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Streik
1. Begriff: Kampfmaßnahme der Arbeitnehmerseite im Arbeitskampf; gemeinsame und planmäßige Arbeitsniederlegung durch eine größere Anzahl von Arbeitnehmern mit dem Ziel, einen bestimmten Kampfzweck zu erreichen und nach Erreichung des Kampfzweckes die Arbeit wieder aufzunehmen. Wie viele Arbeitnehmer die Arbeit niederlegen müssen, damit von einem Streik gesprochen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. - 2. Rechtmäßigkeit: a) Das Grundgesetz garantiert verfassungsrechtlich den Streik als Arbeitskampfmittel (Art. 9 III GG). Ohne das Druckmittel des Streik könnte die Freiheit der Tarifpartner zum Abschluß von Tarifverträgen (Tarifautonomie) nicht wirksam werden. - b) Es ist jedoch nicht jeder Streik rechtmäßig; insoweit besteht keine gesetzliche Regelung. Nach den durch Rechtslehre und -sprechung entwickelten Grundsätzen wird ein Streik von der überwiegenden Meinung nur unter folgenden Voraussetzungen als rechtmäßiger Streik anerkannt: (1) Der Streik muß von einer Gewerkschaft geführt werden, d. h. die Gewerkschaft muß den Streik entweder ausrufen oder einen bereits begonnenen Streik genehmigen und fortführen. Jeder St., der nicht von einer Gewerkschaft geführt wird, sondern von einer Gruppe von Arbeitnehmern (wilder St.) ist rechtswidrig. (2) Der Streik muß sich gegen einen Tarifpartner (Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband) richten. Streik mit dem Ziel, politische Organe (z. B. den Bundestag) zu bestimmten Maßnahmen zu zwingen (politischer St.) und Streik zur Unterstützung des Arbeitskampfes anderer Arbeitnehmer in einem anderen Tarifbereich (Sympathie-St.; BAG 5. 3. 1985-1 AZR 468/83), sind unzulässig. (3) Mit dem Streik muß die kollektive Regelung von Arbeitsbedingungen, bzw. ein tariflich regelbares und zulässiges Ziel erstrebt werden, z. B. die tarifliche Regelung von Löhnen und Urlaub. Daher sind Demonstrationsstreiks während der Arbeitszeit, mit denen auf soziale Mißstände hingewiesen werden soll, unzulässig (BAG 23. 10. 1984 - 1 AZR 126/81). (4) Der Streik darf nicht gegen Grundregeln des kollektiven Arbeitsrechts, insbes. gegen die Einhaltung der tariflichen Friedenspflicht (Tarifvertrag) verstoßen. (5) Der Streik darf nicht gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und der fairen Kampfführung verstoßen, zu dem insbes. das Unterbleiben von Gewaltandrohungen und -anwendungen gehört. Aus dem Prinzip der fairen Kampfführung folgt auch die Pflicht der den Streik durchführenden Gewerkschaft, einen Notdienst (Erhaltungsarbeiten, Notstandsarbeiten) einzurichten, wenn dieser erforderlich ist, um einen unverhältnismäßig hohen Schaden von dem Arbeitgeber abzuwenden oder um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. (6) Die Gewerkschaft muß alle Möglichkeiten der friedlichen Einigung ausgeschöpft haben (Friedenspflicht); der Streik muß das letzte mögliche Mittel, die ultima ratio, zur Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen sein. Vor Ausschöpfung aller Verhandlungsmöglichkeiten sind daher auch kurze Warnstreiks zur Unterstützung von Tarifvertragsverhandlungen unzulässig (BAG 21. 6. 1988 - 1 AZR 651/86). - Streik von Beamten (Beamtenstreik) laufen der Treuepflicht der Beamten zuwider und sind, soweit sie gegen das Beamtenrecht verstoßen, rechtswidrig. - 3. Statistische Erfassung: Angaben über vom Streik betroffene Betriebe, beteiligte Arbeitnehmer, Gesamtdauer der Streik und verlorene Arbeitstage nach Wirtschaftsgruppen werden vierteljährlich von der Bundesanstalt für Arbeit veröffentlicht. - 4. Rechtsfolgen: a) Der rechtmäßige Streik führt nicht zur Auflösung der Arbeitsverhältnisse der Streikenden; er führt lediglich zur Suspendierung der beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Dementsprechend ist ein rechtmäßiger Streik kein Grund für eine fristlose Kündigung. Der Arbeitgeber hat das Recht zur Aussperrung. Die Arbeitnehmer sind für die Dauer des Streik nicht verpflichtet zu arbeiten; sie haben für diese Zeit keinen Anspruch auf Arbeitslohn, bezahlten Urlaub oder Arbeitslosengeld (Arbeitskampf). - b) Ein Arbeitnehmer, der sich an einem rechtswidrigen Streik beteiligt, begeht einen Arbeitsvertragsbruch. Der Arbeitgeber kann einen Arbeitnehmer aus diesem Grund jedoch nur dann fristlos entlassen (außerordentliche Kündigung), wenn der Arbeitnehmer schuldhaft gehandelt hat, d. h. wenn ihm die Umstände bekannt waren, aus denen die Rechtswidrigkeit des Streik folgte.
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