Wirtschaftslexikon - Enzyklopädie der Wirtschaft
lexikon betriebswirtschaft Wirtschaftslexikon lexikon wirtschaft Wirtschaftslexikon Suche im Wirtschaftslexikon
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
 
 
 

Deckungsbeitragsrechnung

Betriebsergebnisrechnung.
I. Begriff: 1. Ursprünglich: I. w. S. Bezeichnung für das von Riebel konzipierte "Rechnen mit Einzelkosten und Deckungsbeiträgen", i. e. S. für die darin enthaltene mehrstufige, zeitlich fortschreitende und vieldimensionale differenzierte Erfolgsdifferenz-Rechnungen (bei statischer Betrachtung) und -änderungsrechnungen (bei dynamischer Betrachtung), auf Grundlage relativer Einzelkosten(-ausgaben) und Einzelerlöse. - 2. Heute: Sammelbezeichnung für verschiedene Arten von Bruttoerfolgsrechnungen, die auf einer Trennung zwischen fixen und variablen Kosten in bezug auf den Beschäftigungsgrad beruhen. - Vgl. auch Direct Costing, Grenzplankostenrechnung, Fixkostendeckungsrechnung.
II. Relative Deckungsbeitragsrechnung (Deckungsbeitragsrechnung im ursprünglichen Sinne): 1. Ziel: Die relative Deckungsbeitragsrechnung ist primär entscheidungsorientiert; sie dient v. a. zur (1) Vorkalkulation und Kontrolle der Erfolgswirkungen beliebiger, auch komplexer Handlungsalternativen; (2) auftrags-, projekt-, periodenbezogenen- und periodenübergreifenden Erfolgsplanung für beliebig abzugrenzende sachlich-zeitliche Bereiche; (3) Verzahnung mit der Finanzplanung; (4) vieldimensionalen, mehrstufigen und sequentiellen Erfolgsquellenanalyse und der Entscheidungskontrolle. Demgemäß sind die Entscheidungen für bestimmte Maßnahmen die eigentlichen Kalkulationsobjekte (entscheidungsorientiertes Rechnungswesen). - 2. Grundlagen: a) Relativierung und Präzisierung der Unterscheidung zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten (Erlöse etc.) aufgrund der Zurechenbarkeit nach dem Identitätsprinzip. Danach lassen sich Erlöse und Kosten zur Ermittlung des Deckungsbeitrags eines Bezugsobjekts nur dann eindeutig gegenüberstellen ("zurechnen", identifizieren), wenn sie auf einen identischen dispositiven Ursprung zurückgeführt werden können. Somit wird es ermöglicht, alle Kosten (Erlöse etc.) bei einem bestimmten Bezugsobjekt (Bezugsgröße) als dessen originäre Einzelkosten (- ausgaben, -einnahmen, -erlöse, -verbräuche) auszuweisen. Echte Gemeinkosten (-erlöse etc.) betreffen das betrachtete Objekt und andere gemeinsam, sie werden durch "übergeordnete" Entscheidungen (Maßnahmen) ausgelöst und sind einem in der Hierarchie übergeordneten Bezugsobjekt als dessen Einzelkosten (-erlöse etc.) zurechenbar. Demgemäß sind echte Gemeinkosten aus den Deckungsbeiträgen der untergeordneten Maßnahmen gemeinsam abzudecken. - b) Auch die Unterscheidung zwischen fixen Kosten und variablen Kosten (Erlösen etc.) wird relativ in bezug auf jede Art von Aktionsparametern und Einflußgrößen angewandt. Zudem wird zwischen Abhängigkeit und Disponierbarkeit unterschieden. Zusätzlich werden dabei Quantengrößen (bei Unteilbarkeiten), irreversible zeitliche Bindungen, Dispositionsvorläufe, Kündigungs- und Zahlungstermine und Vordispositionen ausgewiesen. In einer Grundrechnung (Datenbank) werden die multidimensional gekennzeichneten Informationselemente für beliebige Verknüpfungen und Auswertungen gespeichert. - 3. Mehrstufige D.: Durch problemadäquates Zusammenfassen der Deckungsbeiträge der spezielleren, untergeordneten Bezugsobjekte (z. B. Leistungseinheiten oder Aufträge; Auftragsbeitrag) können schrittweise die jeweils gemeinsamen Kosten bzw. Ausgaben abgedeckt werden, um so die Deckungsbeiträge übergeordneter Untersuchungs- und Entscheidungsobjekte zu ermitteln (Beispiele für alternative Wege zum Aufbau von Bezugsobjekthierarchien für mehrstufige D.; vgl. Abbildung "Deckungsbeitragsrechnung - Aufbaubeispiele" ). Hierbei handelt es sich grundsätzlich um standardisierte Zweckrechnungen oder individuelle Sonderrechnungen (Auswertungsrechnung), weil es von den Fragestellungen (unter Beachtung der Situation, Betriebs- und Marktgegebenheiten) abhängt, welche Bezugsobjekte, Erlöskategorien und abzudeckenden Kostenkategorien einzubeziehen sind und wie die Deckungshierarchie aufgebaut wird. Bei der Abbildung "Deckungsbeitragsrechnung - Stufenweise Ermittlung des Periodenbeitrags" steht die Differenzierung nach Geschäftsarten, Auslieferungswegen und Artikeln im Vordergrund. Gemeinerlöse (Erlösverbundenheit) fließen in der Bezugsobjekthierarchie erst auf der Stufe des originären Bezugsobjekts, dem sie als Einzelerlös zuzuordnen sind, zu. - Für die Beurteilung komplexer Zusammenhänge müssen mehrere Deckungshierarchien und -sequenzen aus unterschiedlichen "Sichten" nebeneinander analysiert und verknüpfend interpretiert werden. Vom Sachbezug her kann auf Absatz-, Beschaffungsmärkte (bzw. -aktivitäten), bestimmte Betriebsbereiche oder die Nutzung bestimmter Potentiale (z. B. einer Investition oder Rohstoffpartie) und deren Kombinationen (oder Verknüpfungen) abgestellt werden. Dabei sind statische oder dynamisch-sequentielle, objekt- oder projektbezogene Betrachtungen innerhalb einer Periode (Periodenhierarchie) und periodenübergreifend oder periodenunabhängig im Zeitablauf möglich. Die Periodenrechnung endet mit dem Periodenbeitrag, der in die überjährige Zeitablaufrechnung übernommen werden kann, z. B. um ex-post die Amortisation der Periodengemeinausgaben bzw. -kosten zu verfolgen oder ex-ante die Möglichkeiten der Finanzierung von Investitionsvorhaben aus Periodenbeiträgen abzuschätzen. - Um die Erwirtschaftung ausreichender Deckungsbeiträge in den Abrechnungsperioden planen und kontrollieren zu können, sind (in Abstimmung mit der längerfristigen Finanzplanung) für das gesamte Unternehmen und die selbständig im Absatzmarkt operierenden Verantwortungsbereiche Deckungsbudgets vorzugeben. Deren Abdeckung durch die erwarteten, fakturierten oder realisierten Auftragsbeiträge ist laufend zu verfolgen und führt zu einer kontinuierlichen Erfolgsrechnung innerhalb der Budgetperiode, die i. d. R. nicht unter zwölf Monaten oder einer Saison liegen sollte. - Eine volle Realisierung der Deckungsbeitragsrechnung auf Basis relativer Einzelkosten wird erst durch die neuere Entwicklung der relationalen Datenbanken in Verbindung mit Methodenbanken, Benutzerführungs-, Auskunfts- und Expertensystemen ermöglicht.
III. Deckungsbeitragsrechnung als Sammelbegriff für verschiedene Bruttoerfolgsrechnungsarten: Deckungsbeitragsrechnung in diesem Sinne schließt als zweiten Grundtyp die auf der Trennung der Gesamtkosten in fixe und proportionale in bezug auf die Beschäftigung beruhenden Systeme ein, wie Direct Costing, Grenzplankostenrechnung, Grenzkostenrechnungen, Fixkostendeckungsrechnung. Diesen sind folgende Prämissen gemeinsam: a) Allein relevante Einflußgröße ist die Ausbringung bzw. Beschäftigung, alle anderen werden als konstant im Rahmen der als fix oder proportional deklarierten Kosten vorgegeben oder als vernachlässigbar angesehen. - b) Sämtliche Kosten lassen sich eindeutig in fixe und proportionale in bezug auf die Ausbringung/Beschäftigung trennen. - c) Die als proportional angesehenen Kosten sind den Leistungsarten und -einheiten eindeutig zurechenbar. - d) Die Erlöse sind mengenproportional und den Leistungsarten und -einheiten eindeutig zuzurechnen. - e) Die fixen Kosten sind konstant und der Periode eindeutig zurechenbar. Diese stark simplifizierenden Prämissen sind wenig wirklichkeitsnah und allenfalls innerhalb eines begrenzten Sachbereichs und Zeitintervalls für Näherungsrechnungen brauchbar. Wegen der Mißachtung der Disponierbarkeit und Zurechenbarkeit sind die proportionalen Kosten nur selten mit den für ("kurzfristige") Entscheidungen relevanten Kosten identisch. Das gilt ganz besonders bei Beschaffungs-, Produktions-, und Absatzverbundenheit (Ausgabenverbundenheit, Erlösverbundenheit). - Eine stufenweise Deckung der fixen Kosten bietet zwar einen besseren Einblick in die Erfolgsstruktur, doch sind in den einzelnen Fixkostenblöcken nicht abbaubare sunk costs enthalten. Zudem stoßen D., die auf andere Differenzierungen als nach Produkten (Kostenträgern) abstellen, etwa nach Kunden und Kundengruppen, Auftragsgrößen und -arten, Absatzwegen und -gebieten auf kaum überwindbare Schwierigkeiten, zumal das Problem der Zurechenbarkeit von Erlösen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der Erlös- und Vertriebskostenrechnung nicht gesehen wird. - Vorgeschlagene Weiterentwicklungen gehen in Richtung des ersten Typs (relative D.), z. B. Abstellen auf abbaubare Fixkosten (Seicht; Reichmann/Scholl), Berücksichtigung zusätzlicher Einflußgrößen und Ausbau der Erlösrechnung in Periodenerfolgsmodellen (Laßmann), Berücksichtigung der Kuppelproduktion und mehrerer Fristigkeitsgrade in der Grenzplankostenrechnung (Kilger).


Literatur: H. H. Böhm/F. Wille, Deckungsbeitragsrechnung, Grenzpreisrechnung und Optimierung, 6. Aufl., München 1977; K. Chmielewicz (Hrsg.), Entwicklungslinien der Kosten- und Erlösrechnung, Stuttgart 1983; S. Hummel/W. Männel, Kostenrechnung, Bd. 1, 4. Aufl., Wiesbaden 1986, Bd. 2, 3. Aufl., 1982; W. Kilger, Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 9. Aufl., Wiesbaden 1988; J. Kloock/G. Sieben/T. Schildbach, Kosten- und Leistungsrechnung, 3. Aufl., Düsseldorf 1984; S. Menrad, Rechnungswesen, Göttingen 1978; P. Riebel, Kosten und Preise, 2. Aufl., Opladen 1972, jetzt: Gabler, Wiesbaden); ders., Ansätze und Entwicklungen des Rechnens mit relativen Einzelkosten und Deckungsbeiträgen, in: Kostenrechnungspraxis 1984, S. 173-178 und S. 215-220; ders., Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, 6. Aufl., Wiesbaden 1990; P. Riebel, Einzelerlös-, Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung als Kern einer ganzheitlichen Führungsrechnung, in: W. Männel (Hrsg.), Handbuch Kostenrechnung, Wiesbaden 1992; P. Riebel/W. Sinzig, Zur Realisierung der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung mit einer relationalen Datenbank, in: ZfbF 1981, S. 457-489; G. Scherrer, Kostenrechnung, Stuttgart - New York 1983; G. Seicht, Moderne Kosten- und Leistungsrechnung, 4. Aufl., Wien 1984; M. Schweitzer/H. U. Küpper, Systeme der Kostenrechnung, 5. Aufl., Landsberg a. Lech 1991; W. Sinzig, Datenbankorientiertes Rechnungswesen, 3. Aufl., Berlin - Heidelberg - New York - Tokyo 1990.

 

<< vorheriger Begriff
nächster Begriff>>
Deckungsbeitragsanalyse
Deckungsbudget

 

Diese Seite bookmarken :

 
   

 

  Weitere Begriffe : overhead | Allgemeines Landrecht | öffentlich-rechtliche Versicherungsanstalt | Verteilungstermin | Verhältnismäßigkeit
wiki wirtschaft

Thematische Gliederung | Unser Projekt | Impressum