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Betriebsrentengesetz (BetrAVG)
Kurzbezeichnung für das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. 12. 1974 (BGBl I 3610) m. spät. Änd..
I. Beschreibung/Zielsetzung: Das Gesetz enthält arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Vorschriften zur betrieblichen Altersversorgung. - 1. Ziel der arbeitsrechtlichen Vorschriften ist es, die betriebliche Altersversorgung für Versorgungsempfänger, Arbeitnehmer und einige durch § 17 BetrAVG Gleichgestellte (z. Betriebsrentengesetz (BetrAVG) Handelsvertreter) sicherer und wirkungsvoller zu gestalten. Aus der Sicht der Arbeitgeber wurde damit allerdings die Freiwilligkeit der betrieblichen Altersversorgung eingeschränkt. Zweifellos schafft das Gesetz zwischen Versorgungsgebern und -nehmern rechtlich durchschaubarere Verhältnisse und hat damit eine nicht unwesentliche Bedeutung für den Betriebsfrieden. - 2. Ziel des steuerrechtlichen Teils ist v. a. Ausbreitung und Ausweitung der betrieblichen Altersversorgung. Gleichzeitig wurden auch einzelne Mißstände, die sich beim steuerlichen Abzug der Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung ergeben hatten, beseitigt (Einschränkungen der Vorausfinanzierung von Unterstützungskassen).
II. Arbeitsrechtlicher Teil (§§ 1-18 BetrAVG): 1. Unverfallbarkeit bedeutet, daß die betrieblichen Versorgungsanwartschaften (Pensionsanwartschaften ) auch beim Ausscheiden aus dem Betrieb vor Eintritt des Versorgungsfalles dem Versorgungsnehmer kraft Gesetz erhalten bleiben, und zwar in einem angemessenen Umfang. Voraussetzungen sind: Vollendung des 35. Lebensjahres und a) Versorgungszusage besteht mindestens zehn Jahre; oder b) Versorgungszusage besteht mindestens drei Jahre und die Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre. Der Arbeitnehmer behält seine Anwartschaft auch dann, wenn er aufgrund einer Vorruhestandsregelung (Vorruhestandsgesetz) ausscheidet und ohne das vorherige Ausscheiden die Wartezeit und die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen hätte erfüllen können (§ 1 I 2 BetrAVG). Die Vereinbarung langer Wartezeiten führt nicht zur Verzögerung des Eintritts der Unverfallbarkeit. - Die Höhe des Anspruchs im Versorgungsfall richtet sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Grundsätzlich gilt das Quotierungsprinzip (ratierliche Berechnungsmethode, pro-rata-temporis-Methode): Unverfallbare Anwartschaft (Teilanspruch im Versorgungsfall) = tatsächliche Betriebszugehörigkeit: mögliche Betriebszugehörigkeit (in der Zusage vorgesehene Altersgrenze, höchstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres) × zugesagte Versorgungsleistung. Der Quotenanspruch ist jedoch nur die gesetzliche Untergrenze. Selbst wenn bei Direktversicherungen der beitragsfreie Versicherungssumme (Lebensversicherung VI 2) den Quotenanspruch übersteigt, hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Widerrufsrecht. Ist jedoch die Leistung im Versicherungsfall geringer, steht dem Versorgungsempfänger in Höhe der Differenz ein unmittelbarer Anspruch gegen den Arbeitgeber zu (Auffüllungsanspruch). Dieses Nachfinanzierungsrisiko kann der Arbeitgeber jedoch durch die versicherungsrechtliche Regelung der Unverfallbarkeit ausschließen. Sie ist eine Ausnahme vom Quotierungsprinzip. Hier tritt bei Direktversicherungen und Pensionskassen an die Stelle des Quotenanspruchs generell die vom Versicherer/Pensionskasse aufgrund des Vertrages/Geschäftsplanes geschuldete Leistung (aus der beitragsfreien Versicherung). Voraussetzung für diese Regelung ist allerdings, daß der Arbeitgeber die im § 2 II bzw. III BetrAVG geforderten sozialen Auflagen erfüllt. Änderungen der Versorgungsregelung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und später beschlossene Leistungsänderungen (Erhöhungen und auch Kürzungen) wirken sich auf die Höhe und die Art der unverfallbaren Anwartschaften nicht mehr aus. Arbeitgeber oder sonstige Versorgungsträger haben gegenüber dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer eine Auskunftspflicht (über das Bestehen einer Anwartschaft und über die Höhe). - Abfindung der unverfallbaren Anwartschaft mit einer gleichwertigen Einmalzahlung des Arbeitgebers ist nur zulässig, wenn die Versorgungsverpflichtung beim Ausscheiden des Arbeitnehmers weniger als zehn Jahre bestanden hat und der Arbeitnehmer der Abfindung zustimmt (§ 3 BetrAVG). Grundsätzlich besteht für unverfallbare Anwartschaften ein Übertragungsverbot (§ 4 BetrAVG). Mit Zustimmung des Arbeitnehmers läßt aber das Gesetz den Übergang der Versorgungsanwartschaft auf bestimmte Versorgungsträger zu. Zur Übernahme berechtigte Versorgungsträger sind: der Nachfolgearbeitgeber, Lebensversicherer, Pensionskassen und öffentliche Versorgungsträger. Unterstützungskassen sind nur zur Übernahme von Anwartschaften gegenüber Unterstützungskassen berechtigt. Befreiung von der Verpflichtung durch Übertragung. - 2. Auszehrungsverbot: Beim Eintritt des Versorgungsfalles festgesetzte Leistungen dürfen später nicht mehr gekürzt werden, wenn sich andere Versorgungsleistungen durch Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung erhöhen (z. Betriebsrentengesetz (BetrAVG) die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung). - 3. Anrechnungsbegrenzungen: Betriebliche Versorgungseinrichtungen berücksichtigen vielfach bei der Festsetzung der Leistung im Versorgungsfall anderweitige Versorgungsbezüge (v. a. Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung). Entweder werden die anderweitigen Bezüge der betrieblichen Versorgungsleistung angerechnet, oder die Versorgungsbezüge insgesamt sind auf eine Höchstleistung begrenzt, z. Betriebsrentengesetz (BetrAVG) 75% des letzten Arbeitseinkommens (Gesamtversorgungssysteme). Diese Anrechnung ist jedoch nur insoweit erlaubt, als es sich um Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung handelt, die auf Pflichtbeiträgen beruhen, sowie um sonstige Versorgungsbezüge, die mindestens zur Hälfte durch Beiträge oder Zuschüsse des Arbeitgebers finanziert wurden (§ 5 BetrAVG). - 4. Anpassungsprüfung: Der Arbeitgeber hat gem. § 16 BetrAVG alle drei Jahre die Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden (Anpassungsprüfungspflicht - keine Verhandlungspflicht). Das Entscheidungsrecht steht allein dem Arbeitgeber zu; natürlich ist er kraft Gesetz auch dazu verpflichtet. Die Entscheidung muß dem billigen Ermessen entsprechen, es sind dabei insbes. die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Prüfungspflicht besteht nur für laufende Leistungen (laufende Renten), nicht für Anwartschaften und für Kapitalverpflichtungen. Sie gilt für alle Gestaltungsformen der betrieblichen Altersversorgung. Die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers kann gerichtlich nachgeprüft werden entsprechend § 315 II BGBetriebsrentengesetz (BetrAVG) Maßstäbe für die Anpassung hat das BAG mit mehreren Entscheidungen gesetzt. Grundsätzlich ist der volle Kaufkraftverlust ab Rentenbeginn bzw. ab der vorangegangenen Anpassungsprüfung auszugleichen, es sei denn, die Nettolöhne der Aktiven sind langsamer gestiegen als die Preise (Begrenzung durch die Entwicklung der Nettolöhne). Der PSVaG ist nicht zur Anpassung gem. § 16 BetrAVG verpflichtet (BAG-Urteil vom 22. 3. 1983). - 5. Insolvenzsicherung: Sie gewährleistet die betriebliche Altersversorgung auch im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers (Konkurs u. ä.). a) Umfang des Schutzes: Bei Eintritt des Sicherungsfalles sind geschützt die bereits laufenden betrieblichen Versorgungsleistungen sowie -anwartschaften, die zu diesem Zeitpunkt nach den Vorschriften des BetrAVG unverfallbar sind. Keiner Insolvenzsicherung bedürfen Direktversicherungen, wenn spätestens mit Erfüllung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen das unwiderrufliche Bezugsrecht (Bezugsberechtigung) vorgesehen ist und wenn sie weder abgetreten noch beliehen sind. Bei Beleihung oder Abtretung von Direktversicherung mit unwiderruflichem Bezugsrecht unterliegt nur der betroffene Teil der Versicherung der Insolvenzsicherung. Überdies entfällt die Insolvenzsicherung für alle Anwartschaften und Ansprüche auf Pensionskassenleistungen. Der Bund, die Länder, die Gemeinden sowie bestimmte öffentlich-rechtliche Einrichtungen sind ebenfalls von der Insolvenzsicherung befreit. - b) Träger der Insolvenzsicherung ist der Pensions-Sicherungsverein a. G. in Köln (PSVaG), der vom Verband der Lebensversicherungsunternehmen, von BDA und BDI gemeinsam getragen wird. Die Abwicklung der anfallenden Rentenleistungen überträgt der PSVaG einem Konsortium der Lebensversicherungswirtschaft. - c) Leistungsumfang: Die gesicherte Leistung ist begrenzt (Renten auf das Dreifache der im Zeitpunkt der ersten Fälligkeit geltenden Beitragsbemessungsgrenzen der Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten - 1996 somit 3 × 96.000 DM = 288.000 DM Jahresrente - , im Falle der Kapitalzahlung auf das Zehnfache dieses Jahresbetrages). Ansprüche auf laufende Leistungen gegen den PSVaG fallen nicht unter die Anpassungsprüfung. Durch die Insolvenzsicherung ändert sich der Charakter der Versorgungsleistung nicht (beim Empfänger gleiche steuerliche Behandlung wie vorher). - d) Die Mittel für die Insolvenzsicherung werden von den Mitgliedern des PSVaG aufgebracht. Mitglieder sind Arbeitgeber mit gesetzlich unverfallbaren oder bereits laufenden Versorgungsverpflichtungen, die der Insolvenzsicherung unterliegen. Beitragsbemessungsgrundlage ist für betriebliche Ruhegeldverpflichtungen der Teilwert der gesicherten Anwartschaft (Sollrückstellung gem. § 6 a III EStG), bei Unterstützungskassen grundsätzlich das Deckungskapital für die laufenden Leistungen zuzüglich das Zwanzigfache gem. EStG der zulässigen Jahreszuführung (§ 10 III 3 BetrAVG). Unterliegen Direktversicherungen der Insolvenzsicherung, so ist die Bemessungsgrundlage das geschäftsplanmäßige Deckungskapital. - e) Zum Nachweis der Bemessungsgrundlage bedarf es bei Ruhegeldverpflichtungen eines versicherungsmathematischen Gutachtens, bei Direktversicherungen der Bescheinigung des Versicherers und bei Unterstützungskassen einer nachprüfbaren Berechnung. Diese Mitteilungspflicht obliegt jeweils dem Arbeitgeber (§ 11 BetrAVG). Darüber hinaus besteht für ihn eine Meldepflicht. Er hat dem PSVaG innerhalb von drei Monaten anzuzeigen, wenn eine Versorgeeinrichtung unter die Insolvenzsicherungspflicht fällt. - 6. Flexible Altersgrenze: Nimmt ein Versorgungsberechtigter die Alters-Vollrente der gesetzlichen Versicherung schon vorzeitig, d. h. vor Erreichen des Regelruhealters (Vollendung des 65. Lebensjahres), in Anspruch, so muß der Versorgungsträger nach § 6 BetrAVG auf Verlangen des Versorgungsanwärters auch die Betriebsrente vorzeitig gewähren, sofern der Berechtigte die Wartezeit und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt. Die Erfüllung der Unverfallbarkeitsfrist ist keine Anspruchsvoraussetzung. § 6 BetrAVG gestattet eine Kürzung des vorgezogenen betrieblichen Ruhegeldes. Kürzungsregelungen unterliegen der Gestaltungsfreiheit der Vertragspartner und sind Teil der Versorgungsordnung. Fehlen sie, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß das Ruhegeld nur nach § 2 BetrAVG (natürliche Methode) gekürzt werden darf. Der PSV als Versorgungsschuldner kann jedoch in diesem Fall einen versicherungsmathematischen Abschlag (z. Betriebsrentengesetz (BetrAVG) um 0,5% für jeden Monat des vorgezogenen Rentenbezugs) vornehmen. - Bei einem späteren Wegfall der Alters-Vollrente wegen Erwerbstätigkeit kann auch das betriebliche Ruhegeld bis zum Erreichen der Altersgrenze eingestellt werden. - 7. Tarifdispositives Recht: In § 17 III BetrAVG ist bestimmt, von welchen Vorschriften des Gesetzes in Tarifverträgen und bei Vereinbarungen der einschlägigen tariflichen Regelungen abgewichen werden kann. Im übrigen kann nicht zuungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden.
III. Steuerrechtlicher Teil (§§ 19-25 BetrAVG): Durch diese Vorschriften wurden das Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer-, Vermögensteuer- (Vermögensteuer I a), Versicherungsteuer- und Umsatzsteuergesetz geändert bzw. angepaßt und das Zuwendungsgesetz aufgehoben. Materiell bedeutsam sind die Einschränkung der Vorausfinanzierung der Unterstützungskassen, das Teilwertverfahren für die Bewertung der Pensionsrückstellungen in der Ertragsteuerbilanz (Pensionsrückstellungen III 4 und 5) und v. a. die Pauschalierung der Lohnsteuer für bestimmte Zukunftssicherungsleistungen (Direktversicherungen und Zuwendungen an Pensionskassen unter bestimmten Voraussetzungen).
Literatur: Ahrend/Förster, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 6. Aufl., München 1996; Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung mit arbeitsrechtlicher Grundlegung, Köln, Loseblattwerk; Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Hrsg.), Handbuch der betrieblichen Altersversorgung, Wiesbaden, Loseblattwerk; Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar, München 1984; Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, Kommentar zum Betriebsrentengesetz, Bd. I, 2. Aufl., Heidelberg 1982; Bd. II, Heidelberg 1977; Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar, Loseblattwerkt, Bd. 1, München 1993; Höfer/Abt, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Bd. 2, 2. Aufl., München 1984; Schoden, Betriebliche Altersversorgung, 3. Aufl., Köln 1994.
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