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Preismanagement

I. Der Preis als Marketinginstrument: Unter dem Preis eines Produktes oder einer Dienstleistung versteht man die Zahl der Geldeinheiten, die ein Käufer für eine Mengeneinheit des Gutes entrichten muß. Aufgabe des Preismanagement ist es, den gem. der Zielsetzung des Unternehmens optimalen Preis bzw. die optimale Preisstrategie zu bestimmen und durchzusetzen. - Der Preis entscheidet zum einen, ob ein Kunde ein Produkt überhaupt kauft. Er wird dies nur tun, wenn der Nettonutzen - d. h. die Differenz aus Nutzen und Preis - positiv ist. Zum zweiten bestimmt der Preis mit, welches unter konkurrierenden Angeboten der Kunde wählt. Er zieht das Produkt vor, das ihm den größten Nettonutzen bietet. Der Preis ist somit neben dem Produkt selbst ein wichtiges Marketinginstrument (oder marketingpolitisches Instrument) und eine Wettbewerbswaffe von herausragender Bedeutung. - Die Bedeutung des Preises als Marketinginstrument hat aufgrund zunehmender Marktsättigung, einer Angleichung der Qualitäten, besserer Markttransparenz und verstärkter Internationalisierung in den letzten Jahren stark zugenommmen. Die Preiselastizität (Preiselastizität der Nachfrage) ist im Absolutbetrag um ein Vielfaches höher als die Werbeelastizität, Preiswirkungen setzen sehr schnell ein und Preisaktionen sind ohne langwierige Vorbereitungen durchführbar. Das verdeutlicht die Wirksamkeit, aber auch die Gefährlichkeit dieses Instrumentes. Eine einzige falsche Preisaktion kann Gleichgewicht und Preisstrukturen eines Marktes auf lange Sicht zerstören. Der Preis sollte niemals isoliert, sondern immer im Zusammenhang mit den anderen Instrumenten des Marketing-Mix gesehen werden. Letztlich ist der durchsetzbare Preis ein Reflektor des wahrgenommenen relativen Kundennutzens, d. h. der Produktleistung, der Kommunikation, der Position im Distributionskanal etc. Die Möglichkeiten eines Anbieters, aktive Preispolitik zu betreiben, sind tendenziell um so größer, je heterogener seine Produkte und je größer der gestiftete Kundennutzen im Vergleich zu Konkurrenzangeboten sind.
II. Kurzfristig orientierte Preisoptimierung: Bei der kurzfristig-orientierten Preisoptimierung wird nur eine Periode betrachtet (z. B. ein Monat, Jahr). Diese Entscheidungssituation trifft am ehesten auf reife Märkte mit stabilen Marktverhältnissen zu. Der Systemzusammenhang bei der Preisoptimierung ist in der nachstehenden Abbildung wiedergegeben. Die gestrichelten Pfeile symbolisieren Definitions-, die durchgezogenen Pfeile hingegen Verhaltensbeziehungen. Unter Beachtung dieser Relationen ist der Preis so festzusetzen, daß der Gewinn maximiert wird (Annahme: Zielfunktion Gewinnmaximierung). - Die Abbildung macht deutlich, daß eine rationale Preisentscheidung die Kenntnis der Preisabsatzfunktion, d. h. der Reaktion der Nachfrager auf unterschiedliche Preise voraussetzt. Die Ermittlung der Preisabsatzfunktion bildet das schwierigste Teilproblem der Preisentscheidung. Grundsätzlich kann diese Beziehung auf vier Arten gemessen werden: (1) durch Befragung von Kunden, (2) durch Befragung von Experten, (3) durch Experimente und (4) durch Marktbeobachtung. Im Rahmen von Kundenbefragungen hat sich in den letzten Jahren das Conjoint Measurement als beste und zuverlässigste Methode zur Bestimmung der Preisabsatzfunktion erwiesen. Die Darstellung der Preis-Absatz-Beziehung und die Umsetzung in Deckungsbeiträge bzw. Gewinne können in graphischer, tabellarischer oder mathematisch-funktionaler Form erfolgen. Die in der Praxis weitverbreitete Kosten-plus-Preisbildung vernachlässigt - zumindest explizit - die Preisabsatzbeziehung und führt deshalb nur in Ausnahmefällen zu optimalen Ergebnissen. - Die Komplexität der Preisentscheidung steigt erheblich an, wenn die Konkurrenz auf die eigene Preispolitik reagiert (Oligopol). In diesem Fall ist neben der Preisabsatzfunktion auch die Reaktion der Konkurrenten in die Entscheidung einzubeziehen (Reaktionsfunktion).
III. Strategisches Preismanagement: Wir sprechen von strategischem P., wenn bei der Preisentscheidung mehrere Perioden simultan berücksichtigt werden und somit quasi eine "Preisstrategie" festgelegt wird. Eine derartige Mehrperioden-Preisbildung wird notwendig, falls der Preis in der aktuellen Periode die Gewinnsituation in späteren Perioden beeinflußt. An die Stelle der Gewinnmaximierung tritt als Zielfunktion die Kapitalwertmaximierung. Intertemporale Zusammenhänge können sowohl auf der Absatz- als auch der Kostenseite zustande kommen. Absatzseitig sind Carryover-Effekte (die in der aktuellen Periode angezogenen Nachfrager kaufen in Zukunft wieder oder machen Mundwerbung) und Preisänderungswirkungen (die Nachfrager orientieren ihr Verhalten am früheren Preis) von besonderer Bedeutung. So liegt der strategisch-optimale Preis bei ausgeprägten Carryover-Effekten unter dem kurzfristig-optimalen Preis. Kostenseitig bildet die Erfahrungskurve (die Stückkosten sinken mit der anhand der kumulierten Produktionsmenge gemessenen "Erfahrung" eines Unternehmens) die wichtigste Determinante des strategischen P., die ebenfalls zu einer Senkung des strategisch-optimalen Preises führt. - Besonderes Gewicht gewinnt eine langfristig strategische Orientierung bei der Preisbildung für neue Produkte. In dieser Situation kommen als idealtypische Optionen Skimming- und Penetration-Strategie in Frage. Die Skimming-Strategie, bei der das neue Produkt zu einem vergleichsweise hohen Preis eingeführt wird, empfiehlt sich insbes. bei Produkten mit hohem Neuheitsgrad, niedriger Preiselastizität sowie wenig ausgeprägter Erfahrungskurve. Die Bedingungen, unter denen eine Penetration-Strategie angeraten erscheint, sind weitgehend reziprok. Sie empfiehlt sich auch, wenn es um die schnelle Durchsetzung von sogenannten Industriestandards geht (z. B. bei Software). Der niedrige "Penetration-Preis" führt schnell zu einem hohen Absatz/Marktanteil und erhöht damit die Chancen, daß sich das Produkt gegenüber dem Wettbewerb als Industriestandard durchsetzt. Im Kern geht es bei der Entscheidung zwischen den beiden Strategiealternativen um die Abwägung zwischen (relativ sicheren) kurzfristigen Erträgen und (relativ unsicheren) langfristigen Ertragschancen. Die Skimming-Strategie betont stärker den kurzfristigen Aspekt, während die Penetration-Strategie ihre Rechtfertigung eher aus der langfristigen Orientierung bezieht und insoweit eine weit vorausschauende Planung und u. U. eine höhere Risikopräferenz voraussetzt. - Die Preisstrategie in den späteren Lebenszyklusphasen (Lebenszyklus) hängt im wesentlichen von der Entwicklung der Preiselastizität ab, zu der bisher nur unsichere Befunde vorliegen.
IV. Preisdifferenzierung: Für die Ausschöpfung von Gewinnpotentialen spielt die Differenzierung der Preise gem. der jeweiligen Zahlungsbereitschaft eine herausragende Rolle. (Im einzelnen vgl. Preisdifferenzierung.) Eine wichtige Voraussetzung ist die Marktsegmentierung, d. h. die Identifikation von Kundensegmenten mit unterschiedlich hohen Preisbereitschaften bzw. Preiselastizitäten, die dann durch differenzierte Angebote und Preise angesprochen werden. Anwendungsbeispiele sind die regionale Preisdifferenzierung (z. B. Mietwagen, Hotel, andere Dienstleistungen), zeitliche Preisdifferenzierung (z. B. nach Tageszeit (Guten-Abend-Ticket der DB, Peak-Preise im Mobilfunk), nach Saison (Flugtarife, Tourismus ) und die persönliche Preisdifferenzierung (Preise für Senioren, Studenten, Clubmitglieder)). Besondere Beachtung gewinnt heute die nichtlineare Preisbildung, bei der der Preis pro Einheit mit der Abnahmemenge variiert. Umsetzungsformen sind neben Mengenrabatten zweiteilige Tarife, Blocktarif und Preispunkte. Mit Hilfe derartiger Verfahren gelingt es, den Preis dem Grenznutzen der jeweiligen Produkteinheit anzunähern. In ähnlicher Weise werden bei der Preisbündelung mehrere Produkte zusammen (z. B. Hard- und Software) zusammen zu einem Preis verkauft. Dabei können im Vergleich zum Einzelverkauf erhebliche Gewinnsteigerungen erzielt werden. Entscheidende Erfolgsvoraussetzung für die Preisdifferenzierung ist die Vermeidung einer ungewollten Arbitrage zwischen den Segmenten (interne Kannibalisierung). Da diese Voraussetzung am ehesten im Dienstleistungsbereich gegeben ist, findet man hier auch die mit Abstand meisten Anwendungen.


Literatur: Dolan, R. J./Simon, H., Power Pricing, New York 1997; Simon, H., Preismanagement - Analyse, Strategie, Umsetzung, Wiesbaden 1992; Simon, H., Preismanagement kompakt, Wiesbaden 1995.

 

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