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soziales Mietrecht

I. Begriff: Regelung, die zugunsten des Mieters von Wohnraum die freie Kündigung durch den Vermieter oder die Beendigung von Mietverhältnissen durch Zeitablauf einschränkt. Auf Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von diesen Vorschriften abweichen, kann sich der Vermieter nicht berufen.
II. Formen: 1. Beschränkung der Zulässigkeit der fristlosen (sofortigen, außerordentlichen) Kündigung: Sie ist zulässig: a) Bei Mietzinsrückstand (von mehr als einer Monatsmiete). Die Kündigung wird unwirksam, wenn binnen eines Monats nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs der Vermieter befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zur Befriedigung verpflichtet (§ 554 BGB). b) Wenn ein Vertragsteil schuldhaft in solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbes. den Hausfrieden so nachhaltig stört, daß dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 554 a BGB). c) Wenn der Mieter oder der, dem er den Gebrauch der Mietsache überlassen hat, trotz Abmahnung durch den Vermieter einen vertragsbrüchigen Gebrauch der Mietsache fortsetzt, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt, insbes. einem Dritten die Wohnung unbefugt überläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet (§ 553 BGB). - 2. Beschränkung der Zulässigkeit der ordentlichen Kündigung (vgl. Kündigungsfristen III): a) Wohnraummietverhältnisse, die auf unbestimmte Zeit geschlossen sind, einschl. solcher mit Verlängerungsklausel oder einer auflösenden Bedingung (§ 565 a BGB): Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch den Vermieter mit den gesetzlichen Kündigungsfristen ist nur wirksam, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (§ 564 b I BGB). Ein berechtigtes Interesse des Vermieters liegt insbes. vor, wenn (1) der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat oder (2) der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt (Eigenbedarf). Ist nach der Überlassung der vermieteten Wohnräume Wohnungseigentum begründet und dieses Wohnungseigentum veräußert worden, kann sich der Erwerber auf Eigenbedarf nicht vor Ablauf von drei bzw. fünf Jahren seit der Veräußerung berufen. Ein berechtigtes Interesse stellt es ferner dar, wenn (3) der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Die Erzielung eines höheren Mietzinses bleibt dabei außer Betracht. Bei einer späteren Begründung von Wohnungseigentum kommt eine Kündigung aus diesem Grunde in bestimmten Gebieten nicht vor Ablauf von fünf Jahren in Betracht (§ 564 b II Nr. 3 BGB). Ferner kann der Vermieter nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume teilkündigen, wenn er diese Räume zum Zwecke der Vermietung ausbauen will und er dies dem Mieter vor dem 1. 6. 1995 mitteilt (§ 564 b II Nr. 4 BGB). Eines berechtigten Interesses als Kündigungsgrund bedarf es nicht, wenn sich die Mietwohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen oder mit drei Wohnungen befindet, wenn mindestens eine dieser Wohnungen durch Ausbau oder Erweiterung zwischen dem 31. Mai 1990 und dem 1. Juni 1995 fertiggestellt worden ist. In diesen Fällen verlängert sich die Kündigungsfrist um drei Monate (§ 564 b IV BGB). Der Vermieter kann aber vom Mieter die Zustimmung zu einer Anhebung des Mietzinses bis zur Höhe der Vergleichsmiete verlangen, die für vergleichbaren Wohnraum inzwischen gezahlt wird, wenn der Mietzins seit einem Jahr unverändert ist. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen (Miethöhegesetz). Verlängerung der Fristen für die ordentliche Kündigung (§ 565 BGB), die der Schriftform bedarf (§ 564 a BGB). - Widerspruchsrecht des Mieters gegen die ordentliche Kündigung (§ 556 a BGB) (sog. Sozialklausel): Würde die Beendigung des Mietverhältnisses wegen besonderer Umstände des Einzelfalles einen Eingriff in die Lebensverhältnisse des Mieters oder seiner Familie bewirken, dessen Härte auch unter voller Würdigung der Belange des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist, kann der Mieter vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis so lange fortzusetzen, als dies angemessen ist, gegebenenfalls unter Änderung der bisherigen Vertragsbedingungen. Kommt keine Einigung zustande, wird durch Urteil über die Dauer und die Vertragsbedingungen eine Bestimmung getroffen. - Das Widerspruchsrecht des Mieters ist ausgeschlossen, (a) wenn er gekündigt hat; (b) wenn ein Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt; (c) wenn auf einen früheren Widerspruch des Mieters bereits ein Urteil ergangen war; (d) wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat; Ausnahme, wenn der Vermieter den Mieter auf das Widerspruchsrecht nicht hingewiesen oder auf Verlangen des Mieters die Kündigungsgründe nicht angegeben hat. - b) Wohnraummietverhältnisse, die auf bestimmte Zeit abgeschlossen sind: Endet ein auf bestimmte Zeit eingegangenenes Mietverhältnis durch Zeitablauf, so kann der Mieter spätestens zwei Monate vor Beendigung schriftlich die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit verlangen, wenn nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat, d. h. Gründe hat, die ihn nach § 564 b BGB zur Kündigung berechtigen würden (§ 564 c I BGB). Von dieser Möglichkeit für den Mieter, ein befristetes Mietverhältnis in ein unbefristetes durch Erklärung gegenüber dem Vermieter umzuwandeln, macht § 564 c II wiederum eine Ausnahme: Handelt es sich um ein Mietverhältnis über eine Dauer von weniger als fünf Jahren, und der Vermieter will die Räume nach der vereinbarten Mietzeit für sich oder seine Familie nutzen oder die Wohnung umbauen und hat diese Absicht dem Mieter bei Vertragsschluß schriftlich angekündigt sowie die fortbestehende Verwendungsabsicht drei Monate vor Mietende schriftlich mitgeteilt, dann hat der Mieter keine Möglichkeit der Verlängerung des Mietverhältnisses. Er kann sich auch nicht auf die sog. Sozialklausel berufen (vgl. oben). - Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum mit einem vereinbarten Rücktrittsrecht gelten für den Rücktritt die Vorschriften über die Kündigung entsprechend (§ 570 a BGB). - Das s. M. gilt nicht für Wohnraum, der nur zu vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, für Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat, wenn dieser Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen wird und für Wohnraum, der Teil eines Studenten- oder Jugendwohnheims ist; für Wohnraum in Ferienhäusern und Ferienwohnungen in Ferienhausgebieten, sofern er vor dem 1. 6. 1995 dem Mieter überlassen worden ist, für Wohnraum, den öffentliche Träger (z. B. Gemeinden) angemietet haben, um ihn Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zu überlassen, wenn dies vor dem 1. 6. 1995 geschehen ist (§ 564 VII BGB). - 3. Besondere Kündigungsvorschriften für nach dem Recht der DDR begründete Rechtsverhältnisse, auf die nach dem 1. 1. 1995 das Mietrecht des BGB anzuwenden ist: vgl. Schuldrechtsänderungsgesetz 1.

 

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