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Handelspolitik

1. Begriff: Unter Handelspolitik versteht man einerseits die intendierte wirtschaftspolitische Beeinflussung des internationalen Güterhandels durch tarifäre bzw. nichttarifäre Handelshemmnisse, bzw. auch die Reduktion oder Beseitigung derselben (Handelsliberalisierung). Unter Handelspolitik versteht man andererseits auch jenen Teilbereich der realen Außenwirtschaftstheorie, in dem die Wirkungen der verschiedenen Maßnahmen der Handelspolitik untersucht werden (auch Theorie der Handelspolitik). (Vgl. auch politische Ökonnomie der Protektion). - 2. Maßnahmen: Die Außenwirtschaftstheorie unterscheidet ganz grob zwischen tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen. - a) Tarifäre Hemmnisse setzen an den Preisen der international gehandelten Güter an, indem sie einen Keil zwischen den Weltmarktpreis und den im Inland zustandekommenden Preis treiben. Das bekannteste Beispiel dafür ist ein Zoll, der den heimischen Preis des importierten Gutes über den Weltmarktpreis anhebt. Nun können auch die heimischen Produzenten des Importersatzgutes einen höheren Preis erzielen. Ähnliches gilt für eine Exportsubvention, denn der heimische Produzent wird im Inland nur dann absetzen, wenn er dort denselben Preis erhält wie den Weltmarktpreis plus die Subvention. - b) Nichttarifäre Handelshemmnisse können sehr viele verschiedene Formen annehmen. Am bekanntesten sind die Importquoten und die freiwilligen Exportbeschränkungen. Andere Formen nichttarifärer Handelshemmnisse sind administrative Barrieren, diskriminierende Regulierungen, etc. Mengenrestriktionen ziehen ähnliche Preiseffekte nach sich, wie sie bei tarifären Hemmnissen direkt eingeführt werden. Eine Importquote erhöht beispielsweise ähnlich wie ein Zoll den heimischen Preis über den Weltmarktpreis. Diese Äquivalenz zwischen tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen ist allerdings beschränkt auf Situationen der vollständigen Konkurrenz. Bei geringer Anzahl heimischer Anbieter von Importersatzgütern führen Mengenbeschränkungen viel leichter zur Erhöhung der Marktmacht als tarifäre Maßnahmen. - 3. Handelspolitik bei vollständiger Konkurrenz: a) Die Theorie der Handelspolitik untersucht die Wirkungen verschiedener handelspolitischer Maßnahmen. Dabei interessiert vor allem, unter welchen Bedingungen ein Land durch solche Maßnahmen eine Wohlfahrtssteigerung erreichen kann, und mit welcher Konsequenz dies für die anderen Länder verbunden ist. Das älteste und vielleicht wichtigste Ergebnis ist, daß ein kleines Land weder durch die Einführung eines Zolls, noch durch die Einführung einer Exportsubvention eine Wohlfahrtssteigerung erzielen kann, vorausgesetzt, es herrscht vollständige Konkurrenz, und vorausgesetzt, es gibt keine Verzerrungen. - Veranschaulichung: Dies ist am leichtesten mit Hilfe der Abbildung "Zollwirkung für ein kleines Land" erkannt. ist der aus der Sicht eines kleinen Landes gegebene Weltmarktpreis. Bei Freihandel kommt dieser Preis auch im Inland zustande, wird jedoch ein Wertzoll in der Höhe von t eingeführt, dann erhöht sich der Inlandspreis auf . Das heimische Angebot steigt von die heimische Nachfrage sinkt von auf . Im Ausmaß der Fläche a haben die Erlöse der heimischen Anbieter stärker zugenommen als deren Kosten (Zunahme der Produzentenrente). Dies ergibt sich daraus, daß die Angebotslinie bei vollständiger Konkurrenz auch als Grenzkostenlinie interpretiert werden kann. Die Fläche c gibt die Zolleinnahmen an, und wir nehmen einfach an, daß diese pauschal an die Konsumenten rückgeführt werden. Wir können diese Zolleinnahmen in dem Wohlfahrtskalkül also positiv verbuchen. Die Konsumenten aber erleiden durch die Zolleinführung im Umfang der Gesamtfläche a+b+c+d eine Einbuße, und zwar dadurch, daß sie für das importierte Gut mehr bezahlen müssen als den Weltmarktpreis (Verlust an Konsumentenrente). Die Flächen b+d entsprechen dem Nettoverlust (toter Wohlfahrtsverlust). Die Dreiecke b und d werden auch Wohlfahrtsdreiecke (Harberger Dreiecke) genannt. Auf ganz analoge Weise läßt sich zeigen, daß auch eine Exportsubvention wohlfahrtsverschlechternd wirkt. Es entsteht wieder eine Zunahme der Produzentenrente, gepaart mit einer Abnahme der Konsumentenrente. Hinzu kommt die Finanzierung der Subventionsausgaben, die wir letztlich wieder dem Konsumenten aufbürden müssen. Es verbleiben als Nettoeffekt wieder zwei Wohlfahrtsdreiecke von der Form b und d.
Ein großes Land kann durch die zollbedingte Einschränkung seiner Importnachfrage den Weltmarktpreis des importierten Gutes verringern. Dieser Terms-of-Trade-Effekt des Zolls wirkt zugunsten des Inlandes, und wenn der Zollsatz sorgfältig bemessen wird, dann kann dieses Land dadurch eine Wohlfahrtsverbesserung erfahren. In der Abbildung wirkt sich dieser Terms-of-Trade-Effekt in Form einer (nicht eingezeichneten) Verschiebung der horizontalen Weltmarktpreislinie nach unten aus. Jenen Zollsatz, der die Wohlfahrt am höchsten werden läßt, nennt man den Optimalzoll. Der Optimalzoll eines kleinen Landes ist null, der eines großen Landes positiv. Dem Wohlfahrtsgewinn des Inlandes steht aber ein noch größerer Wohlfahrtsverlust des Auslandes gegenüber. Die Optimalzollpolitik ist also ausbeuterisch und vom globalen Standpunkt aus betrachtet ineffizient. Ausbeutung kann Vergeltung provozieren (Vergeltungszoll). - Eine Exportsteuer führt sowohl für ein großes, wie für ein kleines Land zu genau denselben Ergebnissen wie ein Importzollsatz von derselben Größenordnung, vorausgesetzt die Steuereinnahmen werden in beiden Fällen derselben Verwendung zugeführt (Lerner'sches Symmetrietheorem). - Eine besondere Form der Handelspolitik ist die Integration durch Errichtung von Zollunionen bzw. Freihandelszonen. Die Errichtung solcher Freihandelsblöcke kann nicht eindeutig als Schritt in Richtung Liberalisierung des Welthandels interpretiert werden. Der selektive Abbau von Handelsbarrieren beseitigt einerseits zwar eine Verzerrung, und zwar die Diskriminierung der Anbieter aus den Partnerländern gegenüber heimischen Anbietern (Handelsschaffungseffekt). Zugleich aber wird eine neue Verzerrung eingeführt, und zwar in Form der Diskriminierung zwischen den Anbietern aus den Block-Partnerländern und den Anbietern aus Drittländern (Handelsumlenkungseffekt). Es ist nicht von vornherein klar, ob der Nettoeffekt für alle beteiligten Partnerländer oder auch für die Drittländer positiv ist. - Die obige Analyse der Zollwirkungen unterstellt Abwesenheit von Verzerrungen. Verzerrungen können z. B. in der Gestalt von Produktionsexternalitäten vorliegen. In der Abbildung würde dann die Angebotslinie nicht mit den gesamtwirtschaftlich relevanten Grenzkosten gleichgesetzt werden können. Wenn etwa die Erzeugung des importierten Gutes positive Externalitäten verursacht, dann verläuft die gesamtwirtschaftlich relevante Grenzkostenkurve unterhalb der heimischen Angebotskurve. Die Grenzkosten der heimischen Erzeugung liegen dann im Freihandelsgleichgewicht noch unter dem Weltmarktpreis. D. h., es wäre durchaus sinnvoll, einen Teil der Importe durch heimische Erzeugung zu ersetzen, und ein Zoll kann genau dies bewirken. Allerdings verursacht er seinerseits auf der Nachfrageseite eine zweite Externalität: Die Nachfrager bezahlen für das importierte Gut mehr, als es auf dem Weltmarkt eigentlich kostet. Dies verursacht - wie oben skizziert - Wohlfahrtsverluste. Aus diesem Grunde ist der Zoll ein zweitbestes Instrument (Theorie des Zweitbesten bzw. des second best). Das Erstbeste wäre eine Subventionierung der heimischen Produktion. Damit würde die konsumseitige Verzerrung vermieden werden können. - Dies ist ein Beispiel aus der allgemeinen Theorie der Verzerrungen, die betont, daß Verzerrungen sehr selten direkt mit den internationalen Handelsströmen zu tun haben, sondern meistens entweder mit Produktion oder Konsum. Demgemäß soll man zur Korrektur dieser Verzerrungen auch Maßnahmen verwenden, die ausschließlich auf der Produktions- oder der Konsumseite wirken, und nicht handelspolitische Maßnahmen, die auf beiden Seiten wirken. - Im Zusammenhang mit Entwicklungsländern wird häufig auf dynamische Größenvorteile als Rechtfertigung für einen Erziehungszoll verwiesen. Hierbei muß jedoch sorgfältig geprüft werden, ob diese Größenvorteile auch wirklich eine Verzerrung darstellen. Und selbst wenn dies der Fall ist, stellt der Importzoll meist nur eine zweitbeste Maßnahme dar. - 4. Handelspolitik bei unvollständiger Konkurrenz: Alle bisher konstatierten Ergebnisse basieren auf der Annahme der vollständigen Konkurrenz. Eine weitere Kategorie von Begründungen für aktive Handelspolitik hat mit der Unvollkommenheit des Wettbewerbs zu tun. - a) Vollständige vs. unvollständige Konkurrenz: Während bei vollständiger Konkurrenz der Preis den Grenzkosten entspricht, existiert im Fall der unvollständigen Konkurrenz ein Gleichgewicht mit einem Preis, der über den Grenzkosten liegt (monopolistischer "markup"). Der Anbieter erzielt zwar dadurch einen erhöhten Gewinn (Monopolrente), aber die Nachfrager verlieren Konsumentenrente, und insgesamt entsteht - ganz ähnlich wie oben beim Zoll - ein Wohlfahrtsverlust. Unvollständige Konkurrenz ist also ineffizient. Es gibt viele Formen der unvollständigen Konkurrenz, und diese können auf der Importseite, der Exportseite oder auch auf beiden Seiten gegeben sein. Hier können nur die wichtigsten Fälle erwähnt werden. - b) Monopolistisches Importangebot: Wenn ein Land seine Importe von einem monopolistischen Anbieter bezieht, so entsteht der eben erwähnte Verlust an Konsumentenrente im Inland, die Monopolrente hingegen fällt im Ausland an. Es existiert also nicht nur aus globaler Sicht die oben erwähnte Ineffizienz, sondern auch eine Art Ausbeutungsverhältnis zwischen zwei Ländern. - Die handelspolitische Konsequenz ist je nach Perspektive ganz unterschiedlich. Das Ausland kann durch Handelspolitik keine Verbesserung gegenüber Freihandel erzielen; sein Monopolist beutet die Nachfrager des anderen Landes schon bei Freihandel optimal aus. Das Inland jedoch kann den Versuch unternehmen, durch geeignete handelspolitische Maßnahmen einen Teil der ausländischen Monopolrenten zurückzugewinnen. Wenn es einen Importzoll einführt, so sinkt die Importmenge, und der Inlandspreis nimmt zu. Bei monopolistischem Importangebot ist jedoch der Angebotspreis (netto Zollsatz) kein gegebenes Datum, sondern er variiert mit dem Zollsatz. Der Zoll führt also zu einem Terms-of-Trade-Effekt. Im Unterschied zum Fall des großen Landes bei vollständiger Konkurrenz kann allerdings die Erreichung einer Terms of Trade Verbesserung - in Abhängigkeit von den Details der Importnachfrage - einen negativen Zollsatz, also eine Importsubvention, erfordern. Ein tarifäres Handelshemmnis ist hier jedoch keinesfalls die erstbeste Maßnahme. Diese besteht in der Festsetzung eines Höchstpreises für das importierte Gut, und zwar auf jenem Niveau, das bei vollständiger Konkurrenz entstünde, d. h. im Schnittpunkt der Grenzkostenlinie mit der Importnachfragefunktion. Damit würde die aus globaler Perspektive gegebene Ineffizienz der Situation vollständig beseitigt. - c) Strategische Handelspolitik: Grundsätzlich werden die handelspolitischen Empfehlungen für Oligopolsituationen aufgrund der Vielfalt möglicher Verhaltensannahmen weniger eindeutig als für die Extremfälle der vollständigen Konkurrenz oder des Monopols. Dabei ist eine weitere sehr wichtige Unterscheidung zu treffen. Die Berücksichtigung von Oligopolsituationen bringt gegenüber der Monopolsituation so lange keine fundamental neuen Elemente, als die Oligopolisten entweder allesamt inländische, oder allesamt ausländische Firmen sind. Die Lage ändert sich jedoch grundlegend, wenn in einem Markt inländische und ausländische Firmen in olipolistischem Wettbewerb stehen. Dies eröffnet eine völlig neue Überlegung, die zur sogenannten strategischen Handelspolitik führt. Darunter versteht man handelspolitische Maßnahmen, deren positive Wirkung nur dadurch zustandekommt, daß die ausländischen Konkurrenten zu einer Veränderung ihres Verhaltens verleitet werden, welche den heimischen Firmen zu höheren Oligopolrenten verhilft. Die strategische Exportpolitik versucht, sich die strategischen Interaktionen zwischen heimischen und ausländischen Anbietern auf Exportmärkten zunutze zu machen, während die strategische Importpolitik ähnliches auf den heimischen Märkten versucht. Der strategische Aspekt beider Politiken ist im Grunde derselbe, der entscheidende Unterschied besteht lediglich in der Berücksichtigung der Effekte für die heimischen Konsumenten. Diese entfällt im Fall der Exportpolitik, während die Importpolitik darauf Bedacht nehmen muß. - Handelspolitische Maßnahmen verändern das Umfeld, in dem die heimischen und ausländischen Firmen miteinander konkurrieren, und wenn ein Land diese Maßnahmen sorgfältig auswählt, dann kann es dadurch eine Wohlfahrtserhöhung erzielen. Diese geht aber systematisch zu Lasten des Auslandes, entweder jener Länder, in denen die konkurrierenden Firmen beheimatet sind (Profitumlenkung, profit shifting oder rent shifting), oder jener Länder, in welche die Oligopolisten exportieren (Abschöpfung der Konsumentenrente). Strategische Handelspolitik ist also prinzipiell eine ausbeuterische Politik. - Die konkrete Form der zu wählenden Handelspolitik hängt auf entscheidende Weise von dem Marktverhalten der Oligopolisten ab. Im sogenannten Cournot Oligopol ist eine Subventionierung angezeigt, während das Bertrand Oligopol eine Besteuerung verlangt. Wenn die heimische Firma die Position einer Stackelberg Führerschaft innehat, dann verschwindet der Anreiz zur strategischen Handelspolitik, weil die heimische Firma durch diese Führerschaft allein in der Lage ist, die ausländische Firma auszubeuten. Probleme: Gegen eine strategische Handelspolitik dieser Art gibt es allerdings einige gravierende Bedenken, auf die hier nur andeutungsweise eingegangen werden kann. Die optimale Politik ist hochgradig vom Marktverhalten abhängig, und es ist zweifelhaft, ob Regierungen diesbezüglich zuverlässige Informationen besitzen. Zu beachten ist ferner, daß die subventionierten heimischen Firmen durch ihre Produktionsexpansion zusätzliche Faktoren benötigen, die dann bei der Produktion anderer Güter fehlen. Es können dadurch Knappheiten bei einzelnen Produktionsfaktoren auftreten, die dann bei anderen Firmen (Sektoren) mit Kostenerhöhungen verbunden sind. Die dort tätigen Firmen sind aber mitunter in einem ähnlichen Wettbewerb mit ausländischen Firmen, so daß dann dort ein gegenteiliger, und damit wohlfahrtsmindernder Effekt auftreten würde. Des weiteren können bei Subventionierung die Ausbringungsmengen der einzelnen heimischen Anbieter durch zusätzliche Markteintritte zurückgehen, was mitunter zu einer Erhöhung der Stückkosten führt. Schließlich ist auch hier zu bedenken, daß die ausländische Regierung vielleicht ihrerseits mit ähnlichen Überlegungen spielt, und daß am Ende beide Regierungen in eine Art Subventionswettlauf einsteigen werden, der mitunter beiden Ländern zum Nachteil gereicht. - 5. Handelspolitik und Einkommensverteilung: a) Es gibt zwei Kanäle für Umverteilungswirkungen von handelspolitischen Maßnahmen. Einerseits entstehen im Fall von tarifären Maßnahmen Steuereinnahmen bzw. Staatsausgaben, deren Verwendung bzw. Finanzierung die verschiedenen Wirtschaftssubjekte mitunter sehr unterschiedlich tangieren kann. Im Falle von nichttarifären Handelshemmnissen (z. B. Importquoten) gilt ähnliches für die Inzidenz von Renten. Über diesen Umverteilungskanal läßt sich nur sehr schwer eine allgemeine Aussage machen. - b) Erläuterung: In der Außenwirtschaftstheorie wird bei Steuereinnahmen bzw. Staatsausgaben sehr oft die Annahme einer pauschalen Rückverteilung bzw. Finanzierung mit Hilfe von Pauschalsteuern getroffen. Dies erfolgt mit dem Ziel, den zweiten Kanal der Umverteilung isoliert betrachten zu können, der mit Preiseffekten zu tun hat. - Auf die eine oder andere Weise bewirken alle handelspolitischen Maßnahmen eine Veränderung der im Inland herrschenden relativen Preise der international gehandelten Güter. Dies muß einzelnen Produktionsfaktoren, die an der Erzeugung der teurer gewordenen Güter beteiligt sind, in Form von Einkommenserhöhungen zugute kommen. Welche dies sind, das hängt allerdings auf ganz entscheidende Weise davon ab, ob alle Produktionsfaktoren auch in anderen Verwendungsrichtungen (Sektoren) einsetzbar sind, und welche Faktoren bei der Erzeugung der teurer gewordenen Güter besonders intensiv verwendet werden. Bei perfekter sektoraler Faktormobilität impliziert das Stolper-Samuelson-Theorem, daß jener Faktor eine Realeinkommenserhöhung erfährt, der im geschützten Sektor vergleichsweise intensiv genutzt wird. Vorausgesetzt, das Heckscher-Ohlin-Theorem ist erfüllt, läßt sich daraus schließen, daß der knappe Faktor durch Protektion gewinnt, während der reichlich vorhandene Faktor dadurch verliert. - All dies setzt voraus, daß der Inlandspreis des Importgutes durch die Einführung des Zolls auch tatsächlich steigt. Das ist trivialerweise der Fall, wenn die Weltmarktpreise durch die Einführung eines Zolles sich nicht verändern. Ein Importzoll eines großen Landes kann aber den Weltmarktpreis des importierten Gutes so stark sinken lassen, daß sogar der zollinklusive Inlandspreis dieses Gutes sinkt (Metzler Paradoxon). In diesem Falle würde der Zoll eine reale Verbesserung des vergleichsweise reichlich vorhandenen Faktors nach sich ziehen, während der knappe Faktor verliert. Die durch das Stolper-Samuelson-Theorem betonten Verteilungswirkungen von handelspolitischen Maßnahmen gelten nur für den Fall intersektoral mobiler Faktoren. Das sog. Ricardo-Viner-Modell betont hingegen, daß installiertes Sachkapital typischerweise sektorgebunden ist, in welchem Falle Handelspolitik andere Verteilungswirkungen hervorruft. Im Zwei-Güter Fall ergibt sich dann folgendes: Steigt der relative Inlandspreis des Importersatzgutes aufgrund der Einführung eines Importzolls, so steigt die Entlohnung des dort installierten Sachkapitals überproportional an, während das zur Erzeugung des Exportgutes verwendete Sachkapital eine Reallohneinbuße hinnehmen muß. Der Lohnsatz für die (annahmegemäß intersektoral mobile) Arbeit steigt in Einheiten des Exportgutes, sinkt hingegen in Einheiten des Importgutes. Hier kann man also im Unterschied zum Stolper-Samuelson-Theorem nicht ohne weiteres sagen, ob der Reallohn zu- oder abnimmt. Wenn die Arbeiter in hohem Maße auch das importierte Gut konsumieren, kann eine Realeinkommensverschlechterung resultieren, im gegenteiligen Fall eine Realeinkommensverbesserung.

 

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