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Versailler Vertrag
1. Geschichte: Der Erste Weltkrieg, den das Deutsche Kaiserreich als Verbündeter von Österreich-Ungarn zusammen mit der Türkei, mit Ungarn und Bulgarien gegen insbes. Rußland, Frankreich, Großbritannien, Italien und die USA führten, konnte gegenüber Sowjetrußland und der Ukraine aufgrund der dortigen Revolutionen bereits im Februar/März 1918 durch den Separatfrieden von Brest-Litowsk beendet werden. Nachdem am 11. November 1918 auch an den anderen Fronten der Waffenstillstand in Kraft getreten war, wurde am 18. Januar 1919 die Friedenskonferenz der 27 alliierten und assoziierten Mächte in Paris eröffnet. Die Alliierten bildeten einen "Rat der Vier" mit führenden Politikern aus Frankreich, Großbritannien, Italien und den USA, in dem die wichtigen Entscheidungen gefällt wurden. - Ohne Einbeziehung Deutschlands, wo am 9. November 1918 die Republik ausgerufen worden war, formulierten die Siegermächte Friedensbedingungen, die sie am 7. Mai 1919 der deutschen Delegation vorlegten. Auf die Ablehnung durch das deutsche Parlament reagierte der "Rat der Vier" mit einem Ultimatum, in dem der Einmarsch alliierter Truppen in das Deutsche Reich angedroht wurde. Der Friedensvertrag wurde daraufhin am 28. Juni 1919 im Spiegelsaal von Versailles, wo 1871 nach der Beendigung des deutsch-französischen Kriegs der erste deutsche Kaiser proklamiert worden war, von Deutschland und den Alliierten - mit Ausnahme der USA - unterzeichnet ("Versailler Diktat"). Binnen eines Jahres wurden in anderen Pariser Vororten gesonderte Friedensverträge mit den übrigen Verlierern des Ersten Weltkriegs geschlossen. - 2. Inhalt: Der Versailler Vertrag Versailler Vertrag umfaßt 440 Artikel außer den eigentlichen Friedensbedingungen, die in ihrer Mehrzahl Forderungen mit dem Charakter von Reparationen sind, auch die Abkommen über die Einrichtung des Völkerbunds und des Internationalen Gerichtshofs im Haag. In Artikel 231 wird Deutschland die Alleinschuld am Krieg zugewiesen und damit alle Forderungen der Siegermächte begründet (Kriegsschuldartikel). - An benachbarte Staaten mußte Deutschland 14% seiner Fläche mit etwa gleichhohem Bevölkerungsanteil abtreten, womit überproportionale Einbußen an Ernteerträgen (Kartoffeln, Getreide) und an Rohstoffvorkommen (Eisen-, Zinkerz, Steinkohle) verbunden waren. Die wichtigsten abzutretenden Gebiete waren: Nordschleswig, Eupen-Malmedy, Elsaß-Lothringen, Oberschlesien, Hultschin, Westpreußen, Pommern. Sämtliche deutsche Kolonien wurden dem Völkerbund übertragen: Togo, Kamerun, Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika, Inseln und Landesteile im Pazifik. Das Saarland und das linksrheinische Gebiet sollten als Faustpfand für die Erfüllung der Reparationsforderungen bis 1935 besetzt werden. Neben der grundsätzlichen Demilitarisierung bis auf kleine Kontingente der einzelnen Truppenteile mußte rechts des Rheins eine 50 Kilometer breite Zone entmilitarisiert werden. - Wesentliche Bestandteile des Versailler Vertrag Versailler Vertrag in wirtschaftlicher Hinsicht waren die entschädigungslose Beschlagnahmung deutschen Eigentums im Ausland, die Ablieferung fast der gesamten Handelsflotte, der Verlust deutscher Patente und Lizenzen, die Internationalisierung der deutschen Ströme und die Verpflichtung zu Reparationen in Sach- und Geldform, deren Festlegung nach Art, Umfang und Verteilung auf die Siegermächte einer alliierten Reparationskommission übertragen wurde (Reparationen). - Leistungen: Aufgrund unterschiedlicher juristischer und bewertungsmäßiger Ansätze gelangten die alliierte Reparationskommission einerseits und die deutsche Regierung andererseits zu stark abweichenden Werten hinsichtlich der geleisteten Reparationen. Im Gegensatz zu den von der Reparationskommission anerkannten Leistungen über 21 Mrd. Reichsmark errechnete die deutsche Regierung einen Betrag von 68 Mrd. Reichsmark. Die größten Unterschiede traten bei der Bewertung der Kohlelieferungen (959 versus 2 334 Mrd.), der beschlagnahmten und gelieferten Handelsschiffe (712 versus 4 486 Mrd.), des nichtmilitärischen Rücklasses an den Fronten (140 versus 5 041 Mrd.) sowie des im europäischen Ausland abgetretenen Reichs- und Staatseigentums (2 781 versus 9 670 Mrd.) auf. - Bewertung: Die Folgen des Versailler Vertrag Versailler Vertrag für Deutschland waren nicht auf wirtschaftliche Aspekte beschränkt. Die Zuweisung der alleinigen Kriegsschuld an Deutschland, die langjährige Besetzung von Landesteilen und die interne Finanzkontrolle durch die Alliierten wurden als Verletzung des Nationalgefühls, die finanzielle Belastung durch die Reparationen als Hypothek auch für die nachfolgenden Generationen empfunden. Die häufig wechselnden Regierungen der jungen Weimarer Demokratie mußten sich den Forderungen der Alliierten beugen und boten dadurch den erstarkenden politischen Extremisten Angriffsflächen, denen ein großer Teil der deutschen Bevölkerung inhaltlich zustimmte.
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