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oligopolistische Preisbildung

Oligopolistische Preisbildungsmodelle unterscheiden sich zunächst danach, ob man einen homogenen oder heterogenen Markt unterstellt. - 1. Die Oligopolpreisbildung auf dem homogenen Markt: Im Grundsatz läßt sich die Oligopolpreisbildung für den Fall n=2 (Dyopol oder Duopol genannt) darstellen, da das Problem der Aktions-Reaktions-Verbundenheit bereits hier auftritt. Die Preisbildungsmodelle lassen sich danach unterscheiden, welche Verhaltensweise im Hinblick auf die Aktions-Reaktions-Verbundenheit unterstellt wird. - a) Die polypolistische Verhaltensweise läßt sich auf die Aktionsparameter Menge oder Preis beziehen: Im ersten Fall gelangt man zum Cournotschen, im zweiten Falle zum Bertrandschen Dyopol- (Oligopol-) Modell. (1) Lowrotsches Modell: Polypolistische Verhaltensweise bzgl. der Menge bedeutet, daß der einzelne Dyopolist seinen Gewinn maximiert unter der Annahme, daß der jeweils andere Anbieter seine bisherige Absatzmenge beibehält. Daraus lassen sich zwei Mengen-Reaktionsgeraden ableiten, deren Schnittpunkt die Gleichgewichtslösung (1, 2) des Modells darstellt. Mit Hilfe der Marktnachfragefunktion läßt sich dann auch das Preisniveau bestimmen. Unter der Voraussetzung, daß beide Anbieter das gleiche Grenzkosten-Niveau aufweisen, kommt die sog. Zwei-Drittel-Lösung zustande, d. h., es gilt
wobei xw für die Menge steht, die im Mengenanpasserfall (vgl. polypolistische Preisbildung) zustande kommt (vgl. Abb. "oligopolistische Preisbindung - nach Cournot").
(2) Im Bertrand-Modell wird die polypolistische Verhaltensweise auf den Preis bezogen. Dies bedeutet, daß die Anbieter ihren Gewinn jeweils unter der Voraussetzung, daß der andere Anbieter den bisherigen Preis beibehalten wird, maximieren. Wegen des unterstellten homogenen Marktes impliziert dies die Annahme, man könne durch eine Preissenkung den gesamten Markt erobern. - Gegenüber (1) ist diese Strategie in der Wirkung wesentlich aggressiver. Nicht überraschend ist daher, daß die Gleichgewichtslösung mit derjenigen des Mengenanpasserverhaltens übereinstimmt. - b) Im homogenen Markt ist im Gleichgewicht von einer Gleichverteilung der Absatzmenge auf die Anbieter auszugehen, da wegen der Abwesenheit von Präferenzen bei einem einheitlichen Preis kein Grund für eine andere Aufteilung gegeben ist. Wird dieser Sachverhalt von den Anbietern antizipiert, kommt es zu einem Lernprozeß. Die daraus resultierende Perzeption der Aktions-Reaktions-Verbundenheit wird durch die oligopolistische Verhaltensweise umschrieben. Im Falle n = 2 bedeutet dies, daß bei der Gewinnmaximierung jeder der Anbieter bereits ex ante von der Voraussetzung x1 = x2 ausgeht (Chamberlin-Heuß-Modell). Für den Fall einer linearen Nachfragefunktion und konstanten sowie übereinstimmenden Grenzkosten ergibt sich die Monopollösung
Bei unterschiedlichen Grenzkosten kommt es zum Konflikt, der durch Preisführerschaft gelöst wird. Preisführer wird derjenige Anbieter, der die niedrigeren Grenzkosten aufweist. Der Preisfolger wird gezwungen, Preis und Menge des Preisführers zu übernehmen. In diesem Konflikt zwischen beiden ist somit ein Wettbewerbselement zu erblicken (vgl. Abb. "oligopolistische Preisbindung - nach Chamberlin/Heuß").
- c) Der unter b) geschilderte Lernprozeß muß bei den Akteuren nicht gleichzeitig auftreten. Erkennt zunächst nur ein Anbieter die Zusammenhänge, so kann er das Verhalten des anderen nach Ermittlung von dessen Mengen-Reaktions-Funktion prognostizieren und bei seiner Gewinnmaximierung berücksichtigen. Er realisiert dann diejenige Menge auf der Reaktionsgerade, bei der er seinen Gewinn maximiert. Dieses asymmetrische Modell (v. Stackelberg) kann als die Erfassung einer Zwischenstufe zur oligopolistischen Verhaltensweise angesehen werden. - d) Der Übergang von der poly- zur oligopolistischen Verhaltensweise zeitigt ein höheres Preis- bzw. Gewinn-Niveau. Dies kann Veranlassung zum Markteintritt neuer Anbieter sein (Monopol). Die oligopolistische Verhaltensweise ist aber nicht nur hierdurch, sondern auch von den aktuellen Anbietern prinzipiell bedroht, weil durch (geheime) Preisnachlässe der einzelne Anbieter Vorteile realisieren kann, vorausgesetzt die anderen halten sich an die bisherige spontane "Verabredung". Auf der anderen Seite müssen die Akteure auf Dauer miteinander auskommen, was die Neigung zu Ausbrüchen aus der spontanen Kollusion begrenzt, denn die Preisbrecher müssen auf Preiskämpfe oder "Bestrafungen" seitens der übrigen Konkurrenten gefaßt sein (Spieltheorie). 2. Die Oligopolpreisbildung auf dem heterogenen Markt: Stellt man der Einfachheit halber wieder auf zwei Anbieter ab, so kann der Markt durch die Funktionen x1 = F (p1, p2) und x2 = G (p1, p2) dargestellt werden, wobei x1 und x2 die Angebotsmengen der Anbieter 1 und 2 darstellen. Die Preisabsatzfunktionen beider Anbieter hängen somit von beiden Güterpreisen p1 und p2 ab. Auch hier kann die Aktions-Reaktions-Verbundenheit von der polypolistischen oder der oligopolistischen Verhaltensweise bestimmt sein. - a) Die polypolistische Verhaltensweise wird hier bzgl. des Aktionsparameters Preis definiert. Sie bedeutet, daß die einzelnen Anbieter ihren Gewinn unter der Voraussetzung maximieren, daß der andere Anbieter seinen Preis konstant hält. Dies führt dann zu Preis-Reaktions-Funktionen R1 und R2 der Anbieter 1 und 2. Der Schnittpunkt der beiden Reaktions-Funktionen definiert die Gleichgewichtspreise 1 und 2, womit zugleich die Mengen 1 und 2 der beiden Anbieter bestimmt sind (Cournot-Modell des heterogenen Oligopolmarktes). - b) Auch auf dem heterogenen Markt treten mit der Zeit Lernprozesse auf. Zwar gilt für den Gleichgewichtszustand (1, 2) gem. a), daß dort die gemachten Voraussetzungen - daß nämlich der Preis des jeweils anderen Anbieters konstant bleibt - erfüllt werden. Außerhalb dieses Zustandes jedoch - also beispielsweise auf dem Wege zum Gleichgewicht - gilt dies nicht. Mit anderen Worten, das polypolistische Verhalten beruht auf dem Irrtum der beteiligten Anbieter. Bei Anpassungen der Preise an neue "Daten" werden die Anbieter daher irgendwann bemerken, daß der Preis des Konkurrenten ebenfalls gesenkt wird, wenn eine eigene Preissenkung vorgenommen wird. Es liegt deshalb nahe, letztere zu antizipieren. E. Heuß hat dies zu der Annahme der "Politik der festen Preisrelation" verdichtet, womit gemeint ist, daß die Anbieter im Rahmen ihrer Gewinnmaximierung bei eigenen Preisänderungen immer von gleichen prozentualen Preisänderungen des (der) Konkurrenten ausgehen. Es läßt sich zeigen, daß diese Variante der oligopolistischen Verhaltensweise im Gleichgewichtszustand durchweg zu höheren Preisen und Gewinnen als im Falle der polypolistischen Verhaltensweise führt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß es sehr viele verschiedene Preisverhältnisse geben kann, so daß es keine eindeutig bestimmbare Gleichgewichtslösung gibt. Letztere bleibt abhängig von den Preisen, die zu dem Zeitpunkt existieren, zu welchem der Lernprozeß abgeschlossen wird, d. h., es liegt eine Art Pfadabhängigkeit vor. - c) Auch im Falle des heterogenen Oligopolmarktes lassen sich Stackelberg-Varianten bestimmen, die wiederum als Zwischenstufen des Lernprozesses gedeutet werden können. - d) Auch im Falle des heterogenen Oligopolmarktes ist das Problem des Marktzutritts zu beachten, wirft jedoch im Vergleich zum homogenen Oligopolmarkt keine grundsätzlich neuen Probleme auf. Gleiches gilt für die Beziehungen zwischen den aktuellen Wettbewerbern. Hier können im Marktprozeß allerdings Änderungen des festen Preisverhältnisses auftreten. Selbst wenn es dazu nicht kommt, besteht im allgemeinen ein Konflikt, weil die isolierten Optimierungsprozesse der Anbieter auf Basis des aus der Vergangenheit übernommenen Preisverhältnisses nicht zwangsläufig zu solchen Optimalpreisen führen, die diesem "festen" Preisverhältnis entsprechen. Dieser Konflikt wird durch Preisführerschaft gelöst. Preisführer wird derjenige Anbieter, dessen Gefolgschaftspreis über seinem Optimalpreis - dies ist der Preis, welcher den Gewinn unter der Bedingung des festen Preisverhältnisses maximiert - liegt. Umgekehrt liegt der Optimalpreis des Preisfolgers über seinem Gefolgschaftspreis. - e) Auf dem heterogenen Markt können neben dem Preis auch andere Aktionsparameter eingesetzt werden. Auch in bezug auf sie können analog die poly- und die oligopolistische Verhaltensweise formuliert werden. Allgemein besteht die Tendenz, daß die oligopolistische Verhaltensweise begünstigt wird, wenn der Markt in seine reifen Phasen gelangt, wenn also die Momente der Iteration diejenigen der Mutation (E. Heuß) überwiegen. Weiterhin besteht eine Tendenz im Wettbewerbsprozeß, auf andere Aktionsparameter verstärkt auszuweichen, wenn bestimmte Aktionsparameter - insbes. der Preis - von der oligopolistischen Verhaltensweise erfaßt werden (z. B. verstärkte Werbung, wenn der Aktionsparameter Preis "oligopolisiert" worden ist).


Literatur: Fehl, U./Oberender, P., Grundlagen der Mikroökonomie, 6. Auflage, München 1994; Heuß, E., Allgemeine Markttheorie, Tübingen-Zürich 1965; Wied-Nebbeling, S., Markt- und Preistheorie, 2. Auflage, Berlin u. a. 1994.

 

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