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Verwaltungsgerichtsbarkeit
I. Allgemein: Zweig der Gerichtsbarkeit; bundeseinheitlich geregelt durch die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. d. F. vom 19. 3. 1991 (BGBl I 680) m. spät. Änd. Ergänzend sind GVG und ZPO anzuwenden.
II. Gerichtsverfassung (§§ 1-12 VwGO): Unabhängige, von den Verwaltungsbehörden getrennte Gerichte. In den Ländern werden Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (auch Verwaltungsgerichtshöfe genannt) errichtet, als oberster Gerichtshof des Bundes das Bundesverwaltungsgericht in Berlin. - Vertreter des öffentlichen Interesses sind am Verfahren beteiligt.
III. Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO): In allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit sie nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden. Für Aufopferungsansprüche und vermögensrechtliche Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Ansprüche auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. - Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit entscheiden über die Zulässigkeit des zu ihnen beschrittenen Rechtsweges und verweisen bei Unzuständigkeit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs (§ 17 a GVG).
IVerwaltungsgerichtsbarkeit Verfahren: 1. Klagearten: a) Anfechtungsklage, gerichtet auf die Aufhebung eines Verwaltungsaktes; b) Verpflichtungsklage, gerichtet auf den Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes; c) Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, für das der Verwaltungsrechtsweg zulässig ist, oder auf Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes; d) Normenkontrollverfahren über die Gültigkeit von Rechtsverordnungen und Satzungen nach § 47 VwGO; e) darüber hinaus kann schon vor Klageerhebung der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gestellt werden. - 2. Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO): a) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Das Vorverfahren ist entbehrlich, wenn (1) es gesetzlich bestimmt ist, (2) der Verwaltungsakt von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde erlassen ist oder (3) ein Dritter durch einen Widerspruchsbescheid erstmals beschwert wird. - b) Entsprechendes gilt für die Verpflichtungsklage bei Ablehnung eines beantragten Verwaltungsaktes. - c) Das Vorverfahren wird durch den Widerspruch eingeleitet, der binnen eines Monats nach Erlaß des Verwaltungsaktes schriftlich bei der erlassenden Behörde einzulegen ist. Entweder hilft die Behörde dem Widerspruch ab oder es ergeht ein Widerspruchsbescheid. - 3. Gerichtliches Verfahren: a) Die Anfechtungsklage muß binnen eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Ist über einen Widerspruch oder einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden, kann die Klage auch ohne Widerspruchsbescheid erhoben werden, und zwar frühestens nach drei Monaten und nicht mehr nach Ablauf eines Jahres seit Einlegung des Widerspruchs oder des Antrags auf Vornahme des Verwaltungsaktes (§§ 74-75 VwGO). b) Die Klage ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Sie muß den Kläger, den Beklagten und den Streitgegenstand bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden (§§ 81 ff. VwGO). c) Beteiligt am Verfahren sind Kläger, Beklagter, Beigeladener und der Vertreter des öffentlichen Interesses. d) Beklagter ist der Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten VA unterlassen hat; die Angabe der Behörde genügt als Bezeichnung des Beklagten. Das Landesrecht kann bestimmen, daß eine Behörde Beklagte ist (§ 78 VwGO). e) Gegenstand der Anfechtungsklage ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Form des Widerspruchsbescheides. f) Die Klage hat aufschiebende Wirkung (§ 80 VwGO). Ausnahmen: (1) Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten; (2) unaufschiebbare Polizeimaßnahmen; (3) in anderen bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen; (4) besondere Anordnung der Vollziehung im öffentlichen Interesse. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung anordnen, auch schon vor der Klageerhebung. g) Vor dem Bundesverwaltungsgericht muß sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule vertreten lassen (Anwaltszwang). Vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht kann mit schriftlicher Vollmacht jede Person als Bevollmächtigter auftreten, die zum sachgemäßen Vortrag fähig ist (§ 67 VwGO). h) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Über das Klagebegehren kann es nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. i) Entscheidung durch Urteil, u. U. Beschluß oder Gerichtsbescheid. - 4. Zuständigkeit: a) Sachliche Zuständigkeit: Im ersten Rechtszug entscheidet das Verwaltungsgericht über alle Rechtsstreitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht. Ausnahmsweise ist im ersten Rechtszug das Oberverwaltungsgericht (§§ 47, 48 VwGO) oder das Bundesverwaltungsgericht (§ 50 VwGO) zuständig. b) Örtliche Zuständigkeit (§ 52 VwGO): Grundsätzlich ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Erstreckt sich die Zuständigkeit der Behörde auf den Bezirk mehrerer Verwaltungsgerichte, dann ist dasjenige zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Ausnahmen: (1) bei unbeweglichen Vermögen oder ortsgebundenen Rechten das Gericht, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt; (2) bei Verwaltungsakten einer Bundesbehörde, bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung das Gericht, in dessen Bezirk die Behörde etc. ihren Sitz hat; (3) bei Beamten, Soldaten etc. das Verwaltungsgericht des dienstlichen Wohnsitzes; (4) ersatzweise stets das für den Wohnsitz (Sitz) des Beklagten zuständige Verwaltungsgericht. - 5. Rechtsmittel (§§ 124 ff. VwGO): a) Gegen Urteile der Verwaltungsgerichte Berufung oder, wo sie ausgeschlossen ist, Revision, gegen Beschlüsse Beschwerde, jeweils an das Oberverwaltungsgericht; u. U. Sprungrevision an das Bundesverwaltungsgericht. b) Gegen Urteile des Oberverwaltungsgerichts Revision, gegen einige Arten von Beschlüssen Beschwerde, jeweils an das Bundesverwaltungsgericht. c) Wiederaufnahme des Verfahrens möglich. - 6. Kosten: Der unterliegende Teil trägt die Kosten, bei teilweisem Unterliegen und Obsiegen Kostenteilung (§§ 154 ff. VwGO). - 7. Vollstreckung: Die Vollstreckung der verwaltungsgerichtlichen Urteile richtet sich grundsätzlich nach der ZPO; Vollstreckungsgericht ist das Verwaltungsgericht des ersten Rechtszuges (§ 167 VwGO). Die Vollstreckung zugunsten des Bundes, eines Landes etc. richtet sich nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (§ 169 VwGO). Die Vollstreckung gegen den Bund etc. wegen einer Geldforderung verfügt auf Antrag des Gläubigers das Verwaltungsgericht (§ 170 VwGO). Es bestimmt die vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen und ersucht die zuständigen Stellen um die Vornahme. In Sachen, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht, ist die Vollstreckung unzulässig.
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