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Kundenzufriedenheit
1. Begriff: Die Festlegung der Kundenzufriedenheit als Grad der Erfüllung der Kundenerwartung ist für den allgemeinen Sprachgebrauch ausreichend. Im konkreten Einzelfall kommt man allerdings nicht umhin, das Konstrukt Kundenzufriedenheit in drei Schritten zu bestimmen: Erstens sind die für die Zufriedenheit relevanten Leistungsinhalte (z. B. Service-, Produkt- und Preisleistung) detailliert, d.h. firmen- und branchenspezifisch festzulegen. Zweitens ist die Bedeutung der verschiedenen Leistungsinhalte für die Kundenzufriedenheit zu messen. Drittens ist die Wahrnehmung, sprich Beurteilung der verschiedenen Leistungskomponenten aus Sicht der Kunden festzuhalten. - 2. Bestimmung der K.: Die Kunst der Bestimmung der Kundenzufriedenheit besteht darin, die Leistungskomponenten zuverlässig zu bestimmen und diese in einem weiteren Schritt in ihrer Gewichtung und Beurteilung so zueinander in Beziehung zu setzen, daß der ermittelte Zufriedenheitsgrad dem tatsächlichen Umfang der Zufriedenheit entspricht. Folgende drei Fälle lassen sich unterscheiden: a) Die Leistungsbeurteilung entspricht der Erwartung: In diesem Balancezustand von Erwartung und Leistung ist von einer stabilen Kundenzufriedenheit auszugehen. Dies kann zumindest als Basis einer dauerhaften Kundenbeziehung angesehen werden. Ein zufriedener Kunde ist jedoch kein Garant für einen loyalen Kunden. Ändern sich nämlich die Zusammensetzung einzelner Leistungskriterien und deren Gewichtung oder die Leistungsbeurteilung konkurrierender Angebote, dann ist trotz momentaner Zufriedenheit ein Wechsel des Kunden wahrscheinlich. - b) Die Leistungsbeurteilung übertrifft die Erwartungen: Zwei Verhaltensweisen spielen sich in der Folge beim Kunden ab: Er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederkaufen und beim Wiederkauf ein adaptiertes, und zwar höheres Anspruchsniveau zugrundelegen. Dies wiederum ist sowohl für Anbieter als auch für Kunden langfristig nicht erwünscht und nicht durchzuhalten. Die Kunden werden in ihren Erwartungen "hochgeschaukelt", und bei den Unternehmen steigen die Kosten. Diese Entwicklungen können nicht zur Zufriedenheit beider Parteien vonstatten gehen. Deshalb ist es sinnvoller, eine Geschäftsbeziehung von Beginn an als eine primär ökonomische Transaktion zu verstehen und auf "enthusiastische" und "hocherfreute" Kunden zu verzichten. - c) Die Leistungsbeurteilung erfüllt die Erwartungen nicht: Entweder ist die Leistungsbeurteilung zu niedrig und/oder die Erwartung des Kunden zu hoch. Zunächst einmal wird der Kunde den Grund der Unzufriedenheit im Leistungsangebot vermuten und nach Verbesserungen suchen. Das heißt, er wird bei nächster Gelegenheit bei einem anderen Anbieter kaufen. Erst ein kritischer Vergleich wird darüber Aufschluß geben, ob anschließende Korrekturen in der Erwartungshaltung oder weitere Wechsel der Anbieter erforderlich sind. Damit ist der Kunde für das anbietende Unternehmen erst einmal verloren - er kauft vorerst nicht wieder. Deshalb ist diese Situation in jedem Fall zu vermeiden. - 3. Gründe für mangelnde K.: Unfreundliches Personal, schlechtes Preis-Leistungsverhältnis, mangelnde Hilfsbereitschaft, schlampige Auftragserfüllung, lange Wartezeiten und undurchsichtige Rechnungen stellen die Hauptgründe für Kundenunzufriedenheit dar. Die Unternehmen versuchen, in ihren Planungen und Strategien Verbesserung zu schaffen. Der Grad und die Verbesserung der Kundenzufriedenheit werden zum Gegenstand von Entlohnungssystemen. Firmen reorganisieren und dezentralisieren und versuchen, dem Kunden näher zu kommen. Dennoch, bewegt sich nichts oder zumindest nur sehr wenig. Unternehmensintern gelten folgende Punkte als ursächlich für Kundenunzufriedenheit: a) Falsches Geschäftsverständnis, wobei die Unternehmen ihr Produkt und nicht das Kundenbedürfnis im Vordergrund sehen. Der Kunde hingegen ist an der Lösung seiner Probleme interessiert. - b) Distanz zum Kunden: In tiefgestaffelten Organisationen mit hoher Arbeitsteilung haben viele Mitarbeiter qua Funktion keinen direkten Kundenkontakt. Je größer die organisatorische Distanz, desto wahrscheinlicher ist kundenfernes Verhalten der entsprechenden Mitarbeiter. - c) Dienen fällt schwer: Kundenzufriedenheit und -orientierung heißt, die eigenen Interessen und Stärken, die innerbetrieblichen Abläufe etc. den Kundenwünschen hintanzustellen. Das fällt den meisten Mitarbeitern sehr schwer. - d) Mangelnde Vorbildfunktion des Managements: Nur wenn das Management Kundennähe vorlebt, Kundenkontakten hohe Priorität einräumt und Zeit für den Kunden hat, wird der entsprechende Geist auf die Mitarbeiter überspringen. - 4. Bedeutung der Kundenzufriedenheit: Hohe Kundenzufriedenheit ist wichtig für den langfristigen Geschäftserfolg, weil nur zufriedene Kunden wiederkaufen, zufriedene Kunden ein Verkaufsinstrument darstellen und weil Kundenzufriedenheit wichtigste Steuerunggröße für nachhaltige Qualitätssteigerungen und in Zukunft mehr und mehr die Entlohnung mitbestimmt. Im einzelnen: Sogenannte "smarte" Kunden, die "vagabundieren" und immer auf ein "Schnäppchen" aus sind, sowie austauschbare Produkte und zunehmender Wettbewerb zwingen die Unternehmen immer stärker, ihre Kunden durch gezielte Maßnahmen langfristig zu binden. Die Mehrzahl der Unternehmen versucht, durch Produkt- und Serviceverbesserungen sowie durch preisliche Anreize die Kundenzufriedenheit zu festigen und auszubauen. Mehr und mehr kommen "intelligente" Kundenbindungskonzepte à la Bonusprogramme, Clubkonzepte, vertikale Integration in die Wertschöpfungskette des Kunden und nichtlineare Preiskonzepte zum Einsatz. Diese Maßnahmen sollen dazu führen, die Austrittbarrieren für einen Kunden zu erhöhen und ihn davon abhalten, bei einem anderen Anbieter zu kaufen. - Formale Maßnahmen und Offerten werden mehr und mehr notwendig, weil zufriedene Kunden nicht notwendigerweise auch loyale Kunden sind. Oftmals sind sie mit mehreren Anbietern zufrieden und entscheiden dann je nach Situation, meistens opportunistisch, wo und was sie kaufen. - Das Potential zufriedener Kunden stellt darüber hinaus ein zusätzliches Verkaufsinstrument und -argument dar. Einen sehr hohen Stellenwert hat beispielsweise der Customer Satisfaction Index von Power in den USA erreicht. Er mißt die Zufriedenheit der US-Autokäufer mit der Produkt- und Serviceleistung der Autohersteller und -händler. Die jährliche Veröffentlichung der Rangliste markiert ein nationales Marketingereignis, bei dem den führenden Unternehmen medienwirksam die Qualität der Produkte und Verkaufs- und Serviceorganisation attestiert wird. Dies hat einen direkt meßbaren Einfluß auf das Verhalten und die Preisbereitschaften der Autokäufer. - Das Maß der Kundenzufriedenheit ist wichtigster Einflußfaktor im Total Quality Management und damit Steuerungsgröße für nachhaltige Qualitätssteigerungen und die Festigung und den Ausbau der Wettbewerbsstärke von Unternehmen. - Den immensen Stellenwert der Kundenzufriedenheit unterstreichen Unternehmen desweiteren damit, daß sie Entlohnungssysteme von Handelspartnern und von Mitarbeitern nach dem Niveau und der Veränderung der Kundenzufriedenheit bemessen. - Trotz des hohen Stellenwertes sollte Kundenzufriedenheit nicht mit Kundenbegeisterung verwechselt werden. Dies ist zum Beispiel bei Aktionen der Fall, in denen von "Customer Enthusiasm", "Customer Delight" oder ähnlichen Superlativen die Rede ist. Der Kunde braucht nicht "enthusiastisch" oder "hocherfreut" zu sein, denn selbst bei einem Produkt von vorzüglicher Qualität wird er sich möglicherweise über den Preis ärgern. Die Gefahr dabei ist, daß die Kosten der Leistungserstellung allzuleicht aus den Augen verloren gehen oder man einen "Overkill" praktiziert, für den kein Kunde bereit ist, zu zahlen. Letztendlich kommt es darauf an, daß der Kunde mit der Abschätzung des Nutzens, den er erhält, und des Preises, den er dafür bezahlen muß, zufrieden ist. - 5. Elemente der K.: Die Bausteine der Kundenzufriedenheit liegen in den einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette. Jede Stufe in dieser Kette kann einen Beitrag zur Kundenzufriedenheit leisten (vgl. Abb.). Untersuchungen zur Kundenzufriedenheit können sowohl die generelle Geschäftsbeziehung, als auch Teilaspekte derselben (z.B. Lieferzuverlässigkeit oder die Qualität der Beratung) umfassen. Je nachdem, welcher Aspekt betont werden soll, sind Zeitpunkt und Ort bzw. der Personenkreis für die Messung auszuwählen. Im Automobilgeschäft wird die Zufriedenheit mit den Leistungen des Handelspartners z. B. in puncto Verkaufsprozess, Auslieferungsqualität und Werkstattservice differenziert betrachtet. Die detaillierten Leistungskriterien, die die Kundenzufriedenheit mit dem Service des Händlers steuern, stellen sich in der Übersicht dar. Sinnvoll scheint der Ansatz, die Kundenzufriedenheit in bezug auf die erhaltene Leistung (das "Was") und die erfahrene Interaktion (das "Wie") zu unterscheiden. Umfangreiche Studien zur Kundenzufriedenheit bestätigen, daß bei den Faktoren, die das "Wie" der Geschäftsbeziehung bestimmen, nach wie vor die größten Leistungsdefizite und Unzufriedenheitspotentiale bestehen. So gelten Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, rasches Reagieren, Übernahme von Verantwortung und unbürokratisches Verhalten als die größten Schwachpunkte in der Kundenbeziehung. Dagegen ist das Leistungsniveau und die Kundenzufriedenheit bei der Produktqualität weitgehend ausgereizt. Demzufolge hat man es bei der Verbesserung der Kundenzufriedenheit vorrangig mit einer Führungsaufgabe des Managements zu tun, die dem Verhalten der Mitarbeiter und deren Einstellungen viel mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. - 6. Messen der K.: Folgende Punkte sind bei der Messsung von Kundenzufriedenheit unbedingt zu beachten: Die Messung der Kundenzufriedenheit sollte systematisch, regelmäßig und differenziert nach Marktsegmenten und Leistungskomponenten erfolgen. Im Falle von Mehr-Personen-Entscheidungen, die beispielsweise im Industriegüterbereich die Regel sind, ist es zwingend erforderlich, Personen aus den unterschiedlichsten Funktionsbereichen (Einkäufer, Entwicklung, Produktion, Logistik etc.) hinsichtlich ihrer Zufriedenheit zu untersuchen. In der Praxis bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten an, Informationen über Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit von Kunden zu gewinnen: Zum einen läßt sich die Zufriedenheit aus dem Verhalten der Kunden ableiten, zum anderen kann man die Kunden über ihre Zufriedenheit befragen. Einen unstrittigen Stellenwert und hohe praktische Verbreitung haben die verschiedensten Methoden einer subjektiven Messung der Zufriedenheit durch Kundenbefragungen. Folgende Empfehlungen lassen sich zusammenfassend formulieren: a) Die Messungen sollen anhand von Zufriedenheitsskalen (5er, 7er etc.) erfolgen. b) Die Abfragen sollen sowohl die Globale Zufriedenheit als auch einen disaggregierten Soll-Ist-Vergleich ermöglichen. c) Die Messungen sollen konkrete Verbesserungspotentiale identifizieren. d) Die Verbesserungspotentiale sind mittels der Kunden-Wert-Analyse im Hinblick auf Preis-/Zahlungsbereitschaften der Kunden zu bewerten. e) Benchmarking-Fragen sind durch Einbeziehung von Wettbewerbsinformationen zu berücksichtigen. Ein empirisch abgesichertes System zur Kundenzufriedenheitsmessung stellt der SKP-CSM-Ansatz (CSM = Customer Satisfaction Measurement) dar (vgl. Abb. Prozeßablauf) Es gibt vier gängige Meßgrößen/-konzepte: a) Der auf einer Skala gemessene Durchschnittswert. Das System des Deutschen Kundenbarometers basiert auf dieser Meßgröße. - b) Der auf einer Skala gemessene Anteil derjenigen, die mit dem Produkt/dem Service zufrieden bzw. sehr zufrieden sind. Hieraus errechnet sich der Zufriedenheitsgrad.- c) Die Zufriedenheitsmatrix (vgl. Abb.), in der die untersuchten Leistungsmerkmale nach ihrer Bedeutung und der relativen Leistung - alles aus Sicht der Kunden gemessen - positioniert werden. Ein konsistentes Leistungsangebot ist erreicht, wenn auf wichtigen Leistungsmerkmalen eine überdurchschnittliche Leistung besser als jeder Wettbewerber geboten wird. Im anderen Fall ist bei relativ unwichtigen Leistungsmerkmalen auf eine besonders gute Leistung zu verzichten.- d) Der Zufriedenheitsindex, der die Kundenzufriedenheit als gewichtetes Mittel von Wichtigkeit und Beurteilung der Leistungsmerkmale berechnet. Der Power-Index und der Amerikanische Customer Satisfaction Index sowie die Kennziffern im SKP-CSM-System werden z. B. so berechnet. Der Zufriedenheitsindex wird zur Ziel-, Steuerungs- und Kontrollgröße. Bei Veränderungen des Indexes über die Zeit kann über eine Zurückverfolgung der verdichteten Zahlen analysiert werden, welche Produkt- und Dienstleistungskomponenten hierfür verantwortlich sind.
Literatur: Simon, H./Homburg, Ch. (Hrsg.), Kundenzufriedenheit, Wiesbaden 1995; Homburg, Ch., Kundennähe von Industriegüterunternehmen, Konzeption, Erfolgsauswirkungen, Determinanten, Wiesbaden 1995.
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