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Joint Venture

I. Begriff: 1. I. w. S. (joint venturing): Zusammenarbeit von nicht gebietsansässigen Unternehmen mit Partnern aus dem Gastland (Auslandsmarkt), d. h. alle Formen der Kooperation, einschl. Lizenzvergabe, Vertragsmanagement, Vertragsfertigung und Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture V. i. e. S.). - 2. I. e. S. (auch als Beteiligungs-, Gemeinschafts-Partnerschaftsunternehmen oder joint ownership ventures bezeichnet): Unternehmen, die durch folgende Charakteristika gekennzeichnet sind: a) kapitalmäßige Beteiligung und Tragung anteiligen Risikos seitens aller Partner; b) Investoren aus verschiedenen Wirtschaftsgebieten; c) längerfristige bzw. dauerhafte Zusammenarbeit auf vertraglicher Basis. - Vgl. auch internationales Joint Venture.
II. Struktur, Zweck und Handlungsspielraum: Joint Venture V. können nach den Hauptkriterien technologischer und wirtschaftlicher Entwicklungsstand des Gast- bzw. Ziellandes, Wirtschaftssystem des Ziellandes, Beteiligungshöhe des ausländischen Partners, Zweck und Gegenstand des Joint Venture V., Dauer, Partnerstruktur nach Nationalität und politischer bzw. Wirtschaftsebene und Freiheitsgrad des Joint Venture V. unterschieden werden. - 1. Technologischer und wirtschaftlicher Entwicklungsstand des Ziellandes: a) Entwicklungsländer: Zunehmende Devisen- und Verschuldungsprobleme sowie Nationalisierungstendenzen und Bestrebungen zur Verbesserung des Entwicklungsniveaus bewirkten in vielen Entwicklungsländern Importbeschränkungen oder -stops sowie ein Verbot der Mehrheitsbeteiligungen durch Gebietsfremde; Joint Venture V., überwiegend in der Form einer Minderheitsbeteiligung, sind möglich. Verschiedene Gruppierungen sowohl auf ausländischer Seite (in der Bundesrep. D. z. B. 34% Privatinvestoren sowie 15% Deutsche Entwicklungsgesellschaft) als auch auf Seiten des Gastlandes (Regierungsstellen zu 20% und in gegenseitiger Abstimmung Finanzierungsgruppen zu 31%, da i. d. R. gebietsansässigen Privatinvestoren das notwendige Kapital fehlt) sind an Joint Venture V. beteiligt. - Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen insbes. in: (1) Forschung und Entwicklung; (2) Projekt- und Arbeitsgemeinschaften bzw. Konsortien, um in Drittländern erfolgreicher arbeiten zu können; (3) Spezial-Joint Venture V., um im ausländischen Markt ein bestimmtes Marktsegment zu erschließen. b) Industrieländer: Unternehmen aus Industrieländern mit höherem Industrialisierungsgrad und technologischem Entwicklungsstand suchen in zunehmendem Maße nach effiziente(re)n Wegen grenzüberschreitender Arbeitsteilung bzw. Kooperation wegen: (1) Austausch, wechselseitiger Nutzung und kostengünstigerer Verbesserung von technischem und Marketing-Know-how; (2) Rationalisierung (hinsichtlich Produktion, Marketing-Mix, Distribution sowie Forschung und Entwicklung); (3) Vergrößerung der Basis, um Großprojekte übernehmen und mit Mindestrisiko realisieren zu können. - Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen insbes. in: (1) Erringung von Größenvorteilen (economies of large scale) im Rahmen von Leistungserstellung, Know-how-Entwicklung und -anwendung sowie Marketing-Organisation; (2) Erreichung einer größeren Marktnähe, einschl. des Images eines gebietsansässigen Unternehmens; (3) Erschließung von "Problemmärkten" im Zielland. - 2. Wirtschaftssystem des Ziellandes: a) In Ländern mit marktwirtschaftlicher Wirtschaftsordnung werden Joint Venture V. durch den staatlich vorgegebenen, sehr weit gefaßten Rahmen eher indirekt beeinflußt. b) Joint Venture V. in den bisherigen Staatshandelsländern unterliegen i. d. R. stärkeren Reglementierungen in bezug auf Inhalt, Beteiligungsverhältnisse, Absatzmöglichkeiten im Zielland etc.; in diesen Ländern ist (auch in der Gründungsphase) eine staatliche Beteiligung nicht mehr unumgänglich. Die Möglichkeiten zum Erwerb von Eigentum am Grundkapital von Joint Venture V. durch ausländische Unternehmen ist in praxi nahezu in allen ehemaligen Staatshandelsländern gegeben, die Joint Venture V. als Beteiligungsform zulassen. Eigentumsrechte und Beteiligungsverhältnisse der ausländischen Partner werden durch entsprechende Ländergesetze und -verordnungen geregelt. - 3. Beteiligung des ausländischen Partners: Es werden Minoritätsbeteiligungen (minority joint venture), Mehrheitsbeteiligungen (majority joint venture) und Gleichheitsbeteiligungen (equity joint venture) des ausländischen Partners unterschieden. - 4. Zweck und Gegenstand: a) Produktions-Joint Venture V.: Gegenstand des Joint Venture V. können sein Vorproduktion, Montage bzw. Konfektionierung oder Formulierung, Veredelung oder Gesamtfertigung. Zweck sind Erreichung von Kostenvorteilen sowie einer geographischen und "anthropologischen" Nähe zu Absatzmärkten. b) Vertriebs-Joint Venture V.: Unternehmen aus fremden Wirtschaftsgebieten gründen mit einheimischen Partnern eine Vertriebsgesellschaft im Zielland oder erwerben eine bereits bestehende Vertriebsorganisation. Insbes. in Staatshandelsländern und in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ist ein Vertriebs-Joint Venture V. oft die einzige Möglichkeit, um den dortigen Absatzmarkt kontrolliert bearbeiten zu können. In Industrieländern überwiegen Wettbewerbs-, Marketing- und Rationalisierungsziele. c) Joint Venture V. in Forschung und Entwicklung: Durch gemeinsame Zweckforschung und Entwicklung soll den Erfordernissen des technischen Fortschritts besser und kostengünstiger entsprochen werden, als dies bei individuellem Vorgehen möglich wäre. - 5. Dauer der Zusammenarbeit: a) Befristete, projektbezogene Joint Venture V. (contractual joint venture) gehören nicht zu Joint Venture V. i. e. S., da der dauerhafte Charakter fehlt. b) Langfristiges Joint Venture V. ("echtes" Joint Venture V.): Joint Venture V. mit dauerhaftem bzw. längerfristigem Charakter; die Regelvertragsdauer beträgt 10 bis 15 Jahre. Die Partner verfolgen strategische Zielsetzungen. Z. T. ist die Vertragsdauer begrenzt (in der Volksrepublik China maximal 50 Jahre). - 6. Partnerstruktur nach Nationalität bzw. Herkunftsland: a) Partner aus dem gleichen fremden Wirtschaftsgebiet: Da beide Investoren aus dem gleichen Wirtschafts- und Mentalitätsraum entstammen, kann eine gewisse gemeinsame Basis vorausgesetzt werden. Zahlreiche Konfliktpotentiale sind somit ausgeschlossen. b) Partner aus verschiedenen fremden Wirtschaftsgebieten gründen ein Unternehmen im Zielland. c) Partner aus dem Gastland und aus einem fremden Wirtschaftsgebiet: Entspricht der eigentlichen Begriffsdefinition des Joint Venture V. - 7. Freiheitsgrad des Joint Venture V.: Die politisch bestimmten Zielsetzungen einzelner Länder schlagen sich in den für ausländische Investoren geltenden Investitionsgesetzen und -verordnungen nieder. Hierdurch können nicht nur der Zwang zur Beteiligung eines Partners aus dem Gastland und die Beteiligungsverhältnisse vorgeben werden, sondern auch der Handlungsspielraum, u. a. in bezug auf Vermarktung der im Rahmen des Joint Venture V. produzierten Erzeugnisse, Geld- und Kapitaltransfer, Devisen, Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis des Gastlandes für ausländische Mitarbeiter, Behandlung durch Behörden, Zulieferanten, Interessengemeinschaften etc. sowie Managementstruktur (in Abhängigkeit von Landesvorschriften, Rechtsform und Beteiligungsverhältnisse der Partner).

 

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