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Berufsunfähigkeit

I. Gesetzliche Rentenversicherung: 1. Begriff: Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und gleichwertigen Fähigkeiten herabgesunken ist (§ 1246 RVO, § 23 AVG, § 46 RKG; ab 1. 1. 1992: § 43 SGB VI). - a) Wegen der wenig präzisen gesetzlichen Begriffsbestimmung hat sich eine umfangreiche detaillierte Rechtsprechung herausgebildet, die von folgenden Grundsätzen ausgeht: Ausgangspunkt ist der bisherige Beruf des Versicherten; i. d. R. der letzte in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübte Beruf. Dieser ist Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Frage, auf welche Berufe ein Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, wenn er krankheitsbedingt seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, aber noch in der Lage ist, andere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. - b) Dazu existiert ein vom Bundessozialgericht (BSG) für die Arbeiterrentenversicherung entwickeltes Mehrstufenschema, gekennzeichnet durch vier Leitberufe: (1) Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion, (2) Facharbeiter, (3) angelernter Arbeiter, (4) ungelernter Arbeiter. Kriterium für die Einstufung sind v. a. Ausbildung, Qualität der Arbeit im Beruf und tarifliche Bewertung und Einstufung. Ein Versicherter, der seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, muß sich auf Berufe der jeweils nächst-niedrigeren Stufe zumutbar verweisen lassen, wenn er diese nach seinem Gesundheitszustand und nach einer Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von längstens drei Monaten vollwertig verrichten kann und hierbei mehr als die Hälfte seines bisherigen Lohnes erzielt. - c) Das Mehrstufenschema gilt nach der Rechtsprechung auch entsprechend für die Angestelltenversicherung; der Berufsschutz besteht nur in diesem Rahmen. Bei der Verweisung auf andere Berufe muß dem Versicherten mindestens ein für ihn zumutbarer Beruf konkret benannt werden; auf Berufe, die auf dem Arbeitsmarkt nicht in nennenswertem Umfang vorhanden sind, kann nicht verwiesen werden. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob der Versicherte einen Arbeitsplatz in dem zumutbaren Verweisungsberuf erhält; kann er einen solchen Arbeitsplatz nicht erhalten, so ist er nicht berufsunfähig, sondern arbeitslos. Dies gilt jedenfalls für Versicherte, die noch vollschichtig in einem Verweisungsberuf arbeiten können. Bei Versicherten, die aus gesundheitlichen Gründen nur noch Teilzeitarbeit verrichten können, ist dagegen zu prüfen, ob der Arbeitsmarkt hierfür nicht verschlossen ist; kann dem aus gesundheitlichen Gründen auf Teilzeitarbeit angewiesenen Versicherten innerhalb eines Jahres kein Arbeitsplatz vom Rentenversicherungsträger oder vom zuständigen Arbeitsmarkt angeboten werden, ist er berufsunfähig. - Im einzelnen bestehen hinsichtlich der Feststellung des bisherigen Berufs (Berufsschutzes) und der Zumutbarkeit der Verweisung auf andere Berufe zahlreiche Einzelregelungen und auch Streitfragen. - d) Wer nicht berufsunfähig ist, ist auch nicht erwerbsunfähig (Erwerbsunfähigkeit). - 2. Folgen: a) Berufsunfähigkeit löst bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in der Angestelltenversicherung und in der Arbeiterrentenversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente und in der Knappschaftsversicherung eine Knappschaftsrente aus. - b) Beruht die Berufsunfähigkeit nicht nur auf gesundheitlichen Gründen, sondern auch auf dem Verschlossensein des Arbeitsmarktes, weil nur noch Teilzeitarbeit möglich ist, so wird nur eine Zeitrente von höchstens drei Jahren gewährt, die aber verlängert werden kann (§ 1276 RVO, § 53 AVG, § 72 RKG bzw. ab 1. 1. 1992: § 102 II SGB VI).
II. Lebensversicherung: 1. Begriff: a) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. b) Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn diese Voraussetzungen nur zu einem bestimmten Grad erfüllt sind. c) Nach den neuesten Bedingungen liegt auch dann Berufsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte sechs Monate ununterbrochen pflegebedürftig im Sinne der Pflegerentenversicherung gewesen und deswegen täglich gepflegt worden ist. - 2. Folgen: Berufsunfähigkeit löst Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bzw. der selbständigen Berufsunfähigkeitsversicherung aus.

 

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