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Theorie der arbeitergeleiteten Unternehmung
1. Gegenstand: Arbeitergeleitete Unternehmungen befinden sich im (überwiegenden) Eigentum der Arbeiter und erbringen Leistungen für Dritte gegen Entgelt. Die Anteile an der U. können dabei handelbar sein. Zusätzlich zu den Arbeiter-Eigentümern können Lohn beziehende Arbeitnehmer angestellt sein. Im Unterschied zur kapitalistischen Unternehmung werden die Prinzipien der Partizipation, Demokratie und Egalität betont. Des weiteren spielen genossenschaftliche Prinzipien eine Rolle, soweit es sich um Produktivkooperative handelt. - 2. Mikroökonomische Theorie: Die Übertragung der mikroökonomischen Theorie der Unternehmung führt zu dem Ergebnis, daß die arbeitergeleiteten Betriebe nicht wie die kapitalistischen Unternehmungen den Gewinn, sondern den Gewinn pro Mitglied maximieren. Demzufolge werden nicht die Grenzkosten mit dem Grenzerlös ausgeglichen, sondern die Durchschnittskosten minimiert bzw. das Pro-Kopf-Einkommen maximiert. Deshalb ist die Allokation der Ressourcen suboptimal, die Beschäftigung und Ausbringungsmenge geringer als bei Gewinnmaximierung. - 3. Property Rights-Ansatz: Gemäß der Theorie der Verfügungsrechte weisen arbeitergeleitete Unternehmungen in kollektivem Eigentum mit unveräußerlichen Anteilen ein suboptimales Investitionsverhalten und eine Tendenz zum Kapitalverzehr auf. Denn sind die Anteile unveräußerbar, kommen die zukünftigen Erträge aus Investitionen nur denjenigen zugute, die während der Amortisationszeit in der Unternehmung Mitglied sind, während vorzeitig ausscheidende Mitglieder die Kosten der Investition tragen müssen, ohne aber an den Erlösen partizipieren zu können. Den Wertezuwachs oder die zukünftigen Erlöse aus Investitionen können nur dann mitgenommen werden, wenn sich die Zukunftserlöse im Kurswert handelbarer Eigentumsanteile kapitalisieren würden. Dies setzt allerdings einen leistungsfähigen Markt für diese Titel voraus. - 4. Neuere Ansätze: Entsprechend der Teamtheorie der Unternehmung sollen die Arbeitnehmer nur dann Eigentümer der Unternehmung sein, wenn sie selbst vom Team abhängige, spezifische Ressourcen darstellen. Dabei besteht das Problem, am Humanvermögen kein gemeinsames Eigentum analog zum spezifischen Kapital bilden zu können. Dies habe den Anreiz verstärkt, in spezifisches Kapital zu investieren und Arbeitskräfte als allgemeine, unspezifische Faktoren einzustellen. Während die Team-Theorie der Unternehmung erklärt, weshalb Kapital Arbeit anheuert und nicht Umgekehrtes gilt, wird die Frage aufgeworfen, ob nicht dennoch ein System mit arbeitergeleiteten Unternehmungen einem System kapitalistischer Firmen wohlfahrtsökonomisch überlegen sein könnte (Pagano). Dabei wird auf die Möglichkeit zurückgegriffen, daß die Evolution Irrtümer begehen kann. Solche Irrtümer führen zu irreversiblen Entwicklungen, deren Ergebnisse später - verglichen mit einem hypothetischen Zustand (hier: System von arbeitergeleiteten Unternehmungen) - suboptimal sind (hier: System von kapitalistischen Unternehmungen). - Welche Eigenschaften könnten für eine Überlegenheit eines Systems arbeitergeleiteten Unternehmungen sprechen? Ein besonderer Vorteil der arbeitergeleiteten Unternehmungen bestehe in der höheren Motivation der Mitglieder, einem größeren Humanvermögen und einer stärkeren Nutzung des Wissens der Arbeitskräfte. Diese Eigenschaften kämen aber deshalb nicht zum Tragen, weil das System der vertikalen Arbeitsteilung zu einer Verringerung der Fähigkeiten von Arbeitskräften beitrage und zu Arbeitsmärkten geführt habe, die unspezifisches Wissen und die Entwicklung von Techniken förderten, die besonders auf das kapitalistische System zugeschnitten seien. Es müßte sich daher das gesamte institutionelle System (simultan) wandeln, damit die vermuteten Vorteile wirksam werden könnten (Pagano). Neben diesen Argumenten gibt es zahlreiche weitere, mit denen versucht wird, die tatsächlich geringe Verbreitung dieser Organisationsform - trotz hypothetischer Überlegenheit - zu erklären. Gegen die denkbare Überlegenheit eines Systems arbeitergeleiteter Unternehmungen lassen sich jedoch gerade aus der evolutorischen Perspektive heraus Einwände erheben (Schreiter).
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