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Arbeitnehmererfindung
Patent- und Gebrauchsmustergesetz gehen vom Erfindergrundsatz aus, demzufolge das Recht an der Erfindung mit deren Fertigstellung in der Person des Erfinders entsteht (§ 6 PatG, § 13 III GebrMG). Trifft er keine Verfügung über sein Recht, ist er zur Anmeldung berechtigt. Eine Ausnahme davon macht das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ANEG) vom 25.7.1957 (BGBl I 756) m. spät. Änd. Es trägt dem Umstand Rechnung, daß sich die Entwicklungstätigkeit mit fortschreitender Industrialisierung zunehmend in die Betriebe verlagert hat, Erfindungen also zunehmend von Arbeitnehmern im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gemacht werden. - 1. Grundzüge: Das ANEG gilt für patent- und gebrauchsmusterfähige Erfindungen, die von Arbeitnehmern im privaten und öffentlichen Dienst, von Beamten und Soldaten im Rahmen ihrer Arbeitsverhältnisse gemacht werden, und erfaßt daneben auch technische Verbesserungsvorschläge (§§ 1-3 ANEG). Im Unterschied zur Rechtsprechung des Reichsgerichtes kennt es keine Betriebserfindungen mehr, sondern nur gebundene und freie Erfindungen (§ 4 ANEG). Gebundene Erfindungen (Diensterfindungen) unterliegen der Meldepflicht des Arbeitnehmers und dem Recht des Arbeitgebers auf (beschränkte oder unbeschränkte) Inanspruchnahme (§ 6 ANEG), mit der die Rechte an der Erfindung je nach der Art der Inanspruchnahme auf den Arbeitgeber übergehen (§ 7 ANEG). Beiderseits bestehen Geheimhaltungspflichten (§ 24 ANEG). Die Inanspruchnahme ist schriftlich und spätestens zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Meldung zu erklären (§ 6 ANEG). Nimmt der Arbeitgeber die Erfindung in Anspruch, treffen ihn die Anmeldepflichten aus §§ 13, 14 ANEG, sofern die Erfindung nicht als Betriebsgeheimnis verwertet wird (§ 17 ANEG), und die Pflicht zur Erfinderbenennung. Ferner entstehen je nach Art der Inanspruchnahme sowie Art und Umfang der Verwertung Vergütungsansprüche des Arbeitnehmererfinders (§§ 9, 10 ANEG). Sie sollen durch eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgestellt werden. Kommt sie nicht zustande, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Vergütung unter Beachtung von Fristen durch eine begründete schriftliche Erklärung einseitig festzusetzen und die festgesetzte Vergütung zu zahlen (§ 12 ANEG). Gegen die Festsetzung steht dem Arbeitnehmer ein befristetes und förmliches Widerspruchsrecht zu; wird es nicht ausgeübt, wird die Festsetzung für beide Teile verbindlich (§ 12 IV ANEG). Bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer geltend machen, daß die Vereinbarung oder Festsetzung grob unbillig sei (§ 23 ANEG). Freie Erfindungen sind alle Erfindungen von Arbeitnehmern, die keine Diensterfindungen sind. Insoweit unterliegt der Arbeitnehmer lediglich einer Mitteilungs- und Anbietungspflicht (§§ 18, 19 ANEG). Daneben kann eine Diensterfindung unter den Voraussetzungen des § 8 ANEG frei werden; über eine frei gewordene Diensterfindung kann der Arbeitnehmer ohne die Beschränkungen der §§ 18, 19 ANEG verfügen (§ 8 II ANEG). Die Behandlung technischer Verbesserungsvorschläge überläßt das ANEG der Regelung durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung, sofern es sich nicht um solche technischen Verbesserungsvorschläge handelt, die dem Arbeitgeber eine ähnliche Vorzugsstellung gewähren wie ein gewerbliches Schutzrecht (sog. qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge); qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge unterliegen ab dem Zeitpunkt ihrer Verwertung durch den Arbeitgeber der Vergütungspflicht nach §§ 9, 12 ANEG (§ 20 ANEG). Gemäß § 11 ANEG hat der Bundesminister für Arbeit Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindung im privaten und öffentlichen Dienst erlassen (BlPMZ 1959, 300; 1983, 350; BlPMZ 1961, 69), die keine verbindliche Regelung darstellen, sondern nur Anhaltspunkte geben, wie die angemessene Vergütung für die Arbeitnehmererfindung berechnet werden kann. - 2. Rechtsschutz: In Streitfällen kann die beim Deutschen Patentamt (DPA) eingerichtete Schiedsstelle angerufen werden (§§ 28 ff. ANEG). Kommt es vor ihr zu keiner gütlichen Einigung oder wird ihr Einigungsvorschlag durch Widerspruch nicht angenommen, können Rechte oder Rechtsverhältnisse, die im ANEG geregelt sind, im Wege der Klage geltend gemacht werden (§ 37 I ANEG); in den in § 37 II-IV ANEG genannten Fällen bedarf es der Anrufung der Schiedsstelle nicht. Soweit es sich um Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen handelt, sind die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte (§ 143 PatG: Zivilkammern der Landgerichte) zuständig (§ 39 I ANEG); für Vergütungsansprüche aus technischen Verbesserungsvorschlägen und Rechtsstreitigkeiten, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzen Vergütung für eine Erfindung zum Gegenstand haben, sind die Arbeitsgerichte zuständig (§ 39 II ANEG, § 2 II ArbGG). - 3. Rechtslage in den neuen Bundesländern: Seit dem Beitritt gilt das ANEG. Auf Erfindungen, die vor dem Beitritt (3.10.1990) gemacht worden sind (d. h. soweit fertiggestellt waren, daß ein Durchschnittsfachmann ohne erfinderisches Zutun nach ihnen arbeiten konnte), ist das Recht der ehemaligen DDR anzuwenden (Anlage I Sachgebiet E Abschnitt II 1 § 11 zum Einigungsvertrag). Maßgebend ist in erster Linie die NeuererVO vom 22.12.1971 (DDR-GBl. II 1972 Nr. 1 S. 1, ergänzt durch fünf DurchführungsVOen und zwei Anordnungen, aufgehoben am 8.8.1990, DDR-GBl. I Nr. 59, S. 1438). Mit Gesetz zur Änderung des PatG DDR vom 29.6.1990 (DDR-GBl. 1990 I 571) wurde mit § 9 eine dem ANEG entsprechende Regelung in das PatG DDR aufgenommen. §§ 49, 50 ErstrG enthalten Übergangsvorschriften für A., die vor dem 3.10.1990 gemacht worden sind, für die der Vergütungsanspruch aber bis zum 1.5.1992 noch nicht entstanden war. - 4. Europäische Patentanmeldungen: Das ANEG gilt auch für A., die der Arbeitgeber beim Europäischen Patentamt (EPA) zum europäischen Patent anmeldet; Voraussetzung für die Anwendung des ANEG ist, daß der Arbeitnehmererfinder überwiegend in der Bundesrep. D. beschäftigt ist. Ist er überwiegend im Ausland beschäftigt, kommt das dortige nationale Arbeitnehmererfinderrecht zur Anwendung. Läßt sich keine entsprechende Feststellung treffen, gilt das ANEG, wenn der Arbeitgeber den Betrieb, dem der Arbeitnehmererfinder angehört, in der Bundesrep. D. unterhält.
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