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Arbeiterbewegung

I. Begriff/Entstehung: Gemeinsame organisierte Willensbestrebung der Lohnarbeiter zur Durchsetzung ihrer Interessen und Forderungen; ausgehend von der zu Beginn des 19. Jh. einsetzenden Industrialisierung, mit der an die Stelle des alten Zunftrechts die Gewerbefreiheit trat, die das frühere Herrschafts- und Dienstverhältnis in ein reines Vertragsverhältnis umwandelte und die rechtliche Freiheit und Selbständigkeit des gewerblichen Lohnarbeiters anerkannte.
II. Jüngere Entwicklung: Unter radikalen Führern war Ziel der Arbeiterbewegung nicht mehr die Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiterschaft, sondern allgemein das Ende des Kapitalismus mit Mitteln des Klassenkampfes (Diktatur des Proletariats). Der Druck durch organisierte Zuammenfassung großer Arbeitermassen führte nach schrittweiser Aufhebung der Koalitionsverbote zur Bildung von Gewerkschaften, deren Aufgabe die Vertretung der wirtschaftlichen und politischen Arbeiterinteressen war und die nach dem Ersten Weltkrieg zu machtvoller Bedeutung gelangten. Die Gewerkschaftsbewegung war indessen nicht einheitlich, sondern wies verschiedene Einstellungen zum Gedanken des Klassenkampfes auf. Dieser wurde von den christlichen und liberalen (Hirsch-Dunckerschen) Gewerkschaften abgelehnt, dagegen zunächst von den freien (und stärksten) Gewerkschaften mit dem Ziel des wirtschaftlichen Sozialismus stark vertreten. Mit Beginn des 20. Jh. setzte sich fortschreitend auch in den freien Gewerkschaften der westlichen Länder die Anerkennung der politischen Demokratie als der erstrebenswerten Staatsform durch. Dagegen gelangte in Rußland nach dem Ende des Ersten Weltkrieges die alte revolutionäre Richtung in der Form des Bolschewismus vorübergehend zum Sieg. Der wirtschaftliche Zusammenbruch des Ostblocks und seine politische Auflösung machen die Grenzen staatlicher Planwirtschaft deutlich. - Seit 1945 manifestiert sich die deutsche Arbeiterbewegung überwiegend in den Gewerkschaften als verfassungsmäßig anerkannten Sozialpartnern.
III. Bewertung der Erfolge der Tätigkeiten der A.: Der gestiegene Lebensstandard hervorgerufen durch Arbeitszeitverkürzung, Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen sowie die Lohn- und Einkommenserhöhungen werden meist als Erfolg der organisierten Arbeiterbewegung und damit der Gewerkschaften angesehen. Diese Auffassung ist z. T. korrekturbedürftig. Arbeitnehmer sind nicht nur Lohnempfänger und damit Kostenfaktor der Unternehmen, sondern auch gleichzeitig Konsumenten. Neue wirtschaftswissenschaftliche Forschungen machen auch deutlich, daß eine einseitige Lohnerhöhung, Arbeitszeitverkürzung, Forderung nach Mindesteinkommen durch Wegfall der Leichtlohngruppen usw. abgestellte Gewerkschaftspolitik zu verstärkter Rationalisierung, zu zunehmendem Maschineneinsatz verbunden mit einer Verdrängung der menschlichen Arbeit und damit zu einer Verstärkung des Trends zu steigender Arbeitslosigkeit führen muß. - Der Mitgliederschwund und die sinkende Bereitschaft der neu in das Berufsleben eintretenden Jugendlichen sich der Arbeiterbewegung anzuschließen, bestätigen eine zunehmend skeptischer werdende Einstellung.

 

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