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Imperialismus
1. Nach der Imperialismustheorie des Marxismus teilen die nationalen Großunternehmen in der Phase des Monopolkapitalismus die weniger entwickelten Länder mit militärischer Gewalt als Kolonien unter sich auf, um den Untergang des Kapitalismus zeitweilig aufzuhalten. Durch zusätzliche Nachfrage in den Kolonien könnten die Unterkonsumtionskrisen (Krisentheorie) verhindert werden, durch Ausbeutung der dortigen Arbeiter und billige Rohstoffimporte könne daneben der tendenzielle Fall der Profitrate abgewendet werden (R. Luxemburg). - 2. Nach der Imperialismustheorie von Lenin (Marxismus-Leninismus) bewirkt der Kapitalexport in die Kolonien, daß für das in den kapitalistischen Staaten verbleibende Kapital die Profitrate entgegen der Tendenz nicht falle, da so die negativen Auswirkungen der Akkumulation neutralisiert würden. Ausbeutung und Verelendung träfen nun nicht die Arbeiter in den kapitalistischen Staaten, sondern diejenigen in den Kolonien, woraus Lenin schließt, daß die nächsten sozialistischen Revolutionen dort und nicht in den hochentwickelten Industriestaaten ausbrechen müßten. Die in den Kolonien erzielten Gewinne könnten von den Monopolen zur Bestechung der Arbeiterführer und damit ebenfalls zur Systemstabilisierung verwendet werden. Nachdem jedoch alle Länder zwischen den Monopolen aufgeteilt wären, wirkten diese Mechanismen nicht mehr, und das Ende des Kapitalismus ließe sich nicht mehr aufhalten. - 3. Modifizierung der Imperialismustheorie durch Einführung einer weiteren neoimperialistischen Entwicklungsphase, da sich die Leninsche Vorhersage auch nach Beendigung der Kolonialära nicht erfüllte: Zwar seien die ehemaligen Kolonien nur formell unabhängig, der Einfluß der Monopole sei jedoch durch ihr dortiges wirtschaftliches Engagement weiterhin dominierend, die Zwänge der internationalen Arbeitsteilung hielte die weniger entwickelten Staaten in einem Zustand permanenter Abhängigkeit. - 4. Bedeutung/Beurteilung: a) Marxsche bzw. Leninsche Imperialismustheorie: Bei ihr handelt es sich um eine Ad-hoc-Hypothese, mit derem nachträglichen Einfügen in das Entwicklungsschema des historischen Materialismus die Marxsche Vorhersage vor der Widerlegung durch die geschichtliche Realität immunisiert werden soll (vgl. auch Monopolkapitalismus, Staatsmonopolkapitalismus, Spätkapitalismus). Die Zusammenbruchsvorhersage der Leninschen Imperialismustheorie ist an ihrer Nichterfüllung gescheitert. Nicht alle hochindustrialisierten privatwirtschaftlichen Marktwirtschaften haben eine koloniale Vergangenheit, die oft politisch-nationalistische Ursachen gehabt hat. "Vorkapitalistische" Kolonialisationen sind durch diesen Ansatz nicht erklärbar. - b) Die Theorie des Neoimperialismus läßt unberücksichtigt, daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit auch wirtschaftliche Selbständigkeit der ehemaligen Kolonien von den dort vorhandenen Ressourcen und deren internationalen Knappheiten sowie insbes. von der Effektivität der nationalen Wirtschaftsordnung abhängt. Von einer naturgesetzlichen Unterordnung dieser Staaten unter den Willen supranationaler Großunternehmen kann daher nicht gesprochen werden.
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