|
|
Krisentheorie
I. Konjunkturtheorie: Der Begriff Krise beschreibt die Phase des konjunkturellen Niedergangs (auch Depression); vgl. im einzelnen Konjunkturphasen, Konjunkturtheorie.
II. Marxismus: Die Krisentheorie soll beweisen, daß die wirtschaftliche Entwicklung des Kapitalismus notwendigerweise durch immer heftigere Konjunkturkrisen und Disproportionen gekennzeichnet ist. Als generelle Ursache hierfür wird der durch den technischen Fortschritt und durch anwachsende Akkumulation bedingte tendenzielle Fall der Profitrate angesehen. - Darauf aufbauend werden von Marx zwei unterschiedliche Krisenerklärungen formuliert: 1. Da die Unternehmer dem Profitratenfall durch verstärkte Akkumulation und damit Produktion entgegenzuwirken versuchten, um die geringere Kapitalrentabilität durch vergrößerten Mehrwert (Mehrwerttheorie) zu kompensieren, stieg der gesamtwirtschaftliche Produktionsumfang zwangsläufig an. Gleichzeitige bewirken jedoch Ausbeutung und Verelendung der Arbeiter sowie die Vergrößerung der industriellen Reservearmee, daß die kaufkräftige Nachfrage hinter dem wachsenden Güterangebot zurückbleibe. Dies führe zu periodisch wiederkehrenden konjunkturellen Absatzkrisen, die hier als Mischung aus Überproduktions- und Unterkonsumtionstheorie erklärt werden. Betriebsstillegungen, Unterauslastung des vorhandenen Kapitalstocks verstärkte Sonderabschreibungen u. a. entwerteten den vorhandenen Kapitalstock zwar, doch bewirkte die nur einen vorübergehenden Wiederanstieg der Kapitalrentabilität. Mittelfristig falle sie durch den technischen Fortschritt und die fortgesetzte Akkumulation immer weiter. Dies rufe neuerliche Überproduktions- und Unterkonsumtionskrisen hervor. Durch die sich häufenden Konkurse komme es zu einer fortgesetzten Zentralisation des Kapitals. - Kritisiert wird dieser Ansatz kreislauftheoretisch, weil ungeklärt bleibt, warum die Gewinne bei zunehmender Akkumulation nicht ebenfalls nachfragewirksam werden (Investitionsgüterbedarf) und die Unternehmer keine Konsumgüternachfrage entfalten. - 2. Nach Marx sind unter den Bedingungen der freien Konkurrenz fortgesetzte gesamtwirtschaftliche Disproportionen bzw. Ungleichgewichte zwangsläufig. In einem gesamtwirtschaftlichen Kreislaufmodell unterscheidet er zwischen dem Industriesektor, der Investitionsgüter herstellt (Abteilung I) und demjenigen, der Konsumgüter produziert (Abteilung II). Marx leitet für eine stationäre wie für eine wachsende Wirtschaft eine Reihe von Gleichgewichtsbedingungen ab, unter denen der Güteraustausch zwischen den Sektoren und die Aufteilung des nachfragewirksamen Mehrwerts zwischen ihnen zur allseitigen Markträumung führen. Eine Wirtschaftskrise läßt sich dann dadurch erklären, daß diese Bedingungen nicht oder nur teilweise erfüllt sind und so strukturelle Disproportionen auftreten. Bei freier Konkurrenz verhielten sich die Unternehmer höchstens zufällig so, daß diese Gleichgewichtsbedingungen erfüllt wären; um so unwahrscheinlicher werde dies, je heftiger die Konkurrenz zwischen ihnen bei immer weiter fallender Profitrate sei. Auch die permanenten Kapitalbewegungen zwischen den Branchen und Sektoren zur Erzielung möglichst hoher Profitraten führe zu gesamtwirtschaftlichen Disproportionen. Ein gleichgewichtiges und störungsfreies Wirtschaftswachstum sei daher allein bei gesamtwirtschaftlicher Planung des Wirtschaftsprozesses möglich. Diese marxistische Krisenerklärung ist derjenigen Gruppe von Theorien zuzurechnen, die eine prinzipielle Instabilität des privatwirtschaftlichen Sektors unterstellen. Entgegengesetzter Auffassung sind z. B. die Vertreter des Monetarismus und die, die annehmen, daß der Wettbewerbsprozeß zu einer inhärenten Stabilität des privaten Sektors führe, so daß ein störungsfreier Wirtschaftsablauf gewährleistet sei.
<< vorheriger Begriff |
|
nächster Begriff>> |
|
|
|
Diese Seite bookmarken :
|
|