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Körperschaftsteuer

I. Charakterisierung: Erstmals erging 1920 im Rahmen der Erzbergerschen Finanzreform ein Körperschaftsteuergesetz. - Zweck der Körperschaftsteuer ist die Besteuerung des zu versteuernden Einkommens der Kapitalgesellschaften oder anderer juristischer Personen oder nicht-rechtsfähiger Vereine und Zweckvermögen des Privatrechts und der Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Gewinnermittlung nach den Vorschriften des EStG und des KStG. - Mit der Einführung der (Körperschaftssteuersysteme) zum 1. 1. 1977 (sog. Körperschaftsteuerreform) wurde die bisherige Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne mit Einkommen- und Körperschaftsteuer aufgehoben und durch eine Einfachbelastung entsprechend den individuellen Gegebenheiten des begünstigten Anteilseigners ersetzt. Die Körperschaftsteuer als eigenständige Steuer wurde nicht beseitigt, sondern die volle Anrechnung der Körperschaftsteuerbelastung der ausgeschütteten Gewinnanteile eingeführt.
II. Geltende K.: 1. Gesetzliche Grundlagen: Für die Veranlagungszeiträume, die vor dem 1. 1. 1977 enden: Körperschaftsteuergesetz 1975 (KStG 1975) i. d. F. vom 18. 7. 1975 (BGBl I 1934). - Für nach dem 1. 1. 1977 endende Veranlagungszeiträume: Körperschaftsteuergesetz 1991 (KStG 1991) i. d. F. vom 11. 3. 1991 (BGBl I 638); Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung (KStDV 1984) i. d. F. vom 31. 7. 1984 (BGBl I 1055). - Neue Bundesländer: Anwendung ab 1. 1. 1991. - Körperschaftsteuer ist eine Gemeinschaftsteuer. - 2. Steuerpflicht: a) Beginnt und endet im Prinzip mit der Rechtsfähigkeit juristischer Personen: (1) Beginn mit Vertragsabschluß. (2) Ende mit der völligen Abwicklung, bei Kapitalgesellschaften mit Ausschüttung des Vermögens, frühestens mit Ablauf des Sperrjahres. - b) Umfang: (1) Unbeschränkte Steuerpflicht: Sämtliche Einkünfte bei Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts, nicht rechtsfähigen Vereinen, Stiftungen, Anstalten, Zweckvermögen, Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Sitz oder Geschäftsleitung im Inland haben. Bei nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und Zweckvermögen nur dann, wenn deren Einkommen weder nach dem KStG noch nach dem EStG unmittelbar bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist. (2) Beschränkte Steuerpflicht: Inländische Einkünfte. - 3. Steuerbefreiung: a) Subjektive: Z. B. ganz oder teilweise namentlich bei gewissen Unternehmen des Bundes, bei Staatsbanken, bei Verfolgung kirchlicher, gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, bei sozialen Kassen, bei Berufsverbänden, bei öffentlich rechtlichen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen. b) Objektive: Gewinne aus Anteilen an einem steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (§ 8 V KStG), Mitgliederbeiträge rechtsfähiger und nichtrechtsfähiger Personenvereinigungen (§ 8 VI KStG). - 4. Besteuerungsgrundlage: a) Nach § 7 I KStG bemißt sich die Körperschaftsteuer nach dem zu versteuernden Einkommen, das sich aus dem Einkommen, vermindert um die Freibeträge für bestimmte Körperschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, die Land- und Forstwirtschaft betreiben, errechnet (§ 7 II KStG); das Einkommen wiederum ermittelt sich nach den Bestimmungen des EStG und den besonderen Vorschriften des KStG (vgl. Einkommensermittlung). Für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, die nach den Vorschriften des HGB zur Führung von Büchern verpflichtet sind, gelten alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Einkommen). - b) Neben dem zu versteuernden Einkommen auch die Gewinnausschüttungen. Für sie ist auf der Gesellschaftsebene eine Ausschüttungsbelastung von 30% des ausgeschütteten Gewinns vor Abzug der Körperschaftsteuer herzustellen. In Abhängigkeit von den für Ausschüttungen als verwendet geltenden Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals macht die Herstellung der Ausschüttungsbelastung eine Körperschaftsteuer-Änderung erforderlich, die Bestandteil der K.-Schuld ist (§ 23 V KStG). Die Ausschüttungsbelastung ist für alle Gewinnausschüttungen herzustellen, soweit nicht die Teilbeträge EK 01 und EK 04 als verwendet gelten. Dies gilt auch für Kapitalrückzahlungen und Liquidationsraten, soweit für Leistungen dieser Art verwendbares Eigenkapital mit Ausnahme des Teilbetrages EK 04 (frühere Einlagen der Anteilseigner) als verwendet gilt. - 5. Steuertarif: a) Im Regelfall 45% (§ 23 I KStG); dieser Satz findet Anwendung für die in das Anrechnungsverfahren einbezogenen Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und daneben für Realgemeinden und wirtschaftliche Vereine unter bestimmten Bedingungen. Auch Stiftungen des privaten Rechts unterliegen dem Regelsteuersatz. - b) 42% (§ 23 II KStG) bei VVaGs, sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts, nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts, Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften. c) Ein besonderer Steuersatz von 6,7% (§ 23 VI KStG) gilt für das ZDF für die Veranstaltung von Werbesendungen. d) Für die in das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren (vgl. dort) einbezogenen Körperschaften beträgt der Ausschüttungssteuersatz 30% des ausgeschütteten Gewinns vor Abzug der Körperschaftsteuer (§ 27 I KStG). - 6. Steuerfestsetzung und -erhebung: a) Die festzusetzende Körperschaftsteuer resultiert aus der tarifmäßigen Körperschaftsteuer (45% bzw. 42%) und der Körperschaftsteueränderung für Ausschüttungen (§ 23 V KStG). Bei offenen Gewinnausschüttungen tritt die Minderung und/oder Erhöhung für den Veranlagungszeitraum ein, in dem das Wirtschaftsjahr endet, für das die Ausschüttung erfolgt, bei anderen Ausschüttungen (verdeckte Gewinnausschüttung) in dem Wirtschaftsjahr, in dem die Ausschüttung erfolgt (§ 27 III KStG). b) Für die Veranlagung und Entrichtung der Körperschaftsteuer sind die einkommensteuerlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Auf die festgesetzte Körperschaftsteuer werden angerechnet (1) die Vorauszahlungen des Veranlagungszeitraums, (2) die einbehaltene Kapitalertragsteuer, (3) die anzurechnende Körperschaftsteuer und (4) die anzurechnenden festgesetzten und entrichteten ausländischen Körperschaftsteuer (§ 26 I KStG).
III. Finanzwissenschaftliche Beurteilung: 1. Charakteristik und Steuersystematik: a) Grundlegend: Zur theoretischen Grundlegung der Körperschaftsbesteuerung vgl. Unternehmensbesteuerung. Danach ist gem. der "Integrationstheorie" eine Körperschaftsteuer überflüssig, weil die Besteuerung der Körperschaftserträge in die Einkommensbesteuerung zu integrieren sei. Gemäß der "Separationstheorie" aber sei die Körperschaftsteuer als eine Sondersteuer auf Erträge juristischer Personen, in Sonderheit der Kapitalgesellschaften, immer zu erheben wegen ihrer besonderen Leistungsfähigkeit. Die heute geltende Körperschaftsteuer von 1977 ist zwar der Separationstheorie folgend eine Sondersteuer auf die Rechtsform der Unternehmung, aber keine auf ökonomischen Vorstellungen beruhende allgemeine "Unternehmensteuer", denn sie erfaßt nicht alle in einer Wirtschaftseinheit anfallenden Gewinne und Kapitaleinkünfte; sie ist ferner - trotz Anrechnungsverfahren - keine reine Einkommensteuer. Vielmehr hält sie einen Mittelweg ein und vereinigt zwei gänzlich verschiedene Steuern in sich: Eine Teilgewinn- oder Sonderunternehmungsteuer (überdies mit dem Charakter einer "Großunternehmensteuer", da die wenigen Unternehmen, die über 20 Mio. DM Einkünfte haben und nur unter 1% der Steuerpflichtigen ausmachen, ca. 60% des Aufkommens erbringen) und eine Quellensteuer der Einkommensteuer. - b) Steuersätze: Die zwei Steuersätze unterschiedlicher Höhe sind Ausdruck völlig verschiedener Steuerarten: (1) Der "Regelsteuersatz" in Höhe von 50% (ermäßigte Sätze gibt es für VVaG u. a. juristische Personen) ist eine "Personensteuer" allenfalls in rechtsformaler Hinsicht, nämlich als Besteuerung der "juristischen Personen". (2) Demgegenüber ist der Ausschüttungssteuersatz in Höhe von 36% auch ökonomisch eine Personensteuer, da das Anrechnungsverfahren die Überleitung dieser Steuer in die persönliche Einkommensteuer herstellt. Das gilt letztlich auch für Beteiligungsverhältnisse, bei denen die Ausschüttungssteuer zunächst auf die Körperschaftsteuer angerechnet wird. Die Ausschüttungssteuer ist letztlich eine Gliedsteuer der Einkommensteuer (mehrgliedrige Steuer), erhoben als Quellensteuer. - c) Bemessungsgrundlage: Steuergegenstand der Körperschaftsteuer mit dem Regelsteuersatz ist der Unternehmensgewinn, bemessen nach dem "zu versteuernden Einkommen" des Einkommensteuergesetzes. Das macht aber die Körperschaftsteuer keineswegs zur "Einkommensteuer der juristischen Personen". Ökonomisch ist die Körperschaftsteuer eine Ertragsteuer. Das Leistungsfähigkeitsprinzip spielt bei ihr keine Rolle. Im Ergebnis kann man die Körperschaftsteuer als "Ertragsteuer auf das zu versteuernde Einkommen des Einkommensteuergesetzes" definieren. - 2. Wirkungen: Die Wirkungen der Körperschaftsteuer auf die Verhaltensweisen der Wirtschaftssubjekte und auf die gesamtwirtschaftlichen Größen sind v. a. unter dem Aspekt der Reformziele zu beurteilen, die man mit Hilfe des Anrechnungsverfahrens und der Steuersatzfestlegung erreichen wollte: a) Die Selbstfinanzierung ist wegen des hohen Steuersatzes (50%) unter bestimmten Umständen teurer als bei Anwendung des Einkommensteuergesetzes. - b) Kapitalmarktpolitisch versprach die Beseitigung der Zweifachbelastung über die Finanzierungsstrategie der "Schütt-aus-hol-zurück-Politik" eine günstige Entwicklung der Eigenkapitalbildung in den Unternehmen und zugleich der vermehrten und gleichmäßigeren Vermögensbildung in privater Hand; dieser Erfolg hat sich nicht eingestellt, obgleich die Ausschüttungsbelastung bei einigen Anteilseignern je nach Ausschüttungsbetrag und Grenzsteuersatz günstiger war. - c) Der Ausländereffekt wurde dadurch eingeschränkt, daß der Ausschüttungssteuersatz von 15 auf 36% erhöht wurde. Der negative Ausländereffekt erhöht sich durch die gleichzeitig erhobene Kapitalertragsteuer. - d) Nach wie vor ist die Körperschaftsteuer keine rechtsformneutrale Steuer, wobei der Kapitalgesellschaft eine von vornherein höhere Ertragsfähigkeit als anderen Rechtsformen unterstellt wird. Jedoch hängt die Ertragsfähigkeit von vielen ökonomischen Faktoren ab. Dem Gebot der Allokationsneutralität der Besteuerung entspräche es, die besondere Ertragsleistung nicht durch höhere Steuern zu demotivieren. - e) Hinsichtlich der Überwälzung der Körperschaftsteuer in den Preisen liegen widersprüchliche Berechnungsergebnisse und Annahmen vor; tendenziell wird unterstellt, daß die Körperschaftsteuer überwälzbar ist. - f) Als Maßnahme der Verteilungspolitik erscheint die Körperschaftsteuer auch nach der Reform ungeeignet, da sich das Aktiensparen generell nicht durchgesetzt hat. - g) Die Körperschaftsteuer gilt wie die Einkommensteuer als Instrument der Konjunkturpolitik bzw. Stabilisierungspolitik. - 3. Die Ertragshoheit der Körperschaftsteuer besitzen Bund und Länder (Gemeinschaftsteuern). - 4. Eine grundlegende Reform der Körperschaftsteuer ist alsbald nicht zu erwarten, insbes. nicht in Richtung einer Fortentwicklung zu einer allokations- und rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung. Im Zuge der allgemeinen Steuersenkungen in den Nachbarländern und den USA wird jedoch eine deutliche Absenkung des Steuersatzes auf einbehaltene Gewinne gefordert; ferner werden die Abschaffung des gespaltenen Satzes für Thesaurierung und Ausschüttung und die Beseitigung des ermäßigten Satzes von 46% für Betriebsstätten diskutiert. - 5. Im Zuge der Harmonisierung der Besteuerung innerhalb der EU wurde lange auch die Angleichung der Systeme direkter Steuern angestrebt. Beseitigt werden sollten die Doppelbelastungen und die großen Steuersatzunterschiede. In Aussicht genommen war ferner eine Anerkennung der Steuergutschriften für den Bereich der Gemeinschaftsländer und eine Harmonisierung der Vorschriften über die Fassung der Bemessungsgrundlagen für Steuern auf Unternehmensgewinne. Nach Zurücknahme des entsprechenden Vorschlags durch die EU-Kommission ist die weitere Entwicklung in diesem Bereich völlig offen. Harmonisierung der Körperschaftsteuersysteme ist in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten, dagegen wohl eine stärkere Anpassung der Körperschaftsteuer an die Diskriminierungsverbote des EWG-Vertrages.
IV. Aufkommen: 1995: 18,1 Mrd. DM (1990: 31,5 Mrd. DM, 1985: 31,8 Mrd. DM, 1981: 20,2 Mrd. DM, 1979: 22,2 Mrd. DM, 1977: 16,83 Mrd. DM, 1976: 11,8 Mrd. DM, 1974: 10,4 Mrd. DM, 1972: 8,5 Mrd. DM, 1969: 10,9 Mrd. DM, 1963: 7,7 Mrd. DM, 1955: 3,1 Mrd. DM, 1950: 10,4 Mrd. DM).

 

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