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Vormundschaft
I. Begriff: Gesetzlich geregelte und staatlich beaufsichtigte Fürsorge für die Person und das Vermögen eines Menschen, der seine Angelegenheiten nicht selbst erledigen kann und daher schutzbedürftig ist. (Vormundschaft i. w. S.) - Zu unterscheiden: 1. Vormundschaft i. e. S.: V., die grundsätzlich die gesamte Sorge für die Person und das Vermögen des schutzbedürftigen Minderjährigen ("Mündel") umfaßt (§§ 1773 ff. BGB) und ausgeübt wird durch den "Vormund" (über diese Vormundschaft vgl. die folgenden Ausführungen unter II); 2. Pflegschaft (vgl. dort), die nur einzelne Angelegenheiten des Schutzbedürftigen ("Pflegling") oder eine Gruppe von solchen regelt (§§ 1909 ff. BGB) und ausgeübt wird durch den "Pfleger". 3. Die Betreuung psychisch Kranker oder körperlich, geistig oder seelisch behinderter Erwachsener (§§ 1896-1908 i BGB). Die sog. Gebrechlichkeitspflegschaft, die in diesen Fällen früher errichtet wurde, ist seit dem 1. 1. 1992 im neuen Institut der Betreuung aufgegangen.
II. Vormundschaft über einen Minderjährigen: Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Sorge steht oder wenn die Eltern weder in den die Person noch in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt sind oder wenn es sich um ein Findelkind handelt (§ 1773 BGB).
III. Charakterisierung: 1. Anordnung von Amts wegen durch das Vormundschaftsgericht, das den Vormund auswählt und ernennt. Als Ausweis erhält der Vormund bei seiner Verpflichtung durch das Vormundschaftsgericht eine Urkunde, die "Bestallung". - 2. Aufgaben des Vormunds: Die Sorge für die Person (§ 1800 BGB) und das Vermögen (§§ 1802 ff. BGB) des Mündels sowie dessen gesetzliche Vertretung. Die Verwaltung des Mündelvermögens ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften unter Aufsicht des Vormundschaftsgerichts zu führen, Geld verzinslich und mündelsicher (Mündelsicherheit) anzulegen (§§ 1806 ff. BGB). Für bestimmte Rechtsgeschäfte bedarf der Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, z. B. zur Veräußerung eines Grundstücks des Mündels, zu einem Vertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, zum Abschluß eines mehr als einjährigen Lehr-, Dienst- oder Arbeitsvertrags des Mündels u. a. (§§ 1821, 1822 BGB). - 3. Beendigung: Beendigung der Vormundschaft mit dem Eintritt oder Wiedereintritt der elterlichen Sorge oder Erreichen der Volljährigkeit, dem Tod oder der Todeserklärung des Mündels (vgl. §§ 1882 ff. BGB). Nach der Beendigung seines Amtes hat der Vormund das verwaltete Vermögen herauszugeben und über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen (§ 1890 BGB). - 4. Vergütung: Grundsätzlich übt der Vormund seine Tätigkeit unentgeltlich aus. Das Vormundschaftsgericht kann ihm jedoch beim Vorliegen besonderer Gründe, z. B. umfangreichen Verwaltungsarbeiten bei größeren Mündelvermögen, eine angemessene Vergütung bewilligen (§ 1836 BGB). Soweit dem Vormund durch seine Tätigkeit Auslagen erwachsen sind, kann er diese aus dem Mündelvermögen entnehmen oder vom Mündel ersetzt verlangen (§ 1835 BGB).
IVormundschaft Sonderarten: 1. Mitvormundschaft: Grundsätzlich soll das Vormundschaftsgericht nur einen Vormund bestellen (§ 1775 BGB); nur bei Vorliegen besonderer Gründe ist die Bestellung mehrerer Vormünder zulässig, z. B. bei getrennten und umfangreichen Vermögensverwaltungen. Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft grundsätzlich gemeinschaftlich; das Vormundschaftsgericht kann jedoch eine Aufteilung nach bestimmten Wirkungskreisen vornehmen (§ 1797 BGB). - 2. Gegenvormundschaft: Bei einer umfangreichen Vermögensverwaltung kann das Vormundschaftsgericht neben dem Vormund noch einen Gegenvormund bestellen mit der Aufgabe, die Geschäftsführung des Vormundes zu überwachen, das Vormundschaftsgericht von Pflichtwidrigkeiten des Vormundes zu unterrichten und bei verschiedenen Geschäften des Vormundes mitzuwirken (§§ 1799, 1802, 1810, 1812 BGB). - 3. Befreite Vormundschaft: Der Vormund ist von gewissen Beschränkungen freigestellt (§§ 1852 ff. BGB), z. B. kann Bestellung eines Gegenvormundes ausgeschlossen, die Beschränkungen für die Anlegung von Mündelgeld gem. §§ 1809, 1810 BGB aufgehoben, die jährliche Rechnungslegungspflicht erlassen werden etc. Die Anordnung der Freistellung erfolgt durch den Vater oder die Mutter bei der Benennung des Vormundes.
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