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Bildungsfinanzierung
1. Überblick: Gesamtheit von privaten oder öffentlichen Dispositionen über knappe Ressourcen, welche Umfang, Struktur und Qualität von (formalisierten) Bildungsprozessen steuern. Der enge Zusammenhang von Kosten und Finanzierung von Bildung wird deutlich, wenn daran erinnert wird, daß Kosten den durch Bildungsprozesse entstandenen bewerteten Verzehr von Ressourcen bezeichnen. Dies setzt Finanzierung, d. h. die Herstellung von Verfügbarkeit über diese Ressourcen voraus. Wirtschaftssubjekte, die über Ressourcen für Bildungszwecke disponieren können, sind: Individuen und private Haushalte, Unternehmen und sonstige Organisationen, Parlamente, Regierungen, Behörden, Verbände, Bildungsinstitutionen und halböffentliche Instanzen (Kammern, Bundesanstalt für Arbeit) (vgl. zu diesem Abschnitt Mattern 1979 und Mäding 1984). Ressourcen, über die Verfügbarkeit hergestellt werden muß, sind vor allem: Geld, Sachen, Personen und Zeit. - 2. Idealtypischerweise gibt es folgende Arten von B.: a) Voll- oder Teilfinanzierung durch den Staat: (1) Institutionelle Finanzierung, d. h. der Staat stellt den (privaten oder öffentlichen) Bildungsanbietern Ressourcen zur Verfügung; (2) Nachfragefinanzierung, d. h. der Staat stellt den Bildungsnachfragern monetäre Ressourcen über Bildungsgutscheine oder Stipendien zur Verfügung. - b) Voll- oder Teilfinanzierung durch die privaten Haushalte: (1) Individuell durch die Lernenden (oder deren Familien) aus vergangenem (Vermögen), laufenden oder zukünftigen Einkommen (Darlehen); (2) kollektiv und indirekt über Beiträge an gesellschaftliche Gruppen oder Institutionen, die u. a. Bildungsaufgaben wahrnehmen (Kirchen, Gewerkschaften, erweiterte Sozialversicherung um einen Bildungsanteil). - c) Voll- oder Teilfinanzierung durch Wirtschaftsorganisationen: (1) Einzelbetrieblich durch aus- und weiterbildende Unternehmen; (2) unternehmenskollektiv (überbetrieblich) durch Gruppen (Partialfonds) oder die Gesamtheit der Unternehmen (Zentralfonds, Umlagen für überbetriebliche Bildungseinrichtungen). - d) In der gesellschaftlichen Realität haben sich Mischfinanzierungssysteme entwickelt, d. h. die genannten potentiellen Finanziers beteiligen sich in unterschiedlicher Weise gemeinsam an der Finanzierung von Bildungsprozessen. In Deutschland haben sich folgende Finanzierungsstrukturen herausgebildet: (1) Im Elementarbereich leisten Eltern einkommensabhängig gestaffelte Elternbeiträge. Die Träger (Elterninitiativen, Kirchen, Wohfahrtsverbände, Kommunen) tragen einen Trägeranteil bei, der um Zuschüsse aus den Kommunen und aus den Länderhaushalten ergänzt wird. (2) Die öffentlichen Schulen (von den Grund- bis zu den beruflichen Schulen) werden aus den Länderhaushalten (Finanzierung der Kosten des lehrenden Personals) und aus den Gemeindehaushalten getragen (Übernahme der Sach-, Investitionskosten und der Kosten des nicht-lehrenden Personals). Private Ersatz- bzw. Ergänzungsschulen erhalten 90% bzw. 80% ihrer Kosten aus öffentlichen Haushalten finanziert. (3) Die Hochschulen beziehen ihre Ressourcen vorrangig aus den Länderhaushalten, die Bundesregierung beteiligt sich am Hochschul-, am Wohnheimbau und an der Finanzierung von Modellversuchen. Die Studienkosten der Studierenden (direkte und indirekte Kosten) werden durch die Studierenden (bzw. ihre Familien) selbst getragen, ein kleinerer Teil der Studierenden (1993 ca. 23%) wird durch eine Mischung von Stipendium und Darlehen durch die Bundesausbildungsförderung (BAföG) unterstützt. (4) Die berufliche Ausbildung wird einerseits, was die schulischen beruflichen Ausbildungsprozesse in Voll- und Teilzeitschulen angeht, aus Länder- und Gemeindehaushalten finanziert. Andererseits tragen die Wirtschaftsorganisationen einzelbetrieblich die Kosten der betrieblichen Ausbildung im Rahmen der dualen Ausbildung. (5) Die Kosten der Weiterbildung werden angesichts der Träger- und Programmvielfalt auf vielfältige, intransparente Weise finanziert. Einerseits tragen die Individuen z. T. erheblich zur Finanzierung ihrer Weiterbildung bei (z. T. direkt, z. T. indirekt über Beiträge an Bildungsanbieter wie Kirchen, Gewerkschaften), andererseits wenden die Unternehmen beachtliche Ressourcen für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten auf; darüber hinaus subventionieren die öffentlichen Hände Weiterbildungsangebote (z. Bildungsfinanzierung an den Volkshochschulen), und schließlich finanziert die Bundesanstalt für Arbeit in erheblichem Umfang berufliche Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Zielgruppen. - 3. Finanzierungsprinzipien: Auch die Bildungsfinanzierung ist in das Spannungsverhältnis der beiden Gerechtigkeitsprinzipien öffentlicher Wirtschaft gestellt. Grob kann man sagen, daß im Elementarbereich und im Weiterbildungssektor eine Mischung von Äquivalenzprinzip und Leistungsfähigkeitsprinzip vorherrscht, während die Finanzierung der schulischen und hochschulischen Bildung ganz dem Leistungsfähigkeitsprinzip unterworfen zu sein scheint. Die Hochschulfinanzierung scheint sogar dieses Prinzip zu sprengen, da vermutet wird, daß die staatliche Vollfinanzierung bei schichtenspezifisch stark selektivem Besuch impliziert, daß die akademische Ausbildung über die Verteilungswirkungen des Steuersystems in der Hauptsache von Nichtakademikern finanziert wird. - 4. Finanzierungsinzidenz: Die Finanziers können unter gewissen Umständen die Kosten für die Bildungsleistungen auf andere Wirtschaftssubjekte überwälzen, so daß die Finanzierungslast nicht von denen getragen wird, die zunächst zahlen, sondern von anderen Wirtschaftssubjekten, bei denen die Last bleibt, sofern sie keine Überwälzungsmöglichkeit haben. - Vgl. auch Inzidenz, Bildungsökonomie.
Literatur: Mäding, H., Finanzierung des Bildungswesens, in: Lenzen, D. (Hrsg.), Enzyklopädie Erziehungswissenschaft: Handbuch und Lexikon der Erziehung, Band 5: Organisation, Recht und Ökonomie des Bildungswesens, Stuttgart 1984, S. 259-279; Mattern, C., Bildungsfinanzierung. Probleme und neue Ansätze, Frankfurt a. M., Aarau u. a.. 1979; Timmermann, D., Kosten und Finanzierung der beruflichen Bildung, Studienbrief 1, Hagen 1994.
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