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Disponierbarkeit

Disponibilität, Steuerbarkeit, Beeinflußbarkeit.
I. Begriff/Charakterisierung: Disponierbarkeit gibt an, ob und mit welchen Beschränkungen konkrete Handlungsalternativen der alleinigen oder mitwirkenden Bestimmung (Steuerung, Beeinflussung) durch den Handelnden unterliegen (Riebel). Im entscheidungsorientierten Rechnungswesen und verantwortungsorientierten Rechnungswesen wichtige Kennzeichnung der Möglichkeiten, die Höhe einer bestimmten Ausgaben-, Kosten- oder Güterverbrauchsart, eines Ausstoßes oder Bestands im Hinblick auf ein bestimmtes Bezugsobjekt (Bezugsgröße) in einem bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum durch konkretes Handeln zu beeinflussen. Der Dispositionsspielraum ist zu beschreiben durch die gegebenen Beschränkungen: (1) Interne Beschränkungen können durch eigene frühere Entscheidungen und Maßnahmen oder diejenigen anderer Verantwortlicher im Rahmen der personell-zeitlichen Teilung des Entscheidungs- und Verantwortungsfeldes bedingt sein. (2) Externe Beschränkungen können durch die Gegebenheiten der Natur (z. B. geologische Strukturen, Wasserstände, Wetter) oder des sozio-ökonomischen Umfeldes (z. B. Gesetzgebung und Rechtsprechung, Verhalten von Kunden, Lieferanten, Konkurrenten und Medien) bedingt sein. - Vgl. auch Kontrollierbarkeit.
II. Einschränkungen der D.: 1. Zeitliche Begrenzungen: Zeitliche Begrenzungen resultieren aus eigenen Entscheidungen (z. B. eingegangenen vertraglichen Bindungen), externen Auflagen (z. B. Kündigungsschutz) oder technisch-natürlichen Sachzwängen (z. B. jahreszeitlich bedingte Schwankungen, Prozeßdauer und -sequenzen). Viele an sich disponible Maßnahmen oder Einflußgrößen können nur innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (z. B. steuerwirksame Investitionen) oder mit einer gewissen Mindestvorlaufzeit (Lieferzeit) in bezug auf den gewollten Wirkungsbeginn getroffen werden. Verbindlich getroffene Beschaffungsentscheidungen führen zu irreversiblen vordisponierten Ausgaben, die weit in die Zukunft hinein belasten können, v. a. bei langfristigen Dienstleistungs- und Lieferverträgen, Arbeits- und Überlassungsverträgen. - Der Begriff sunk costs sollte nach Riebel daher nicht auf Kosten vergangener Perioden (z. B. für Forschung und Entwicklung, Anlageninvestitionen) eingeschränkt werden, sondern grundsätzlich für alle "auf Verdacht" beschafften oder hergestellten Güter gelten. - Die "Mindestdauer der Unveränderlichkeit" (M. Layer) beginnt mit dem irreversiblen Vertragsabschluß; sie endet (je nach Fragestellung) bezüglich der objektbezogenen Ausgabenzuordnung mit dem Ablauf der Verfügbarkeit, bezüglich der Dispositionsmöglichkeit für eine automatische oder potentielle Verlängerung mit Ablauf der Kündigungs- bzw. Optionsfrist. Die Zeit erhält dadurch Quantencharakter in bezug auf die Disponierbarkeit und Zurechenbarkeit (Bindungsdauer, Bindungsintervall). Hinsichtlich Verwendungs- oder Nutzungsdispositionen während der Verfügungsdauer bestehen keine Begrenzungen, abgesehen von anderen zeitlichen Grenzen bzgl. des Einsatzes (z. B. Arbeitszeitbegrenzungen); die einzelnen Nutzungen sind "grenzausgabenlos" (Disponierbarkeit Schneider). Dies gilt grundsätzlich auch bei Lieferverträgen mit festen Abnahmeverpflichtungen, Mindestabnahmemengen oder -entgelten, solange das Minimum nicht überschritten wird (Ausgabenverbundenheit). - 2. Quantenhafte Begrenzungen: Quantenhafte Begrenzungen treten angebotsbedingt auf, wenn ein Gut (schlechthin oder um bestimmte Vorteile zu erreichen) nur in Mindest- oder Standardmengen (z. B. faß-, paletten-, kessel-, wagenweise) oder nur zu Mindestentgelten (Ausgabenverbundenheit) beschafft werden kann. - Beispiel: Bei manchen Produktionsverfahren ist die Einsatz- bzw. Ausbringungsmenge nach unten oder oben begrenzt (z. B. Chargengröße); die Verwendungsentscheidungen sind beliebig dosierbar und "grenzausgabenlos". - 3. Heterogene Kopplungen unterschiedlicher Güterarten im Rahmen eines Beschaffungs-, Produktions- oder Absatzverbundes: Die Beschaffungs- oder Bereitstellungsdispositionen und die Verwendungsdispositionen können beeinträchtigt werden (Ausgabenverbundenheit, Erlösverbundenheit, Gemeinausgaben, Gemeinkosten, Gemeinerlöse, kumulative Gemeinkosten, Kuppelprodukte, technologisch verbundene Produktion). - 4. Vordisponierte Abhängigkeiten: a) Intern vorbestimmte Abhängigkeiten: Durch Entscheidungen über Produktgestaltung und -dimensionierung, Rezeptur, Stücklisten, Verfahrensbedingungen etc. werden spezifische Verbrauchsmengen (Produktionskoeffizienten, Verbrauchsfunktionen) vorgegeben, die die Beziehung zwischen Herstellungsmengen und planmäßigem Verbrauch fixieren. Bei unvollständiger Beherrschung oder wechselnden Einwirkungen natürlicher Faktoren (z. B. Wetter) sind diese stochastischer Art. Entsprechendes gilt für Verträge, in denen Entgelte an bestimmte Aktionsparameter der Produktion (z. B. laufstundenabhängige Maschinenmiete), des Vertriebs (z. B. umsatzwertproportionale Provisionen) oder Finanzbereichs (Zahl der Buchungsposten) geknüpft werden. Infolge dieser Vordispositionen ändern sich die Verbrauchsmengen bzw. Ausgaben und Kosten automatisch mit den entsprechenden Bezugsgrößen. - b) Entsprechendes gilt auch für extern vorbestimmte Abhängigkeitsbeziehungen, z. B. absatzmengenabhängige Verbrauchssteuern. - c) Natürliche Einflußfaktoren kommen erst über disponible oder vordisponierte Aktionsparameter zur Wirkung, z. B. die Luft- oder Wassertemperatur über die vordisponierte Prozeßtemperatur und die jeweils disponierte Durchsatzmenge.
III. Disponierbarkeit und Rechnungswesen: Im entscheidungs- und verantwortungsorientierten Rechnungswesen ist zwischen automatischer Abhängigkeit von bestimmten (steuerbaren oder hinzunehmenden) Einflußgrößen und der Disponierbarkeit in beliebiger oder quantengebundener Dosierbarkeit zu unterscheiden und nach den oben angeführten Bedingungen und Einschränkungen der Disponierbarkeit zu differenzieren. Das geschieht in der Grundrechnung nach dem Konzept der Einzelkostenrechnung.

 

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