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Investitionsrechnung

Methoden, mit deren Hilfe die Vorteilhaftigkeit investitionspolitischer Maßnahmen geprüft und das im Hinblick auf die Zielsetzung des Unternehmens optimale Investitionsprogramm rechnerisch bestimmt werden soll. Das Ergebnis der Investitionsrechnung bildet eine wesentliche Grundlage der Investitionsentscheidung.
Investitionsrechnung Aufgaben: Folgende Fragen sucht die Investitionsrechnung zu beantworten: 1. Vorteilhaftigkeit: Ist ein bestimmtes Investitionsvorhaben unter dem Gesichtspunkt der Gewinnerzielung, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung des damit verbundenen Risikos, für das Unternehmen vorteilhaft oder nicht? - 2. Wahlprobleme: Welche von mehreren möglichen Investitionen ist die für das Unternehmen günstigste? - 3. Ersatzproblem: Wann soll eine im Betrieb vorhandene Anlage durch eine neue, in der Regel kostengünstigere, ersetzt werden? - Diese drei Fragenkomplexe sind in der Wirklichkeit eng miteinander verknüpft: Eine Investition kann gleichzeitig Ersatz- und Erweiterungsinvestition sein und mit anderen Investitionsmöglichkeiten um die knappen finanziellen Mittel des Unternehmens konkurrieren. Sie stellen Teilaspekte der Aufgabe dar, unter Berücksichtigung der Finanzierungsmöglichkeiten festzulegen, welche und wie viele Investitionsprojekte aus der Vielzahl der möglichen auszuwählen und in das Investitionsprogramm aufzunehmen sind.
IInvestitionsrechnung Verfahren der I.: Vgl. Übersicht "Investitionsrechnung - Verfahren". - Die dynamischen, mehrperiodischen Verfahren (Kapitalwertmethode, Methode des internen Zinsfußes, Annuitätsmethode) gehen davon aus, daß den zu beurteilenden Investitionsmöglichkeiten jeweils eine Auszahlungs-(Ausgaben-)Reihe und eine Einzahlungs-(Einnahmen-)Reihe zugeordnet werden kann. Ein Vergleich dieser Reihen, mit Hilfe eines vorzugebenden Kalkulationszinsfußes auf den gleichen Zeitpunkt diskontiert, zeigt, ob eine Investition vorteilhaft ist oder nicht; bei mehreren möglichen Investitionen unter bestimmten Voraussetzungen, welche davon die günstigste ist. Bei der Lösung des Ersatzproblems wird i. d. R. angenommen, daß die Einnahmenreihen der im Betrieb vorhandenen und der gegebenenfalls an ihre Stelle zu setzenden neuen Anlage gleich sind. In diesem Falle genügt es, die Ausgabenreihen der beiden Anlagen zu vergleichen.
IIInvestitionsrechnung Aufstellung des Investitionsprogramms: 1. Methoden der klassischen Investitionstheorie: a) Kapitalwertmethode: Die möglichen Investitionsobjekte sind nach Maßgabe ihres Kapitalwertes je DM eingesetzten Kapitals (Anschaffungsausgaben) zu ordnen. Das Investitionsobjekt wird als das günstigste angesehen, das den höchsten Kapitalwert pro eingesetzter DM aufweist. Es ist als erstes in das Investitionsprogramm einzustellen. Es folgt das Projekt mit dem zweithöchsten Kapitalwert pro eingesetzter DM etc. Das Verfahren ist solange fortzusetzen, bis entweder kein Investitionsobjekt mit einem positiven Kapitalwert mehr vorhanden oder aber das für Investitionszwecke verfügbare Kapital aufgebraucht ist. b) Methode des internen Zinsfußes (der möglichen Investitionsobjekte): Der Umfang des Investitionsprogramms wird - wie auch schon beim ersten Verfahren - bestimmt entweder durch die finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens oder durch die vorhandenen Investitionsmöglichkeiten selbst. Verwirklicht werden nur solche, deren interner Zins über einer bestimmten, von der Unternehmensleitung geforderten Höhe liegt. - 2. Voraussetzungen der Methoden der klassischen Investitionstheorie: a) Jedem Investitionsobjekt muß eine Auszahlungs- und eine Einzahlungsreihe zugeordnet werden können. b) Kapitalwertmethode: Die nach Durchführung der Investition zurückfließenden Beträge müssen sofort wieder angelegt werden können und in dieser Anlage einen Gewinn in Höhe des Kalkulationszinsfußes erbringen. (Diese Annahme der Wiederanlage rückfließender Beträge gilt für einen Zeitraum, der der Lebensdauer des längstlebigen im Programm enthaltenen Investitionsobjektes entspricht). - Methode des internen Zinsfußes: Die Rückflüsse können sofort wieder angelegt werden und erbringen einen Gewinn in Höhe des internen Zinsfußes (Zeitraum wie oben). c) Die Liquidität des Unternehmens in den kommenden Jahren ist in jedem Falle, d. h. gleichgültig, welche Investitionen vorgenommen werden, gesichert. d) Das Unternehmen kann zu einem bestimmten vorgegebenen Preis von seinen Erzeugnissen so viel absetzen, wie es will: es befindet sich in der Situation eines polypolitischen Anbieters auf vollkommenem Markte. e) Der Verzicht auf eine an sich lohnende Investition heute mit dem Ziele, Mittel für ein bestimmtes Investitionsobjekt in der nächsten Periode aufzusparen, verbessert die Situation des Unternehmens nicht.
IV. Neuere Entwicklung: Die neuere Entwicklung in der Investitionsrechnung geht dahin, Methoden zu finden, die es erlauben, das optimale Investitionsprogramm auch dann zu bestimmen, wenn die oben genannten, außerordentlich einengenden Voraussetzungen nicht oder nur zum Teil erfüllt sind. Mit Hilfe der linearen Optimierungsrechnung (lineare Optimierung) konnten Investitionsmodelle entwickelt werden, die in ihren Prämissen wesentlich weniger einengend sind als die oben beschriebenen traditionellen Methoden. Die lineare Optimierung erlaubt es, eine Maximierungs- oder Minimierungsaufgabe unter Nebenbedingungen zu lösen, die auch in Form von Ungleichungen gegeben sein dürfen. Das zentrale Anliegen der I., nämlich die Bestimmung des optimalen Investitionsprogramms, besteht nun aber gerade darin, eine bestimmte Größe unter Berücksichtigung bestimmter in Form von Ungleichungen gegebener Nebenbedingungen zu maximieren. - Das Investitionsprogramm ist optimal, das in dem betrachteten Planzeitraum den höchsten Gewinn zu erwirtschaften erlaubt. Der Gewinn des Gesamtprogramms tritt bei dieser Betrachtung an die Stelle der Summe der Kapitalwerte, die das oben beschriebene Verfahren a) zu maximieren versuchte. Kann der Gesamtgewinn an Stelle der Summe der Kapitalwerte betrachtet werden, so erübrigt es sich, den einzelnen Investitionsobjekten Auszahlungs- und Einzahlungsreihen zuzuordnen. Die Voraussetzung 2 a) ist damit aufgehoben. - Die Höhe des Gewinns hängt davon ab, was produziert werden soll. Im Rahmen der hier beschriebenen Integrationsmodelle der Investitionsrechnung wird das Produktionsprogramm nicht vorgegeben, sondern simultan mit dem Investitionsprogramm ermittelt: Zu jedem möglichen Investitionsprogramm gehört ein gewinnmaximales Produktionsprogramm. Es wird das Investitionsprogramm ermittelt, dessen zugehöriges gewinnmaximales Produktionsprogramm den absolut höchsten Gewinn zu erbringen verspricht. Dabei können Nebenbedingungen mannigfacher Art berücksichtigt werden: Durch geeignete Finanzierungsbedingungen ist es möglich, die oben genannte Bedingung 2 c), durch entsprechende Absatzbedingungen die oben genannte Voraussetzung 2 d) aufzuheben. Weitere Nebenbedingungen, z. B. zur Berücksichtigung der Knappheit von Arbeitskräften u. ä., lassen sich leicht einfügen. [Um die zeitlich-vertikale Verflochtenheit der aufeinander folgenden Investitionsprogramme gebührend berücksichtigen zu können (Aufhebung der Voraussetzung 2 e), umfaßt das Modell mehrere Perioden. Simultan werden für diese Perioden die optimalen Produktions- und die zugehörigen optimalen Investitionsprogramme errechnet.] Schließlich besteht die Möglichkeit, im Rahmen der hier beschriebenen Investitionsmodelle die Annahmen 2 b) überflüssig werden zu lassen. An die Stelle des Kalkulationszinsfußes (bzw. des internen Zinses) tritt das Prinzip der Gewinnrückkoppelung. Das Modell sorgt dafür, daß die Rückflüsse einer Periode zu Beginn der nächsten Periode als für Investitionszwecke zur Verfügung stehend behandelt werden. Sie werden mithin gem. der effektiv gegebenen Möglichkeiten wieder angelegt und erbringen einen entsprechenden Ertrag. Ein Auf- bzw. Abzinsen der Zahlungen zum Kalkulationszinsfuß erübrigt sich; der Kalkulationszinsfuß wird überflüssig. - Modelle der hier beschriebenen Art erfordern verständlicherweise einen wesentlich höheren Rechenaufwand als die traditionellen Methoden. Aus Gründen der praktischen Durchführbarkeit der Rechnung sind bestimmte Grenzen im Hinblick auf die Zahl der Variablen und der Nebenbedingungen zu beachten.
V. Problem der Unsicherheit: Die bisher beschriebenen Methoden beurteilen Investitionen bzw. Investitionsprogramme nach ihrer Rentabilität. Wesentlich ist jedoch auch der Gesichtspunkt des Risikos, das mit einer Investition verbunden ist. Beide Charakteristika: Rentabilität und Risiko sind für die Beurteilung eines Investitionsvorhabens bedeutsam. - 1. Im Rahmen der klassischen Methoden der Investitionsrechnung bestehen mehrere Möglichkeiten, dem Risikogesichtspunkt Rechnung zu tragen: a) Die einfachste Art und Weise, die Unsicherheit der Daten zu berücksichtigen, ist die, jeweils den wahrscheinlichsten Wert eines Datums der Rechnung zugrundezulegen. Damit wird freilich das spezifische Problem der Unsicherheit ausgeklammert. - Außer mit den wahrscheinlichsten Werten kann die Rechnung für das gleiche Projekt ergänzt werden zum einen mit relativ optimistischen, zum anderen mit relativ pessimistischen (vorsichtigen) Werten, um die Wirkung günstiger oder ungünstiger Daten auf das Endergebnis sichtbar zu machen (parametrische lineare Optimierung). b) In einer Reihe von Fällen erweist sich das Konzept des "kritischen" Wertes als nützlich. Der Kapitalwert einer Investition hängt von einer Reihe von Größen ab, die im Falle der Unsicherheit unterschiedliche Werte annehmen können. Von diesen Größen wird nun eine (ggf. auch zwei oder mehr), für die der tatsächlich eintretende Wert nur innerhalb bestimmter Grenzen vorausgesagt werden kann, als variabel aufgefaßt, während für die anderen die prognostizierten Werte einzusetzen sind. Für die Variable (Variablen) ist der Wert (sind die Wertekombinationen) zu bestimmen, der den Kapitalwert gerade Null werden läßt. Dieser Wert heißt kritischer Wert. Solange nicht zu befürchten ist, daß dieser kritische Wert über- oder unterschritten wird, der Unsicherheitsbereich also entweder oberhalb oder unterhalb dieses kritischen Wertes liegt, kann die Entscheidung eindeutig und unbehelligt von der Unsicherheit des als variabel angesetzten Datums getroffen werden. c) Die wirkungsvollste Methode, der Unsicherheit der Daten explizit Rechnung zu tragen, besteht darin, neben das Kriterium für die Rentabilität ein zweites Kriterium zu stellen, das die Höhe des mit der betrachteten Investition verbundenen Risikos zum Ausdruck bringt. Die Entscheidung für oder gegen die Investition ist alsdann aufgrund beider Kriterien zu treffen. Eine erste Möglichkeit zur Charakterisierung des Risikos bietet die sogennante Pay-off-Periode. Wesentlich aussagefähigere Kennziffern stellen die statistischen Streuungsmaße auf der Basis einer zu ermittelnden Wahrscheinlichkeitsverteilung, z. B. den Kapitalwert, dar. - 2. Im Rahmen der Integrationsmodelle der Investitionsrechnung kann die Unsicherheit der Daten durch einen Chancen-Risikenvergleich berücksichtigt werden. Entscheidend für die Annahme oder Ablehnung eines Investitionsprogramms sind letztlich die Chancen und Risiken, also die jeweils mit der Eintrittswahrscheinlichkeit der zugrundeliegenden Datensituation gewichteten Gewinne und Verluste, die mit dem Programm im ganzen verbunden sind. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Auswahl unter den möglichen Investitionsprogrammen zu treffen. Eine weitere Möglichkeit, der Datenunsicherheit entgegenzuwirken, besteht darin, das Investitionsprogramm so zu wählen, daß ein möglichst flexibler, d. h. an die für möglich erachteten Datenkonstellationen anpassungsfähiger, Produktionsapparat zustande kommt.


Literatur: Blohm, H./Lüder, K., Investition, 8. Aufl., München 1995; Dean, J., Capital Budgeting, 9. Aufl., New York 1978; Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 3. Bd.: Die Finanzen, 8. Aufl., Berlin etc. 1980; Jacob, H., Investitionsplanung und Investitionsentscheidung mit Hilfe der Linearprogrammierung, 3. Aufl., Wiesbaden 1976; Jacob, H./Voigt K.-I., Investitionsrechnung, 5. Aufl., Wiesbaden 1987; Kern, W., Investitionsrechnung, Stuttgart 1974; Olfert, K., Investition, 6. Aufl., Ludwigshafen/Rh. 1995; Scheer, A.-W., Die industrielle Investitionsentscheidung, Wiesbaden 1969; Schneider, E., Wirtschaftlichkeitsrechnung, 8. Aufl., Tübingen, Zürich 1973; Schulte, K.-W., Wirtschaftlichkeitsrechnung, 4. Aufl., Würzburg, Wien 1986; Swoboda, P., Investition und Finanzierung, 4. Aufl., Göttingen 1992.

 

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