechtlich Eigentümer, doch waren ihre Verfügungs- und Nutzungsrechte kaum größer als bei Staatsbetrieben. Der Anteil der sozialisierten Fläche stieg von unter 3% 1950 auf 45% 1959, allein im Jahr 1960 auf 85%. 1970 waren es 93% und 1988 96%. Diese landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschafteten 3.855 Produktionsgenossenschaften und 465 Volkseigene Güter mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 1.385 bzw. 960 ha. - 3. Nach den Industriebetrieben wurden auch alle Handwerksbetriebe einer bestimmten Größe in volkseigene Betriebe überführt. In Industrie und Handwerk wurden bereits 1950 67% des Sozialprodukts in sozialistischen Betrieben erzeugt. Dazu wurden Volkseigene Betriebe (VEB) und genossenschaftlich organisierte Betriebe gerechnet. Die Verstaatlichung des Einzelhandels begann 1948 mit der Gründung der Staatlichen Handelsorganisation (HO). Der Großhandel wurde 1949/51 durch Errichtung öffentlich-rechtlicher Deutscher Handelszentralen (DHZ) sozialisiert. Das noch nicht verstaatlichte Handwerk wurde ab 1953 zu Produktionsgenossenschaften zusammengefaßt. Daneben gab es im Handwerk verdeckte Staatsbeteiligung (eine staatliche Bank oder ein VEB war Kommanditist). Ähnliches gab es im privaten Handel und Gaststättengewerbe (Kommissionshandelsverträge). Daneben existierten zwar auch private Betriebe, vor allem im Dienstleistungsbereich, gesamtwirtschaftlich wurde ihre Bedeutung jedoch immer geringer. Während 1950 sozialistische Betriebe knapp 62% zum Sozialprodukt beitrugen, waren es 1970 86% und 1988 96%. - 4. Die Vergesellschaftung der Produktionsfaktoren Boden und Kapital bedeutete für den Produktionsfaktor Arbeit, daß der Staat fast eine Monopolstellung hinsichtlich des Angebots an Arbeitsplätzen hatte. Da die SED beanspruchte, durch den Staat die Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu vertreten, blieb für Gewerkschaften im Staatssozialismus nur die Aufgabe, zur Durchsetzung der von der Partei vorgegebenen Ziele beizutragen. Bis Ende der siebziger Jahre mußten die VEB grundsätzlich ihren gesamten Gewinn an den Staat abführen. Dieser gab die materielle Planung vor und wies die Finanzmittel zu.
V. Wirtschaftsentwicklung: 1. Die DDR-Wirtschaftsgeschichte weist folgende Hauptphasen auf: a) 1945/49-1961: Sozialisierung und Kollektivierung der Wirtschaftsbereiche, zentralistischer Auf- und Ausbau des Lenkungsapparats. Die Industriegüterproduktion wurde ausgebaut, die Konsumgüterproduktion vernachlässigt. b) 1961-1971 gab es Reformversuche (z. B. NÖS). Die DDR wurde zum zweitstärksten Industriestaat im Ostblock. c) Die wichtigsten Mittel zur Stabilisierung der SED-Herrschaft 1971-1980 durch Honecker waren die Rezentralisierung der Wirtschaft und die Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen. Die DDR erreichte nun den höchsten Lebensstandard der kommunistisch regierten Staaten. Der Preis waren massive Subventionen und Importe. Dies hemmte Innovationen, wirkte substanzverzehrend und trieb die DDR in die Überschuldung. d) 1980-1989: Verfall der DDR; das Wachstum reichte nicht aus, um den Anstieg der Rohstoffpreise, die Rüstung und die wohlfahrtsstaatlichen Subventionen zu tragen. Deshalb wurde nun die Steigerung des Exports zum Hauptziel der Wirtschaftspolitik. Doch das zentralisierte Planungssystem konnte mit dem raschen technologischen Wandel im Westen nicht Schritt halten. Zudem führten die fehlende Wettbewerbs- und Nachfrageorientierung, unzureichende Motivation und Innovation, die hohen Subventionen und Preisverzerrungen zu massiven Versorgungsschwierigkeiten und schließlich zum wirtschaftlichen Zusammenbruch. - 2. Sektorale Betrachtung: Landwirtschaft und Warenproduktion hatten in der DDR mehr Gewicht als in der Bundesrep. D., die Dienstleistungen hingegen weit weniger. Im primären Sektor arbeiteten 1949 30,7% und 1986 10,8% der Erwerbstätigen, im sekundären 42,3% und 47,1%, im tertiären 27,0% und 42,1%. An der Entstehung des Bruttosozialprodukts in der DDR war das warenproduzierende Gewerbe stärker als in der Bundesrep. D. beteiligt (1983: zu 66%; Bundesrep. D.: 44%); ähnlich war es in der Landwirtschaft (7%; Bundesrep. D.: 3%). Hingegen waren Handel und Verkehr (12%; Bundesrep. D.: 16%) und die übrigen Dienstleistungen (15%; Bundesrep. D.: 37%) weit schwächer beteiligt. Das Verkehrswesen und Transportsystem, die Energieversorgung und die Wohnungswirtschaft waren bedeutende Engpaßbereiche. Die Erhöhung des Sozialprodukts wurde, da die Bevölkerung schrumpfte, durch Steigerung der Erwerbsquote mitgetragen. Daran war vor allem die hohe Frauenerwerbsquote beteiligt (rund 50%; in der Bundesrep. D. rund 33%). - 3. Wie sich der finanzielle Spielraum der Bevölkerung veränderte, zeigen die Umschichtung der Haushaltsausgaben und die Ausstattung der Haushalte. Der durchschnittliche Arbeiter- und Angestelltenhaushalt gab 1960 monatlich 655, 1988 1.689 Mark für Waren und Dienstleistungen aus. Der Anteil der Ausgaben für Nahrungs- und Genußmittel sank in dieser Zeit von 50,4% auf 39,4%, für Textilien und Bekleidung von 14,2% auf 12,6%. Der Anteil für Miete, Elektrizität, Gas, Brennstoffe etc. sank von 6,5% auf 5,3%. Die Ausgaben für sonstige Industriewaren stiegen von 17,7% auf 28,6%. Von 100 Haushalten hatten 1965 28 und 1989 99 eine Waschmaschine; acht bzw. 54 einen Pkw; 49 bzw. 96 ein Fernsehgerät (davon 57 einen Farbfernseher), 87 bzw. 99 ein Radiogerät. Über Telefon und Recorder verfügten nur wenige Haushalte.
VI. Außenwirtschaft: 1. Entwicklung: Durch die politischen Gegensätze zwischen den Besatzungsmächten wurde die innerdeutsche Grenze rasch zu einer wirtschaftlichen Grenze und die historisch gewachsene Wirtschaftsstruktur Deutschlands zerstört. An die schon durch die Autarkiepolitik des NS-Regimes gestörten früheren Außenwirtschaftsbeziehungen Deutschlands konnte die DDR nur selten anknüpfen, da die UdSSR die Orientierung auf sich und die anderen kommunistisch-sozialistischen Staaten forderte und da zudem ausreichende Devisen für den Welthandel fehlten. - 2. Seit dem 29. 9. 1950 war die DDR Mitglied des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW oder COMECON). Aufgrund ihres hohen Industrialisierungsgrades wurde sie im RGW neben der Tschechoslowakei zum wichtigsten Lieferanten von Industriegütern. Ihren Außenhandel wickelte die DDR 1960 fast zur Hälfte, 1970 zu mehr als einem Drittel und 1989 noch zu etwa einem Viertel mit der UdSSR ab. Bis Mitte der achtziger Jahre wickelte die DDR zwei Drittel ihres Außenhandels innerhalb des RGW ab. Die Einbindung in den RGW festigte die nach Kriegsende bestehenden Wirtschaftsstrukturen in den beteiligten Ländern. Dieser auf bilateralen Abmachungen basierende Intrablock-Handel wurde von Außenhandelsbetrieben in (nicht in Hartwährungen konvertierbaren) Transferrubeln abgewickelt. Die Preisfestsetzung folgte politischen Erwägungen. Die Ausrichtung an den Bedürfnissen der RGW-Staaten führte dazu, daß die Qualitäts- und Preisstandards der Weltwirtschaft kaum Bedeutung erlangten. Der Export der DDR bestand stets etwa zur Hälfte aus Maschinen, Ausrüstungsgegenständen und Transportmitteln. Die Einfuhren setzten sich bis in die siebziger Jahre etwa gleichgewichtig aus Rohstoffen und Halbfabrikaten zusammen. Danach nahm der Anteil der Rohstoffe signifikant zu. - c) Der innerdeutsche Handel nahm eine Sonderrolle ein. Er umfaßte etwa die Hälfte des Westhandels der DDR oder rund 2% des Außenhandels der Bundesrep. D. Die wichtigsten innerdeutschen Lieferungen an die DDR waren Maschinen und elektrotechnische Erzeugnisse (29% von 7.366 Mio. DM 1987), Dienstleistungen (15%) und Chemieprodukte (14%). Die wichtigsten innerdeutschen Bezüge aus der DDR waren Textil- und Bekleidungsprodukte (13% von 7.118 Mio. DM), Mineralölerzeugnisse (13%) und Dienstleistungen (12%).
VII. Beitritt der DDR zur Bundesrep. D.: 1. Verschuldung der DDR: Ab etwa 1980 war die DDR dauerhaft und zunehmend überschuldet. Dies konnte eine Zeitlang kaschiert und der Staatsbankrott dadurch hinausgezögert werden. - Ursachen: (1) Die UdSSR stützte die DDR, die seit den 70er Jahren ihr Schuldner war, aus politischen Gründen; (2) die DDR beschaffte Devisen, indem sie Güter in den Westen zu Preisen unterhalb der Gestehungskosten exportierte; (3) der Westen gewährte Kredite und gab Finanzhilfen. U. a. zahlte die Bundesregierung 1964-1990 3,4 Mrd. DM für den Freikauf von Häftlingen. Trotzdem konnte die DDR einen zunehmenden Teil der Importe nicht mehr durch Exporterlöse bezahlen. Im Herbst 1989 war sie im Westen mit mehr als 50 Mrd. DM verschuldet. Zinsen und Tilgung allein erforderten mehr Mittel als die Westexporte einbrachten. - 2. Wiedervereinigung: Als die UdSSR selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet und Gorbatschow der reformfeindlichen DDR-Führung den Rückhalt entzog, brach die DDR zusammen. Die Massenflucht zehntausender Bürger über Drittländer und die Massendemonstrationen in DDR-Großstädten verstärkten den innenpolitischen Druck auf die Partei- und Staatsführung so sehr, daß sie die Westgrenze am 9.11.1989 öffnete (Fall der Mauer). Nach der ersten freien Wahl zur Volkskammer am 18.3.1990 nahm diese am 18.5.1990 den Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen den beiden deutschen Staaten an. Mit dem Inkrafttreten der Währungsunion am 1.7.1990 gab die DDR ihre Hoheit auf dem Gebiet der Finanz- und Geldpolitik ab, die DM trat an die Stelle der Mark der DDR. Laufende Zahlungen wurden im Verhältnis 1:1 umgestellt, ebenso (Spar-) Beträge bis zu 4.000 Mark je Person, höhere Beträge im Verhältnis 2 Mark zu 1 DM. Die Volkskammer beschloß am 23.8.1990 den Beitritt der DDR zum Grundgesetz; der deutsch-deutsche Einigungsvertrag, der die Details des Beitritts regelt, wurde am 31.8.1990 unterzeichnet. Am 3.10.1990 wurde die Einigung der beiden deutschen Staaten vollzogen.


Literatur: Fischer, W./Hax, H./Schneider, H. K. (Hrsg.), Treuhandanstalt. Das Unmögliche wagen, Berlin 1993; Gutmann, G., Das Ende der Planwirtschaft in der DDR, Tübingen 1990; Matschke, W., Die industrielle Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) von 1945 bis 1948, Berlin 1988; Roesler, J. (Red.), Industriezweige in der DDR 1945 bis 1985, Berlin/Ost 1989; Roesler, J., Zwischen Plan und Markt. Die Wirtschaftsreform in der DDR zwischen 1963 und 1970, Freiburg, Berlin 1990; Roesler, J. (Red.), Industriezweige in der DDR 1945 bis 1985, Berlin/Ost 1989; Thalheim, K. C., Die wirtschaftliche Entwicklung der beiden Staaten in Deutschland. Tatsachen und Zahlen, Opladen 1978; Zank, W., Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland 1945-1949. Probleme des Wiederaufbaus in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, München 1987.

 

<< vorheriger Begriff
nächster Begriff>>
Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland seit 1990
Wirtschaftsgut

 

Diese Seite bookmarken :

 
   

 

  Weitere Begriffe : Auslandsanleihe | Normen- und Typenkartell | Dialogbuchung | NV-Bescheinigung | Haftsummenzuschlag
wiki wirtschaft

Thematische Gliederung | Unser Projekt | Impressum