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Strukturfonds der EU
1. Vier Strukturfonds: Das Gemeinschaftsrecht beinhaltet spezielle, aus dem Budget der Europäischen Kommission gespeiste sog. Strukturfonds: den ESF (Europäischer Sozialfonds), den EFRE (Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung) sowie die Abteilung "Ausrichtung" des EAGFL (Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft). Diese drei Fonds bildeten bis 1993 die Hauptinstrumente der Strukturpolitik der Europäischen Gemeinschaften (EG). Seit 1994 ist in Form des durch den Vertrag über die Europäische Union (EU) errichteten Kohäsionsfonds ein vierter Strukturfonds hinzugekommen. Zum strukturpolitischen Instrumentarium im weiteren Sinne gehören auch die EIB (Europäische Investitionsbank) sowie die Darlehensgewährung im Rahmen der EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) und von Euratom (Europäische Atomgemeinschaft, EAG). - 2. Aufgaben und Zielsetzungen: Zu den zentralen Zielsetzungen der EU (Art. 2 und 3 EG-Vertrag) gehört u. a. die Absicht, eine nachhaltige Verringerung des innergemeinschaftlichen Gefälles bzgl. der regionalen wirtschaftlichen und sozialpolitischen Leistungskraft (insbes. zwischen den zentralen und den periphären Regionen) zu bewirken.- Die Strukturfonds gewähren gemeinschaftliche Finanzierungshilfen zur Verbesserung der Standortbedingungen und der Erwerbsmöglichkeiten in den zurückgebliebenen Gemeinschaftsregionen, um dadurch den inneren Zusammenhalt der Gemeinschaft (Kohäsion) zu stärken. - Seit der am 1. 8. 1989 rechtskräftig gewordenen Reform der Strukturfonds ist deren Förderungstätigkeit auf wenige prioritäre Anliegen konzentriert (sog. Ziele 1-5); als Folge der Erweiterung der Union um Schweden und Finnland ist ein sog. Ziel 6 neu hinzugekommen. Bei den vorrangigen Förderzielen handelt es sich um: (1) die Förderung von Regionen mit erheblichem Entwicklungsrückstand (Ziel 1); Kriterium ist ein Wert des Brutto-Inlandsprodukts je Einwohner von nicht mehr als 75% des EU-Durchschnitts; (2) die Förderung von Regionen, die von rückläufiger industrieller Entwicklung schwer betroffen sind (Ziel 2); in der Praxis betrifft dieses Ziel primär Regionen mit einem hohen Anteil der Stahl-, Kohle-, Schiffbau- und/oder Textilindustrie; (3) die Verringerung der Langzeitarbeitslosigkeit (Ziel 3); (4) die Eingliederung von Personen unter 25 Jahren ins Erwerbsleben (Ziel 4); (5) die Modernisierung landwirtschaftlicher Produktionsstrukturen (Ziel 5a); (6) die Entwicklung der Infrastruktur des ländlichen Raums (Ziel 5b) und (7) (seit dem 1. 1. 1995) die Förderung subarktischer Zonen mit weniger als acht Einwohnern pro qkm (Ziel 6). - 3. Voraussetzungen: Für jede Art von Beteiligung der Gemeinschaft an einem Strukturprojekt gilt das Prinzip der Subsidiarität: Nur solche Vorhaben können mit Fondsmitteln unterstützt werden, die dem sog. Gemeinschaftlichen Förderungskonzept (GFK) entsprechen. Das GFK wird von der Europäischen Kommission im Zusammenwirken mit den mitgliedstaatlichen Behörden auf der Basis nationaler bzw. regionaler Entwicklungspläne definiert. Die Operationen der Strukturfonds erfolgen im übrigen stets nur als Ergänzung zu nationalen, regionalen oder lokalen Maßnahmen, und zwar nur dann, wenn die Finanzierungsmittel aus anderen Quellen zur Realisierung des Projekts nicht ausreichen. Bei der Unterstützung von Maßnahmen in wirtschaftsschwachen Gebieten können sich die Aktivitäten der verschiedenen Strukturfonds im Sinne eines kombinierten Einsatzes der Mittel überschneiden (Art. 130 d EG-Vertrag). Der Höhe der Zuschüsse aus Gemeinschaftsmitteln liegt eine nach einheitlichen statistischen Merkmalen vorgenommene Einteilung der EG in "Regionen" zugrunde. - 4. Finanzvolumen und Ausblick: a) Finanzvolumen: Um die Anpassung der wirtschaftsschwachen Mitgliedstaaten an die Erfordernisse des am 1. 1. 1993 beginnenden Einheitlichen Binnenmarktes zu erleichtern, ist durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA) die Mittelausstattung der drei herkömmlichen Strukturfonds erheblich aufgestockt worden. Im Rahmen des EU-Haushalts 1995 wurden für strukturpolitische Maßnahmen ca. 23,5 Mrd. ECU (rund 44,4 Mrd. DM bzw. 31,3% des Haushaltsvolumens) bereitgestellt. Gemäß der finanziellen Vorausschau der Europäischen Kommission dürften im Haushaltsjahr 1999 bereits rund 34,5% der verfügbaren Mittel für strukturpolitische Aktionen aufgewendet werden. - b) Ausblick: Weil bei Fortbestehen der gegenwärtigen Strukturfondsmodalitäten eine Mitgliedschaft der beitrittswilligen Reformstaaten in Ost-Mittel- und Südost-Europa einen Mittelbedarf zur Folge hätte, der jenseits aller realistischen Refinanzierungsmöglichkeiten liegt, ist vor deren Aufnahme eine erneute Reform der Strukturfonds erforderlich. - Vgl. auch sektorale Strukturpolitik, regionale Strukturpolitik, EU.
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