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Aufrechnung
I. Allgemein: Wechselseitige Tilgung zweier sich gegenüberstehender Forderungen durch Verrechnung. Wenn zwei Personen einander gleichartige Leistungen schulden, kann jeder Teil (Schuldner) mit seiner Gegenforderung gegen die Forderung (Hauptforderung) des anderen Teils (Gläubigers) aufrechnen. Gesetzlich geregelt in §§ 387-396 BGB. - 1. Voraussetzung ist Fälligkeit und Vollwirksamkeit der Gegen-, nicht notwendig der Hauptforderung. Der Gegenforderung darf keine Einrede der Verjährung entgegenstehen. Doch kann mit verjährter Forderung aufgerechnet werden, wenn sie in dem Zeitpunkt, in dem sie frühestens hätte aufgerechnet werden können, noch nicht verjährt war. - 2. Die Aufrechnung erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, die unbedingt sein muß. Sie bewirkt, daß die Forderungen, soweit sie sich decken, zu dem Zeitpunkt, zu dem frühestens hätte aufgerechnet werden können, als erloschen gelten (z. B. fallen seitdem etwa verwirkte Vertragsstrafen und Verzugszinsen weg). - 3. Ausschluß der A.: a) vertraglich; b) kraft Gesetzes ist Aufrechnung unzulässig gegen unpfändbare Forderungen und gegen Forderungen des Gläubigers aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Schuldners. Nach der Rechtsprechung darf aber der Schuldner (z. B. Arbeitgeber) i. d. R. auch gegen den unpfändbaren Teil einer Forderung aufrechnen, wenn seine Gegenforderung aus einer vom Gläubiger begangenen vorsätzlichen unerlaubten Handlung (z. B. Unterschlagung des Angestellten) herrührt. Abzug von Vorschüssen ist keine Aufrechnung und deshalb ohne Beschränkung zulässig. - 4. Die Parteien können die Aufrechnung auch vertraglich vereinbaren; sie sind dann an die obigen Voraussetzungen nicht gebunden. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist jedoch eine Bestimmung unwirksam, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen. Vgl. im einzelnen AGB-Gesetz. - 5. Aufrechnung der Lohnsteuer ist nicht erlaubt; ausgenommen ist der Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber. Zuviel entrichtete Sozialversicherungsbeiträge sind aufzurechnen (§ 26 SGB IVI). Ab 1990 darf das Finanzamt Steuerforderungen gegen den Anspruch auf Arbeitnehmer-Sparzulage aufrechnen.
II. Konkurs: Auch die Konkurseröffnung nimmt einem Konkursgläubiger nicht die Möglichkeit der A.; es wäre unbillig, wenn er die von ihm geschuldete Leistung zur Masse erbringen müßte, für seine Forderung aber nur Anspruch auf die Konkursdividende hätte. Er braucht seine Forderung nicht anzumelden, doch kann dies mitunter ratsam sein. - Änderungen des Aufrechnungsrechts des Gläubigers durch §§ 54, 55 KO, ab 1. 1. 1999: §§ 94-96 InsO. - 1. Erweiterung: Der Gläubiger kann aufrechnen, wenn er zwar Geld zur Masse schuldet, seinerseits aber eine nicht in Geld bestehende Leistung zu fordern hat, und auch wenn seine Forderung noch nicht fällig ist (§§ 54, 69, 70 KO, anders ab 1. 1. 1999: § 95 Abs. 1 InsO). - 2. Einschränkung: Die Aufrechnung ist nur zulässig, wenn die Aufrechnungslage schon vor Konkurseröffnung bestand (§ 55 KO, ab 1. 1. 1999: § 94 InsO). Dadurch soll verhindert werden, daß ein Konkursgläubiger seine Forderung an jemand abtritt, der etwas zur Masse schuldet und sich dann durch Aufrechnung voll befriedigen kann. - 3. Die Bestimmungen über Erweiterung und Einschränkung der Aufrechnung gelten entsprechend im Vergleichsverfahren (§ 54 Vergl.O bis 1. 1. 1999. Danach gilt die Insolvenzordnung).
III. Zivilprozeß: Beklagter kann die Aufrechnung (oder der Kläger gegenüber der Widerklage des Beklagten) erklären. - 1. Verteidigt sich der Schuldner auch noch anderweitig, ist die Aufrechnung i. d. R. als Eventualaufrechnung anzusehen, d. h. nur für den Fall erklärt, daß sich die bestrittene Klageforderung trotz der anderweitigen Verteilung als begründet erweist. - 2. Stehen Klageforderung und Gegenforderung nicht in rechtlichem Zusammenhang, kann das Gericht die Verhandlung über die Gegenforderung abtrennen und, wenn nur die Klageforderung zur Entscheidung reif ist, ein sog. Vorbehaltsurteil erlassen (§ 302 ZPO); vorbehalten bleibt die Entscheidung über die Aufrechnung im Nachverfahren. Die Rechtskraft einer Entscheidung des Gerichts, daß die zur Aufrechnung gestellte Forderung nicht bestanden hat oder infolge der Aufrechnung erloschen ist, betrifft auch den zur Aufrechnung gestellten Anspruch (§ 322 II ZPO.)
IV. Steuerrecht: Auch nach Steuerrecht sind die Steuerpflichtigen berechtigt, gegen Steueransprüche mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen mit befreiender Wirkung (§ 47 AO) aufzurechnen (§ 226 AO). Die Aufrechnung kann auch durch die Finanzbehörde erklärt werden.
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