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Kapitalanlagegesellschaft

Kapitalverwaltungsgesellschaft, Investmentgesellschaft, investment trust.
I. Allgemein: 1. Begriff: Wirtschaftsorganisation, die dem Investment-Sparen dient und bei der das Prinzip der Risikomischung im Vordergrund steht. - 2. Strukturprinzipien: a) Körperschaftliches Prinzip (in Frankreich): AG, die sowohl Verwaltungs- als auch Verwahrungsgesellschaft ist. Als wichtigstes Aktivum erscheint bei ihr ein Effektenportefeuille. Wirtschaftlich gesehen ist der Aktionär der Société Nationale d'Investissement durch seinen Aktienbesitz Miteigentümer an diesem Portefeuille. b) Fondsprinzip (Schweiz und Bundesrep. D.): Es besteht (1) eine Gesellschaft als ausschließliches Verwaltungsorgan, (2) ein Fonds (Investmentfonds) als Organ zur Zusammenfassung der Eigentumsrechte, (3) ein Kreditinstitut als Organ der Verwahrung; (1) und (2) können vereint werden. - 3. Formen: (1) fixed trust; (2) management trust.
II. Kapitalanlagegesellschaft in der Bundesrep. D.: 1. Rechtsgrundlage: Gesetz über die Kapitalanlagegesellschaft (Investmentgesetz) i. d. F. vom 14. 1. 1970 (BGBl I 127) mit späteren Änderungen. Vgl. ergänzend Auslands-Investmentgesetz. - 2. Begriff: Kapitalanlagegesellschaft sind Unternehmen, deren Geschäftsbereich darauf gerichtet ist, bei ihnen eingelegtes Geld im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Einleger (Anteilinhaber) nach dem Grundsatz der Risikomischung in Form von Wertpapier-, Beteiligungs- oder Grundstücks-Sondervermögen gesondert vom eigenen Vermögen anzulegen und über die hieraus sich ergebenden Rechte der Einleger Urkunden (Anteilscheine) auszustellen (§ 1 KAGG). - 3. Rechtsform: Die Kapitalanlagegesellschaft darf nur in der Rechtsform der AG oder GmbH betrieben werden und muß über ein Mindestnennkapital von 5 Mio. DM verfügen. Sie unterliegt als Kreditinstitut einer weitgehenden Überwachung durch die Bankenaufsicht. - 4. Sondervermögen: Die Gesellschaft muß das bei ihr gegen die Ausgabe von Anteilscheinen eingelegte Geld, die damit angeschafften Wertpapiere und Bezugsrechte und alle Ansprüche, die daraus entstehen, z. B. Ansprüche auf Dividende, auf Verkaufserlös veräußerter Papiere, einem oder mehreren Sondervermögen zuführen, die von dem eigenen Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft getrennt zu halten sind. Mit der Verwahrung des Sondervermögens hat die Kapitalanlagegesellschaft ein anderes Kreditinstitut, die Depotbank, zu beauftragen. Diese muß die zum Sondervermögen gehörenden Wertpapiere in ein gesperrtes Depot nehmen und die dazugehörigen Geldbeträge auf einem gesperrten Konto verbuchen. Das Sondervermögen kann nach Maßgabe der Vertragsbedingungen den Anteilinhabern als Miteigentum nach Bruchteilen oder im Eigentum der Kapitalanlagegesellschaft zustehen. Es haftet nicht für die Schulden der Kapitalanlagegesellschaft und fällt auch nicht in deren Konkursmasse. - 5. Wertpapier-Sondervermögen darf nach Maßgabe des § 8 KAGG nur bestehen aus Wertpapieren, Schuldscheindarlehen, Schuldverschreibungen, Wertpapier-Optionsrechten, Devisen und Finanzterminkontrakten. Die gesetzlich vorgesehene Risikomischung für Wertpapier-Sondervermögen ist in § 8 a KAGG geregelt. - 6. Grundstückssondervermögen: Die Gesellschaft darf nur Miet-, Geschäfts- und gemischtgenutzte Grundstücke im Zustand der Bebauung oder (in Höhe von 20% des Sondervermögens) Grundstücke, mit deren Bebauung in angemessener Zeit zu rechnen ist, erwerben. Unbebaute Grundstücke dürfen nur 20% des Sondervermögens betragen. Das gleiche gilt für Erbbaurechte. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen auch andere Grundstücke, Erbbaurechte, Wohnungs- und Teileigentum erworben werden. Das Grundstücks-Sondervermögen muß aus mindestens zehn Grundstücken bestehen, von denen keines den Wert von 15% des Wertes des Sondervermögens übersteigen darf. Die laufende Überwachung ist einem anderen Kreditinstitut (Depotbank) zu übertragen. Sie darf nur mit Zustimmung der Depotbank über die Gegenstände verfügen. Die Verfügungsbeschränkung ist in das Grundbuch einzutragen. Erträge dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn die künftige Instandsetzung der Gegenstände des Sondervermögens sichergestellt ist. - 7. Bei den Beteiligungs-Sondervermögen handelt es sich um Fonds, bei denen die Kapitalanlagegesellschaft das eingelegte Geld in Wertpapieren und Beteiligungen als stiller Gesellschafter an Unternehmen, die keinen Zugang zum organisierten Kapitalmarkt besitzen, anlegt (§ 25 a KAGG). Bezüglich der Risikomischung ist vorgeschrieben, daß der Wert einer stillen Beteiligung nicht mehr als 5% des Wertes des Sondervermögens betragen darf. Der Wert aller stillen Beteiligungen darf 30% des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigen (§ 25 b KAGG). - 8. Verwaltung: Die Verwaltung des Sondervermögens ist Sache der Kapitalanlagegesellschaft Sie hat unter weitgehender Kontrolle der Depotbank das Sondervermögen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns für gemeinschaftliche Rechnung der Anteilinhaber zu verwalten und deren Interessen zu wahren. Die Stimmrechte hat die Kapitalanlagegesellschaft grundsätzlich selbst auszuüben, und zwar so, wie es die Interessen der Anteilinhaber gebieten. - 9. Anteilinhaber: Die Anteilinhaber können durch Rechtsgeschäfte der Kapitalanlagegesellschaft persönlich nicht verpflichtet werden. Sie haften selbst nicht für die Ansprüche der Kapitalanlagegesellschaft aus den für gemeinschaftliche Rechnung der Anteilinhaber getätigten Geschäften. Nach Maßgaben der Vertragsbedingungen kann der Anteilinhaber gegen Rückgabe des Anteilscheins verlangen, daß ihm sein Anteil am Sondervermögen ausbezahlt wird. Die Aufhebung der an dem Sondervermögen bestehenden Miteigentumsgemeinschaft kann weder der Anteilinhaber noch z. B. sein Pfandgläubiger oder Konkursverwalter begehren. - 10. Anteilscheine verbriefen die Ansprüche der Anteilinhaber gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft und sind Wertpapiere. Die Anteilscheine können als Inhaberpapiere ausgegeben werden oder auf den Namen des Anteilinhabers lauten, sie sind dann entweder durch bloße Übergabe oder durch Indossament übertragbar. Mit der Übertragung des Anteilscheins geht auch der Anteil des Veräußerers an den zum Sondervermögen gehörerenden Gegenständen automatisch auf den Erwerber über (Traditionspapier). Der erstmalige Ausgabepreis eines Anteilscheins muß dem Wert des Anteiles am Sondervermögen entsprechen, der aufgrund der jeweiligen Kurswerte zu ermitteln ist. Auch ist ein Rücknahmepreis festzulegen. - 11. Besteuerung: a) Das Sondervermögen ist als Zweckvermögen im Sinne des KStG zu behandeln. Durch diese Fiktion wird das Sondervermögen steuerlich zu einem eigenen Rechtssubjekt. Dieses Zweckvermögen ist von der Körperschaftsteuer (Absch. 22 a KStR 1995) und der Gewerbesteuer befreit. Die von den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen des Sondervermögens einbehaltene Kapitalertragsteuer (§ 43 EStG) wird erstattet. - b) Einkommensteuer: Ausschüttungen auf Anteilscheine sowie die von dem Sondervermögen vereinnahmten nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendeten Zinsen und Dividenden sind Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 I Nr. 1 EStG, es sei denn, daß die Anteilscheine zu einem Betriebsvermögen gehören. In diesem Falle zählen sie zu der jeweils in Frage kommenden Einkunftsart. Die nicht ausgeschütteten Zinsen und Dividenden gelten mit dem Ablauf des Geschäftsjahres als zugeflossen (§ 21 InvestmentG). - c) Bewertungsgesetz: Für die Substanzsteuern werden die Anteilscheine mit dem Rücknahmepreis bewertet.

 

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