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Netzwerkanalyse
1. Begriff: Teilgebiet der Regionalanalyse, das sich mit der Beschreibung und Analyse der Struktur und Kapazität von Transportnetzen befaßt unter der Verwendung von graphentheoretischen Maßen. Entsprechend geht die Netzwerkanalyse von einer Transformation des topographischen in einen topologischen Raum aus, d. h. Transportnetze werden dargestellt mittels Knoten, die durch sich nicht überschneidende Kanten verbunden werden (planare Graphen). Kanten wie Knoten können "bewertet" werden, z. B. mit Zeit- oder Kostenentfernungen oder mit Kapazitäten. Diese topologischen Darstellungen bilden die Grundlage für die Ermittlung verschiedener Eigenschaften von Netzen wie Konnektivität, Erreichbarkeit/Zugänglichkeit, Orientierung, Größe. Die Verfahren der Netzwerkanalyse lassen sich auch in der Planung der räumlichen Zuordnung von Angebots- und Nachfragestandorten einsetzen (Standortallokationsmodelle). - 2. Beschreibungsmaße: a) Konnektivität: Der Beta-Index ist das einfachste Maß. Er wird berechnet, indem man die Anzahl der Kanten (e) durch die Anzahl der Knoten (v) teilt. Beträgt der Index 1, dann ist in dem Netz ein Kreis vorhanden, d. h., es ist möglich, einen Ausgangsknoten nach einer Rundfahrt durch mehrere andere Knoten wieder zu erreichen; beträgt er weniger als 1, dann hat das Netz die Form eines Baumes, d. h. man kann zu einem Ausgangsknoten nur zurückgelangen, indem man eine Strecke in beide Richtungen benutzt. Das zweite Maß, die zyklomatische Nummer, errechnet sich aus (e - v + p), also der Anzahl der Kanten minus der Anzahl der Knoten zuzüglich der Anzahl der Subnetze p. Sie gibt an, wieviele Kreise in einem Netz bestehen. Zwei völlig verschieden aussehende Netze können dabei die gleiche zyklomatische Nummer haben. I. d. R. reicht dieses Maß als Indikator zur Beschreibung des Verknüpfungsgrades eines Netze nicht aus. Um beurteilen zu können, ob in einem Netz viele oder wenige Kreise vorhanden sind, wird die Zahl der vorhandenen Kreise mit der höchst möglichen Anzahl von Kreisen verglichen. Dies wird durch den Alpha-Index erreicht, der bestimmt ist als (e - v + 1) dividiert durch (2v - 5). Ist der Alpha-Index 1 (=100%), so hat das Netz alle möglichen Kreise. Eine analoge Angabe läßt sich mittels des Gamma-Index bzgl. des Verhältnisses der Anzahl der tatsächlich vorhandenen Kanten zu der Anzahl der möglichen Kanten machen. Er wird ermittelt, indem man die Anzahl der aktuellen Kanten e durch (3 (v – 2)) dividiert. Auch hier gibt der Index 1 eine vollständige Kantenzahl an. b) Erreichbarkeit: Zur Messung der Erreichbarkeit stehen ebenfalls mehrere Maße zur Verfügung. Als Grundlage für die Errechnung dieser Maße wird eine Kürzester-Weg-Matrix erstellt, welche auf beiden Achsen alle Knoten und in den Feldern die Anzahl der Kanten verzeichnet, die zwei Knoten voneinander trennen. Der Shimbel-Index gibt die Summe der kürzesten Wege von einen Ort zu allen anderen Orten (Knoten) im Netz an. Die associate number gibt die geringste Kantenanzahl (= kürzester Weg) von einem Ort zu dem im Netz entferntesten Ort an, sie kann als ein Maß der Zentralität eines Knotens interpretiert werden. Der Dispersionsindex ist die Summe aller Shimbel-Indizes eines Netzes. Daneben werden noch der durchschnittliche Shimbel-Index und die durchschnittliche associate number berechnet. Je kleiner die letzten drei Indizes sind, umso größer ist die Erreichbarkeit aller Knoten innerhalb eines Netzes. Die verschiedenen Erreichbarkeits-Indizes können auch mit Gewichtungen - wie z. B. kilometrische, Kosten- oder Zeitentfernungen - errechnet werden. - 3. Anwendung: Die quantitative Beschreibung von Netzen ermöglicht eine Analyse der Zusammenhänge von der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region und der Konnektivität und Erreichbarkeit seines Verkehrsnetzes. Taaffe (1963) hat anhand einiger afrikanischer Beispiele ein Schema der Verkehrsnetzentwicklung aufgestellt. Danach zeichnet sich das ursprüngliche Verkehrsnetz dadurch aus, daß von einer großen Zahl kleiner Hafenstädte kleine Straßen unverbunden in das Hinterland führen. Auf der nächsten Entwicklungsstufe werden einige Hafenstädte zu Exporthäfen ausgebaut. Von ihnen führen große Erschließungsstraßen ins Hinterland, an denen neue größere Handelsorte entstehen. Diese und die alten kleineren Hafenstädte werden mit möglichst kurzen Wegen an das Verkehrsnetz angeschlossen. Es entsteht ein gebauter Rundweg. Erst auf der letzten Stufe wird das Verkehrsnetz so ausgebaut, daß es auch zu Querverbindungen von Städten kommt. Während die Konnektivität und die Erreichbarkeit hauptsächlich zur Bewertung ganzer Netze verwandt wird, ist die Frage des kürzesten Weges auch für Unternehmen von Interesse. Dort, wo es gilt, eine teilbare Warenart an mehreren Orten nacheinander auszuliefern, stellt sich das Problem der Wegeaufwandsminimierung für eine Rundreise. Dieses "Problem des Handelsreisenden" wird durch die Ermittlung des kürzesten Rundweges gelöst. Eine solche Analyse kann auch bei der Bestimmung des Ortes behilflich sein, der für die Auslieferung einer bestimmten Ware an eine Reihe von Abnehmern am zentralsten liegt, also eine Bestimmung des optimalen Standortes für ein Warenlager. Aufgrund der bei den anzulegenden Maßstäben großen Anzahl möglicher Lösungen sind solche Analysen bestehender Netze i. d. R. nur noch mit Computer durchführbar.
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