Wirtschaftslexikon - Enzyklopädie der Wirtschaft
lexikon betriebswirtschaft Wirtschaftslexikon lexikon wirtschaft Wirtschaftslexikon Suche im Wirtschaftslexikon
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
 
 
 

Arbeitsmarktpolitik

I. Verständnis von Arbeitsmarktpolitik und Beschäftigungspolitik: 1. Überblick: (1) Zielsetzung: Im Gebot eines hohen Beschäftigungsstandes haben Arbeitsmarktpolitik und Beschäftigungspolitik eine gemeinsame Zielsetzung. (a) Quantitatives Ziel: Die Zahl der Erwerbstätigen soll im Verhältnis zum potentiellen Angebot an Erwerbspersonen (Erwerbspersonenpotential) hoch sein. Dieses umfaßt neben den bereits Beschäftigten alle registrierten Arbeitslosen, die Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und die stille Reserve. (b) Qualitatives Ziel: Die Beschäftigungsstruktur soll verbessert werden. - Beide Ziele sollen das wirtschaftliche Wachstum fördern. (2) Begründung der A.: Bund, Länder und Gemeinden haben mit ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik - gleichsam als Umsetzung des Sozialstaatsgebots im Grundgesetz - auf eine umfassende Ausschöpfung des Erwerbspersonenpotentials hinzuwirken. Bleibt ein Teil dieses gesellschaftlichen Arbeitsvermögens ungenutzt, entstehen nicht nur individuelle finanzielle und psychosoziale Belastungen für die Betroffenen, sondern durch gesamtwirtschaftliche Verluste hohe direkte und gesamtfiskalische Kosten der Unterbeschäftigung sowie schwer kalkulierbare Folgekosten der Arbeitslosigkeit im weitesten Sinne. (3) Gesetzliche Grundlagen: Im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums (StWG) vom 8. 6. 1967 wird die Beschäftigungspolitik in die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts eingebettet. Das zwei Jahre später am 25. 6. 1969 verabschiedete Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nimmt das quantitative Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes auf und verbindet es mit dem qualitativen, genauer strukturpolitischen Ziel (§ 1). (4) Fazit: So sind also quantitative Niveau- und qualitative Strukturaspekte der Beschäftigung gleichrangige Kerne der A.: Der gesetzte Rahmen von Sozial- und Wirtschaftspolitik kann demnach dahingehend interpretiert werden, daß gleichrangig ein hoher Beschäftigungsstand erreicht sowie Zielgruppen, z. B. Geringqualifizierte, Langzeitarbeitslose, Ältere, als auch strukturpolitisch notleidende Regionen und Wirtschaftszweige gefördert werden sollen. Schließlich wird mit der Wachstumsförderung der Wirtschaft verlangt, daß AFG-Maßnahmen darüber hinaus wirtschaftsnah und wachstumsstimulierend sein sollen und möglichst als aktive Arbeitsförderung für berufliche Qualifizierung und angemessene Beschäftigungsmöglichkeiten sorgen sollen. Entwicklungen der Arbeitsmarktpolitik sind anhand dieser Anforderungen zu messen. - b) Definitionen: Trotz einiger Überschneidungen und Akzentverschiebungen zwischen Beschäftigungspolitik und Arbeitsmarktpolitik sowie mangels gesetzlicher Definitionen soll hier von folgendem Verständnis ausgegangen werden (vgl. auch Abbildung "Inhalt und Reichweite von Beschäftigungspolitik (BP) und Arbeitsmarktpolitik (AMP)"): (1) Unter Beschäftigungspolitik wird die Gesamtheit von Maßnahmen staatlicher und anderer Institutionen verstanden, die dazu beitragen (a) Höhe und Struktur der Beschäftigung in Einklang mit dem Erwerbspersonenpotential zu bringen und zu halten, (b) die vollwertige Beschäftigung aller Erwerbstätigen zu sichern sowie (c) die regionalen und sektoralen Beschäftigungsstrukturen zu verbessern. Als vollwertig kann die Beschäftigung dann angesehen werden, wenn die Risiken der Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung weitgehend minimiert sind, ein angemessenes Einkommen erzielt wird, die beruflichen Qualifikationen genutzt und nach Möglichkeit entwickelt werden sowie die Bedingungen des Arbeitsplatzes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitsumwelt den menschlichen Erfordernissen entsprechen. - Zuständig sind Bund, Länder und Gemeinden sowie andere Institutionen, wie zum Beispiel die Bundesbank, die im Sinne einer Arbeitsmarktordnungspolitik gesamtwirtschaftliche Ziele zu beachten haben. (2) Arbeitsmarktpolitik ist - einer Festlegung der OECD von 1964 folgend - die Gesamtheit von finanziellen Leistungen, Beratungs- und Vermittlungsdiensten, Maßnahmen und Institutionen, die die (a) Menge, Struktur und Qualität des Erwerbspersonenpotentials aus dem In- und Ausland optimieren, (b) auf dem Gesamtarbeitsmarkt und seinen sektoralen, regionalen, qualifikatorischen Teilmärkten betriebsexterner und -interner Art eine bestmögliche gegenseitige Anpassung von verfügbaren Arbeitskräften und Arbeitsplätzen herbeiführen und (c) das Erwerbspersonenpotential möglichst vollständig und kontinuierlich sowie produktiv zur individuellen und gesellschaftlichen Wohlfahrtssteigerung nutzen.
II. Entwicklungsstufen und Funktionen der A.: a) Von der reaktiven zur aktiven A.: (1) Reaktiv-therapeutische A.: Nach vielfältigen Vorläufern in Gestalt nichtstaatlicher Arbeitslosenunterstützung oder lokaler Arbeitsvermittlung wurde 1927 in Deutschland die Arbeitsmarktpolitik auf eine reaktiv-therapeutische Stufe gestellt, auf der unerwünschte Entwicklungen am Arbeitsmarkt i. S. einer bereits bestehenden Arbeitslosigkeit meist finanziell mit Lohnersatzleistungen kompensiert wurden. Grundlage war das Gesetz über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG), dessen Aufgaben der gleichnamigen Reichsanstalt übertragen wurden. Dort wurden in Form der Vermittlung zwischen freien Stellen und dafür geeigneten Beschäftigten sowie durch Berufsberatung und Ausbildungsstellenvermittlung bereits aktive Elemente einer Arbeitsmarktpolitik (aktive A.) angesiedelt. (2) Antizipierend-prophylaktische A.: Ab den frühen 1960er Jahren wurde die Arbeitsmarktpolitik durch Konzeptionsarbeiten und Gesetze in Schweden, den USA und in der OECD auf eine antizipierend-prophylaktische Stufe gestellt. Vorausschau und Prävention zur Vermeidung der Entstehung von Arbeitslosigkeit als Kern arbeitsmarktpolitischer Aktivitäten wurden aus der Erfahrung erfolgreicher Beschäftigungspolitik bei relativer Preisstabilität für möglich und vorrangig angesehen. Bildungs- und sektorale wie regionale Strukturförderung sollten wachstumshemmenden Qualifikationsengpässen, Mobilitätsdefiziten und anhaltender Arbeitslosigkeit in schrumpfenden Branchen entgegenwirken. Dieser Richtungswechsel zu aktiver Arbeitsmarktpolitik wurde ab Mitte der 1960er Jahre von allen westlichen Industrienationen vollzogen. In Westdeutschland brachte das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) von 1969 den Vorrang aller vorbeugenden Maßnahmen vor Leistungen bei Arbeitslosigkeit (§ 5 AFG) sowie Berufsförderung während des gesamten Erwerbslebens, Arbeits- und Berufsberatung sowie strukturpolitischen wie zielgruppenspezifischen Mitteleinsatz der neu benannten BArbeitsmarktpolitik Zur Erledigung dieser und anderer Aufgaben betreibt die BA Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). (3) Aktiv gestaltende-vorausschauende A.: Als nach gut 15 Jahren Vollbeschäftigung 1975 Arbeitslosigkeit wieder ein Problem wurde, wurde der Akzent auf aktiv gestaltende-vorausschauende Arbeitsmarktpolitik gelegt. Sie verlangt für mittlere bis lange Fristen Vorausschau und Zielpräzisierungen, Alternativrechnungen für arbeitsmarktpolitische Eingriffe, deren Wirkungen und Kosten sowie politisch verbesserte Abstimmung mit anderen Politikbereichen und Trägern. (4) Flankierende A.: Statt Arbeitsmarktpolitik auf eine perspektivisch-sozialstrategische Stufe mit Vollbeschäftigung als Primärziel und sehr hohem Stellenwert von aktiver Arbeitsmarktpolitik (mit mittelfristigen Programmbudgets für erwünschte Strukturverbesserungen und Zielgruppenförderung) zu stellen, konnte angesichts eines anhaltenden Beschäftigungsdefizits mit Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit die Arbeitsmarktpolitik zunehmend nur mehr als flankierende Arbeitsmarktpolitik betrieben werden, obwohl allein die BA-Ausgaben in den früheren 1990er Jahren 100 Mrd. DM jährlich überstiegen. - b) Hauptfunktionen der A.: Nach der Vereinigung beider deutscher Staaten wurden vier Hauptfunktionen der Arbeitsmarktpolitik herausgearbeitet: (1) Die Feuerwehrfunktion - auch Fallschirmfunktion - gebot einen raschen Aufbau der Arbeitsverwaltung, die Abfederung der Beschäftigungsfolgen von Treuhandprivatisierungen und Systemwechsel, die unbürokratische Ausweitung von Arbeitsbeschaffung, Fortbildung und Umschulung, Kurzarbeit und Frühverrentung sowie die rasche Auszahlung von Lohnersatzleistungen. Der soziale Frieden war zu wahren, die Fortsetzung der Massenabwanderung zu stoppen und der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zum Erfolg zu verhelfen. (2) Die Entlastungsfunktion soll bei starkem Beschäftigungsrückgang und anhaltenden Arbeitsplatzdefiziten den Arbeitsmarkt entlasten, so daß die Arbeitslosigkeit entsprechend (auf Jahresbasis) geringer ausfällt (s. u.). Da die BA die Maßnahmen nicht selbst durchführt, ist die Arbeitsmarktentlastung auf die Mitwirkung privater und öffentlicher Betriebe oder Träger, Projekte, Initiativen, d. h. auf eine entwickelte, dauerhafte und vernetzte Trägerlandschaft angewiesen. (3) Die Brückenfunktion will Hilfen zur wirtschaftlichen Umstrukturierung von Betrieben, Branchen, Regionen oder Zielgruppen geben. Neben der Kaufkraftstabilisierung wird die wirtschaftliche Restrukturierung, die Infrastruktur, der Verwaltungsaufbau, die Beseitigung von Investitionshemmnissen, die Qualifizierung des Erwerbspersonenpotentials, die Branchenentwicklung, der ökologische Umbau etc. mit geeigneten Maßnahmen, z. B. Lohnkostenzuschüssen in Höhe der durchschnittlichen Arbeitslosenunterstützung, gefördert. (4) Die Zielgruppenfunktion will die Beschäftigungschancen für Benachteiligte am Arbeitsmarkt verbessern, Hilfen für den Einzelnen bieten und bei Kurzarbeit, Vorrente, Arbeitslosigkeit Lohnersatzleistungen zahlen. Bei anhaltendem Beschäftigungsdefizit werden bestimmte Personengruppen, vor allem Ältere, Geringqualifizierte, Langzeitarbeitslose und Behinderte zu besonderen Zielgruppen. Trotz beachtlicher Erfolge ist auch die Benachteiligung von Frauen keineswegs überwunden. Für Ausländer gilt ähnliches. - c) Grundpositionen und Entwicklungsperspektive: Über diese vier Funktionen hinaus lassen sich zwei Gruppen unterscheiden, die unterschiedliche Annahmen über die Wirkungsweise arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischer Instrumente machen: (1) Die eine Gruppe, vertreten durch konservativ-liberale Regierungen, weite Teile der Wirtschaft, Arbeitgeberverbände, Mittelstand und organisierte Interessenvertretungen, ist überzeugt, daß Beschäftigungs- und Arbeitsmarktprobleme grundsätzlich über den Marktmechanismus zu lösen sind. - Maßnahmen: Deregulierung des Arbeitsrechts, Privatisierung der Arbeitsvermittlung, Niedriglohnsektoren, Gemeinschaftsarbeit für Sozialhilfeempfänger, Problemlösungen durch die Tarifparteien, insbes. mittels flexibler Löhne und Arbeitszeiten, untertariflicher Entgelte als Höchstfördergrenzen bei Lohnzuschüssen etc. (2) Die andere Gruppe, vertreten durch sozialdemokratische Regierungen, Gewerkschaften, Bundesländer, Kirchen, gesellschaftliche Bewegungen, geht davon aus, daß Beschäftigungs- und Arbeitsmarktprobleme aus Besonderheiten des Beschäftigungssystems folgen und deswegen politische Interventionen (Regulierung) zur Lösung erfordern. - Maßnahmen: Beschäftigungspolitik, Zukunftsinvestitionen, Modernisierung von Staat und Wirtschaft, öffentlich geförderte Beschäftigung und beschäftigungswirksame Arbeitszeitverkürzungen mit (zumindest in den unteren Lohngruppen) vollem Lohnausgleich.
III. Träger der A.: a) Allgemein: Als Träger kommen die zuständigen Bundes- und Landesressorts, neuerdings auch Kommunen, sonstige meist öffentlich-rechtliche Instanzen, vor allem die Arbeitsverwaltung, die Tarifparteien und die Betriebe/Verwaltungen mit ihrer Personalpolitik und -planung in Frage. In Deutschland tragen Gesetzgeber und Bundesregierung die entscheidende Verwantwortung für die A., geregelt vor allem im Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA), das seine Arbeitsmarktpolitik bundes- und landespolitisch, z. B. in der Struktur-, Regional- und Bildungspolitik sowie in der Ausbildungsförderung abstimmt und dazu Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände, Interessenorganisationen und die Bundesanstalt für Arbeit (BA) anhört. Die BA trägt den bei weitem größten Teil arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und Leistungen. - Die Abbildung faßt die wesentlichen arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Programme der drei Gebietskörperschaften und der EU zusammen. - b) Die Arbeitsmarktpolitik der Bundesanstalt für Arbeit (BA): Die Arbeitsmarktpolitik der BA ist Bestandteil der beitragsfinanzierten sozialen Sicherung, die statt Staatsversorgung und Steuerfinanzierung zum einen auf die kooperative Sozialkultur zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Staat in der Selbstverwaltung und zum anderen auf das Sozialstaatsgebot gegründet ist. (1) Arbeitsmarktpolitische Zielsetzungen: Im Rahmen der Sozial- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung haben die Maßnahmen der BA nach § 2 AFG insbes. dazu beizutragen, daß: (a) weder Arbeitslosigkeit und unterwertige Beschäftigung noch ein Mangel an Arbeitskräften, z. B. Fachkräftemangel, eintreten oder fortdauern; (b) die berufliche Beweglichkeit der Erwerbstätigen gesichert und verbessert wird; (c) nachteilige Folgen, die sich für die Erwerbstätigen aus der technischen Entwicklung oder aus wirtschaftlichen Strukturwandlungen ergeben können, vermieden, ausgeglichen oder beseitigt werden; (d) die berufliche Eingliederung körperlich, geistig oder seelisch Behinderter gefördert werden; (e) der geschlechtsspezifische Ausbildungsstellen- und Arbeitsmarkt überwunden wird und Frauen, deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erschwert ist, beruflich eingegliedert und gefördert werden; Frauen sollen entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen (42% im Westen, 62% im Osten; März 1995) gefördert werden; (f) ältere und andere Erwerbstätige, deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erschwert ist, beruflich eingegliedert werden; (g) die Struktur der Beschäftigung nach Gebieten und Wirtschaftszweigen verbessert wird; (h) illegale Beschäftigung bekämpft und damit die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt aufrechterhalten wird. - Die Bundesregierung kann der BA durch Rechtsverordnung bzw. Verwaltungsvereinbarung weitere Aufgaben, z. B. die Durchführung befristeter Arbeitsmarktprogramme, übertragen. Beginnend 1995 mit 375 Mio. DM hat die Bundesregierung für die nächsten vier Jahre insgesamt 3 Mrd. DM für Lohnkostenzuschüsse zur Einstellung Langzeitarbeitsloser vorgesehen, die von den Arbeitsämtern vergeben werden. Dieses der BA übertragene Sonderprogramm soll aus Einsparungen bei der BA finanziert werden. Im Vorläuferprogramm waren von 1989-94 insgesamt 130.000 Beschäftigungsverhältnisse für Langzeitarbeitslose gefördert worden. (2) Maßnahmen und Instrumente: Zur Erfüllung dieser Zielsetzungen sind nach dem AFG verschiedene Maßnahmen und Instrumente vorgesehen, die sich folgendermaßen kategorisieren lassen (Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, 1972): (a) Weiterentwicklung des analytischen und prognostischen Instrumentariums zur Erfassung vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Trends der Beschäftigungsentwicklung - sowohl global als auch in ihrer sektoralen, regionalen, beruflichen und gruppenspezifischen Ausprägung. Dabei kommt es nicht nur darauf an, die überbetriebliche Datenerfassung über Arbeitsmarktvorgänge zu verbessern. Entscheidend ist ebenso die Erhöhung der Transparenz innerbetrieblicher Arbeitsmarktvorgänge. (b) Arbeits-, Berufs-Beratung, Arbeits-Vermittlung und Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen. Die Beratungstätigkeit soll kontinuierlich erfolgen und den einzelnen Erwerbstätigen über sein ganzes Arbeitsleben begleiten. (c) Förderung der beruflichen und sektoralen sowie - in engen Grenzen - auch der regionalen Mobilität. Im Mittelpunkt dieser Maßnahmekategorien stehen daher die individuelle und institutionelle Förderung der beruflichen Fortbildung, Umschulung und Einarbeitung. Erstmalig wird hiermit jedem abhängig Beschäftigten bei Erfüllung bestimmter im Gesetz definierter Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Gewährleistung eines Unterhaltsgeldes bei Teilnahme an ganztägigen beruflichen Weiterbildungsprogrammen geboten. Ab 1. 1. 1994 wurde der Rechtsanspruch abgeschafft, so daß entsprechende Leistungen nur im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel gezahlt werden können. Darüber hinaus begründet das AFG einen rechtlichen Anspruch auf berufliche Rehabilitation zugunsten körperlich, geistig oder seelisch Behinderter sowie der von einer solchen Behinderung bedrohten Personengruppen. Eine wesentliche Ergänzung der beruflichen Qualifizierungs- und Anpassungsmaßnahmen nach dem AFG stellt die Einführung der beiden folgenden Gesetze dar: Bundesausbildungsförderungsgesetz (1971): Ergänzung der im AFG vorgesehenen beruflichen Förderung der bereits im Erwerbsleben Stehenden durch eine vom Bund einheitlich geregelte Förderung der Ausbildung im Schul- und Hochschulbereich; Berufsbildungsgesetz (1969): Schaffung einer bundeseinheitlichen Grundlage für die berufliche Bildung innerhalb der dualen Berufsbildung (Betrieb und Berufsschule). (d) Bezeichnend für den neuen Charakter der Arbeitsmarktpolitik nach dem AFG ist es, daß die Lohnersatzleistungen bei Arbeitsausfall erst an vierter Stelle - vor allem erst nach den beruflichen Qualifizierungs- und Anpassungsmaßnahmen - aufgeführt werden. So ist in § 5 AFG ausdrücklich festgelegt, daß die Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen oder Arbeit sowie die Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Bildung, den Leistungen der Arbeitslosenversicherung zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen (Kurzarbeitergeld, Wintergeld, Winterausfallgeld, Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung) sowie den Leistungen an Arbeitslose (Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe) vorzuziehen sind. Dies zeigt deutlich, daß das Hauptziel der Arbeitsmarktpolitik nach dem AFG der Vorbeugung von Fehlentwicklungen am Arbeitsmarkt gewidmet ist. Daneben soll ein angemessener Entfaltungsspielraum im Erwerbsleben gewährt werden. Ab 1. 1. 1994 wurde die lediglich zweckmäßige, also nicht notwendige Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung einschließlich der Aufstiegsfortbildung, z. B. zum Meister oder Techniker, ebenfalls gestrichen. (e) Maßnahmen der BA nach dem AFG zur Beeinflussung der Nachfrage nach Arbeitskräften: Diese sind eindeutig den Maßnahmen zur Verbesserung und Anpassung des Angebots an Arbeitsleistungen nachgeordnet. Hierzu gehören vor allem die Förderung der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsstellen im Winterbau, die finanzielle Förderung der Eröffnung von Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere bzw. schwer vermittelbare Arbeitskräfte durch Lohnkostenzuschüsse oder Darlehen und Investitionszuschüsse an die Unternehmen. - c) Die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung: (1) Wegen der politischen Gesamtverantwortung, der Gesetzgebungskompetenz und der Finanzkraft kommt der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung besondere Bedeutung zu. So wurden die Beitragsätze zur BA der Arbeitslosenquote angepaßt - rd. 1,3% in Vollbeschäftigungsjahren, gegenwärtig 6,5% bei rd. 10% Arbeitslosenquote - sowie die Beitragsbemessungsgrenzen laufend angehoben. Etwa zwölf AFG-Novellen seit 1969 mit über 70 grundlegenden Änderungen sowie etlichen Erlassen und Anweisungen an die BA erschwerten die Durchführung der Arbeitsmarktpolitik erheblich. Immer wenn stark steigende Arbeitslosigkeit wie 1975/76, 1981/82 und 1993/94 vorlag und BA-Defizite aus Bundesmitteln auszugleichen waren, gab es z. T. erhebliche Einschnitte bei aktiven Instrumenten und beim Lohnersatz. (2) Die spezifische Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung seitens des BMA wird in Gesetzen, Sonderprogrammen und Anordnungen umgesetzt. Wichtige Beispiele: (a) In den 70er Jahren: Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer vom November 1973; Sonderprogramme zur Mobilitätsförderung für Regionen mit besonderen Beschäftigungsproblemen; Einsatz von Lohnkostenzuschüssen; Programme für Schwerbehinderte und zur Ausbildung benachteiligter Jugendlicher; Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit; Experimente mit der Förderung innerbetrieblicher Qualifizierung im Rahmen bestehender Arbeitsverträge. (b) In den 80er Jahren: Rückkehrförderungsgesetz für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien; Schwerbehindertenprogramme; Bildungsbeihilfen für arbeitslose Jugendliche und über- oder außerbetrieblich organisierte Ausbildungsplätze; Vorruhestandsgesetz (ab 1989 Teilruhestandsverfahren, ab 1990 Altersübergangsgeld); Beschäftigungsförderungsgesetz von 1985, das bisher mehrfach verlängert und erweitert wurde; Existenzgründungsprogramme und Hilfen für Arbeitslose, die sich selbständig machen; Programme gegen Langzeitarbeitslosigkeit; arbeitszeitpolitische Komponenten: Appelle und Kampagnen für sozialversicherte Teilzeitarbeit sowie gegen Überstunden, Novellierung der Arbeitszeitordnung, Heraufsetzung der Regelaltersgrenzen ab dem Jahr 2001. (c) In den 90er Jahren: Sonderregelungen und -programme zum Aufbau Ost (vgl. auch Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland seit 1990); Lohnkostenzuschüsse in Höhe der durchschnittlichen Arbeitslosenunterstützung; Verlängerung des Beschäftigungsförderungsgesetzes und des Programms gegen Langzeitarbeitslosigkeit; Zulassung privater, auf Gewinn gerichteter Arbeitsvermittlung. (d) Sprachförderung und Eingliederungshilfen für Aussiedler, Kostenübernahme beim Altersübergangsgeld sowie Sonderprogramme für Langzeitarbeitslose oder für zusätzliche Ausbildungsplätze im Osten sind weitere Beispiele. Die Reform der Arbeitsmarktpolitik wurde zum Hauptanliegen der laufenden Legislaturperiode ernannt, nachdem Rente, Gesundheitswesen und Pflege neu geregelt worden sind (soziale Sicherung). - Wichtigster Ausgabeposten ist mit 18 Mrd. DM in 1995 die Arbeitslosenhilfe als Instrument der passiven Arbeitsmarktpolitik aus Bundesmitteln. Sie wird meist nach Auslaufen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Bedürftigkeit gezahlt, und zwar zeitlich (noch) unbegrenzt. Steigende Langzeitarbeitslosigkeit und die drohende Kommunalisierung der Kosten der Arbeitslosigkeit auf längere Sicht machen immer mehr Arbeitslosenhilfe erforderlich. Die Bundesregierung hat eine zeitliche Begrenzung auf zwei Jahre erwogen, was entweder mehr Beschäftigungsförderung erfordert oder die Kommunen in der Sozialhilfe überfordert. Etwa ein Drittel der Bundesausgaben für Arbeitsmarktpolitik sind i. S. der Beispiele aktive Ausgaben.
IV. Entlastungswirkungen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen: a) Arbeitsvermittlung und Berufsberatung: (1) Arbeitsämter: Mit 3,18 Mio. Arbeitsvermittlungen haben die Arbeitsämter 1994 ihr höchstes Ergebnis seit 30 Jahren erzielt, rd. ein Drittel davon in den neuen Ländern einschließlich Ostberlin. 1994 vermittelten die Arbeitsämter 961.400 Arbeitnehmer mehr als 1982 (+ 70%). Diesem steigenden Vermittlungstrend, der eine zunehmende Einschaltung der BA in das Arbeitsmarktgeschehen belegt, trug eine besondere Vermittlungsaktion der BA im Herbst 1994 bei, als rd. 7.000 Mitarbeiter der BA in 198.000 Betriebsbesuchen 88.000 offene Stellen akquirierten, auf die bis Ende 1994 57.000 Menschen vermittelt wurden. Verstärkte Aktivitäten dieser Art werden künftig regelmäßig im Frühjahr und Herbst in den rd. 2 Mio. Betrieben stattfinden. - Rund ein Viertel aller Vermittlungen führten v. a. im Westen lediglich zu Beschäftigungen bis zu sieben Tagen Dauer (z. B. Aushilfen). An den vermittelten Arbeitsgelegenheiten über sieben Tage hatten Arbeitsbeschaffungs- und andere Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik wesentlichen Anteil. Die durch Vermittlung besetzten Stellen hatten durchschnittlich eine Laufzeit von 33 Tagen, weniger als 1993, da ein sehr großes Bewerberangebot bereitstand. (2) Die ab August 1994 zugelassenen privaten Arbeitsvermittler haben in den ersten zehn Monaten fast keinen Arbeitslosen vermittelt, sondern zu 96% Interessenten mit einem Arbeitsplatz angesprochen. Laut Gesetz sind die Arbeitgeber verpflichtet, eine Provision für die private Vermittlung (etwa 15% eines Jahresgehalts) zu zahlen. Meist kombiniert mit Zeitarbeits- und Arbeitnehmerüberlassungsfirmen haben sich die privaten Vermittler zu neuartigen Dienstleistern entwickelt, die nicht die Arbeitslosigkeit abbauen, sondern u. U. die Personalfluktuation und die betrieblichen Lohnzusatzkosten erhöhen. - b) AFG-Maßnahmen: Die wichtigsten AFG-Maßnahmen werden 1995 in ganz Deutschland von jahresdurchschnittlich rd. 1,7 Mio. Personen genutzt, so daß die Entlastung der Arbeitslosenzahl rd. 1,6 Mio. beträgt, die registrierte Arbeitslosigkeit also entsprechend niedriger ausfällt (verdeckte Arbeitslosigkeit). Die Entlastung ist im Osten mit gut 1 Mio. wesentlich größer als im Westen mit knapp 600.000. (1) Die Entlastungsrechnungen des IAB umfassen neben den Kernbereichen (Kurzarbeit, ABM und Vollzeitmaßnahmen der beruflichen Bildung sowie den Vorruhestandsregelungen) neuerdings auch das Wintergeld und das Winterausfallgeld, die berufliche Rehabilitation und Sprachlehrgänge (für Aussiedler, Asylbewerber und Kontingentflüchtlinge) sowie den § 105c AFG, wonach Bezieher von Arbeitslosengeld oder -hilfe ab vollendetem 58. Lebensjahr der Arbeitsvermittlung nicht mehr verfügbar sein müssen und deshalb nicht mehr als Arbeitslose geführt und gezählt werden (1995 rd. 150.000). Eingliederungsbeihilfen, Einarbeitungszuschüsse, Wintergeld und andere AFG-Maßnahmen sind nicht einbezogen, da sie zwar die Beschäftigungschancen von Zielgruppen fördern, aber die Zahl aller Einstellungen und Beschäftigten nur wenig erhöhen, also kaum zur Gesamtentlastung des Arbeitsmarktes beitragen. - Die folgende Tabelle stellt die Inanspruchnahme und die Entlastungswirkungen der genannten AFG-Maßnahmen für ausgewählte Jahre dar. (2) Stets bildeten die präventiven Vollzeitmaßnahmen der beruflichen Bildung den Kern des AFG und seiner Qualifizierungs- und Entlastungsleistung. Ohne diese ausgedehnte Maßnahme hätte es 1995 gut 430.000 mehr Arbeitslose gegeben, entsprechend mehr Fachkräfte hätten gefehlt. Während die klassischen ABM bis 1987/88 gegenüber 1980 fast verdreifacht worden waren, gingen sie im Westen seither wieder deutlich zurück. Im Osten erreichten sie mit fast 400.000 Teilnehmern 1992 ein auch im Westen ungekanntes Maximum, so daß einschließlich der indirekten und Stammkräfteeffekte produktive und investive Arbeitsförderung die Arbeitslosigkeit dort allein um fast 550.000 entlastete. 1995 sind ABM auch im Osten mehr als halbiert worden. (3) Neben die finanziell und förderrechtlich besser ausgestatteten ABM hat die Bundesregierung im Osten seit 1993 einen monatlich festen Lohnkostenzuschuß in Höhe der durchschnittlichen Aufwendungen für Arbeitslosengeld oder -hilfe einschließlich der Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung, zahlbar bis zu 30 Monaten, aber nicht über 1997 hinaus, gestellt (§ 249h AFG). 1995 waren das rd. 1.800 DM pro Arbeitnehmer im Monat. Gefördert werden Arbeitslose mit Leistungsbezug, die vorher mindestens drei Monate arbeitslos waren, und Arbeitnehmer, die vorher in ABM oder Kurzarbeit waren, in den Bereichen Umweltverbesserung, soziale Dienste, Jugendhilfe, Breitensport, Kulturarbeit und Denkmalpflege. 1995 wurden rund 120.000 Teilnehmer gezählt. Unterstellt man, daß bei 21.600 DM Lohnkostenzuschuß im Jahr aus einem Bruttoeinkommen von 35.000 DM pro Kopf 2.275 DM an Beiträgen zur BA gezahlt werden, hat die BA 273 Mio. DM zusätzlich eingenommen (im Vergleich zu den Ausgaben für anderenfalls Arbeitslose). 1995 kommen im Osten auf drei klassische ABM-Teilnehmer zwei Arbeitnehmer mit solchen Lohnkostenzuschüssen. Die Maßnahmen konnten 1993-95 so stark expandieren, weil eine geregelte Ko-Finanzierung zwischen Treuhandanstalt, Ländern, Trägern und BA zustande kam. Im Westen gilt nach § 242s AFG ein ähnlicher Lohnkostenzuschuß (1995 rd. 2.146 DM monatlich), doch wird der Zuschuß nur gezahlt, wenn für die zugewiesenen Arbeitnehmer Entgelte vereinbart werden, die 90% der Arbeitsentgelte für gleiche oder vergleichbare ungeförderte Tätigkeiten nicht übersteigen. Anderenfalls wird der Zuschuß um den übersteigenden Betrag gekürzt. Der Zuschuß wird längstens für 24 Monate gezahlt. Vor allem die Voraussetzung, 10% Arbeitsentgelte unter dem Tarif oder ortsüblichen Entgelt zu vereinbaren, aber auch die fehlende Ko-Finanzierung durch Länder, Gemeinden und andere Träger haben bislang diesen Lohnzuschuß kaum wirksam werden lassen (keine 1.000 Teilnehmer im Frühjahr 1995, Soll: 20.000). Die "Deckelung" ist bei Arbeitslosen, Gewerkschaften, Trägern und potentiellen Ko-Finanzierern stark umstritten. - c) Zu Subventionsmaßnahmen vgl. Arbeitsmarkt-Subventionen.
V. Die Ausgaben für Arbeitsmarktpolitik und ihre Finanzierung: a) Vor der Vereinigung beider deutscher Staaten hatte die BA 1985 30 Mrd. DM, 1989 40 Mrd. DM ausgegeben. Die bislang höchsten Ausgaben von 110 Mrd. DM hatte die BA 1993, so daß ein Defizit von 24,4 Mrd. DM aus Bundesmitteln auszugleichen war. Gleichzeitig trug der Bund 14 Mrd. DM für die Arbeitslosenhilfe, für weitere Ausgaben für arbeitsmarktpolitische Sonderhilfen wie das ABM-Stabilisierungsprogramm (über 1,4 Mrd. DM) und für die Ko-Finanzierung von Maßnahmen nach § 249h AFG in den neuen Ländern. 1995 gingen die BA-Ausgaben drastisch auf 97 Mrd. DM zurück, während der Bund mit 14,8 Mrd. DM weniger als im Vorjahr (Höchststand mit 17,4 Mrd. DM) für Arbeitslosenhilfe aufzuwenden hatte (Tabelle "Ausgaben von Bundesanstalt für Arbeit und Bund"). - Die Ausgabenexplosion vollzog sich vor allem bei passiven Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld, Vorruhestands-/Altersübergangsgeld, Konkursausfallgeld), die sich von 1990-1995 auf 52 Mrd. DM (54% aller Ausgaben) einigungs- und rezessionsbedingt fast verdreifachten. Hauptausgabeposten war das Arbeitslosengeld. Auch die Arbeitslosenhilfe stieg in dieser Zeit um das 2,3fache. Lediglich 1990 bis 1992 überwogen die aktiven Ausgaben (1995 nur mehr 37,1 Mrd. DM bzw. 38%) - für individuelle und institutionelle Förderung der beruflichen Bildung, Ausbildung, Arbeitsaufnahme, Kurzarbeit, ABM, berufliche Rehabilitation, Eingliederung der Aussiedler, Langzeitarbeitslose. Während die Beschäftigungsförderung mit jährlich rd. 10 Mrd. DM für ABM auf hohem Niveau verharrte, ging die Qualifizierungspolitik deutlich zurück. Dennoch ist es bemerkenswert, daß die aktiven Ausgaben gegenüber den Jahren vor 1990 im Maximum fast verdreifacht werden konnten. Wegen der beachtlichen, vom Bund auszugleichenden BA-Defizite von insgesamt 50,3 Mrd. DM von 1992-1995 führte der Bund Leistungskürzungen und das Recht des BMA zur Haushaltsinkraftsetzung im Defizitfall ein. - b) Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) als Hauptträgerin der Arbeitsmarktpolitik und des Arbeitslosengeldes finanziert sich aus vier Komponenten: (1) den für Arbeitgeber und sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer gleich hohen Beitragssatz zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung von je 3,25%, zusammen gegenwärtig also 6,5% des Bruttoeinkommens. Einkommensteile über der Beitragsbemessungsgrenze (1995 im Westen 7.800 DM, im Osten 6.400 DM) bleiben beitragsfrei; (2) den Umlagen für Wintergeld und Winterausfallgeld von Arbeitgebern der Bauwirtschaft und für das Konkursausfallgeld von den Berufsgenossenschaften; (3) der Rücklage, die aus Einnahmeüberschüssen zu bilden ist (§ 220 AFG), wegen ständiger Fehlbeträge in den letzten 10 Jahren aber faktisch nicht vorhanden ist; (4) der Darlehens- und Zuschußpflicht des Bundes für den Fall, daß der Finanzbedarf der BA aus Einnahmen und Rücklage nicht zu decken ist. Das Bundesarbeitsministerium hat in diesem Fall ein Recht zur Haushaltsinkraftsetzung, auch unter Ausgabe- bzw. Leistungskürzungen. - Finanzierungssituation der BA: Nur vier von fünf Beschäftigen sind Beitragszahler zur BA, geringfügige Einkommen und Einkommensanteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze bleiben beitragsfrei. Wegen der Konjunkturabhängigkeit der BA-Finanzen sind Einnahmen dann besonders schwach, wenn arbeitslosigkeitsbedingt Ausgaben steigen oder mehr aktive Ausgaben nötig sind (prozyklische Finanzierungskonstruktion; s. u.). Gegenüber Vollbeschäftigungszeiten bis Mitte der 1970er Jahre wurde deshalb der Beitragssatz verfünffacht, die Bemessungsgrenzen sehr stark angehoben. In Rezessionen, wegen der moderaten Lohnabschlüsse seit Mitte der 1980er Jahre und wegen der Arbeitsmarktfolgen von Wiedervereinigung, Systemwechsel und Treuhandpolitik im Osten entstanden der BA stets hohe Defizite, die der Bund zwar auszugleichen hatte, aber stets auch durch Eingriffe in Beitragssätze, Lohnersatzleistungen und aktive Arbeitsmarktpolitik zu begrenzen oder durch jährliche Herabstufungen nach "Marktwert" zu vermindern suchte. Da eine Rücklage, etwa in Höhe einer Monatsausgabe, nicht vorhanden ist, begründet jedes Defizit sofort den Haftungsfall der Bundesregierung, da die Beitragssätze nicht mehr zu erhöhen sind und die dynamisierten Bemessungsgrenzen nur geringe Zusatzeinnahmen bringen. Die Expansion der Beschäftigung in Teilzeit, in Klein- und Mittelbetrieben und die Praxis privater und öffentlicher Arbeitgeber, ältere Arbeitnehmer lange vor dem normalen Ruhestand der Sozialversicherung zu überantworten, haben der BA erhebliche Einnahmeausfälle und Zusatzausgaben beschert. 1995 erreichten die gesamten BA-Einnahmen rd. 90 Mrd. DM. - c) Bund, Länder und Gemeinden finanzieren ihre Arbeitsmarktpolitik aus allgemeinen Haushaltsmitteln, wobei der Bund die besten Finanzierungsmöglichkeiten hat (Verschuldungsmöglichkeiten, Bundesbankgewinn, Gesetzgebung bzw. Steuerhoheit). Deshalb wird häufig eine stärkere Bundesfinanzierung der Arbeitsmarktpolitik gefordert, da Wiedervereinigungskosten, gesellschaftliche Aufgaben, versicherungsfremde Leistungen stärker zu übernehmen und eine sog. Kommunalisierung der Kosten von Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden sind. Ohnehin trägt der Bund die Arbeitslosenhilfe, eine bei Bedürftigkeit zeitlich unbegrenzte Leistung, deren Bezugsdauer der Bund auf 2 Jahre zu begrenzen oder durch jährliche Herabstufungen nach "Marktwert" zu vermindern sucht. - Forderung: Aus diversen Gründen wird eine alternative Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik diskutiert (s. u.): (1) prozyklische Finanzierungskonstruktion (Einnahmeausfälle bei gleichzeitigem Ausgabenanstieg in Rezessionen); (2) ungleiche und ungerechte Beitragsbelastung statt der Beitragspflicht aller Erwerbstätigen (ausgenommen sind Selbständige, Beamte...), und nahezu aller Arbeitsstunden; (3) arbeitsmarktpolitische Hauptverantwortung des Bundes; (4) stärkere Entlastung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern von Sozialabgaben. - d) Kosten der Arbeitslosigkeit, Refinanzierung und Ko-Finanzierung der A.: Gesamtfiskalische Kosten der Arbeitslosigkeit fallen bei den Gebietskörperschaften und bei den vier Sozialversicherungszweigen an, und zwar in Form von (1) Ausgaben der BA, des Bundes und der Gemeinden für Arbeitslosengeld und -hilfe, für Eingliederungsgeld bzw. -hilfe und für anteilige Mehrausgaben der Länder für Wohngeld; (2) Zuweisungen der BA und des Bundes an die Kranken-, Renten- und ab 1995 auch an die Pflegeversicherung für Empfänger von Lohnersatzleistungen; (3) entgangenen Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften und entgangenen Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen; 1993 betrugen die gesamtfiskalischen Kosten der Arbeitslosigkeit 116 Mrd. DM, 30 Mrd. mehr als im Vorjahr, doppelt soviel wie vor der Wiedervereinigung. Diese Kosten teilten sich die BA (44,8%), der Bund (24,1%), Länder (8,5%), Gemeinden (5,7%), Rentenversicherung (13,2%) und die Krankenversicherung (3,7%). Wegen der rechtlichen, finanziellen und politischen Trennung dieser sechs Kostenträger können sie nicht wie ein Träger mit einem gemeinsamen Konzept und Budget agieren. Deshalb drangen in den 90er Jahren Modelle der Ko-Finanzierung vor, die mehrere Kostenträger zusammenführen, aber immer noch keine Gesamtfinanzierung bieten. Die BA bietet dabei den durchschnittlichen Gesamtaufwand pro Arbeitslosen als monatlichen Lohnkostenzuschuß nach § 249h und § 242s AFG an. Auch Länder und Gemeinden beteiligen sich immer mehr an den Programmen des Bundes und der BArbeitsmarktpolitik Pro Kopf und auf Jahresbasis sind die Kosten der Arbeitsmarktpolitik zwar höher als die direkten Kosten der Arbeitslosigkeit. Bach und Spitznagel (1992) haben die Selbstfinanzierungsquoten für das Jahr 1991 bei Vollzeitmaßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung auf 64% im Westen und 52% im Osten errechnet; bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen kommen sie - wegen der Vorleistungs- und Multiplikatoreffekte - sogar auf 95% im Westen und 82% im Osten. Rechnet man die Wertschöpfung, indirekte Folgewirkungen, die Chancen einer Vollbeschäftigungswirtschaft, die Vermeidung von Ausgrenzung, sozialer Spaltung und Erosion mit hinzu, würden sich beschäftigungspolitische Maßnahmen rechnen. Eine vollständige Refinanzierung über mehrere Jahre ist möglich.
VI. Bewertung und Reformüberlegungen: a) Bewertung: (1) Wirkungen und ökonomische Effizienz: Nachdem zum einen 1993 die gesamten BA-Ausgaben 110 Mrd. DM erreichten sowie in den Folgejahren bei rd. 100 Mrd. DM verharrten und nachdem zum anderen die Arbeitslosenhilfe aus Bundesmitteln 1995 rd. 18 Mrd. DM betrug, werden Maßnahmewirkungen und die ökonomische Effizienz dieser Ausgaben immer mehr hinterfragt. Maßnahmekontrolle, Qualitätssicherung, Finanzcontrolling und Wirkungsforschung wie -analysen haben Hochkonjunktur. Die Zurechnung von Wirkungen zur Arbeitsmarktpolitik oder zur Entwicklung von Gesamtwirtschaft, Branchen oder Betrieben ist schwer. Die Teilnehmerauswahl beeinflußt die Maßnahmewirkung. Die Erfassung aktueller Daten über die dauerhafte Eingliederung in sozialversicherte Beschäftigung oder Selbständigkeit ist schwierig; der Hilfsindikator kein Leistungsbezug als Arbeitsloser ein halbes Jahr nach der Maßnahme beruht auf der gesicherten Annahme, daß der weitaus größte Teil eine Beschäftigung aufnahm. Zudem kennt die Arbeitsmarktpolitik gleichgewichtig Qualifizierungsziele, wirtschaftsstrukturelle Ziele und soziale Eingliederungsziele für bestimmte Personengruppen. Reine Kostenkriterien im Rahmen der Operationalisierung sind also unangebracht. Werden z. B. Langzeitarbeitslose in Wiedereingliederungsplänen langwierig und aufwendig in dauerhafte Beschäftigung gebracht und gehalten, so rechtfertigt der Erfolg allein die Aktivitäten, seien sie auch teuer erkauft. Die kausale Zurechnung gesamtwirtschaftlicher, struktureller oder individueller Maßnahmewirkungen scheitert auch an Bewertungsmaßstäben, Zielerreichungskriterien und Zielkonfusionen. Zwar sind Teilnahmestatistiken inzwischen sehr ausgefeilt. Verlaufsbeobachtungen "Beschäftigung - Arbeitslosigkeit - Maßnahmeteilnahme - Wiederbeschäftigung" sind aber erst im Aufbau. Sie ermöglichen aus dem Vergleich zwischen früherer und anschließender Beschäftigung Rückschlüsse auf Beschäftigungsstabilität, Auf- oder Abstieg, Höherqualifizierung, Lohnerhöhung und Beitragssteigerung zur BArbeitsmarktpolitik (2) Neben den erwähnten Entlastungswirkungen lassen sich folgende Wirkungsbeispiele anführen: (a) Sechs Monate nach Maßnahmeaustritt aus Fortbildung und Umschulung empfangen im Osten rd. ein Drittel, im Westen ein Viertel wieder Arbeitslosenunterstützung. (b) Nach einer Einarbeitung, deren Förderung ein Arbeitsverhältnis voraussetzt, sind es im Osten rd. 6%, im Westen rd. 10%. (c) Gut die Hälfte der ABM-Teilnehmer verbleiben anschließend in Beschäftigung; zusätzlich wurden Stammkräfte gesichert, hohe indirekte und Folgeeffekte erzielt, die Wertschöpfung erhöht und die regionale oder sektorale Wirtschaftsstruktur verbessert. Bei jährlich über 10 bis 12 Mrd. DM an ABM-Ausgaben ergeben sich beachtliche Niveau- und Struktureffekte der Ausgaben. (d) Bei den Eingliederungsbeihilfen nach § 54 AFG waren ein halbes und anderthalb Jahre nach Maßnahmeende gut zwei Drittel der Teilnehmer in Beschäftigung, keine 20% in Arbeitslosigkeit. (e) Die "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose" hat von 1989 bis Ende 1994 rd. 130.000 Betroffene mit durchschnittlich 15.000 DM Lohnkostenzuschuß, also vergleichsweise sparsam, in Beschäftigung gebracht. 1994 bestanden über zwei Drittel aller geförderten Arbeitsverhältnisse auch noch anderthalb Jahre nach Förderbeginn. Die Einstellungen erfolgten in tariflich gering entlohnten Bereichen und überwiegend in Klein- und Mittelbetrieben. Nur unbefristete Arbeitsverhältnisse waren förderbar. Mit drei Mrd. DM sollen 1995-1998 180.000 Langzeitarbeitslose gefördert werden. Für besonders schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose besteht seit 1994 eine besondere Projektförderung nach § 62d AFG mit gut 20.000 Teilnehmern im ersten Jahr. (f) Lohnkostenzuschüsse generell erhöhen kaum das Niveau der Beschäftigung, sondern bestenfalls die Einstellungsstrukturen und -gepflogenheiten. Mit pauschalierten Lohnkostenzuschüssen (s. o.) wurden Anfang 1995 weit über 100.000 Arbeitnehmer gefördert. Generell werden mit Lohnkostenzuschüssen häufig Mitnahmeeffekte, Verdrängungseffekte und Rotationseffekte auftreten, so daß nur geringe quantitative Zusatzwirkungen erreicht werden. - Trotz hoher Arbeitsmarktentlastung konnten die 2 Mio. privaten und öffentlichen Arbeitgeber im Zusammenwirken mit einer globalen, beschäftigungsorientierten Wirtschaftspolitik das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes bzw. Vollbeschäftigung nicht erreichen. Die Arbeitslosigkeit und das BA-Defizit sind (trotz mehrerer massiver Einschnitte in die aktive Arbeitsmarktpolitik und in die Lohnersatzleistungen sowie trotz der höchsten Beiträge zur BA) bedrückend hoch. Passiver Lohnersatz überwiegt bei weitem die öffentliche Förderung von Qualifizierung und Beschäftigung. Die im Kern zielgruppenorientierte Individualförderung wird erst in letzter Zeit, ausgehend vom Osten, durch Projektförderung und dauerhaft organisierte Beschäftigungsförderung ergänzt. Die gegenseitige Verknüpfung der Arbeitsförderung mit der Wirtschafts- und Regionalförderung gelingt erst in Ansätzen. Bei 2 Mio. Betrieben, einer Vielfalt lokaler Akteure und Interessen, regional ungleichen Einkommens- und Lebensverhältnissen muß die Dezentralisierung der Arbeitsmarktpolitik verstärkt werden. Nähe zu Kunden wie Arbeitsuchende und Betriebe, gegenseitig deckungsfähige Haushaltsansätze im Arbeitsamt, Mittel für innovative Projekte, gemeinsam verabredetes und finanziertes Vorgehen sind wichtig, auch für das Arbeitsamt 2000. Wenn jedoch Bund und BA als zentrale Geldgeber ihre Haushalte konsolidieren, dann wird - bei welchen Verteilungskriterien der Mittel auf die Arbeitsämter auch immer - der Finanzstreit nur auf die lokale Ebene verlagert, die Steuerung der Arbeitsmarktpolitik erfolgt aber weiterhin zentral, und zwar nach Maßgabe tendenziell geringerer Gesamtmittel. - b) Reformüberlegungen: (1) Zur Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik wird eine Übernahme einigungsbedingter und versicherungsfremder BA-Ausgaben durch den Bund, etwa durch einen regelgebundenen Zuschuß, eine allmählich ansteigende Bundesmittelfinanzierung der aktiven BA-Ausgaben oder andere Formen der Steuerfinanzierung, erwogen. Da die Änderung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um einen Prozentpunkt 1995 rd. 13 Mrd. DM beträgt, wäre eine entsprechende Entlastung der Arbeitgeber von Lohnzusatzkosten, der Arbeitnehmer von Sozialabgaben durch mindestens gleich hohe zusätzliche Bundesausgaben zu kompensieren. Finanzielle Spielräume dafür sind nicht zu erkennen, da der Bund die Haushaltskonsolidierung fortsetzen, den Solidaritätszuschlag abbauen und die Staatsquote bis zum Jahr 2000 auf 46% zurückführen will. Somit gibt es nur eine finanzielle Besserung, wenn aus Empfängern von Lohnersatzleistungen durch öffentliche Förderung von Qualifizierung und Beschäftigung wieder Steuer- und Beitragszahler werden. Eine stärkere Ausrichtung auf Zielgruppen bedeutet, daß von nichtbenachteiligten Gruppen mehr Eigenverantwortung und finanzielle Beteiligung gefordert wird. (2) Um der ausgeuferten Frühverrentung älterer Arbeitnehmer angesichts der Erhöhung der Regelaltersgrenzen ab 2001 entgegenzuwirken, sollen nicht nur keine neuen Vorruhestandsregeln geschaffen, sondern vielmehr betriebliche oder tarifliche Regelungen eingeschränkt werden, soweit sie auf gesetzlichen Sozialleistungen aufbauen. (3) Beispielhaft seien die Reformbeiträge zur Arbeitsmarktpolitik aus dem Memorandum für ein neues Arbeitsförderungsgesetz vom Arbeitskreis AFG-Reform aufgeführt. Die allgemeinen Zielsetzungen (s. o.) werden ergänzt um folgende Punkte: Mehr aktive statt passive Arbeitsmarktpolitik (50% der jährlichen Ausgaben der Arbeitsmarktpolitik für Fördermaßnahmen); Verzahnung von Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik in regionalen Entwicklungskonzepten; neben individueller Förderung auch Gruppen- und Projektförderung; Dezentralisierung der Arbeitsmarktpolitik und Verbesserung des Dienstleistungsangebots der Arbeitsämter; grundlegende Reform der Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik (Beitragsfinanzierung aller Erwerbstätigen, regelgebundener Bundeszuschuß, Regelungen für Kofinanzierung, Finanzierungspools und Kooperation). Aus dem Bundesarbeitsministerium wurden Entwurfsarbeiten eines Arbeitsförderungsreformgesetzes (AFRG) bekannt, das nach Vervollständigung und Verabschiedung als Sozialgesetzbuch III die künftige Arbeitsförderung regeln und EU-Prozesse berücksichtigen soll. (4) Institutionelle Reformüberlegungen: Weitergehende institutionelle Reformüberlegungen, die sich u.a. aus der Zurückführung der Staatsquote auf 46 % bis zum Jahre 2000 ableiten lassen, orientieren sich am Modell des "schlanken Staates", der durch eine stärkere Bürger-(Kunden) Orientierung (z. B.: Kenntnis der Kundenerwartungen und Messung der Kundenzufriedenheit), eine effektive und effiziente Dienstleistung (z. B.: Aufgabenbegrenzung, Kosten- und Qualitätsmanagement, Controlling, Benchmarking) sowie ein modernes Personalmanagement (z. B.: Mitarbeiterzufriedenheit, Leistungsorientierte Bezahlung) charakterisiert werden kann. Die neue Organisationsphilosophie der Bundesanstalt für Arbeit (" Arbeitsamt 2000") orientiert sich an dieser Konzeption, wie beispielhaft mit den Abbildungen "Kundenerwartungen und Messung der Zufriedenheit", "Controlling des Arbeitsvermittlungsprozesses" und "Neue Wege im Personalmanagement" gezeigt werden kann. Die Erwartungen sind z. B. A (= Freundlichkeit und Höflichkeit des Personals), B (= Aufklärung über Rechte und Pflichten), C (= Informationen über Beschäftigungschancen), D (= Wartezeiten in den Arbeitsämtern), E (= Professionalität des Personals), F (= Reaktionszeit auf Stellenangebote), G (= Paßgenauigkeit der Vermittlungsvorschläge). Aus der Kenntnis der Kundenerwartungen sowie ihrer Erfüllungsgrade können dann rasch geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit eingeleitet werden. Diese können unterteilt werden in: Sofortiger Handlungsbedarf, umgehende Verbesserung, sporadischer Handlungsbedarf, Weiterbildungsaktivitäten, kein Handlungsbedarf sowie Rationalisierungsmöglichkeiten. Die Arbeitsvermittlung ("Placement") wird hier als ein Dienstleistungsprozeß gesehen, der Bewerber und offene Stellen ("Input") direkt (SIS, AIS) oder mit personeller Unterstützung (Matching, Counselling, Consulting oder Coaching) zusammenführt ("Output"). SIS und AIS sind dabei die Selbstinformationseinrichtungen der Arbeitsämter, die entweder für Arbeitnehmer mittels EDV Stellenangebote präsentieren und den Arbeitsuchenden erlauben, direkt Kontakt mit den Arbeitgebern aufzunehmen (SIS) oder umgekehrt Arbeitgebern ermöglichen, sich aktuell mittels EDV über das Bewerberangebot des Arbeitsamtes zu informieren (AIS). Während es derzeit bereits ca. 150 Arbeitsämter mit SIS gibt, ist das Gegenstück AIS noch in der Erprobungsphase. Die personelle Unterstützung des Placement-Prozesses könnte - je nach Wunsch und Erfordernis des Arbeitsuchenden - in verschiedenen Varianten ablaufen. (1) Matching: Dies ist die Standardform des Zusammenführens von Arbeitsuchenden und offenen Stellen durch öffentliche oder private Arbeitsvermittler. (2) Counselling: Sie besteht aus der Beratung von Arbeitsuchenden hinsichtlich des notwendigen Qualifikationsbedarfs zur Erreichung der vom Arbeitnehmer gewünschten Tätigkeit. (3) Consulting: Hier ist an die Beratung von Arbeitsuchenden hinsichtlich der notwendigen Schritte und des Zeit- und Flexibilitätsbedarfs zur Realisierung von Beschäftigungschancen gedacht. (4) Coaching: Darunter versteht man die individuelle Betreuung und Begleitung von Arbeitsuchenden und eines speziellen Trainings zur Erreichung einer Festanstellung sowie die anschließende Betreuung während der Probezeit. Counselling, Consulting und Coaching wären dabei marktgängige Dienstleistungen, die über den normalen Rahmen hinausgehen und daher mit Gebühren belegt werden könnten. - In der Vermittlung und Beratung würden in einem Controllingprozeß regelmäßig die Abweichungen von den vereinbarten SOLL-Werten hinsichtlich der Merkmale Qualität, Zeitaufwand, Kosten/Gebühren und Zielgruppenerreichung festgehalten. Bei kleineren Abweichungen (IST < SOLL) stellen sich dann Fragen nach der Steigerung der Effizienz mit den gegebenen Mitteln und Technologien ("Wie können die Dinge richtig gemacht werden?"). Sind die Abweichungen jedoch überdurchschnittlich groß (IST

 

<< vorheriger Begriff
nächster Begriff>>
Arbeitsmarktbilanz
Arbeitsmarktrisiken

 

Diese Seite bookmarken :

 
   

 

  Weitere Begriffe : Bürosystem | Staatswirtschaft | Schicht | Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) | Klein
wiki wirtschaft

Thematische Gliederung | Unser Projekt | Impressum