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Sanierung

I. Begriff: 1. Begriffsbestimmungen: Der aus dem Lateinischen stammende Begriff Sanierung bedeutet im weitesten Sinne Heilung; die Schaffung gesunder und leistungsfähiger Zustände. Bezogen auf die Sphäre der Unternehmung steht der Begriff Sanierung kurz gefaßt für die (Wieder-)Herstellung einer nachhaltigen Ertragskraft krisenbefallener Unternehmungen (Unternehmungskrisen). Darunter fallen alle zielorientierten Strategien und Maßnahmen, die geeignet sind, die betroffene Unternehmung aus einer Krisensituation herauszuführen, um sie - zumindest in wesentlichen Teilen - als wirtschaftliche Einheit unter der Maßgabe von Ertragssicherung zu erhalten. Art und Umfang der unter dem Begriff Sanierung zusammengefaßten Strategien und Maßnahmen sind in der juristischen und betriebswirtschaftlichen Literatur unterschiedlich weit gefaßt. In einem sehr engen Sinne bedeutet Sanierung lediglich die Summe aller finanzwirtschaftlichen Strategien und Maßnahmen zur Gesundung krisenbefallener Unternehmungen. Dagegen umfaßt Sanierung im weiteren Sinne die Gesamtheit aller (finanzwirtschaftlichen und leistungswirtschaftlichen) Führungstätigkeiten i. Sanierung v. Aktionen der Planung, Steuerung und Kontrolle, die der Wiederherstellung einer nachhaltigen Ertragskraft von Unternehmungen in überlebenskritischen Prozessen dienen. Eine solche weite Begriffsfassung erscheint notwendig, da nur in seltenen Fällen finanzwirtschaftliche Strategien bzw. Maßnahmen allein zur Erreichung der Sanierungsziele ausreichen. Die Sanierungsbemühungen vieler Betriebe in den neuen Bundesländern verdeutlicht dies beispielhaft und macht zugleich klar, daß eine auf rein finanzwirtschaftliche Unterstützung durch die Treuhandanstalt beschränkte Sanierung in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht hinreichend sein dürfte. Schließlich muß ein tragfähiger Sanierungsbegriff auch Raum für die Problematisierung von Fragen aus dem Bereich von Organisation und Führung lassen; speziell diese Aspekte werden in der einschlägigen Literatur häufig vernachlässigt. - 2. Begriffsabgrenzung/-überschneidungen: Eine Reihe anderer Begriffe sind dem der Sanierung ähnlich und/oder werden synonym gebraucht. - a) Turnaround bedeutet den Wechsel von einem Status quo in eine gegenteilige, bessere Situation. Dabei beginnt nach allgemeinem Verständnis die Turnaround-Situation in einem Stadium, in dem z. B. die Ertragslage einer Unternehmung unter ein gewünschtes Maß sinkt. Der Turnaround beginnt damit häufig schon vor dem Ausbruch akuter Krisensituationen. - b) Restrukturierung wird als Begriff hauptsächlich in der Schweiz und in Österreich verwendet und kann als Synonym für den Begriff des "Turnaround" gelten. - c) Reorganisation ist als Begriff weiter gefaßt und umschließt grundsätzlich alle Aktionen eines geplanten Wandels, auch weit außerhalb von krisenhaften Prozessen. Im Rahmen der Diskussion um ein neues (deutsches) Insolvenzrecht (Insolvenzrechtsreform) wird der Begriff Reorganisation (vgl. auch dort) in das Zentrum aller Bemühungen zur Rettung insolvenzbedrohter Unternehmungen gerückt. Reorganisation ist in diesem Sinne begrifflich mit dem Terminus Sanierung annähernd gleichzusetzen. - d) Konsolidierung wird als Begriff gelegentlich ebenfalls in Verbindung mit der Bewältigung von Unternehmungskrisen gebraucht. Häufig wird darunter - von der Verwendung dieses Begriffs im Rahmen von Konzernbilanzierungen abgesehen - jedoch lediglich eine rein finanzwirtschaftliche Gesundung verstanden; etwa die Umwandlung von kurzfristigem in langfristiges Kapital. - 3. Insgesamt ist in Literatur und Praxis eine gewisse Scheu vor der Verwendung des Begriffs Sanierung festzustellen. So ist es denn sicher auch nicht zufällig, daß die von der Treuhandanstalt eingeforderten Sanierungskonzepte der ihr unterstellten Gesellschaften als Unternehmenskonzepte bezeichnet wurden.
II. Sanierung als Prozeß: Sanierung kann zunächst als eine komplexe, zielorientierte und zeitlich begrenzte Aktionsfolge zur (Wieder-)Herstellung der nachhaltigen Ertragskraft krisenbefallener Unternehmungen betrachtet werden (vgl. Abbildung "Sanierungsprozeß im Überblick"). - 1. Wahrnehmung der akuten Krise: Der Sanierungsprozeß beginnt mit der Wahrnehmung der akuten Krise (Unternehmungskrise) durch die Führungs-/Aufsichtsgremien der betroffenen Unternehmung; gelegentlich sogar erst durch Dritte (z. B. Gläubigerbanken, Kunden, Lieferanten). Identifiziert wird die akute Krisenlage - und damit die Sanierungsnotwendigkeit - durch das Nichterreichen überlebensrelevanter Ziele wie beispielsweise Ergebnis und/oder Liquidität. Symptome der eingetretenen Krise finden traditionell ihren Niederschlag im Rechnungswesen, wobei ein schlecht geführtes Rechnungswesen nicht selten selbst die Ursache zu spät erkannter Krisen sein kann. Zielsetzung moderner Unternehmungsführung sollte es allerdings sein, Krisenprozesse nicht erst durch deren Wirkungen im Rechnungswesen zu erkennen, sondern möglichst schon im Vorfeld ihres Eintritts, womit die Frühwarnungsproblematik angesprochen ist (operative Frühaufklärung, strategische Frühaufklärung). Auf Basis einer Situations- und Ursachenanalyse sind zeitgleich und meist unter großem Handlungszwang Aktionen von sehr unterschiedlichem Charakter durchzuführen. - 2. (Vor-)Entscheidung über Sanierung oder Liquidation und Sofortmaßnahmen: Es erscheint konsequent, nach erfolgter Klärung der Ausgangslage zunächst eine grundlegende Entscheidung über die Fortführung oder Liquidation der krisenbefallenen Unternehmung zu fällen. Ohne eine solche Entscheidung können nachgelagerte Sanierungsaktivitäten in eine falsche Richtung gelenkt und Ressourcen fehlgeleitet werden. Damit ist die Frage nach der Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit angesprochen. Im Rahmen der Prüfung der Sanierungsfähigkeit wird - frei von den jeweiligen Interessenlagen der an der Unternehmung beteiligten Personen/-gruppe - ermittelt, ob eine Sanierung wirtschaftlich zu vertreten ist. Die Überprüfung der Sanierungswürdigkeit ist dagegen weitaus komplexer, da sie auch und gerade außerökonomische Aspekte zu berücksichtigen hat. In der Praxis sind jedoch beide Aspekte i. d. R. untrennbar miteinander verbunden und eine isolierte Beurteilung kaum möglich. Vielmehr geht es gesamthaft, allerdings unter Berücksichtigung jeweiliger Ziele, um die folgenschwere Abschätzung von bestehenden und/oder hinzugewinnbaren, zukunftsorientierten Erfolgspotentialen, die den Bestand der krisenbefallenen Unternehmung im mittel- bis langfristigen Rahmen sichern sollen. Zu solchen Faktoren können zählen: zukunftsträchtige Produkte (Kundenproblem-Lösungen); zukunftsträchtiges FE-Potential; zukunftsträchtige Fertigungstechnologien; zukunftsorientiert qualifizierte Führungskräfte; zukunftsorientierte Märkte/Marktsegmente; zukunftsorientierte Kooperationsmöglichkeiten, z. B. strategische Allianzen. Oftmals reicht das Vorhandensein weniger oder auch nur eines dieser Erfolgspotentiale aus, um eine Sanierung aussichtsreich erscheinen zu lassen. Letztendlich sind es jedoch nur diese Erfolgspotentiale, die die Entscheidung über die Weiterführung oder Liquidation der Unternehmung bestimmen sollten. Ohne sie muß eine (nachhaltige) Sanierung im hier verstandenen Sinne scheitern. - Eine solche Entscheidung hat dabei meist nur den Charakter einer Vorentscheidung. Einerseits können selbst bei Vorhandensein von Erfolgspotentialen die Sanierungsbemühungen in späteren Phasen aus anderen Gründen scheitern. Andererseits können bei einer solchen Vorentscheidung verkannte Erfolgspotentiale letztendlich zu Trägern der Sanierung und des darauf folgenden Aufschwungs werden, wofür es bemerkenswerte Beispiele gibt. - Parallel zu dieser (Vor-)Entscheidung, machmal sogar noch zeitlich vorgelagert, sind in den meisten Fällen allerdings Sofortmaßnahmen einzuleiten. Sie gewähren häufig erst die notwendige "Atempause" für die Planung und Realisierung von Sanierungsstrategien und -maßnahmen. - In einigen Fällen zeichnet sich jedoch auch schon nach eingehender Situationsanalyse und ohne die zuvor genannte (Vor-)Entscheidung die Aussichtslosigkeit jedweder Sanierungsbemühungen ab. Dies führt zu einer unmittelbaren Einleitung von Liquidationsmaßnahmen (Liquidation). - 3. Bestimmung von Sanierungszielen: Die Bestimmung von Sanierungszielen kann letztendlich nur in einem Verhandlungsprozeß zwischen den an der Sanierung direkt und indirekt beteiligten Personen (-gruppen) erfolgen. Hier sind in der Praxis Kompromißlösungen aus divergierenden Gruppeninteressen meist unumgänglich. Die präzise Definition von Sanierungzielen ist jedoch die Grundlage aller weiteren Sanierungsaktivitäten. Es gilt nämlich, daß alle Zielerreichungsstrategien und -maßnahmen nur so qualifiziert sein können, wie die Qualität der Zielsetzung es erlaubt. - 4. Ableitung von Sanierungsstrategien und -maßnahmen: Im Mittelpunkt der Sanierungsbemühungen sollte die Ableitung von Sanierungsstrategien stehen. Es handelt sich dabei um langfristig wirkende, die Gesamtunternehmung betreffende und potentialvariierende Vorgehensweisen. - Sanierungsmaßnahmen spielen eine Doppelrolle im Sanierungsprozeß. Sie können einmal als Detailplanungen fungieren (derivative Sanierungsmaßnahmen). Zum anderen können sie aber auch als eigenständig aus den Sanierungszielen abgeleitete Vorgehensweisen (originäre Sanierungsmaßnahmen) in den Prozeß der Unternehmungsrettung einbezogen werden. Nur in seltenen Fällen dürfte es allerdings möglich und ausreichend sein, eine erfolgreiche Sanierung allein auf Basis kurzfristig orientierter Maßnahmen (originärer Sanierungsmaßnahmen) durchzuführen. - 5. Sanierungsprogramm und -projekte: Die Gesamtheit aller Sanierungsstrategien und -maßnahmen einschließlich noch nicht abgeschlossener Sofortmaßnahmen bilden das Sanierungsprogramm, das zwingend von der obersten Führungsebene beschlossen, verkündet und überwacht werden muß. Wegen der Einmaligkeit und zeitlichen Begrenztheit der Aktionsfolgen im Rahmen des Sanierungsprogramms erfolgt deren Realisation zumeist in Form von Projekten. - 6. Koordination und Überwachung: Zu den in der Praxis häufig schwersten Aufgaben des Sanierungsprozesses gehört die Koordination und Überwachung der zeitgleich ablaufenden Sanierungsprojekte. Diese häufig gegen Widerstände unterschiedlichster Art durchzuführende Aufgabe gehört wohl zu den anspruchsvollsten Führungsaufgaben überhaupt. Gegenstand einer prozeßbegleitenden Überwachung muß es auch sein, rechtzeitig die Unmöglichkeit der Erreichung von Sanierungszielen zu erkennen und unverzüglich Schritte zu einer freiwilligen oder zwangsweisen Liquidation einzuleiten. Entsprechend den Grundsätzen einer strategischen Kontrolle sollte dabei der gesamte Prozeß der Sanierung, beginnend mit der (Vor-)Entscheidung über Sanierung oder Liquidation auch einer Prämissenkontrolle sowie einer Konsistenzkontrolle unterzogen werden. Damit wird die Problematik einer Frühwarnung/Frühaufklärung ein weiteres Mal virulent. Es geht hier um die Einrichtung einer Art "Sanierungsradars" zur Früherkennung von Ereignissen/Entwicklungen, die das Sanierungskonzept in seiner festgelegten Form tangieren könnten.
III. Träger: Als Träger des Sanierungsprozesses sind neben den betroffenen Mitarbeitern in erster Linie die Führungs-/Führungsunterstützungskräfte zu bezeichnen, die - häufig als Krisenmanagement (Krisenmanagement III) bezeichnet - die Phase der Sanierung verantwortlich planen, steuern und kontrollieren. Zu ihnen gehören zunächst einmal die Mitglieder der bisherigen (internen) Führung. Dies allerdings i. d. R. nur dann, wenn sie nicht selbst die Sanierungsbedürftigkeit herbeigeführt haben oder aus anderen Gründen die nötige Glaubwürdigkeit bei den Mitarbeitern und/oder den sonst am Sanierungsprozeß beteiligten Personen/-gruppen (z. B. Eigen- oder Fremdkapitalgeber) verloren haben. Als wesentlicher Bestandteil der externen Führung ist der Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder Beirat zwangsläufig in den Sanierungsprozeß involviert. Durch zunehmende Professionalisierung kann dabei der Einfluß dieses Gremiums auf den Sanierungsprozeß als steigend angenommen werden. - Externe Berater, externe Krisenmanager sowie Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater kommen als weitere Träger der Sanierung in Betracht. Auch Vergleichsverwalter, in seltenen Fällen sogar auch Konkursverwalter können zu Trägern der Sanierung werden. Dies immer dann, wenn im Rahmen von Insolvenzverfahren eine Fortführung der Unternehmung ganz oder teilweise aussichtsreich erscheint. - Bei Sanierungsprozessen in mittelgroßen und großen Unternehmungen findet sich häufig eine Kombination der vorgenannten Führungs-/Führungsunterstützungskräfte, sicher jeweils mit individuell unterschiedlicher Bedeutung i. Sanierung v. Einfluß auf den Sanierungsprozeß.
IV. Ziele, Strategien und Maßnahmen: Als Inhalte der Sanierung können die Ziele, Strategien und Maßnahmen gelten, die den Sanierungsprozeß materiell ausfüllen. - 1. Sanierungsziele: Als Sanierungsziele gelten dabei die mit dem Sanierungsprozeß angestrebten Zustände, die von den beteiligten Personen/-gruppen vereinbart wurden. Die Abbildung "Ziele" zeigt beispielhaft mögliche Sanierungsziele auf. - 2. Sanierungsstrategien: a) Autonomie-/Kooperationsstrategien: Sanierungsstrategien können grundsätzlich als Autonomie- oder Kooperationsstrategien angelegt sein. Im Falle von Autonomiestrategien wird versucht, die akute Krisensituation aus eigener Kraft, d. h. ohne Einbeziehung von Koopertionspartnern zu meistern. Bei Koopertionsstrategien soll die Sanierung zusammen mit einem oder mehreren nationalen/internationalen Kooperationspartnern erfolgen, wobei als Kooperationsform meist die kapitalmäßige (mehrheitlich oder ggf. auch minderheitliche) Beteiligung im Vordergrund steht. Strategische Allianzen als Kooperationsform auf vertraglicher Basis scheinen dagegen als typische Sanierungsstrategie - soweit bisher erkennbar - weniger Bedeutung zu haben. - Die Privatisierung von Betrieben der neuen Bundesländer, die zugleich in den meisten Fällen mit einer Sanierung der jeweiligen Unternehmung verbunden ist, kann so als eine Kooperationsstrategie in der Extremform der vollen kapitalmäßigen Übernahme gesehen werden. Speziell im Hinblick auf die Privatisierung bzw. Sanierung von Betrieben in den neuen Bundesländern wird eine weitere Extremform der Kooperation wieder verstärkt diskutiert und praktiziert: Die Übernahme von Betrieben durch deren Führungskräfte als sog. management-buy-out (MBO) oder durch von außen kommende Manager im Sinne eines sog. management-buy-in (MBI). Insbes. wegen des oftmals sehr hohen Kapitaleinsatzes im Rahmen von Sanierungsprozessen ist diese Strategie zur nachhaltigen Sicherung der Ertragskraft allerdings nicht unumstritten. - b) Finanzwirtschaftliche Sanierungsstrategien: Unternehmungskrisen sind - jedenfalls in ihren Spätphasen - häufig begleitet von Liquiditätsengpässen. Gelegentlich werden Sanierungserfordernisse überhaupt erst durch sie erkannt. Die Beseitigung auftretender Liquiditätsschwierigkeiten im kurz- und mittelfristigen Bereich sowie eine mittel- bis langfristige finanzielle Absicherung der krisenbefallenen Unternehmung ist Gegenstand finanzwirtschaftlicher Sanierungsstrategien. Sie umfassen alle typisch finanzwirtschaftlichen Aktionen, die eine notleidende und i. d. R. auf Fremdhilfe angewiesene Unternehmung durchführen kann, um ihren Fortbestand zu sichern. Die Abbildung "Finanzwirtschaftliche Sanierungsstrategien" enthält eine Auswahl typischer finanzwirtschaftlicher Sanierungsstrategien. - c) Leistungswirtschaftliche Sanierungsstrategien: Nur in relativ seltenen Fällen dürften rein finanzwirtschaftliche Sanierungsstrategien allein zur Wiederherstellung der nachhaltigen Ertragskraft der krisenbefallenen Unternehmung ausreichen. Vielmehr stehen in der überwiegenden Mehrzahl wohlverstandener Sanierung leistungswirtschaftliche Strategien im Mittelpunkt; meist flankiert von finanzwirtschaftlichen Aktionen. Schwerpunkt leistungswirtschaftlicher Sanierungsstrategien sind - entsprechend den Schwerpunkten strategischer Planung/Führung - die Geschäftsfelder, die Organisations-/Rechtsstruktur sowie die Führungskräfte, die Informationssysteme der Unternehmung. In der Abbildung "Leistungswirtschaftliche Sanierungsstrategien" ist eine Auswahl möglicher leistungswirtschaftlicher Strategien zusammengestellt. - 3. Sanierungsmaßnahmen: In ihrer bereits erläuterten Doppelrolle können Sanierungsmaßnahmen als kurzfristige und nur Teilbereiche der Unternehmung betreffende Aktionsfolgen einmal als originäre Sanierungsbeiträge fungieren oder sie können - derivativ - als Detaillierungsmaßnahmen zu Sanierungsstrategien Anwendung finden. Die Abbildung "Maßnahmen" stellt eine Auswahl von Sanierungsmaßnahmen dar. Eine Sonderstellung nehmen die oftmals am Beginn von Sanierungsprozessen erforderlichen Sofortmaßnahmen ein. Sie stehen nicht selten in konfliktärer Beziehung zu (zeitlich später) abzuleitenden Sanierungszielen, -strategien und -maßnahmen. Im Mittelpunkt stehen dabei: Maßnahmen zur kurzfristigen Liquiditätssicherung; Sicherstellung einer funktionsfähigen Unternehmungsführung; Schaffung einer Vertrauensbasis gegenüber Mitarbeitern, Kreditgebern, Marktpartnern, staatlichen Stellen sowie gegenüber der Öffentlichkeit. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang besonders auf die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations). Viele Sanierung werden wesentlich erschwert oder scheitern sogar an einem falschen, eher Mißtrauen erweckenden Umgang mit der Öffentlichkeit.
V. Organisation und Führung in Sanierungsprozessen: 1. Organisatorische Gestaltung: Der Aufgabenkomplex der Sanierung hat zeitlich begrenzten Charakter. Damit bieten sich Formen der Projektorganisation als Strukturierungsalternative an. Sofern eine ständige Zusammenarbeit der mit der Sanierung beschäftigten Führungskräfte/Mitarbeiter erforderlich erscheint, empfehlen sich Projektgruppen. Bei nur unständiger Zusammenarbeit, wie z. B. in Lenkungsausschüssen (LA) zur Koordination der einzelnen Sanierungsprojekte erscheinen Projektkollegien ausreichend. Die in jeweiligen Projektgruppen/-kollegien zusammengefaßten Spezialisten aus den unterschiedlichen Kerntätigkeitsbereichen der Unternehmung werden häufig als Task-Force bezeichnet. Zwingend erforderlich erscheint die Mitwirkung der in Abschnitt II genannten Träger der S., zumindest in Lenkungsausschüssen. - 2. Führung in Sanierungsprozessen: Sanierungsprozesse sind Ausnahmesituationen, die von Mitarbeitern und Führungskräften zumeist als streßinduzierend empfunden werden. Angst um den Arbeitsplatz, um Karrierechancen sowie die Furcht vor Sanktionen für begangene Fehler wirken als typische Streßfaktoren. Für den Erfolg von Sanierungsbemühungen ist deshalb auch die angemessene Führungsform von großer Bedeutung. Die Ansichten über relevante Führungsformen in Ausnahmesituationen der hier interessierenden Art schwanken zwischen den Extrempositionen einer Empfehlung zur Rückkehr zu streng autoritären Führungsformen oder dem Ausbau kooperativer Führungsformen. Die generelle Empfehlung einer einheitlichen Führungsform über den gesamten Sanierungsprozeß hinweg erscheint kaum sinnvoll. Vielmehr sollte die jeweilige Führungsform (vor dem Hintergrund des bislang praktizierten Führungsstils) den einzelnen Phasen/Aktionen des Sanierungsprozesses angepaßt werden. Dabei scheinen sich tendenziell kooperative Führungsformen für die Phasen der Sanierungszielbildung und -planung anzubieten, während für die Umsetzung (Realisation, Koordination und Überwachung) von Sanierungsstrategien und -maßnahmen durchaus auch autoritäre Führungselemente angebracht sein können.


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